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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 11.03.2004
Aktenzeichen: 7a D 51/02.NE
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 12, § 29 Abs. 1
BauGB § 30 Abs. 2
1. § 12 BauGB erfordert die planerische Festlegung eines oder mehrerer konkreter Vorhaben im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB; es bleibt offen, ob mehrere konkrete Vorhaben alternativ zugelassen werden können.

2. Der Begriff "Vorhaben" im Sinne von § 12 BauGB ist identisch mit demselben Begriff in § 29 Abs. 1 BauGB, kann jedoch auch mehrere Vorhaben umfassen.

3. Ein vorhabenbezogener Bebauungsplan, der in Bezug auf die Art der baulichen Nutzung planungsrechtlich eine unbestimmte Anzahl unterschiedlichster Vorhaben im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB zulässt, bewegt sich außerhalb der zulässigen Bandbreite an Nutzungsmöglichkeiten, die ein Vorhaben im Sinne von § 12 BauGB umfassen darf.

4. Es bleibt offen, in welchem Umfang das im vorhabenbezogenen Bebauungsplan festzulegende Vorhaben auch hinsichtlich anderer planerischer Festsetzungen (hier: überbaubare Grundstücksfläche und Maß der baulichen Nutzung) eine gewisse Bandbreite umfassen kann.

5. Das Vorhaben im Sinne von § 12 BauGB muss nicht im Vorhaben- und Erschließungsplan, sondern kann auch unmittelbar in dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan bestimmt werden.


Tatbestand:

Die Antragsteller wendeten sich gegen einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan (vBP) der Antragsgegnerin. Dessen Gegenstand war ein gemischt genutztes Großprojekt. Im Bebauungsplan wurde das Maß der baulichen Nutzung u.a. durch eine maximale Geschossfläche von 17.500 qm bestimmt. Als Art der baulichen Nutzung war ein "gegliedertes" Mischgebiet festgesetzt, in dem Wohn-, Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsnutzungen, Nutzungen als Hotel und für nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe zuässig sind. Die unterschiedlichen Nutzungen durften eine jeweils maximal bestimmte Geschossfläche nicht überschreiten. Der zugehörige Vorhaben- und Erschließungsplan (VEP) zeigte im Wesentlichen die Umrisse eines Baukörpers. Der Durchführungsvertrag nahm zur Bestimmung des Vorhabens vor allem Bezug auf den vBP und den VEP.

Auf den Normenkontrollantrag erklärte der Senat den vBP für nichtig.

Gründe:

In materieller Hinsicht unterliegt der vorhabenbezogene Bebauungsplan durchgreifenden Bedenken, die zu seiner Nichtigkeit führen.

Der von der Antragsgegnerin als Satzung beschlossene normative Planinhalt bestimmt kein hinreichend konkretisiertes Vorhaben im Sinne von § 12 BauGB und wird damit nicht von dieser Ermächtigungsnorm getragen. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Zur Sicherstellung der Vorhabenbezogenheit der in ihm geregelten Sonderform eines Bebauungsplans trifft § 12 BauGB spezielle Regelungen, die sich auf die Planaufstellung, die zulässigen Planinhalte und die Rechtsfolgen des Erlasses eines solchen Plans beziehen. (wird ausgeführt)

Die Sonderregelungen des § 12 BauGB lassen es mithin nur zu, einen Bebauungsplan zu erlassen, der - jedenfalls für den Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans, vgl. § 12 Abs. 4 BauGB - die planungsrechtliche Zulässigkeit des konkreten Vorhabens begründet, zu dessen Durchführung sich der Vorhabenträger in dem mit der Gemeinde abgeschlossenen Durchführungsvertrag verpflichtet hat. Dabei muss ein Vorhaben im Sinne des § 12 BauGB nicht ein in jeder Hinsicht so eng umrissenes Projekt sein, dass seine planerische Grundlage - der Vorhaben- und Erschließungsplan - zugleich auch Grundlage einer nach Erlass des Plans beantragten Baugenehmigung sein kann. Allerdings wird durch einen Vorhaben- und Erschließungsplan nicht etwa allgemein irgendeine Bebauung des Plangebiets, sondern die Errichtung eines oder mehrerer konkreter Vorhaben im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB geregelt.

So ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 18.9.2003 - 4 CN 3.02 -, NVwZ 2004, 229 = BauR 2004, 286.

Damit umfasst der Vorhabensbegriff des § 12 BauGB, anders als § 29 Abs. 1 BauGB, auch eine Mehrzahl von Vorhaben.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3.12.2003 - 7a D 42/01.NE -, JURIS; zu § 7 Abs. 1 BauGB-MaßnahmenG: OVG NRW, Urteil vom 16.10.1997 - 11a D 116/96.NE -, BRS 59 Nr. 255.

Ob nur mehrere, nebeneinander zu realisierende Bauvorhaben gemeint sind, oder ob die Gemeinde in einem Vorhaben- und Erschließungsplan mehrere - auch im Durchführungsvertrag beschriebene - konkret benannte Vorhaben im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB alternativ zulassen kann, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Vertiefung.

Das im Durchführungsvertrag vereinbarte und im Vorhaben- und Erschließungsplan festgelegte Vorhaben kann von vornherein eine gewisse Bandbreite an Nutzungsmöglichkeiten umfassen und damit einem Bedürfnis des Vorhabenträgers oder der Gemeinde nach einem nicht allzu starren planerischen Rahmen Rechnung tragen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.9.2003 - 4 CN 3.02 -, a.a.O.

Andererseits steht der Gemeinde das Instrument eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nicht zur Verfügung, wenn sie nicht nur das konkret zur Realisierung anstehende Vorhaben ermöglichen, sondern von vornherein - gegebenenfalls auch erst im Wege einer späteren Umnutzung der zugelassenen baulichen Anlagen nach Ersterrichtung des vom Vorhabenträger zunächst vorgesehenen Vorhabens - eine mehr oder weniger breite Palette unterschiedlicher baulicher Nutzungsmöglichkeiten eröffnen will.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3.12.2003, a.a.O..

Zur Bestimmung der Art der baulichen Nutzung reicht im Rahmen des § 12 BauGB die Festsetzung eines Baugebiets im Sinne von § 1 Abs. 2 BauNVO allein nicht aus.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.9.2003, a.a.O., Krautzberger in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 12 Randnr. 79; zu § 7 Abs. 1 BauGB-MaßnahmenG: OVG NRW, Urteil vom 16.10.1997, a.a.O.; Bielenberg, Aufstellung eines Vorhaben- und Erschließungsplans (VE-Plan), ZfBR 1996, 6 (10).

Ebenso ist ein vorhabenbezogener Bebauungsplan fehlerhaft, der für den Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans ein anderes Vorhaben als das (konkret) im Durchführungsvertrag vereinbarte - ein "aliud" - zulässt. Beispielsweise darf nicht für ein und dasselbe Grundstück sowohl ein Haus für betreutes Seniorenwohnen als auch eine Gaststätte zulässig sein.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.9.2003, a.a.O..

Dabei geht zwar § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB davon aus, dass das Vorhaben in dem Vorhaben- und Erschließungsplan festgelegt wird. Da dieser jedoch über § 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB zum Bestandteil des Bebauungsplans wird, bestehen keine grundsätzlichen Bedenken dagegen, dass das zuzulassende Vorhaben (auch oder ausschließlich) unmittelbar in dem Bebauungsplan bestimmt wird.

Vgl. auch den dem vorgenannten Urteil des BVerwG vom 18.9.2003 zugrunde liegenden Sachverhalt (kein Vorhaben- und Erschlie-ßungsplan vorhanden).

Die Grenze, wann ein Vorhaben im Sinne von § 12 BauGB innerhalb des so bestimmten Rahmens im Einzelfall (noch) hinreichend konkretisiert oder (schon) so abstrakt beschrieben ist, dass es nicht zulässiger Gegenstand eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans sein kann, ist - ausgehend von den Anforderungen an das notwendige Maß der Konkretisierung planerischer Festsetzungen in einem 'normalen' Bebauungsplan unter dem Blickwinkel des Bestimmtheitsgebot für Normen - anhand der Besonderheiten des vorhabenbezogenen Bebauungsplans im Einzelfall zu beurteilen.

