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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 24.10.2006
Aktenzeichen: 7 D 126/05.NE
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 214 Abs. 3
Der die Errichtung eines Fußballstadions ermöglichende Bebauungsplan ist rechtsfehlerhaft, wenn nicht sichergestellt ist, ob und wo die erforderlichen Stellplätze angelegt werden können.
Tatbestand:

Die Antragsteller sind Eigentümer von Einfamilienhausgrundstücken. Gegenüber der ihre Grundstücke erschließenden Straße soll der streitgegenständliche Bebauungsplanung die Errichtung eines zweitligatauglichen Fußballstadions ermöglichen. Der Normenkontrollantrag hatte Erfolg.

Gründe:

Der Bebauungsplan genügt nicht den Anforderungen des Abwägungsgebots.

Der Rat der Stadt Q. hat nicht alle erheblichen Belange mit dem ihnen jeweils zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt. Zu den abwägungsbeachtlichen Umständen gehörte namentlich die Frage, ob und wo die Stellplätze angelegt werden können, die das im Bebauungsplangebiet vorgesehene Vorhaben erfordert. Der Rat hatte bei seinen Erwägungen von dem Vorhaben auszugehen, das er ermöglichen wollte und dessen Zulässigkeit sich auf Grundlage der Bebauungsplanfestsetzungen ergibt. Der Bebauungsplan zielt u. a. darauf, für den SC Q. ein auch für den (mittlerweile eingetretenen) Fall des Aufstiegs in die 2. Fußball-Bundesliga geeignetes Fußballstadion bereitzuhalten. Zwar hat der Rat in seine Erwägungen eingestellt, dass das Fußballstadion in mehreren Ausbaustufen errichtet werden könne. Die städtebauliche Rechtfertigung der Bebauungsplanung hat der Rat jedoch in dem Erfordernis gesehen, ein Stadion für 15.000 Besucher zu errichten. Der Bebauungsplan eröffnet dementsprechend schon jetzt die Möglichkeit, ein Stadion mit einer - hier für den Spielbetrieb nach Angaben der Beteiligten erforderlichen - Zahl von 15.000 Zuschauerplätzen zu errichten. Dementsprechend sind die im Bebauungsplanverfahren berücksichtigten Gutachten (Verkehrsgutachten, Lärmschutzgutachten) sowie auch die Erwägungen zur Sicherung des Stellplatzbedarfs an einem mit maximal 15.000 Zuschauern ausgelasteten Stadion ausgerichtet.

Ob und wo (und mit welchen Konsequenzen für die Verkehrsbewältigung) die für ein Stadion mit 15.000 Zuschauerplätzen erforderlichen Stellplätze angelegt werden können, ist indessen eine ungelöste Frage geblieben. S. 5 ff. der zur Sitzung des Rates der Stadt Q. , in der der Satzungsbeschluss gefasst worden ist, vorgelegten Beschlussvorlage ist ebenso wenig wie der Bebauungsplanbegründung zu entnehmen, wie der Stellplatzbedarf tatsächlich befriedigt werden kann. Ungeachtet der von den Antragstellern vertieften Problematik, ob der Stellplatzbedarf fehlerfrei prognostiziert worden ist, ist selbst die Anlage der vom Rat als erforderlich angesehenen 4.000 Stellplätze nicht gesichert. Der Rat hielt es für ausreichend, zunächst bei laufendem Betrieb zu schauen, wie sich die Zuschauerzahlen (und damit die Stellplatzsituation) entwickeln und ab welcher Zuschauerzahl tatsächlich auf die bestehenden Stellplätze auf dem Betriebsgelände der Firma X. zurückgegriffen werden muss. Dieses Procedere begründet im Ergebnis jedenfalls deshalb einen Abwägungsmangel, weil selbst auf die Stellplätze der Firma X. nicht sicher zurückgegriffen werden kann. Diese Firma hat mit Schreiben vom 31.5.2005 nicht etwa vorbehaltlos, sondern nur "grundsätzlich" ihre Bereitschaft erklärt, ihre Parkplätze bei Spitzenspielen zur Verfügung zu stellen; sie hat ihre Erklärung zudem mit dem Zusatz versehen, die Erklärung gelte (nur) bis auf Widerruf. Eine Erklärung weitergehenden Inhalts hat - wie vorsorglich angemerkt sei - auch die Firma G. nicht abgegeben. Dementsprechend haben die Firmen einer zur rechtlichen Absicherung der Stellplätze erforderlichen Baulasteintragung ausweislich Seite 5 der Beschlussvorlage nicht zugestimmt. Dass selbst bei gutem Willen der genannten Firmen eine Nutzung der Firmenstellplätze von vornherein nicht in Betracht kommen dürfte, wenn die Stellplätze von diesen Firmen selbst benötigt werden, also während ihrer Geschäftszeiten, haben die Antragsteller zutreffend angemerkt.

Der Rat der Stadt Q. durfte die Klärung der Frage, ob und wo die erforderlichen Stellplätze angelegt werden können, nicht offen lassen. Die Gemeinde darf zwar von einer abschließenden Konfliktbewältigung im Bebauungsplan Abstand nehmen, wenn die Durchführung der als notwendig erkannten Konfliktlösungsmaßnahmen außerhalb des Planungsverfahrens auf der Stufe der Verwirklichung der Planung sichergestellt ist.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.7.1994 - 4 NB 25.94 -, Buchholz 406.11 § 1 Nr. 75 = BRS 56 Nr. 6, Urteil vom 8.10.1998 - 4 CN 7.97 -, BauR 1999, 359 = BRS 60 Nr. 52.

Von einer Sicherung in diesem Sinne kann jedoch keine Rede sein. Dass die Stellplatzproblematik offengeblieben ist, ergibt sich mit aller Deutlichkeit beispielsweise aus der Beschlussvorlage: "Da der volle Stellplatznachweis für 15.000 Besucher zurzeit nicht erbracht werden kann, besteht bauordnungsrechtlich nur die Möglichkeit, eine Grundgenehmigung mit begrenzter Besucherzahl zu erteilen. ..." Der Abwägungsmangel ist im Sinne des § 214 Abs. 3 BauGB erheblich und erfasst den Bebauungsplan insgesamt.

Ende der Entscheidung

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