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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 01.12.2004
Aktenzeichen: 8 A 3358/04
Rechtsgebiete: GG, StKFG, RVO-StKFG NRW


Vorschriften:

GG Art. 12 Abs. 1
GG Art. 20 Abs. 3
StKFG § 5 Nr. 1
StKFG § 9 Abs. 1 Satz 1
RVO-StKFG NRW § 9 Abs. 1
RVO-StKFG NRW § 9 Abs. 2
1. Die Erhebung von Studiengebühren von sog. Langzeitstudierenden nach § 9 Abs. 1 Satz 1 StKFG NRW verstößt nicht gegen die Ausbildungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG.

2. Es verstößt nicht gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes aus Art. 20 Abs. 3 GG, dass das Studienkonten- und -finanzierungsgesetz NRW auch auf solche Studierenden Anwendung findet, die ihr Studium vor dessen Inkrafttreten begonnen haben.

3. Zeiten für Pflege und Erziehung von Kindern vor erstmaliger Einrichtung von Studienkonten sind als Bonusguthaben mit den Regelabbuchungen für Hochschulsemester im selben Zeitraum zu verrechnen.


Tatbestand:

Die Klägerin ist Mutter von vier zwischen 1989 und 1996 geborenen Kindern. Sie wandte sich gegen die Heranziehung zu einer Studiengebühr nach dem am 1.2.2003 in Kraft getretenen Studienkonten- und -finanzierungsgesetz (StKFG, GVBl NRW 2003, 36).

Vom Wintersemester 1981/1982 bis zum Sommersemester 1997 war die Klägerin für das Fach Germanistik eingeschrieben. Während dieser Zeit war sie für sechs Semester beurlaubt. Seit dem Sommersemester 2000 studiert die Klägerin Sozialpädagogik bzw. Sozialarbeit.

Der Beklagte zog die Klägerin für das Sommersemester 2004 zu einer Studiengebühr von 650,00 € nach § 9 StKFG heran. Ihr stehe auch nach der Gewährung von Bonusguthaben wegen Kindererziehung kein Studienguthaben mehr zur Verfügung.

Zur Begründung ihrer auf Aufhebung des Gebührenbescheides gerichteten Klage führte die Klägerin aus, die Gebührenerhebung nach § 9 StKFG stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG dar und verstoße gegen das in Art. 20 GG verankerte Rückwirkungsverbot. Zu berücksichtigen sei, dass durch die ausdrückliche Normierung der Studiengebührenfreiheit in § 10 Satz 1 HG ein besonderer Vertrauenstatbestand geschaffen worden sei. Bonusguthaben dürften nicht auf bereits vergangene Semester angerechnet werden, wenn das Studienguthaben bereits erschöpft sei. Vielmehr führe die Gewährung von Bonusguthaben in diesem Fall zur Gebührenfreiheit des laufenden und zukünftiger Semester.

Die Klage blieb in beiden Instanzen erfolglos.

Gründe:

Rechtsgrundlage für die Erhebung von Studiengebühren ist § 9 Abs. 1 Satz 1 StKFG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 RVO-StKFG NRW. Danach wird von Studierenden, denen kein Studienguthaben zur Verfügung steht, für jedes Semester eine Gebühr von 650,00 € erhoben. Gemäß § 2 Abs. 1, § 4 StKFG wird zum Sommersemester 2004 allen Studierenden, die an einer Universität, einer Fachhochschule oder Kunsthochschule des Landes Nordrhein-Westfalen eingeschrieben sind, um einen ersten oder in einem konsekutiven Studiengang im Sinne von § 1 Abs. 2 StKFG auch einen weiteren berufsqualifizierenden Studienabschluss zu erwerben, ein Studienkonto mit einem Studienguthaben von 200 SWS eingerichtet. Gemäß § 6 Abs. 1 StKFG werden von dem Studienkonto für jedes Semester, in dem die oder der Studierende in der Vergangenheit an einer Hochschule im Geltungsbereich des Hochschulrahmengesetzes eingeschrieben war oder aktuell ist, Abbuchungen vorgenommen, die innerhalb einer der 1,5-fachen Regelstudienzeit entsprechenden Studiendauer zum vollständigen Verbrauch des Studienguthabens führen.

Diese Vorschriften verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht (1); die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 StKFG für eine Gebührenerhebung von der Klägerin liegen vor (2).