Dass der vorhabenbezogene Bebauungsplan wie jede Satzung oder sonstige Norm hinreichend bestimmt im Sinne des Art. 20 Abs. 3 GG zu sein hat, versteht sich von selbst. Ein (vorhabenbezogener) Bebauungsplan, aus dessen Festsetzungen auch im Wege der Auslegung nicht mit genügender Deutlichkeit zu ermitteln ist, welche baulichen Nutzungen zulässig sein sollen, ist fehlerhaft.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.9.2003, a.a.O..

Auch wenn in der Rechtsprechung die Frage nach der Bestimmtheit eines 'normalen' Bebauungsplans in erster Linie unter dem Blickwinkel betrachtet wird, wie konkret bauplanerische Festsetzungen sein müssen, um dem Bestimmtheitsgebot zu genügen, geht es im vorliegenden Zusammenhang über diese Frage hinaus darum, wie konkret ein Vorhaben im Sinne des § 12 BauGB beschrieben werden muss, um nicht - wie bei einem 'normalen' Bebauungsplan - etwa allgemein irgendeine Bebauung des Plangebiets, sondern (nur) die Errichtung eines oder mehrerer konkreter Vorhaben im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB zu regeln.

Mit anderen Worten ist entscheidend, ob das Vorhaben, das durch den vorhabenbezogenen Bebauungsplan zugelassen werden soll, hinreichend konkretisiert ist, um den Bebauungsplan nicht wie bei einem 'normalen' Bebauungsplan als Angebotsplanung für eine unbestimmte Anzahl unterschiedlicher Vorhaben im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB, sondern als eine auf den Einzelfall zurecht geschnittene - gleichsam maßgeschneiderte - planerische Lösung für ein oder mehrere konkret vereinbarte Vorhaben erscheinen zu lassen.

Vgl. zu dieser Unterscheidung OVG NRW, Urteil vom 6.4.2001 - 7a D 143/00.NE -, BRS 64 Nr. 227.

Die Antwort auf diese Fragen hängt in erster Linie davon ab, welchen Inhalt der in § 12 Abs. 1 BauGB verwandte Begriff des Vorhabens hat.

Die Verwendung des Begriffes "Vorhaben" in § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB legt den Schluss nahe, dass er dort - abgesehen von der Anzahl - wie in § 29 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu verstehen ist. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber innerhalb eines Gesetzes einem mehrfach verwandten Begriff keinen unterschiedlichen Inhalt beimessen will, sondern der Begriff einheitlich auszulegen ist. Dies gilt nur dann nicht, wenn aus dem Zweck der Regelung, der Entstehungsgeschichte und / oder dem Zusammenhang, in dem dieser Begriff benutzt wird, erkennbar ist, dass ihm jeweils eine unterschiedliche Bedeutung zukommt.

Vgl. BFH Großer Senat, Beschluss vom 25.11.2002 - GrS 2/01 -, NVwZ 2003, 895 (zu einem legal definierten Begriff); BFH, Beschluss vom 17.2.1992 - X B 49/91 -, JURIS.

Vorliegend betrifft der erste Abschnitt im dritten Teil des ersten Kapitels des BauGB die "Zulässigkeit von Vorhaben". In der (amtlichen) Überschrift zu § 29 BauGB ist der "Begriff des Vorhabens" genannt. Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift definiert die Vorhaben, für die die §§ 30 bis 37 BauGB gelten. Die Überschrift zu § 30 BauGB spricht - wie die Überschrift des Abschnitts und wie § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB - von der "Zulässigkeit von Vorhaben". Da auch § 30 Abs. 2 BauGB die Zulässigkeit eines Vorhabens im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans im Sinne von § 12 BauGB regelt und dort die Zulässigkeit von Vorhaben zum Gegenstand der Bauleitplanung gemacht wird, ist kein Anhaltspunkt aus dem Wortlaut oder dem jeweiligen Zusammenhang, in dem der Begriff verwandt wird, dafür zu erkennen, der Gesetzgeber habe dem Begriff in diesen miteinander verzahnten Vorschriften verschiedene Inhalte geben wollen.

Die geschichtliche Entwicklung des Rechtsinstituts bestätigt diese Auslegung.

Vgl. zu Nachfolgendem die Darstellung bei Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 12 Randnr. 4 ff.

