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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 25.02.2003
Aktenzeichen: 7 B 2374/02
Rechtsgebiete: BauNVO, BauO NRW


Vorschriften:

BauNVO § 1 Abs. 3 Satz 2
BauNVO § 8 Abs. 3 Nr. 1
BauO NRW § 69 Abs. 1 Satz 1
1. Maßgeblich für den Inhalt dessen, was baurechtlich genehmigt wird, ist in erster Linie die Baugenehmigung selbst; der Bauschein bestimmt insbesondere Art und Umfang des genehmigten Vorhabens.

2. Der erst durch die BauNVO 1990 in § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO aufgenommene Zusatz, dass Betriebswohnungen "dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet" sein müssen, hat lediglich klarstellende Funktion; für die Genehmigung von Betriebswohnungen macht es daher keinen Unterschied, welche Fassung der Baunutzungsverordnung Bestandteil des Bebauungsplans i.S.v. § 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO ist.

3. Setzt ein Bebauungsplan neben einem Industriegebiet ein eingeschränktes Gewerbegebiet - "zulässig sind nur nicht wesentlich störende Betriebe" - fest, hat der im Industriegebiet ansässige Gewerbebetrieb einen Abwehranspruch dagegen, dass im angrenzenden eingeschränkten Gewerbegebiet ein Wohnbauvorhaben zugelassen wird, das zu seinen Lasten mit dem festgesetzten Gebietscharakter unvereinbar ist.

4. In einer solchen Fallgestaltung kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Plangeber bei der konkreten Ausweisung der beiden benachbarten Baugebiete einen diesbezüglichen Nachbarschutz seiner Baugebietsausweisung ausdrücklich beabsichtigt hat oder nicht; ebensowenig ist für den nachbarlichen Abwehranspruch zu fordern, dass das im Gewerbegebiet unzulässige gebietsfremde (Wohnbau)Vorhaben sich dem im benachbarten Industriegebiet ansässigen Betrieb gegenüber konkret als rücksichtslos erweist.


Tatbestand:

Die Antragstellerin führt einen immissionsschutzrecht genehmigungspflichtigen Reclyclingbetrieb, der in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Industriegebiet ansässig ist. Sie wandte sich im einstweiligen Rechtsschutz gegen die Baugenehmigung für ein Wohnhaus mit Büroflächen, das in einem dem Industriegebiet benachbarten, in demselben Bebauungsplan festgesetzten eingeschränkten Gewerbegebiet errichtet werden sollte. Ihr Begehren hatte in 2. Instanz Erfolg.

Gründe:

Das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs überwiegt gegenüber dem Interesse des Beigeladenen an der sofortigen (weiteren) Ausnutzung der ihm erteilten Baugenehmigung, weil diese nach der im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung offensichtlich rechtswidrig ist und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt.

Die offensichtliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Baugenehmigung folgt daraus, dass das genehmigten Vorhaben ersichtlich bauplanungsrechtlich unzulässig ist.

Das Vorhaben liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 15 der früheren Gemeinde L.. Dieser weist den Standort des strittigen Vorhabens als ein eingeschränktes Gewerbegebiet aus, in dem nur nicht wesentlich störende Betriebe zulässig sind. Von der Wirksamkeit dieses Bebauungsplans ist ungeachtet der Absicht der Stadt M., den betroffenen Bereich künftig für Wohnbaunutzungen planerisch sichern zu wollen, weiterhin auszugehen. Insbesondere liegt auch hinsichtlich des hier festgesetzten eingeschränkten Gewerbegebiets - ebenso wie bei der Ausweisung des östlichen Industriegebiets - kein Anhalt dafür vor, dass die entsprechende Festsetzung funktionslos geworden wäre.

Zu dem ausgewiesenen Industriegebiet vgl. bereits: OVG NRW, Beschluss vom 26.9.2002 - 7 B 1716/02.

Mit der wirksamen und weiterhin nach § 30 Abs. 1 BauGB beachtlichen Gewerbegebietsausweisung ist das strittige Vorhaben offensichtlich unvereinbar.

