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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 23.10.2006
Aktenzeichen: 7 A 4947/05
Rechtsgebiete: BauGB, BauNVO


Vorschriften:

BauGB § 29 Abs. 1
BauGB § 34
BauNVO § 10
1. Aus der Zweckbestimmung eines Wochenendhauses ergibt sich, dass es zum zeitlich begrenzten, also nicht dauerhaften Aufenthalt dient.

2. Wird ein Wochenendhaus dauerhaft als Lebensmittelpunkt der betreffenden Bewohner und damit als Wohngebäude genutzt, liegt eine Nutzungsänderung im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB vor.

3. Ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil im Sinne von § 34 BauGB kann auch aus einer größeren Ansammlung von Wochenendhäusern (hier: faktisches Wochenendhausgebiet mit 50 Wochenendhäusern auf 2,4 ha Fläche) bestehen.

4. Werden illegale Nutzungen nur in der Form geduldet, dass die Duldung an die Person des jeweiligen Nutzers gebunden und mit dem Vorbehalt einer anderweitigen Entscheidung bei geänderter Sachlage verbunden ist, hat sich die Behörde nicht auf Dauer mit diesen Nutzungen abgefunden.

5. Wird dem Bewohner eines genehmigten Wochenendhauses die Nutzung zu dauerhaften Wohnzwecken untersagt, ist dieses Gebot hinreichend bestimmt.


Tatbestand:

Die Kläger wandten sich gegen Ordnungsverfügungen des Beklagten, mit denen ihnen untersagt wurde, ihr als Wochenendhaus genehmigtes Haus weiterhin zu dauernden Wohnzwecken zu nutzen.

Das Haus der Kläger liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans "Campingplatz H. " der Beigeladenen, der Sondergebiete für Mobilheime und Dauercamper festsetzt. Die Kläger haben das als Wochenendhaus genehmigte Gebäude nach ihrem Erwerb zunächst mit Nebenwohnsitz bezogen und sich später mit 1. Wohnsitz angemeldet. Mit den angefochtenen Ordnungsverfügungen gab der Beklagte den Klägern auf, das Haus nach einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr zu dauernden Wohnzwecken zu nutzen. Auf die Klage der Kläger hob das VG die Ordnungsverfügungen auf, weil sie ermessensfehlerhaft und unbestimmt seien. Die hiergegen eingelegte Berufung des Beklagten hatte Erfolg.

Gründe:

Das VG hat die Ordnungsverfügungen des Beklagten zu Unrecht aufgehoben. Die Bescheide sind nicht rechtswidrig.

Die mit den Bescheiden den Klägern gegenüber jeweils gesondert ausgesprochene Nutzungsuntersagung ist darauf gestützt, dass die von ihnen tatsächlich ausgeübte dauerhafte Wohnnutzung des im Bereich des Bebauungsplans "Campingplatz H" der Beigeladenen gelegenen Hauses baurechtlich formell und materiell illegal sei. Diese Wertung unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.

Die Kläger bewohnen seit nunmehr über 10 Jahren das genannte Haus als alleinige Wohnung. Sie haben dort ihren ausschließlichen Lebensmittelpunkt und sind dem entsprechend jedenfalls seit dem 7.8.1995 mit Hauptwohnung gemeldet. Die Kläger nutzen das Haus mithin als Wohngebäude im Sinne der §§ 2 bis 6 BauNVO und haben damit eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung des 1981 als Wochenendhaus genehmigten Gebäudes vollzogen. Die von ihnen nunmehr ausgeübte dauerhafte Wohnnutzung ist wegen Fehlens der erforderlichen Baugenehmigung formell illegal.

Der für die bauplanungsrechtliche Einordnung eines Gebäudes als "Wohngebäude" maßgebliche Begriff des Wohnens ist gekennzeichnet durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, die Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie die Freiwilligkeit des Aufenthalts.