Nach § 55 BauZVO der DDR in der Fassung des § 246 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BauGB 1990 konnte die "Zulässigkeit von Vorhaben" durch einen Vorhaben- und Erschließungsplan abweichend von den §§ 30, 31 und 33 bis 35 BauGB 1990 bestimmt werden. Da sich die zuletzt genannten gesetzlichen Regelungen, von denen auf diese Art durch Satzung abgewichen werden konnte, auf Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB bezogen, konnte durch den Vorhaben- und Erschließungsplan nur die planungsrechtliche Zulässigkeit (eines oder mehrerer) konkreter Vorhaben in diesem Sinne herbeigeführt werden. Folgerichtig enthielt § 55 Abs. 4 Satz 1 BauZVO in der damaligen Fassung eine dem heutigen § 30 Abs. 2 BauGB entsprechende Regelung. 1993 wurde der Vorhaben- und Erschließungsplan für das gesamte Bundesgebiet in § 7 BauGB-MaßnG geregelt. Nach dessen Abs. 1 Satz 1 konnte die Gemeinde durch Satzung (über den Vorhaben- und Erschließungsplan) die "Zulässigkeit von Vorhaben" bestimmen, die nicht bereits nach den §§ 30, 31 und 33 bis 35 BauGB 1990 zulässig, mithin nach den gesetzlichen Vorschriften unzulässig waren. Auch § 7 Abs. 4 Satz 1 BauGB-MaßnG enthielt eine § 30 Abs. 2 BauGB in der aktuellen Fassung entsprechende Regelung. Dies verdeutlicht, dass Gegenstand des Vorhaben- und Erschließungsplans nach § 7 BauGB-MaßnG ebenfalls nur (ein oder mehrere) Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB waren. Denn nur deren planungsrechtliche Zulässigkeit wurde nach den §§ 30, 31, 33 bis 35 BauGB 1990 beurteilt. Bei der Übernahme des Vorhaben- und Erschließungsplans in das BauGB 1998 sah der Regierungsentwurf einen Vorteil des Vorhaben- und Erschließungsplan gegenüber einem Bebauungsplan in der aus dem "Vorhabenbezug" folgenden Reduzierung des Abwägungsmaterials. Dabei musste der Vorhaben- und Erschließungsplan von einem "objektbezogenen" (normalen) Bebauungsplan abgegrenzt werden, der "einen Angebotsspielraum offen halte und deshalb nicht im Sinne einer Durchführungsverpflichtung vollstreckungsfähig sei."

§ 7 BauGB-MaßnG sollte mit seinem materiellen Gehalt unverändert in das BauGB übernommen werden. Zwar ist in § 12 BauGB für den Erlass eines (nunmehr) vorhabenbezogenen Bebauungsplans nicht mehr erforderlich, dass das zuzulassende Vorhaben nach den anderen, für Vorhaben nach § 29 BauGB ansonsten geltenden Vorschriften (§ 30 Abs. 1, 3, § 31, §§ 33 bis 35 BauGB) unzulässig ist. Damit ist aber keine inhaltliche Änderung des Vorhabensbegriffes verbunden. Im Gegenteil regelt § 30 Abs. 2 BauGB - wie bereits § 55 Abs. 4 Satz 1 BauZVO in Verbindung mit § 246 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BauGB und wie § 7 Abs. 4 Satz 1 BauGB-MaßnG - die Zulässigkeit eines "Vorhabens" (im Sinne von § 29 Abs. 1 Satz 1 BauGB) im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Die "Aufspaltung" der Vorgängerregelungen in § 12 BauGB (betreffend die Bauleitplanung) und § 30 Abs. 2 BauGB (planungsrechtliche Zulässigkeit eines Einzelvorhabens) entsprach lediglich der Gesetzessystematik des BauGB. Weiterhin blieb gerade das Zusammenspiel von § 12 Abs. 1 Satz 1 und § 30 Abs. 2 BauGB ein zentrales Regelungsanliegen (der gesetzlichen Bestimmungen) des vorhabenbezogenen Bebauungsplans.