Dem Beigeladenen ist nicht etwa ein (nicht wesentlich störender) Gewerbebetrieb genehmigt worden, sondern ein Wohnhaus. Dies folgt bereits aus dem Tenor der angefochtenen Baugenehmigung vom 25.1.2002, der das genehmigte Vorhaben eindeutig und unmissverständlich umschreibt als "Wohnhaus mit Büroflächen". Die Baugenehmigung gibt weder vor, dass das Grundstück nur für einen Gewerbebetrieb genutzt werden darf, noch gibt sie etwa vor, dass das Wohnhaus ausschließlich als Betriebswohnung i.S.v. § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zu nutzen ist. Maßgeblich für den Inhalt dessen, was genehmigt wird, ist in erster Linie die Baugenehmigung selbst. Der Bauschein bestimmt insbesondere Art und Umfang des genehmigten Vorhabens. Die mit dem Bauantrag einzureichenden Bauvorlagen (vgl. nunmehr § 69 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW) haben demgegenüber in aller Regel keine selbstständige Bedeutung, vielmehr eine konkretisierende und erläuternde Funktion. Wenn und soweit der Text des Bauscheins abschließende und erschöpfende Regelungen trifft, hat es damit sein Bewenden.

Vgl.: OVG NRW, Urteil vom 26.7.1995 - 7 A 2179/93 - JURIS-Dokumentation, m.w.N.,

Der Umstand, dass die genehmigten Bauvorlagen im Erdgeschoss des Wohnhauses auch "Büroräume" aufweisen und dass im genehmigten Lageplan ein rd. 6 x 9 m großer "Lagerplatz" eingetragen ist, der nach der genehmigten Betriebsbeschreibung der Lagerung von Baumaterialien dienen soll, ändert nichts daran, dass der Beigeladene das strittige Vorhaben "Wohnhaus mit Büroräumen" auch dann baugenehmigungskonform nutzen kann, wenn er auf die Anlage des Lagerplatzes verzichtet und die Räume im Erdgeschoss nicht einer Büronutzung zuführt.

Des Weiteren fehlt es auch im vorliegenden Fall - nicht anders als bei dem Sachverhalt, der dem Beschluss des Senats vom 26.9.2002 (7 B 1716/02) zu Grunde lag - daran, dass das Wohnen auf oder nahe dem Betriebsgrundstück mit Rücksicht auf die Art und Größe des Betriebs aus betrieblichen Gründen objektiv sinnvoll und dass die Betriebswohnung dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet ist.

Vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 22. Juni 1999 - 4 B 46.99 - BRS 62 Nr. 78.

Die letztgenannte Voraussetzung ist entgegen der Auffassung des Beigeladenen auch im vorliegenden Fall zu beachten. Zwar trifft es zu, dass auf den hier in Rede stehenden, im Jahr 1971 bekannt gemachten Bebauungsplan Nr. 15 gemäß der statischen, nicht dynamischen Verweisung des § 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO die Baunutzungsverordnung 1968 anzuwenden ist und dass § 8 Abs. 3 Nr. 1 dieser Fassung der BauNVO noch nicht den Zusatz enthielt "die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind". Mit dem genannten, erst durch die Baunutzungsverordnung 1990 in diese Verordnung aufgenommenen Zusatz hat sich an der Rechtslage jedoch nichts geändert. Die Aufnahme dieses Zusatzes in die BauNVO hat lediglich klarstellende Funktion, ihr kommt nicht die Bedeutung einer materiell-rechtlichen Änderung zu.

Vgl.: Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl. 2002, § 8 RdNr. 4.1; ebenso: Bielenberg in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand August 2002, § 8 RdNr. 23; Ziegler in Brügelmann, BauGB, Stand September 2002, § 8 RdNr. 56 m.w.N.

Für die Genehmigungfrage macht es daher keinen Unterschied, welche Fassung der Baunutzungsverordnung Bestandteil des Bebauungsplans iSv § 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO ist.

