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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 09.08.2006
Aktenzeichen: 8 A 1359/05
Rechtsgebiete: UVPG, BImSchG


Vorschriften:

UVPG § 3 c
BImSchG § 9
Der Genehmigungsbehörde ist im Rahmen der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c Satz 1 und 2 UVPG ein gerichtlich nur begrenzt überprüfbarer Beurteilungsspielraum eingeräumt.
Tatbestand:

Die Klägerin beantragte bei der Beklagten ursprünglich die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von fünf Windkraftanlagen auf einem Grundstück, das im Flächennutzungsplan der Beigeladenen als Konzentrationszone für Windkraftanlagen dargestellt ist. Ferner setzte der Bebauungsplan Nr. 32 "M." für diesen Bereich ein sonstiges Sondergebiet mit der Zweckbestimmung "Windpark" fest. Mit Bescheid vom 25.6.2003 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Zur Begründung führte sie unter anderem aus, dass die Beigeladene das gemeindliche Einvernehmen zu dem Vorhaben nicht erteilt habe. Ferner seien die Antragsunterlagen, insbesondere hinsichtlich der UVP-Screening-Unterlagen, unvollständig gewesen. Während des laufenden Widerspruchsverfahrens nahm die Klägerin den Genehmigungsantrag im Hinblick auf die nördlichste der beantragten Windkraftanlagen zurück und reduzierte ihren Antrag im Übrigen auf die Erteilung eines Vorbescheids gemäß § 9 BImSchG bezogen auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens. Auch für das insoweit reduzierte Vorhaben erteilte die Beigeladene ihr Einvernehmen nicht und führte aus, dass das Vorhaben von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 32 "M." abweiche. Während des anhängigen Klageverfahrens wurde dieser Bebauungsplan in einem Normenkontrollverfahren für nichtig erklärt. Daraufhin beschloss der Rat der Beigeladenen die erneute Aufstellung eines Bebauungsplans und erließ für den in Rede stehenden Bereich eine Veränderungssperre, die am 30.7.2004 in Kraft trat. Die Klägerin begehrte nunmehr die Feststellung, dass sie bis zum 29.7.2004 einen Anspruch auf Erteilung des beantragten immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids hatte. Die Klage blieb in zwei Instanzen ohne Erfolg.

Gründe:

Nach § 9 Abs. 1 BImSchG kann durch Vorbescheid über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheids besteht. Der Standort einer Anlage umfasst insbesondere bauplanungsrechtliche Fragen, die als einzelne Genehmigungsvoraussetzung zum Gegenstand eines Vorbescheids gemacht werden können.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.12.2002 - 7 B 119.02 -, DVBl. 2003, 543; Peschau, in: Feldhaus, Bundes-Immissionsschutzgesetz, Kommentar, Band 1, Teil 1, § 9 Rdnr. 10.

1. Im vorliegenden Fall kam die Erteilung eines Vorbescheids schon deshalb nicht in Betracht, weil die Auswirkungen des geplanten Vorhabens bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre am 30.7.2004 nicht ausreichend beurteilt werden konnten.

a) Für die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids gelten insoweit folgende Grundsätze:

Hinsichtlich der zur Entscheidung gestellten Genehmigungsvoraussetzungen gleicht die im Vorbescheidsverfahren durchzuführende Prüfung der, die im Genehmigungsverfahren stattfinden muss. Das heißt, dass sich auf der Grundlage der vom jeweiligen Antragsteller vorzulegenden Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen, den hiergegen erhobenen Einwendungen und den einzuholenden Stellungnahmen der Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, mit hinreichender Sicherheit feststellen lassen muss, ob die Genehmigungsvoraussetzungen des § 6 BImSchG vorliegen (vgl. § 10 Abs. 9 i.V.m. § 10 Abs. 1, 2, 3 und 5 BImSchG).

Vgl. Ule/Laubinger, Bundes-Immissionsschutzgesetz, Kommentar, Teil 1, § 9 Rdnr. 3; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, BImSchG, § 9 Rdnr. 30 f.