Ausgehend von diesen Überlegungen muss das (oder müssen die) Vorhaben im vorhabenbezogenen Bebauungsplan bzw. im Vorhaben- und Erschließungsplan mindestens so konkretisiert sein, dass schon auf dieser Grundlage, also nicht wie beispielsweise für Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 BauGB erst auf Grund der mit einem Baugenehmigungsantrag oder einer Bauvoranfrage vorzulegenden Bauunterlagen, abschließend die städtebaurechtliche Zulässigkeit des so bestimmten Vorhabens nach § 30 Abs. 2 BauGB - der (nur) für Vorhaben nach § 29 Abs. 1 BauGB gilt - beurteilt werden kann.

Die Forderung nach der Festlegung eines oder mehrerer Vorhaben im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan rechtfertigt sich auch aus der Verantwortung der Gemeinde für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung im Gemeindegebiet, vgl. § 2 Abs. 1 BauGB. Die Gemeinde hat gemäß § 1 Abs. 3 BauGB einen Bauleitplan aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Ob ein Bebauungsplan erforderlich in diesem Sinne ist, bestimmt sich in erster Linie nach der planerischen Konzeption der Gemeinde.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30.12.1997 - 10a D 41/95.NE -, BRS 59 Nr. 2.

Grundsätzlich kann die Gemeinde in diesem Rahmen in einem Bebauungsplan nur die Festsetzungen treffen, für die der numerus clausus des § 9 BauGB eine Ermächtigungsgrundlage enthält. Von dieser und der Bindung an die Baunutzungsverordnung, somit von den gesetzgeberischen Vorgaben für eine geordnete städtebauliche Entwicklung kann die Gemeinde sich nur über § 12 BauGB für im Vorhaben- und Erschließungsplan festgelegte Vorhaben lösen. Nimmt sie diese damit verbundene Freiheit wahr, so kommt der Planungshoheit und Planungsverantwortlichkeit der Gemeinde im Falle eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans ein zusätzliches Gewicht zu. Ohne "Hilfe" der Vorgaben in § 9 BauGB und der Baunutzungsverordnung hat sie sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob das im Vorhaben- und Erschließungsplan festgelegte Vorhaben ihrer planerischen Konzeption und einer geordneten städtebaulichen Entwicklung entspricht. Mit diesen Anforderungen ist es unvereinbar, wenn sie in der Form eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans eine mehr oder weniger inhaltsleere Hülle als Satzung schafft, die der Vorhabenträger oder nach der Ersterrichtung des Vorhabens ein Nachfolger insbesondere hinsichtlich Art und Maß der baulichen Nutzung derart ausfüllen kann, dass nicht nur das oder die nach Art und Maß konkret bezeichneten Vorhaben, sondern auch andere Vorhaben möglich sind, die sich gegenüber dem benannten Vorhaben als "aliud" darstellen.

Schließlich setzt auch das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB voraus, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses hinreichend konkret die städtebaulichen Parameter erkennen kann, die für die in die Abwägung einzustellenden Belange relevant sind. Steht im Zeitpunkt der Entscheidung des Rates beispielsweise nicht fest, welche der dem Vorhabenträger eingeräumten Nutzungsarten dieser in welchem Umfang verwirklichen wird oder welche Nutzungsänderungen nach der Ersterrichtung des Vorhaben stattfinden können, fehlt dem Rat schon mit Blick auf § 1 Abs. 5 BauGB das hinreichende Tatsachenmaterial für seine Abwägungsentscheidung. Dies gilt auch, wenn - wie vorliegend - der Rat zwar möglicherweise von einem konkret beschriebenen, mit dem Vorhabenträger abgestimmten Vorhaben ausgeht, dieses jedoch allenfalls im Durchführungsvertrag, nicht aber im vorhabenbezogenen Bebauungsplan bzw. im Vorhaben- und Erschließungsplan bestimmt ist.

Erfordert § 12 BauGB nach alledem die konkrete Bestimmung eines oder mehrerer Vorhaben im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB in dem Vorhaben- und Erschließungsplan oder unmittelbar in dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan, so stellt sich die Frage, welche "Bandbreite an Nutzungsmöglichkeiten" im obigen Sinne das im Rahmen des § 12 BauGB festzulegende Vorhaben umfassen darf.