Nicht anders als in dem bereits angesprochenen Fall, der dem Beschluss des Senats vom 26.9.2002 (7 B 1716/02) zu Grunde lag, dominiert auch hier die Wohnnutzung das Vorhaben des Beigeladenen eindeutig. Das Wohnhaus selbst soll mit seiner ausschließlich im Erdgeschoss vorgesehenen gewerblichen Nutzung (zwei Büroräume mit weniger als 40 qm Grundfläche nebst großzügigem, einem normalen Bad entsprechendem WC und gleichfalls großzügiger sog. Teeküche) allenfalls zu rd. einem Drittel gewerblich genutzt werden. Hinsichtlich des Lagerplatzes scheidet eine Zuordnung zu dem Wohnhaus (nebst Garage mit Abstellraum) ersichtlich aus. Da eine bauliche Befestigung dieses Lagerplatzes in den genehmigten Bauvorlagen nicht verlautbart ist, in der genehmigten Baubeschreibung vielmehr - abgesehen von der Befestigung der Zufahrt mit Betonsteinpflaster - nur die Rede ist von einer "allg.Eingrünung" der nicht überbauten Flächen, wäre die hier vorgesehene gewerbliche Nutzung allenfalls in Relation zu setzen zu dem übrigen, eindeutig der Wohnnutzung zuzuordnendem Freiflächengeschehen auf dem Grundstück. Der Lagerplatz erfasst damit gleichfalls nur einen Bruchteil des eindeutig der Wohnnutzung zuzuordnenden Freiflächengeschehens.

Es ist im Übrigen auch nicht ansatzweise erkennbar, dass die Einrichtung des Lagerplatzes von weniger als 60 qm Grundfläche und von den beiden Büroräumen es aus - hier in den maßgeblichen Bauvorlagen ohnehin nicht näher verlautbarten - betrieblichen Gründen objektiv sinnvoll erscheinen lassen, dass neben diesen angegebenen gewerblichen Nutzungen betriebsbedingt gewohnt wird. (wird ausgeführt).

Der Einschätzung, dass es sich im vorliegenden Fall nicht um eine im hier festgesetzten Gewerbegebiet zulässige Betriebswohnung handelt, steht schließlich auch nicht entgegen, dass sich bei den Bauakten eine Baulast mit der Verpflichtung befindet, nach der "die Wohnung auf dem o.g. Grundstück nur von dem in § 8 Abs. 3 Ziffer 1 der Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke - Baunutzungsverordnung - (BauNVO) genannten Personenkreis genutzt wird". Die Baulast ist schon deshalb ungeeignet, ein dem hier in Rede stehenden Gewerbegebiet zuzuordnendes betriebliches Wohnen dauerhaft zu sichern, weil keine Zuordnung des Nutzerkreises zu einem konkreten in eben diesem Gewerbegebiet ansässigen Betrieb - erst Recht nicht zu einem solchen auf dem strittigen Grundstück - erfolgt ist.

Durch die nach alledem offensichtlich rechtswidrige Baugenehmigung wird die Antragstellerin ersichtlich auch in ihren Rechten verletzt. Sie hat nach Auffassung des Senats - unabhängig von der Frage, ob das strittige Vorhaben ihr gegenüber konkret rücksichtslos ist - einen Anspruch darauf, dass in der hier gegebenen Situation in dem 'ihrem' Industriegebiet benachbarten Gewerbegebiet keine Baugenehmigung erteilt wird, die zu ihren - der Antragstellerin - Lasten mit der Gewerbegebietsausweisung unvereinbar ist.

Allerdings ist dem VG einzuräumen, dass der höchstrichterlich anerkannte sog. Gebietsgewährleistungsanspruch - vgl. hierzu grundlegend: BVerwG, Urteil vom 16.9.1993 - 4 C 28.91 - BRS 55 Nr. 110 - sich auf Fallgestaltungen bezieht, bei denen es um die Wahrung des Gebietscharakters zu Gunsten eines innerhalb desselben Baugebiets ansässigen Nachbarn geht. Insoweit kann sich der Nachbar im Plangebiet auch dann gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung wenden, wenn er durch sie selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt wird. Im Rahmen des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses soll jeder Planbetroffene das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebiets verhindern können.