Die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids setzt weiter voraus, dass die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können. In Anlehnung an die Regelung zur Teilgenehmigung in § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BImSchG fällt die danach vorzunehmende vorläufige Gesamtbeurteilung der Anlage positiv aus, wenn dem Vorhaben keine von vornherein unüberwindlichen rechtlichen Hindernisse entgegenstehen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 16.3.1972 - 1 C 49.70 -, DVBl. 1972, 678, vom 9.7.1982 - 7 C 54.79 -, DVBl. 1982, 960, und vom 19.12.1985 - 7 C 65.82 -, NVwZ 1986, 208; OVG NRW, Urteil vom 6.4.1989 - 21 A 952/88 -, NWVBl. 1990, 91; Peschau, in: Feldhaus, a.a.O., § 9 Rdnr. 15 bis 19; Jarass, Bundes-Immissionsschutzgesetz, Kommentar, 6. Auflage, 2005, § 9 Rdnr. 8.

Dementsprechend sind nach § 23 Abs. 4 i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 2 der 9. BImSchV bei Anträgen auf Erlass eines Vorbescheids zusätzlich Angaben zu machen, die bei einer vorläufigen Beurteilung des Gesamtvorhabens ein ausreichendes Urteil darüber ermöglichen, ob die Genehmigungsvoraussetzungen im Hinblick auf die Errichtung und den Betrieb der gesamten Anlage vorliegen werden.

Bei Vorhaben, die einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen, erstreckt sich die vorläufige Gesamtbeurteilung auch auf die erkennbaren Auswirkungen der gesamten Anlage auf die in § 1 a der 9. BImSchV genannten Schutzgüter (§ 23 Abs. 4 i.V.m. § 22 Abs. 3 Satz 1 der 9. BImSchV). Bereits im Verfahren auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids müssen die Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt ermittelt, beschrieben und bewertet werden. Ein Vorbescheid darf also erst nach Durchführung der erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung erteilt werden (vgl. auch § 13 UVPG). Diese Regelung trägt nicht nur dem Gesichtspunkt der Frühzeitigkeit der Umweltverträglichkeitsprüfung Rechnung (vgl. § 1 UVPG). Vielmehr soll insbesondere auch sichergestellt werden, dass keine für die Genehmigung des Gesamtvorhabens bindende Teil- oder Vorabentscheidung ergeht, ohne dass insoweit eine (ggf. erforderliche) Umweltverträglichkeitsprüfung stattgefunden hat.

Bei Vorhaben, für die eine allgemeine oder standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c Sätze 1 und 2 UVPG vorgeschrieben ist, muss sich die vorläufige Gesamtbeurteilung daher auch auf die Frage erstrecken, ob für das Vorhaben die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist.

b) In Anwendung dieser Grundsätze konnten bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre die Auswirkungen des geplanten Vorhabens nicht ausreichend beurteilt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt war noch offen, ob für das Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich war.

aa) Für das von der Klägerin geplante Vorhaben - Errichtung von vier Windkraftanlagen mit einer jeweiligen Gesamthöhe von 138,5 m - war nach § 3 c Satz 2 UVPG i.V.m. Nr. 1.6.3 Spalte 2 der Anlage 1 zum UVPG eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles (sog. Screening) durchzuführen. Nach § 3 c Satz 2 UVPG wird im Rahmen eines solchen Verfahrens von der Behörde überschlägig geprüft, ob von dem geplanten Vorhaben aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in Nr. 2 der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Ist dies nach der "Einschätzung" der Behörde der Fall, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen.