Es kommt in Betracht, insoweit auf die "Variationsbreite" abzustellen, die einer einzelnen genehmigten Nutzung eigen ist. Dieser Begriff dient der Beurteilung, ob die Änderung einer (genehmigten) Nutzung einer baulichen Anlage ihrerseits nach §§ 29 ff. BauGB genehmigungsbedürftig ist, weil der Vorgang auch bodenrechtlich relevant ist. Dies setzt voraus, dass die jeder einzelnen Art von Nutzung eigene, gewisse Variationsbreite verlassen wird und durch die Veränderung bodenrechtliche Belange, wie sie insbesondere § 1 Abs. 5 BauGB bestimmt, erneut berührt werden können.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 25.3.1988 - 4 C 21.85 -, BRS 48 Nr. 138, und vom 18.5.1990 - B 4 C 49.89 -, BRS 50 Nr. 166.

Diese Parallele bietet sich an, da im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans auch die planungsrechtliche Zulässigkeit einer Nutzungsänderung im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB nach § 30 Abs. 2 BauGB zu beurteilen ist. Mit Blick ausschließlich auf die Art der baulichen Nutzung würde die Gleichsetzung der "Bandbreite" und der "Variationsbreite" in dem oben jeweils dargelegten Sinn bedeuten, dass bei Nutzungsänderungen der Anwendungsbereich des § 30 Abs. 2 BauGB auf die Fälle beschränkt wäre, in denen der vorhabenbezogene Bebauungsplan mehrere Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB alternativ zulässt. Bestimmt ein vorhabenbezogener Bebauungsplan dagegen nur ein Vorhaben oder mehrere gleichzeitig zu verwirklichende Vorhaben, so wäre bei diesem Verständnis eine spätere Nutzungsänderung entweder nicht genehmigungsbedürftig nach § 29 BauGB, wenn sie sich in der dem / den Vorhaben eigenen Variationsbreite hielte, oder aber gemäß § 30 Abs. 2 BauGB grundsätzlich unzulässig, wenn sie hierüber hinausginge und damit gleichzeitig dem Bebauungsplan widerspräche.

Ähnliches gilt, wenn für die Bestimmung der "Bandbreite der Nutzungsmöglichkeiten" ein Vergleich mit der Variationsbreite bei Änderung einer bestandsgeschützten Nutzung gezogen wird. Diese betrifft die Frage, ob sich eine Nutzungsänderung rechtlich nur als eine Art von Nutzung innerhalb einer immer schon vorausgesetzten Variationsbreite der bereits zugestandenen Nutzung darstellt oder ob sie eine neue, auch bauplanerisch erhebliche Nutzung ist. Diese Variationsbreite wird verlassen mit der Folge, dass sich ein Grundeigentümer für eine Nutzungsänderung grundsätzlich nicht auf den sich fortsetzenden Bestandsschutz seiner früheren Nutzung berufen kann, wenn die beabsichtigte neue Nutzung gegenüber der bisherigen - etwa unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 9 BauNVO - einer gesonderten Festsetzung durch einen Bebauungsplan unterworfen werden könnte.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.5.1990, a.a.O. (Seite 400), unter Hinweis auf § 1 Abs. 3 BauGB.

Die Frage nach der "Bandbreite" von Nutzungsmöglichkeiten, die in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan festgesetzt werden können, bedarf vorliegend keiner abschließenden Beantwortung. Selbst wenn durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan z.B. mehrere Nutzungsarten alternativ festgesetzt werden können, wird durch den vorliegend angegriffenen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die zulässige Bandbreite auf jeden Fall überschritten.

Der Senat sieht die Anforderungen an das erforderliche Maß der Konkretisierung im vorliegenden Fall deshalb nicht als gewahrt an, weil der vorhabenbezogene Bebauungsplan eine breite Palette unterschiedlicher baulicher Nutzungsmöglichkeiten eröffnet, die zueinander nicht mehr im Verhältnis einer gewissen "Bandbreite" stehen, sondern sich jeweils als "aliud" darstellen.

Inwieweit das in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan festgelegte Vorhaben auch eine gewisse Bandbreite hinsichtlich anderer planerischer Festsetzungen z.B. der überbaubaren Grundstücksfläche oder zum Maß der baulichen Nutzungen umfassen kann, mag offen bleiben. (wird ausgeführt)

Jedenfalls wahrt das mit dem vorliegenden vorhabenbezogenen Bebauungsplan zugelassene Vorhaben nicht die Vorgaben an das erforderliche Maß der Konkretisierung in Ansehung der Art der baulichen Nutzung.