Vgl.: BVerwG, Beschluss vom 2.2.2000 - 4 B 87.99 - BRS 63 Nr. 190.

Um eine solche schleichende Umwandlung des Baugebiets, in dem der betroffene Nachbar - hier die Antragstellerin - selbst ansässig ist, geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht. Der Betrieb der Antragstellerin liegt in dem im Bebauungsplan Nr. 15 festgesetzten Industriegebiet, während das Vorhaben des Beigeladenen - unzulässigerweise - im angrenzenden eingeschränkten Gewerbegebiet errichtet wird. Die Antragstellerin möchte im vorliegenden Fall anders als im Verfahren 7 B 1716/02 nicht eine schleichende Umwandlung ihres eigenen Baugebiets - des festgesetzten Industriegebiets - verhindern, sondern sie möchte verhindern, dass das angrenzende, in demselben Bebauungsplan festgesetzte eingeschränkte Gewerbegebiet durch das Vorhaben des Beigeladenen und andere dort unzulässige betriebsfremde Wohnvorhaben schleichend zu ihren Lasten in ein letztlich nur Wohnnutzung dienendes (faktisches) Wohngebiet umgewandelt wird. Nach Auffassung des Senats ist in dieser Konstellation jedenfalls ein Anspruch auf Bewahrung bestimmter Elemente der festgesetzten Gebietstypik zu bejahen, der der im Industriegebiet ansässigen Antragstellerin einen Anspruch darauf gewährt, dass im benachbarten eingeschränkten Gewerbegebiet keine Vorhaben zugelassen werden, die zu ihren Lasten mit dem festgesetzten Gebietscharakter unvereinbar sind. Wie bei dem höchstrichterlich anerkannten Gebietsgewährleistungsanspruch kommt es dabei im konkreten Fall nicht entscheidend darauf an, ob der Plangeber bei der konkreten Ausweisung der beiden benachbarten Baugebiete einen diesbezüglichen Nachbarschutz seiner Baugebietsausweisung ausdrücklich beabsichtigt hat oder nicht. Ebenso wenig ist für den nachbarlichen Abwehranspruch zu fordern, dass das unzulässige gebietsfremde Vorhaben sich der Antragstellerin als Nachbarin gegenüber konkret als rücksichtslos erweist. Der aus dem objektiven Charakter der getroffenen Baugebietsausweisungen folgende nachbarliche Abwehranspruch ist anders als der sog. Gebietsgewährleistungsanspruch jedoch nur eingeschränkt. Er gewährt nicht ein Abwehrrecht gegenüber allen mit der getroffenen Baugebietsausweisung unvereinbaren Vorhaben, sondern nur gegenüber solchen unzulässigen Vorhaben, die der Nachbar aus Gründen, die das gesamte Plangebiet erfassen und dessen alle Grundeigentümer bindenden und ihre eigenen Vorhaben schützenden Charakter betreffen, selbst nicht verwirklichen dürfte.

Für diese Wertung sprechen insbesondere folgende Erwägungen:

Der hier in Rede stehende Bebauungsplan erfasst ein Areal, das insgesamt als zu gewerblichen Zwecken nutzbar ausgewiesen ist. Mit der Festsetzung des größeren Industriegebiets und des kleineren benachbarten eingeschränkten Gewerbegebiets, in dem nur nicht wesentlich störende Betriebe zulässig sind, ist das Plangebiet insgesamt ausschließlich gewerblicher Nutzung vorbehalten. Der Sache nach stellen sich die Planfestsetzungen nicht anders dar, als wenn das Plangebiet insgesamt als gegliedertes Gewerbegebiet ausgewiesen worden wäre. Der Unterschied zu einer solchen Variante besteht hier nur darin, dass in dem als Industriegebiet ausgewiesenen Bereich auch die in einem Gewerbegebiet nicht zulässigen erheblich belästigenden Gewerbebetriebe zulässig sind. Ein wesentliches Merkmal sowohl der Gewerbegebiets- als auch der Industriegebietsausweisung, nämlich der generelle Ausschluss jeglichen Wohnens, das nicht ausnahmsweise als betriebsbezogenes Wohnen gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 bzw. § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zugelassen werden kann, bleibt für das gesamte Plangebiet erhalten. Bezogen auf diesen Ausschluss betriebsfremden Wohnens bei gleichzeitiger Vorgabe ausschließlicher gewerblicher Nutzungen weisen die beiden hier festgesetzten Baugebiete eine einheitliche Charakteristik auf, die es rechtfertigt, der Antragstellerin einen das gesamte Plangebiet erfassenden Abwehranspruch zuzugestehen. Ebenso wie sie es hinnehmen muss, dass sie ihr eigenes Grundstück nicht für betriebsfremdes allgemeines Wohnen zur Verfügung stellen, sondern dieses - abgesehen von eventuellen Ausnahmen nach § 9 Abs. 3 BauNVO - ausschließlich gewerblich nutzen darf, kann sie erwarten, dass Gleiches nicht nur in ihrem eigenen Industriegebiet geschieht, sondern auch in dem benachbarten eingeschränkten Gewerbegebiet, das gleichfalls nicht für betriebsfremdes Wohnen, sondern auschließlich für gewerbliche Nutzungen zur Verfügung steht. Für den Senat besteht insoweit kein Zweifel, dass die Antragstellerin bei ihrer Ansiedlung im Industriegebiet nicht damit rechnen mußte, dass in diesem Gebiet oder im benachbarten eingeschränkten Gewerbegebiet eine ihren Betrieb möglicherweise gefährdende Wohnnutzung zugelassen werden würde.

Aus dieser Wertung folgt - worauf zur Vermeidung von Missverständnissen nochmals hinzuweisen ist - nicht, dass die Antragstellerin damit einen Abwehranspruch gegen jedes Vorhaben hätte, das mit den für das benachbarte eingeschränkte Gewerbegebiet getroffenen Festsetzungen unvereinbar wäre. Namentlich hat sie nicht etwa einen - von einer konkreten Unzumutbarkeit unabhängigen - Anspruch darauf, dass dort kein Gewerbebetrieb zugelassen wird, der wesentlich stört oder gar erheblich belästigt. Auch ist darauf hinzuweisen, dass mit dieser Wertung nicht etwa die generelle Anerkennung eines das gesamte Plangebiet eines Bebauungsplans erfassenden Gebietsgewährleistungsanspruchs verbunden ist.

Vgl. in diesem Sinne etwa: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 4.5.2001 - 3 S 597/00 - VBlBW 2001, 487; a.A. hingegen: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.8.1996 - 10 S 1492/96 - BRS 58 Nr. 160.

Entscheidend für die Bejahung des eingeschränkten, über die Grenzen ihres eigenen Baugebiets hinausgreifenden Abwehranspruchs der Antragstellerin ist vielmehr allein, dass die im vorliegenden Bebauungsplan getroffenen Baugebietsausweisungen dem Plangebiet insgesamt einen ausschließlich gewerblich nutzbaren Gebietscharakter zukommen lassen, der alle Planbetroffenen objektiv vor einer mit den Vorgaben der Baunutzungsverordnung unvereinbaren Verfremdung durch gewerbe- und industriegebietsfremde Wohnnutzungen schützt. Darauf, ob ein solcher Nachbarschutz vom Plangeber ausdrücklich beabsichtigt und entsprechend verlautbart ist - vgl. in diesem Sinne etwa: OVG Rh.-Pf., Urteil vom 14.1.2000 - 1 A 11751/99 - BRS 63 Nr. 191 -, kann es bei diesen objektiven Gegebenheiten ebenso wie bei dem Anspruch auf Wahrung des Gebietscharakters innerhalb desselben Baugebiets nicht ankommen.

Ende der Entscheidung

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