Im vorliegenden Verfahren ist bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses eine solche Vorprüfung nicht durchgeführt worden, weil die Beklagte das Vorhaben der Klägerin schon wegen des nicht erteilten Einvernehmens der Beigeladenen als nicht genehmigungsfähig eingestuft hat.

bb) Die Feststellung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung als Ergebnis einer standortbezogenen Vorprüfung hätte durchgeführt werden müssen, kann im vorliegenden Fall nicht vom Gericht getroffen werden. Zwar ist das Gericht auch im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage grundsätzlich gehalten, die Spruchreife herzustellen, um die begehrte Feststellung treffen zu können.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 27.3.1998 - 4 C 14.96 -, NVwZ 1998, 1295; OVG NRW, Urteil vom 17.1.2006 - 10 A 3413/03 -, juris.

Daran ist der Senat hier aber deshalb gehindert, weil der Genehmigungsbehörde im Rahmen der Vorprüfung ein - gerichtlich nur begrenzt überprüfbarer - Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, Vgl. Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, a.a.O., Band III, UVPG, § 3 c Rdnr. 5, 15; Dienes, in: Hoppe, UVPG, 2. Auflage, 2002, § 3 c Rdnr. 7.; Beckmann, DVBl. 2004, 791 (799); Junker/de LaRiva/Schwarz, Genehmigungsverfahren und Umweltschutz, Band I, UVPG, § 3 c, der nicht derart reduziert war, dass die Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung von vorneherein ausschied.

(1) Nach § 3 c Sätze 1 und 2 UVPG kommt es für die Frage, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, auf die "Einschätzung" der zuständigen Behörde an. Bereits dem Wortlaut der Vorschrift ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber auf eine Bewertung der Genehmigungsbehörde abstellt. Diese Auslegung wird durch die Gesetzesmaterialien gestützt. So hatte sich der Wirtschaftsausschuss des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren dafür eingesetzt, die Worte "nach Einschätzung der zuständigen Behörde" in Absatz 1 Satz 1 zu streichen, um die Eröffnung eines gerichtlich nicht nachprüfbaren Beurteilungsspielraums der Behörde zu vermeiden.

Vgl. BR-Drucks. 674/1/00, S. 19.

Dass die ursprünglich im Regierungsentwurf vorgesehene Formulierung beibehalten wurde, zeigt, dass der Gesetzgeber den Genehmigungsbehörden bewusst einen solchen Beurteilungsspielraum einräumen wollte.

Die Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck der Regelung. Für die im Rahmen der standortbezogenen Vorprüfung zu treffende Entscheidung, ob das Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen ist, bedarf es einer wertenden Beurteilung der zuständigen Behörde, die insbesondere auch von Prognoseelementen geprägt ist. Eine derartige Beurteilung kann durch das Verwaltungsgericht nicht ersetzt werden.

(2) Der behördliche Beurteilungsspielraum war im vorliegenden Fall nicht dahingehend eingeschränkt, dass für das Vorhaben der Klägerin die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unter keinem denkbarem Gesichtspunkt in Betracht kam.

Im Rahmen einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalles hat die Behörde einzuschätzen, ob von dem Vorhaben aufgrund der besonderen örtlichen Gegebenheiten gemäß den Schutzkriterien nach § 3 c Satz 2 UVPG i.V.m. Nr. 2 der Anlage 2 zum UVPG erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Für die Annahme einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung reicht insoweit grundsätzlich die begründete Möglichkeit erheblicher Beeinträchtigungen aus.

Vgl. Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, a.a.O., UVPG, § 3 Rdnr. 33; ähnlich Beckmann, DVBl. 2004, 791 (792).

Hiervon ausgehend war nicht ausgeschlossen, dass nach Einschätzung der Genehmigungsbehörde die begründete Möglichkeit bestand, von dem Vorhaben der Klägerin könnten erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen ausgehen. Das geplante Vorhaben umfasste zwar lediglich die Errichtung von vier Windkraftanlagen. Auf der Grundlage der bereits vorliegenden Stellungnahmen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe - Westfälisches Amt für Denkmalpflege - sowie der Stadt T. und der Beigeladenen gab es aber gewichtige Gesichtspunkte, die die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung begründen konnten.