Vgl. zur Abgrenzung zwischen Wohngebäuden und anderen, etwa als soziale Einrichtungen einzustufenden Nutzungsformen: BVerwG, Beschluss vom 25.3.1996 - 4 B 302.95 -, BRS 58 Nr. 56.

Hinsichtlich des hier in erster Linie interessierenden Kriteriums der "auf Dauer angelegten" Häuslichkeit des Wohnens ist der in der Baunutzungsverordnung normierte Unterschied zwischen Wohngebäuden einerseits und Wochenendhäusern andererseits von Bedeutung. Während nach den §§ 2, 3, 4, 4a, 5 und 6 BauNVO "Wohngebäude" in den entsprechenden Baugebieten zulässig sind, beziehen sich § 10 Abs. 3 BauNVO auf "Wochenendhäuser" und § 10 Abs. 4 BauNVO auf "Ferienhäuser", die jeweils in entsprechend ausgewiesenen Sondergebieten für Erholung zulässig sind.

Entsprechend dieser vom Verordnungsgeber vorgegebenen Differenzierung zwischen Wohngebäuden einerseits und Wochenendhäusern andererseits sind diese baulichen Anlagen maßgeblich durch unterschiedliche Anforderungen an ihre Nutzung gekennzeichnet. Ist ein Gebäude nur zu wochenendhausmäßiger Benutzung genehmigt, fehlt der darin befindlichen Wohnung die rechtliche Eignung zu dauernder Benutzung.

So bereits: BVerwG, Urteil vom 3.8.1977 - 4 C 59.76 -, Buchholz 454.4 § 82 II. WoBauG Nr. 19, m.w.N.

Auch wenn es - anders als nunmehr in § 10 Abs. 4 Satz 1 BauNVO 1990 für Ferienhäuser - keine Legaldefinition des vom Normgeber verwandten Begriffs "Wochenendhaus" gibt, ist hiernach davon ausgehen, dass sich "Wohngebäude" und "Wochenendhäuser" maßgeblich hinsichtlich der Dauerhaftigkeit ihrer Benutzung unterscheiden. Aus der Zweckbestimmung eines Wochenendhauses ergibt sich, dass es zum zeitlich begrenzten - also nicht dauernden - Aufenthalt dient. Bei einem Wochenendhaus handelt es sich daher nicht um eine "Dauer-Wohnstätte", mag sie auch tatsächlich zum dauernden Wohnen geeignet sein.

Vgl.: BVerwG, Urteil vom 18.1.1991 - 8 C 63.89 -, BVerwGE 87, 299 = NVwZ 1991, 678, m.w.N.

Insoweit tritt der tatsächlich häufig anzutreffende bauliche Unterschied zwischen Wohngebäuden und Wochenendhäusern - vgl. hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 12.3.1982 - 4 C 59.78 -, BRS 39 Nr. 89 sowie im Land Nordrhein-Westfalen die Sonderregelungen des § 14 Abs. 2 der Verordnung über Camping- und Wochenendplätze - CW VO - vom 10.11.1982 (GV. NRW. S. 731) - in den Hintergrund. Schon in der Änderung eines Wochenendhauses zu einem Dauerwohnzwecken dienenden Gebäude liegt eine als qualitative Änderung anzusehende Funktionsänderung.

So ausdrücklich BVerwG, Beschluss vom 13.9.1988 - 4 B 155.88 -, BRS 48 Nr. 78.

Wird ein Wochenendhaus dauerhaft als Lebensmittelpunkt der betreffenden Bewohner und damit als Wohngebäude genutzt, liegt damit eine Nutzungsänderung im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB vor. Für die jeweiligen Nutzungen sind unterschiedliche bauplanungsrechtliche Regelungen einschlägig. Zudem sind an Bereiche mit als Dauerwohnung genutzten Wohngebäuden unterschiedliche städtebauliche Anforderungen gegenüber solchen mit ausschließlicher Wochenendhausnutzung zu stellen, wie der Beklagte unter Hinweis auf die Anforderungen an die Infrastruktur (Ver- und Entsorgung, Straßen, öffentliche Verkehrsmittel u.a.m.) zutreffend betont hat.