Der nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB für die Bestimmung von Vorhaben in erster Linie maßgebliche Vorhaben- und Erschließungsplan enthält - wie zum Maß der baulichen Nutzung - hierzu keine Angaben. Die Festsetzungen zur Nutzungsart in der Planurkunde des vorhabenbezogenen Bebauungsplans bedürfen der Auslegung. Durch die zeichnerische und textliche Festsetzung eines "gegliederten" Mischgebiets wird vorliegend weder eine räumliche (vgl. § 1 Abs. 4 Satz 1 BauNVO) noch eine geschossweise (vgl. § 1 Abs. 7 BauNVO) - wie sie beispielsweise dem dem Planungsausschuss vorgestellten Nutzungskonzept entsprach -, sondern eine Gliederung nach den im Textteil genannten Nutzungsarten vorgenommen. Bei einer maximalen Geschossfläche von 17.500 qm sollen höchstens 5.250 qm Geschossfläche auf Wohnnutzung und bis zu 12.250 qm auf Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsnutzungen im Sinne vom § 6 Abs. 2 BauNVO oder auf Hotelnutzung entfallen.

Das so in dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan umschriebene Vorhaben bewegt sich in Bezug auf die Art der baulichen Nutzung weit außerhalb der Bandbreite an Nutzungsmöglichkeiten, die nach den oben dargestellten Grundsätzen zulässig ist. Vielmehr lässt der Bebauungsplan eine unbestimmte Anzahl unterschiedlichster Vorhaben im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB nach § 30 Abs. 2 BauGB zu.

Nach dem Regelungsgehalt des vorhabenbezogenen Bebauungsplans ist nicht erforderlich, dass alle genannten Nutzungsarten in dem Gebäude vertreten sein müssen. Auch enthält der vorhabenbezogene Bebauungsplan keine Mindestangaben zur Größe der Flächen für die einzelnen Nutzungsarten. Insoweit wird durch den vorhabenbezogenen Bebauungsplan der Beigeladenen planungsrechtlich die Errichtung einer "Hülle" ermöglicht, die diese - je nach Auslegung des Durchführungsvertrags - schon bei der Ersterrichtung innerhalb des vorgegebenen weiten Rahmens nach Belieben ausfüllen kann. Dies gilt erst Recht bei einer späteren Nutzungsänderung durch einen Dritten. Es ist nach den Festsetzungen beispielsweise nicht ausgeschlossen, dass trotz Schaffung einer Geschossfläche von 17.500 qm neben der Wohnnutzung alle sonstigen Flächen jeweils ausschließlich für nicht wesentlich störende Gewerbe, für Büronutzungen, für Verwaltungsnutzungen oder für Hotelnutzung in Anspruch genommen werden. Sollte die Beigeladene nur ein (oder mehrere) Gebäude mit einer Bruttogeschossfläche von weniger als 12.250 qm errichten, könnte die Wohnnutzung vollständig entfallen und die gesamte Fläche als Hotel, für Verwaltung- oder für Büronutzung verwandt werden, und zwar schon bei der Ersterrichtung, erst Recht bei einer späteren Nutzungsänderung. Zulässig wäre nach den obigen Ausführungen zum Maß der baulichen Nutzung auch die Errichtung eines eingeschossigen Gebäudekörpers, in dem ausschließlich mischgebietsverträgliches Gewerbe oder ausschließlich ein Handelsbetrieb (bis 2.700 qm) untergebracht wird. Auch die Bezeichnung des Plangebiets als "Mischgebiet" steht den nur beispielhaft aufgeführten Nutzungsvarianten nicht entgegen. Diese Festsetzung dient nicht der Festschreibung eines Mischgebiets im Sinne von § 6 BauNVO, sondern lediglich immissionsschutzrechtlichen Gesichtspunkten und der Wahrung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 Nr. 1 BauGB. (wird ausgeführt)