Nach § 3 c Satz 4 UVPG kommt es insoweit unter anderem darauf an, inwieweit die Prüfwerte für Größe oder Leistung überschritten werden. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist umso eher durchzuführen, je deutlicher die Prüfwerte über schritten werden.

Vgl. Begründung zum Gesetzentwurf des UVPG, BT-Drucks. 14/4599, S. 97.

Insoweit wäre im Rahmen der Vorprüfung auch zu berücksichtigen gewesen, dass die geplanten Anlagen eine Höhe von jeweils 138,5 m haben sollten. Damit hätten die Anlagen die Höhe von 35 m, die nach Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG in der bis zum 30.6.2005 geltenden Fassung, vgl. UVPG in der Fassung vom 5.9.2001, BGBl. I S. 2350, 2360, geändert durch Art. 2 und 3 der Verordnung zur Änderung der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen und zur Änderung der Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeit vom 20.6.2005, BGBl. I S. 1687, die standortbezogene Einzelfallprüfung notwendig gemacht hat, fast um das Vierfache überschritten.

Es bestanden auch hinreichende Anhaltspunkte für Auswirkungen des Vorhabens auf denkmalschutzrechtliche Belange, die nach Nr. 2.3.9 der Anlage 2 zum UVPG zu berücksichtigen sind. Insoweit hatten sowohl der Landschaftsverband Westfalen-Lippe als auch die Stadt T. und die Beigeladene erhebliche Bedenken gegen das geplante Vorhaben geäußert, weil die vier Windkraftanlagen die Blickbeziehungen auf die denkmalgeschützte Burg T. empfindlich stören würden.

Ferner gab es auf der Grundlage der vorgenannten Stellungnahmen Anhaltspunkte für eine mögliche Beeinträchtigung der Natur und Landschaft gemäß Nr. 2.2 der Anlage 2 zum UVPG. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe hatte darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Zusammenwirken von Landschaftstopographie, Stadtsilhouette und Burg T. sowie der zugehörigen Freiflächen gerade aus südwestlicher Richtung um eine selten anzutreffende und deshalb schützenswerte Situation handele. Auch die Beigeladene hatte vorgetragen, dass das geplante Vorhaben einen Eingriff in die Natur und Landschaft darstelle.

Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei der von der Klägerin beabsichtigten Errichtung eines Windparks um ein nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiertes Vorhaben handelt. Die öffentlichen Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie die Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes nach § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB können grundsätzlich auch einem nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Vorhaben entgegen stehen. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Standort des geplanten Vorhabens im Flächennutzungsplan der Beigeladenen als Konzentrationszone für Windkraftanlagen dargestellt ist. Der Flächennutzungsplan kann - unabhängig von der Frage, ob darin die öffentlichen Belange des Natur- und Landschaftsschutzes angemessen abgewogen worden sind - jedenfalls als vorbereitender Bauleitplan einen Anspruch auf Zulassung eines Vorhabens nicht begründen; im Außenbereich kann er einem Vorhaben als öffentlicher Belang lediglich entgegen stehen (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Satz 3 BauGB).

Vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 26.4.2006 - 4 B 7.06 -, juris.

c) Die standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles ist im vorliegenden Fall auch nicht während des gerichtlichen Verfahrens durch die Genehmigungsbehörde nachzuholen, weil sie nicht entscheidungserheblich wäre. Denn im maßgeblichen Zeitpunkt des Inkrafttretens der Veränderungssperre war die Bewertungsgrundlage für die Vorprüfung noch so lückenhaft, dass auch eine nachträglich durchgeführte Vorprüfung nichts daran ändern würde, dass eine ausreichende Beurteilung der Auswirkungen des geplanten Vorhabens jedenfalls bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses nicht möglich war. Denn die Beklagte hielt noch die Einholung einer Stellungnahme der unteren Landschaftsbehörde für erforderlich.