Zugleich liegt in der Änderung eines als Wochenendhaus genehmigten Gebäudes zu einem Wohngebäude auch eine baugenehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Eine Genehmigung als Wochenendhaus gestattet nach den dargelegten Grundsätzen gerade nicht eine dauerhafte Wohnnutzung. Im vorliegenden Fall ist auch kein Sachverhalt gegeben, in dem die Errichtung oder (Nutzungs-)Änderung eines Gebäudes als Wohngebäude - etwa nunmehr nach § 67 Abs. 1 BauO NRW - genehmigungsfrei (gewesen) wäre.

Die nach alledem wegen Fehlens der erforderlichen Baugenehmigung formell illegale Umnutzung des genehmigten Wochenendhauses zu einem Wohngebäude ist wegen Unvereinbarkeit mit dem einschlägigen Bauplanungsrecht auch materiell illegal.

Die materielle Illegalität wurde in den angefochtenen Ordnungsverfügungen sowie den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheiden hergeleitet aus einer Unvereinbarkeit der von den Klägern ausgeübten dauerhaften Wohnnutzung mit den Festsetzungen des Bebauungsplans "Campingplatz H. " in seiner im Jahr 1993 ergangenen Fassung. Im Hinblick auf die vom Einzelrichter des VG im erstinstanzlichen Verfahren artikulierten Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Fassung des Bebauungsplans hat der Beklagte seine Wertung, die von den Klägern ausgeübte Nutzung sei materiell illegal, ergänzend darauf gestützt, seine Entscheidung gelte auch für den Fall, dass für die Prüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der Nutzung der Kläger § 34 BauGB einschlägig (gewesen) wäre. Auch diese Erwägungen, nämlich die - hilfsweise - Ableitung der bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit und damit der materiellen Illegalität der dauerhaften Wohnnutzung der Kläger aus einem Verstoß gegen § 34 BauGB, sind bei der Prüfung der Ermessensentscheidung des Beklagten zum Einschreiten gegen die Kläger zu berücksichtigen. Der Beklagte hat insoweit seine Ermessenserwägungen zulässigerweise gemäß § 114 Satz 2 VwGO ergänzt (wird ausgeführt).

Sind bei der Prüfung der Ermessensentscheidung des Beklagten auch die nachgeschobenen Gründe zu berücksichtigen, kann letztlich offen bleiben, ob der Bebauungsplan "Campingplatz H." - sei es in der 1993 erlassenen Fassung, sei es in seiner Urfassung - wirksam ist oder nicht. Nach allen Alternativen ist - mit dem Beklagten - die materielle Illegalität der von den Klägern ausgeübten dauerhaften Wohnnutzung zu bejahen.

Bei Gültigkeit des Bebauungsplans in seiner 1993 erlassenen Fassung folgt die Unzulässigkeit der von den Klägern ausgeübten dauerhaften Wohnnutzung daraus, dass sie der in diesem Plan getroffenen Festsetzung eines der Erholung dienenden Sondergebiets im Sinne von § 10 BauNVO 1990 mit der Zweckbestimmung "Wochenendplätze" (SO WOCH) widerspricht (wird ausgeführt).