Betrachtet man ausschließlich die Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung ohne Berücksichtigung insbesondere der Grundstücksgröße, so unterscheiden sich die mit dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan zugelassenen verschiedensten Nutzungsmöglichkeiten in einem Gebäude ohne Festlegung der Anteile der einzelnen Nutzungsarten nicht von dem Fall, in dem auf 10 Grundstücken je ein eingeschossiges Gebäude mit je 1.750 qm zugelassen wird, ohne dem Vorhabenträger vorzugeben und ohne im Vorhaben- und Erschließungsplan bzw. vorhabenbezogenen Bebauungsplan zu regeln, auf welchem Grundstück welche Art der baulichen Nutzung zulässig ist und ob alle oder zumindest einige der unterschiedlichsten Nutzungsarten vorhanden sein müssen.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass der angegriffene vorhabenbezogene Bebauungsplan quasi durch Auflistung der konkret zugelassenen Nutzungsarten - ohne Bindung an die Baunutzungsverordnung - ein auf einzelne Nutzungsarten des § 6 Abs. 2 BauNVO (oder beispielsweise auch des § 7 Abs. 2 BauNVO) beschränktes Baugebiet festsetzt und - weil weder der Vorhaben- und Erschließungsplan noch der vorhabenbezogene Bebauungsplan eine Beschreibung des konkreten Projektes enthält, das der Rat offenkundig seinen Entscheidungen zugrundegelegt hat - eine unbegrenzte Anzahl unterschiedlichster Nutzungsmöglichkeiten, damit unterschiedlichste Vorhaben im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB zulässt. Da der Durchführungsvertrag seinerseits zur Beschreibung des "Vorhabens" im Wesentlichen auf den Vorhaben- und Erschließungsplan und den vorhabenbezogenen Bebauungsplan verweist, käme die Beigeladene mit nahezu jedem dieser nach § 30 Abs. 2 BauGB zulässigen Vorhaben im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB ihrer Durchführungsverpflichtung nach, ohne dass die Antragsgegnerin hierauf rechtlich, z.B. durch Versagung einer beantragten Baugenehmigung Einfluss nehmen oder den vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach § 12 Abs. 6 BauGB wieder aufheben könnte.

Anders ausgedrückt handelt es sich vorliegend der Sache nach um einen 'normalen' Bebauungsplan, der mit Blick auf ein nicht zum Gegenstand des Plans gemachtes konkretes Vorhaben der Beigeladenen im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB aufgestellt worden ist und demzufolge der Sache nach eine Art Angebotsplanung für den Vorhabenträger darstellt.

Gegen dieses Ergebnis ist nicht einzuwenden, dass zu dem Zeitpunkt, an dem ein Vorhaben- und Erschließungsplan nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB zwischen dem Vorhabenträger und der Gemeinde abgestimmt wird, insbesondere bei gemischt zu nutzenden größeren Bauprojekten möglicherweise noch nicht konkret voraussehbar ist, wie das verwirklichte Vorhaben in allen Einzelheiten beschaffen sein wird. Jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses (vgl. § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB) muss das zum Gegenstand des Vorhaben- und Erschließungsplan oder unmittelbar des vorhabenbezogenen Bebauungsplans gemachte Vorhaben so konkret sein, dass dem Rat eine sachgerechte Beurteilung und Abwägung möglich ist. Sollte dies aus zwingenden Gründen unmöglich sein, steht der Gemeinde der Weg offen, von dem Erlass eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans Abstand zu nehmen und einen so genannten objektbezogenen ('normalen') Bebauungsplans aufzustellen. Insbesondere die Übernahme von Planungs-, Erschließungs- und Ausgleichsleistungen und der entsprechenden Kosten können mit dem Investor in einem städtebaulichen Vertrag nach § 11 BauGB geregelt werden.

Nach alledem bedarf es keiner Entscheidung, ob in dem Durchführungsvertrag, der zur Auslegung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans ohnehin nicht herangezogen werden kann,

vgl. BVerwG, Urteil vom 18.9.2003, a.a.O., möglicherweise ein Vorhaben konkreter als im vorhabenbezogenen Bebauungsplan beschrieben ist. (wird ausgeführt)

Dieser Mangel des vorhabenbezogenen Bebauungsplan führt zu dessen Nichtigkeit, da der Mangel nicht in einem ergänzenden Verfahren nach § 215a Abs. 1 Satz 1 BauGB behoben werden kann. (wird ausgeführt)

Ende der Entscheidung

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