1. Der Landesgesetzgeber war befugt, Regelungen über eine sog. Langzeitstudiengebühr zu treffen (a). Die für die Entscheidung über die vorliegende Klage maßgeblichen Vorschriften des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes sind mit Art. 12 Abs. 1 GG (b), dem Rechtsstaatsprinzip (c) und den Grundsätzen des Gebührenrechts (d) vereinbar.

a) Die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers für gebührenrechtliche Regelungen im Bereich der Hochschulen folgt aus Art. 70 Abs. 1 GG. Den insoweit durch § 27 Abs. 4 HRG i.V.m. Art. 75 Abs. 1 Nr. 1a GG bundesrechtlich vorgegebenen Rahmen überschreitet das Studienkonten- und -finanzierungsgesetz nicht.

§ 27 Abs. 4 Satz 1 HRG bestimmt, dass das Studium bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss und in einem konsekutiven Studiengang, der zu einem weiteren berufsqualifizierenden Studienabschluss führt, studiengebührenfrei ist; gemäß Satz 2 kann das Landesrecht in besonderen Fällen Ausnahmen vorsehen. Anlass dieser Öffnungsklausel war die politische Diskussion um Studienfinanzierungsmodelle auf der Grundlage von Studienkonten oder Bildungsgutscheinen.

Vgl. Gesetzesbegründung zu § 27 Abs. 4 HRG, BT-Drs. 14/8361, S. 5.

Das Studienkonten- und -finanzierungsgesetz hält sich im Rahmen dieser Öffnungsklausel. Denn es begründet eine Gebührenpflicht für Studien im Sinne des § 27 Abs. 4 HRG nur für den Fall, dass das Studienguthaben, das ein Studium bis zur 1,5-fachen Regelstudienzeit ermöglicht, verbraucht ist; im Übrigen verbleibt es bei der Gebührenfreiheit. (...)

b) Die für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits maßgeblichen Regelungen des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes stehen mit Art. 12 Abs. 1 GG in Einklang. Danach haben alle Deutschen das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Geschützt sind nicht nur die Wahl der Ausbildungsstätte selbst, sondern auch die im Rahmen der Ausbildung notwendigen Tätigkeiten wie Teilnahme am Unterricht und an Prüfungen.

Die hier in Rede stehende Langzeitstudiengebühr berührt den Schutzbereich des aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG abgeleiteten Teilhaberechts nicht (aa). Auch soweit die mit der Gebührenpflicht beabsichtigte Einflussnahme auf die Gestaltung des Studiums die Studienfreiheit beschränkt, halten sich die Regelungen im Rahmen des Regelungsvorbehalts des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG (bb).

aa) Für Ausbildungsbereiche, die wie das Hochschulwesen faktisch weitgehend in öffentlicher Hand monopolisiert sind, vermittelt Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsgebot ein über das bloße Abwehrrecht gegen Freiheitsbeschränkungen hinausgehendes Teilhaberecht auf Zulassung zu den Ausbildungseinrichtungen. Dieses Teilhaberecht steht allerdings unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen kann.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 18.7.1972 - 1 BvL 32/70 und 25/71 -, BVerfGE 33, 303, 330 ff., Beschluss vom 22.10.1991 - 1 BvR 393, 610/85 -, BVerfGE 85, 36, 53 f.

Es umfasst insbesondere nicht den Anspruch auf ein kostenloses Studium.

BVerwG, Urteil vom 23.10.1996 - 6 C 1.94 -, BVerwGE 102, 142, 146 f.

Das Teilhaberecht kann von einer Studiengebührenregelung allenfalls dann in seinem Schutzbereich berührt sein, wenn die Kosten eines staatlichen Ausbildungsangebotes dazu führen, dass die Inanspruchnahme auf Auszubildende beschränkt bleibt, die über entsprechend umfangreiche finanzielle Mittel verfügen, und damit die Besitzverhältnisse zu einer unüberwindbaren sozialen Barriere werden. Vgl. BVerwG, Urteile vom 23.10.1996 - 6 C 1.94 -, a.a.O. und vom 25.7.2001 - 6 C 8.00 -, a.a.O.

Dies ist für die Gebührenregelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 StKFG schon deshalb nicht der Fall, weil sie regelmäßig erst nach der 1,5-fachen Regelstudienzeit eingreift und bei Vorliegen im einzelnen geregelter Ausnahme- und Privilegierungstatbestände oder unbilliger Härten auch noch darüber hinaus ein gebührenfreies Studium zuläßt.

bb) Allerdings berührt die hier in Rede stehende Langzeitstudiengebührenregelung den Schutzbereich des Freiheitsgrundrechts aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG, soweit sie die Studierenden zu einem zügigen Studium anhalten will und ein überlanges Studium nur noch gegen Gebührenzahlung zulässt. Sie ist aber durch den Regelungsvorbehalt aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG gedeckt. (...)