Zwar hat die Vorprüfung nach § 3 c Sätze 1 und 2 UVPG nur aufgrund einer überschlägigen Prüfung zu erfolgen. Eine ins Detail gehende Untersuchung (insbesondere durch Sachverständigengutachten etc.), ob erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen tatsächlich vorliegen, soll erst mit der eigentlichen Umweltverträglichkeitsprüfung vorgenommen werden.

Vgl. Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drucks. 14/4599, S. 95.

Das heißt allerdings nicht, dass es der Genehmigungsbehörde verwehrt ist, bereits im Screening-Verfahren zur Ausräumung von Bewertungsunsicherheiten im Einzelfall Stellungnahmen der Fachbehörden einzuholen.

Anderer Ansicht Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, a.a.O., UVPG, § 3 a Rdnr. 12 f.

Eine solche Vorgehensweise liegt auch im Interesse der Vorhabensträger. Denn anderenfalls würde die Genehmigungsbehörde im Hinblick auf Vorhaben, für die - wie hier - eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, bei Bewertungsunsicherheiten dazu neigen, im Zweifel immer die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu fordern. Dies würde für den Vorhabensträger einen erheblich größeren Verfahrens- und Zeitaufwand mit sich bringen und dem Beschleunigungseffekt, den § 3 a Satz 1 UVPG im Blick hat, gerade zuwiderlaufen.

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im gerichtlichen Verfahren hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass sie insbesondere vor dem Hintergrund der Einwände des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, der Stadt T. und der Beigeladenen zur ausreichenden Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Natur und Landschaft vor Durchführung der Vorprüfung eine Stellungnahme der unteren Landschaftsbehörde eingeholt hätte.

Die Einholung einer solchen Stellungnahme der unteren Landschaftsbehörde war auch nicht deshalb entbehrlich, weil bereits im Verfahren über die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 32 "M." die Umweltauswirkungen von Windkraftanlagen für diesen Bereich untersucht und abgewogen worden sind. Diese Untersuchungen enthielten keine Aussagen zu den Umweltauswirkungen des konkreten Vorhabens der Klägerin. Gegenstand der Standortuntersuchungen im Verfahren über die Aufstellung des Bebauungsplans waren Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe bis zu 74 m. Demgegenüber sollten die Anlagen, für die die Klägerin die Erteilung eines Vorbescheids beantragt hat, eine Gesamthöhe von 138,5 m haben. Das Vorhaben der Klägerin hätte schon aufgrund der Höhe der Anlagen - die nach § 14 LuftVG auch mit einer Tages- und Nachtkennzeichnung auszustatten gewesen wären - qualitativ andere Umweltauswirkungen gehabt, als die Anlagen, die im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplans Gegenstand umweltbezogener Untersuchungen waren.

Vor diesem Hintergrund war ohne die einzuholende Stellungnahme der unteren Landschaftsbehörde für die Beklagte die Bewertungsgrundlage für die Vorprüfung im Hinblick auf die Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung noch so lückenhaft, dass - für den Senat nachvollziehbar - eine ausreichende Beurteilung der Auswirkungen des hier in Rede stehenden Vorhabens bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses noch nicht möglich war. Abgesehen davon hatte auch die Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt - obwohl die Beklagte hierauf in dem Bescheid vom 25.6.2003 gesondert abgestellt hat - keine eigene Stellungnahme zur Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung anhand der Prüfkriterien der Nr. 2 der Anlage 2 zum UVPG vorgelegt.

2. Ob die Klägerin im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses auch deshalb keinen Anspruch auf Erteilung des begehrten Vorbescheids hatte, weil der Genehmigungsbehörde möglicherweise (erneut) ein verfahrensrechtliches Ermessen im Hinblick auf eine Entscheidung durch Vorbescheid zustand, kann offen bleiben; denn aus den dargelegten Gründen war bereits eine ausreichende Beurteilung der Auswirkungen des geplanten Vorhabens bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses i.S.d. § 9 BImSchG nicht möglich.

Ende der Entscheidung

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