Sollte die neuere Fassung des Bebauungsplans unwirksam sein, wäre die von den Klägern ausgeübte dauerhafte Wohnnutzung mit der dann maßgeblichen Urfassung des Bebauungsplans gleichermaßen unvereinbar. Dieser noch unter Geltung des Vorläufers der CW VO, nämlich der Campingplatzverordnung vom 25.9.1973 (GV. NRW. S. 470) - CPl VO -, erlassene Bebauungsplan lässt gleichfalls keine Wohngebäude zu, sondern neben der Anlage eines Verwaltungsgebäudes mit Kiosk und sanitären Anlagen nur die Aufstellung von Mobilheimen (im kleineren nördlichen Bereich "SO CM") sowie das Aufstellen von Wohnwagen, Zelten und ähnlichen Anlagen (im größeren südlichen Bereich "SO CD"). Er zielt damit der Sache nach auf ein Campingplatzgebiet nach § 10 Abs. 5 BauNVO 1977 ab. Ob dieser Bebauungsplan gleichfalls rechtlichen Bedenken unterliegt, die auch heute noch durchgreifen, kann letztlich offen bleiben.

Geht man auch von einer Unwirksamkeit der Urfassung des Bebauungsplans "Campingplatz H. " aus, ergäbe sich aus der dann vorzunehmenden bauplanungsrechtlichen Beurteilung nach § 34 BauGB nichts zugunsten der Kläger. Der bebaute Bereich des Plangebiets wäre dann als faktisches Sondergebiet nach § 10 BauNVO - Campingplatz- und Wochenendhausgebiet - zu qualifizieren, in dem Wohngebäude gleichfalls unzulässig sind.

Mit dem Beklagten ist für die bei Fehlen eines wirksamen Bebauungsplans maßgebliche bauplanungsrechtliche Beurteilung davon auszugehen, dass diese sich hier nach § 34 BauGB richtet. Zumindest der nördliche Bereich des Plangebiets des Bebauungsplans "Campingplatz H.", in dem auf rd. 2,4 ha Grundfläche insgesamt 50 dicht beieinander stehende Wochenendhäuser - einschließlich des Hauses der Kläger - gebaut wurden, stellt einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB dar. Ein solcher ist dadurch gekennzeichnet, dass er nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist.

Vgl. bereits: BVerwG, Urteil vom 6.11.1968 - 4 C 31.66 -, BRS 20 Nr. 36.

Allerdings fällt unter den Begriff der Bebauung im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB nicht jede beliebige bauliche Anlage. Gemeint sind vielmehr Bauwerke, die für die angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung maßstabbildend sind. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen. Baulichkeiten, die etwa zu Freizeitzwecken nur vorübergehend genutzt werden (z.B. Wochenendhäuser, Gartenhäuser), sind in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen ein die Siedlungsstruktur prägendes Element darstellen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.7.2002 - 4 B 30.02 -, BRS 65 Nr. 80, m.w.N.

Diese Rechtsprechung lässt jedoch Raum für abweichende Feststellungen. Ob ein Gebäude, das nur vorübergehend dem Aufenthalt von Menschen dient, nach Art und Gewicht eine den städtebaulichen Charakter der Umgebung mitbestimmende Baulichkeit darstellt, lässt sich nur nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls beurteilen.

So ausdrücklich BVerwG, Beschluss vom 11.7.2002 - 4 B 30.02 -, a.a.O.

Demgemäß ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass etwa eine größere Ansammlung von Wochenendhäusern im Einzelfall auch einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB bilden kann, wenn sie - wäre sie aufgrund eines Bebauungsplans entstanden - bei einheitlicher Gebietsstruktur auch Baugebiet im Sinne des BauGB und der BauNVO wäre. So kommen insbesondere auch faktische der Erholung dienende Sondergebiete im Sinne von § 10 Abs. 1 BauNVO, etwa als faktische Wochenendhausgebiete, in Betracht.

So Thür. OVG, Urteil vom 28.5.2003 - 1 KO 42/00 -, BRS 66 Nr. 95 unter Bezugnahme auf Hamb. OVG, Urteil vom 4.11.1999 - 2 E 29/96.N -, BRS 62 Nr. 37; Hess. VGH, Urteil vom 24.11.1995 - 4 UE 239/92 -, BRS 57 Nr. 280; Nds. OVG, Urteil vom 23.3.1977 - I A 339/74 -, OVGE 33, 376; vgl. ferner: BayVGH, Urteil vom 2.6.2006 - 1 N 03.1546 -, JURIS.