Die Gebührenpflicht nach § 9 Abs. 1 Satz 1 StKFG ist nach ihrer Ausgestaltung einer Berufsausübungsregelung vergleichbar und deshalb an den dafür in der Rechtsprechung entwickelten Maßstäben zu messen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.7.2001 - 6 C 8.00 -, a.a.O., zur Langzeitstudiengebühr nach dem Bad.-Württ. Hochschulgebührengesetz; Nds. OVG, Beschluss vom 13.1.2004 - 2 ME 364/03 -, DÖV 2004, 672, zum Nds. Hochschulgebührengesetz.

Denn sie knüpft nicht etwa die Wahl und Aufnahme des Studiums an bestimmte Voraussetzungen, sondern greift erst nach Ablauf einer bestimmten Studiendauer ein und lässt ein Studium, das die Regelstudienzeit weit überschreitet, nur noch gegen Kostenbeteiligung zu. Damit regelt das Studienkonten- und -finanzierungsgesetz nicht die Zulassung zur Hochschule, sondern Bedingungen, unter denen das Studienangebot in Anspruch genommen werden kann.

Anderes gilt nicht etwa deshalb, weil die oder der Studierende bei Ausbleiben der Gebührenentrichtung nach § 70 Abs. 3 lit. c) HG exmatrikuliert werden kann. Regelungen über die Berufsausübung oder über die Modalitäten des Studiums werden grundsätzlich nicht dadurch zu Berufs- oder Ausbildungswahlregelungen, dass an ihre Missachtung Sanktionen geknüpft werden, die zu einem Ausschluss von der Berufs- oder Studiertätigkeit führen. Die Exmatrikulation stellt in diesem Sinne nur eine mittelbare Folge der Ausbildungsregelung dar und ist einer gesonderten Bewertung zu unterziehen.

BVerwG, Urteil vom 25.7.2001 - 6 C 8.00 -, a.a.O.

Die Studiengebühr nach § 9 Abs. 1 Satz 1 StKFG ist durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt (1) und belastetet die Studierenden nicht unverhältnismäßig (2).

(1) Ziel des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes ist es, die bisher nahezu unbeschränkte Gebührenfreiheit des Hochschulstudiums auf den Kern der Gewährleistung des § 27 Abs. 4 Satz 1 HRG, nämlich die Ermöglichung des Erwerbs eines ersten sowie in einem Konsekutivstudiengang auch eines weiteren berufsqualifizierenden Studienabschlusses, zu beschränken. Damit sollen die Studierenden zu zügigem Studium angehalten und eine stärkere Konzentration von finanziellen Mitteln und Ausbildungskapazitäten im Bereich der den Prüfungsordnungen entsprechenden Regelstudien erreicht werden.

Vgl. LT-Drs. 13/3023, S. 1, 19 ff.

Die Förderung der Leistungsfähigkeit der Hochschulen bei effizientem Mitteleinsatz stellt ein legitimes Gemeinwohlinteresse dar.

(2) Die zum Schutz und zur Förderung dieses Interesses eingeführte Studiengebühr erweist sich in ihrer konkreten Ausgestaltung gegenüber den Betroffenen auch nicht als unverhältnismäßig; denn sie ist zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich und belastet die Betroffenen nicht unangemessen.

Bei der Bewertung der Geeignetheit einer gesetzlichen Vorschrift zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle auf die Überprüfung, ob die vom Gesetzgeber zugrunde gelegte Prognose vertretbar ist und sich das gewählte Mittel nicht von vornherein als schlechthin ungeeignet darstellt.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 9.3.1971 - 2 BvR 326 u.a./69 -, BVerfGE 30, 250, 262 ff., Urteil vom 3.11.1982 - 1 BvL 4/78 -, BVerfGE 61, 291, 313 f., Beschluss vom 4.10.1983 - 1 BvR 1633, 1549/82 -, BVerfGE 65, 116, 125 f., Urteil vom 23.1.1990 - 1 BvL 44/86 und 48/87 -, BVerfGE 81, 156, 192.