Um ein solches nach § 34 Abs. 2 BauGB zu beurteilendes faktisches Wochenendhausgebiet handelt es sich hier. Die Wochenendhäuser füllen eine Fläche von rd. 2,4 ha praktisch vollständig mit Bebauung aus und lassen, wie das vorliegende Planmaterial wiedergibt, jedenfalls für den hier in Rede stehenden Baugebietstyp eines der Erholung dienenden Sondergebiets (Wochenendhausgebiet) im Sinne von § 10 Abs. 1 BauNVO eine durchaus hinreichende organische Siedlungsstruktur erkennen. Ihre Zahl von 50 hat im Hinblick auf den Charakter der Beigeladenen als einer eher ländlichen Stadt schließlich auch das für einen Ortsteil erforderliche Gewicht. Angesichts dessen kann hier dahinstehen, ob in die Wertung als im Zusammenhang bebauter Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB auch der südliche Bereich des Plangebiets mit seinen dort befindlichen stationären Wohnwagen und Wohnmobilen sowie ggf. auch verschiedenen Wochenendhäusern einzubeziehen ist.

Der Qualifizierung des hier in Rede stehenden Bereichs als eines faktischen Wochenendhausgebiets steht nicht entgegen, dass in verschiedenen der genehmigten Wochenendhäuser tatsächlich dauerhafte Wohnnutzungen stattfinden.

Zwar ist davon auszugehen, dass es für die Beurteilung von Vorhaben nach § 34 Abs. 1 oder 2 BauGB entscheidend auf die tatsächlich vorhandene städtebauliche Situation ankommt. Demgemäß sind alle vorhandenen baulichen Nutzungen ungeachtet ihrer materiellen Zulässigkeit zu berücksichtigen, solange die zuständigen Behörden den Zustand dulden oder wegen formeller Legalität dulden müssen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.2.2000 - 4 B 1.00 -, BRS 63 Nr. 102, m.w.N.,

Maßgeblich für die planungsrechtliche Beurteilung nach § 34 BauGB ist mithin nicht die Legalität des Vorhandenen, sondern sein auf Dauer absehbarer Bestand, nämlich wenn die bauliche Nutzung in einer Weise geduldet wird, die keinen Zweifel daran lässt, dass sich die zuständigen Behörden mit ihrem Vorhandensein abgefunden haben.

Vgl. BVwerG, Beschluss vom 23.11.1998 - 4 B 29.98 -, BRS 60 Nr. 82.

Davon kann bei den im nördlichen Plangebiet des Bebauungsplans "Campingplatz H." in Abweichung von den genehmigten Wochenendhäusern vorhandenen dauerhaften Wohnnutzungen, die die entsprechenden Häuser bei ihrem Bestand als Wohngebäude qualifizieren würden, keine Rede sein. Insoweit handelt es sich nach den dem Senat vorgelegten Unterlagen mit 13 von insgesamt 50 Objekten nur um einen Bruchteil der vorhandenen Bebauung. Aus den vorliegenden Unterlagen folgt ferner, dass der Beklagte als zuständige Bauaufsichtsbehörde diese tatsächlich ausgeübten dauerhaften Wohnnutzungen jedenfalls nicht auf Dauer duldet (wird ausgeführt).

Ist jedenfalls der nördliche Bereich des Plangebiets "Campingplatz H." mit den 50 genehmigten Wochenendhäusern trotz der dort vorhandenen verschiedenen, ersichtlich nicht auf Dauer geduldeten Wohnnutzungen gemäß § 34 Abs. 2 BauGB als ein faktisches Wochenendhausgebiet zu qualifizieren, folgt - bei Unwirksamkeit beider Fassungen des Bebauungsplans "Campingplatz H." - die materielle Illegalität der Wohnnutzung der Kläger daraus, dass in einem solchen Baugebiet Wohngebäude bauplanungsrechtlich unzulässig sind. Die Entscheidung des Beklagten, gegen diese formell und materiell illegale Nutzung mit dem Ziel einer Nutzungsuntersagung einzuschreiten, ist damit vom Ansatz her nicht zu beanstanden.

Der vom Beklagten in den angefochtenen Ordnungsverfügungen getroffenen Anordnung, den Klägern die Nutzung "zu dauernden Wohnzwecken" zu untersagen, fehlt entgegen der Auffassung des VG auch nicht die hinreichende Bestimmtheit.

Wenn der Normgeber der Baunutzungsverordnung zwischen den verschiedenen Nutzungsarten "Wohngebäude" einerseits und "Wochenendhäuser" andererseits differenziert, ist es letztlich Aufgabe der Rechtsanwendung und damit auch der Gerichte, die maßgeblichen Kriterien für eine Abgrenzung dieser unterschiedlichen Nutzungsarten herauszuarbeiten und ggf. grundsätzlich zu klären sowie sodann auf den jeweiligen konkreten Sachverhalt anzuwenden. Dass die Abgrenzung schwierig ist und im Einzelfall "trefflich darüber gestritten werden kann", welche der beiden Nutzungsarten vorliegt, ist im Rechtsleben, namentlich im Bauplanungsrecht mit seinen vielfältigen unbestimmten Rechtsbegriffen, nicht ungewöhnlich, sondern insbesondere bei einer Abgrenzung der bauplanungsrechtlich zulässigen Nutzungsarten geradezu "tägliches Brot" der Rechtsanwendung.

Bezüglich der rechtlich relevanten Unterschiede zwischen einer Nutzung als "Wohngebäude" einerseits und einer solchen als "Wochenendhaus" andererseits ist in der bereits angesprochenen Rechtsprechung geklärt, dass ein Wochenendhaus nur zum zeitlich begrenzten, hingegen nicht zum dauernden Aufenthalt berechtigt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.1.1991 - 8 C 63.89 -, BVerwGE 87, 299 = NVwZ 1991, 678, m.w.N.

Die von der für das Haus der Kläger erteilten Baugenehmigung nicht mehr gedeckte "Dauerhaftigkeit" des Aufenthalts manifestiert sich hier darin, dass die Kläger, wie sie selbst vortragen, keine andere Wohnung haben. Sie sind - abgesehen von Urlaubsreisen, Besuchen und weiteren Nutzungen anderer Aufenthaltsorte etwa zur Berufsausübung, zum Einkauf u.a.m. - darauf angewiesen, sich in dem strittigen Objekt aufzuhalten. Dieses Haus wird damit von ihnen dauerhaft als Wohnung genutzt. Eine Beendigung dieser Dauerwohnnutzung setzt mithin voraus, dass sich die Kläger eine andere Wohnung verschaffen und diese auch tatsächlich nutzen.

Da den Klägern nicht aufgegeben wurde, das Haus überhaupt nicht mehr zu nutzen, können Beurteilungsschwierigkeiten allerdings dann auftreten, wenn die Kläger neben der neuen anderweitigen Wohnung auch das Haus weiterhin zum Aufenthalt nutzen. Diese Schwierigkeiten sind jedoch keineswegs unüberwindbar. Die Begründung einer dauerhaften Wohnung an einem anderen Ort setzt - selbstverständlich - voraus, dass die entsprechenden Räumlichkeiten sowohl tatsächlich als auch rechtlich geeignet sind, den Klägern als dauerhafte Wohnung zu dienen. Ferner reicht es nicht aus, wenn diese andere Wohnung nur gelegentlich genutzt wird. Entscheidend dafür, ob die Kläger - wie von ihnen gefordert - die dauerhafte Wohnnutzung ihres Hauses aufgegeben haben, ist die Frage, ob sie anderen Orts eine dauerhafte Wohnnutzung aufgenommen und das Haus demgegenüber nicht mehr oder nur noch in geringerem Umfang zeitlich begrenzt bzw. gelegentlich nutzen. Wie der Beklagte zutreffend vorgetragen hat, manifestiert sich diese Aufgabe der dauerhaften Wohnnutzung auch äußerlich erkennbar dann, wenn die Kläger ihren bisherigen Hauptwohnsitz am Standort aufgeben und einen anderen Hauptwohnsitz begründen sowie dies entsprechend den melderechtlichen Anforderungen (vgl. § 16 MG NRW) durch eine den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde dokumentieren. Dabei können die Kläger dann, wenn sie das Haus weiterhin zeitlich begrenzt bzw. gelegentlich nutzen, für diesen Standort durchaus eine Nebenwohnung im Sinne von § 16 Abs. 3 MG NRW beibehalten, wobei der Senat insoweit offen lässt, ob eine Nutzung des Hauses ggf. wegen baulicher Veränderungen des Gebäudes nicht (mehr) von der Baugenehmigung aus dem Jahr 1981 gedeckt ist.

Das, was von den Klägern gefordert wird, lässt sich somit dahin zusammenfassen, dass sie sich anderen Orts eine Möglichkeit zum dauerhaften Wohnen zu verschaffen und diese tatsächlich auch vorwiegend zu nutzen haben. Den mit einem entsprechenden Nachweis dieses Wohnsitzwechsels ggf. verbundenen Schwierigkeiten können sie dadurch begegnen, dass sie sich den einschlägigen melderechtlichen Vorschriften gemäß verhalten und sich für die anderweitige, von ihnen vorwiegend - als Hauptwohnung im Sinne von § 16 Abs. 2 MG NRW - benutzte Wohnung bei der zuständigen Meldebehörde entsprechend anmelden.

Die hiernach hinreichend bestimmte den Klägern gegenüber erlassene Anordnung einer Aufgabe der dauerhaften Wohnnutzung ist schließlich auch nicht unter den vom VG angesprochenen Ermessensgesichtspunkten zu beanstanden.

Zwar trifft es zu, dass der Beklagte in anderen Fällen, in denen er eine nach dem Vorstehenden im hier betroffenen Bereich materiell illegale dauerhafte Wohnnutzung festgestellt hat, Duldungen ausgesprochenen hat, die personengebunden und mit dem Vorbehalt versehen sind, dass bei einer künftig geänderten Sachlage auch eine andere Entscheidung in Betracht kommen kann. Eine mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG nicht mehr vereinbare, zu Lasten der Kläger gehende Ungleichbehandlung ist jedoch nicht erkennbar (wird ausgeführt).

Schließlich kann auch keine Rede davon sein, das Einschreiten des Beklagten gegen die Kläger sei unverhältnismäßig. Die von ihnen vorgetragenen finanziellen Konsequenzen haben sich die Kläger selbst zuzuschreiben, wenn sie ihre frühere Hauptwohnung aufgegeben und - in Kenntnis der Unzulässigkeit - die Dauerwohnnutzung im Haus aufgenommen haben. Auch daraus, dass sie zu einer Anmeldung mit Hauptwohnsitz aufgefordert worden seien, können sie nichts zu ihren Gunsten herleiten. Die Meldepflichten nach dem Meldegesetz NRW knüpfen an bestehende tatsächliche Verhältnisse an. Wenn die Kläger eine bestimmte Wohnung "vorwiegend" und damit als Hauptwohnung nutzen, haben sie sich auch entsprechend bei der zuständigen Meldebehörde anzumelden. Mit der Aufforderung hierzu wurden sie lediglich an die ihnen von Gesetzes wegen obliegenden Pflichten erinnert, sich bei tatsächlicher Benutzung eines Hauptwohnsitzes auch entsprechend bei der zuständigen Meldebehörde anzumelden.

Ende der Entscheidung

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