Die Gebührenpflichtigkeit des Studiums ab einer bestimmten Dauer ist geeignet, die Studierenden zu zügigem Studium anzuhalten und damit die Effizienz und Leistungsfähigkeit der Hochschulen zu fördern. Denn es ist davon auszugehen, dass die semesterbezogenen Kosten des Studiums im Regelfall - auch wenn der Studierende über ausreichend finanzielle Mittel verfügt - ein wesentlicher Faktor für die Entscheidung sind, in welcher Zeit die erforderlichen Studien absolviert werden. Dies gilt nicht nur für diejenigen Studierenden, die erst nach dem Inkrafttreten des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes mit dem Studium begonnen haben und im Hinblick auf die ab einer bestimmten Studiendauer eintretende Gebührenpflicht angehalten werden, sich verstärkt um eine Absolvierung des Studiums jedenfalls innerhalb der 1,5-fachen Regelstudienzeit zu bemühen. Auch die Studierenden, die bereits länger studieren, werden durch die Einführung der Gebührenpflicht veranlasst, ihr Studium möglichst bald zu beenden, um das Eintreten der Gebührenpflicht zu vermeiden oder zumindest die Anzahl der gebührenpflichtigen Semester möglichst gering zu halten. (...)

Auch der Hinweis der Klägerin, die finanzielle Belastung der Studierenden durch die Gebührenerhebung führe wegen verstärkter Erwerbstätigkeit tatsächlich zur Verlängerung der Studiendauer, kann die Lenkungswirkung des Studienkonten- und -finanzierungsgesetz hin zu einem zügigeren Studium nicht grundlegend in Frage stellen. Denn zum einen betrifft diese Überlegung nur den Teil der Studierenden, die bereits zum Sommersemester 2004 gebührenpflichtig geworden sind. Zum andern tritt auch bei dieser Gruppe von Studierenden der von der Klägerin beschriebene Effekt nicht zwangsläufig ein. Auf der Grundlage der Erkenntnisse der 17. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks und der vom Statistischen Bundesamt erhobenen Daten ist davon auszugehen, dass die Erwerbstätigkeit bei zunehmendem Alter der Studierenden nicht nur der Sicherung des notwendigen Lebensunterhaltes, sondern auch der Ermöglichung eines höheren Lebensstandards dient.

BMinBF, Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in der Bundesrepublik Deutschland 2003, 17. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks, S. 195 ff.

Deshalb kann die Mehrbelastung durch die Studiengebühr von monatlich rund 110,00 € auch ohne oder nur geringfügige weitere Erwerbstätigkeit durch vorübergehende Einschränkung des Lebensstandards aufgefangen werden. Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass diese Möglichkeit von den Betroffenen von vornherein nicht in Betracht gezogen wird, sind nicht erkennbar.

Ebenso wenig wird die Eignung von Studiengebühren zur Steuerung des Studienverhaltens grundsätzlich durch die Möglichkeit in Frage gestellt, dass andere persönliche Umstände stärkeren Einfluss auf die Lebens- und Ausbildungsgestaltung nehmen können als die Kosten des Studiums und deshalb die Lenkungsfunktion der Gebühr im Einzelfall ins Leere geht. Zudem wird es sich insoweit nicht selten um Lebensumstände handeln (familiäre Verhältnisse, gesundheitliche Einschränkungen), die der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber durch Schaffung von Sonderregelungen zur Modifizierung der Gebührenpflicht (Bonusguthaben gemäß § 5 StKFG i.V.m. § 9 RVO-StKFG NRW, Härtefallregelung gemäß § 13 Abs. 1 StKFG i.V.m. § 14 RVO-StKFG NRW) als Belange anerkannt hat, die im Verhältnis zu dem Beschleunigungsziel schutzwürdig sind.

Erweist sich demnach die Gebührenerhebung ab einer bestimmten Studiendauer grundsätzlich als geeignet, die Studierenden zu zügigerem Studium anzuhalten, kommt dem weiteren Hinweis der Klägerin, die Gebührenerhebung sei ihrerseits mit Kosten verbunden, keine maßgebliche Bedeutung zu. Zudem stehen diesem Kostenaufwand die tatsächlichen Gebühreneinnahmen als auch die Kosteneinsparungen gegenüber, die durch eine raschere Beendigung der Studien erzielt werden.

Die Einführung von Studiengebühren ab einer bestimmten Studiendauer ist auch zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich. Andere geeignete, aber weniger einschneidende Maßnahmen werden weder von den Beteiligten aufgezeigt, noch sind solche sonst ersichtlich. Insbesondere würden Immatrikulationsverbote zur Verhinderung von (mehrfachen) Studiengangwechseln die Ausbildungsfreiheit stärker beeinträchtigen als Langzeitstudiengebühren.

Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 6.6.2000 - 2 S 1860/99 -, DVBl 2000, 1782, 1788; BVerwG, Urteil vom 25.7.2001 - 6 C 8.00 -, a.a.O.

Die Erhebung einer Studiengebühr nach Verbrauch des Studienguthabens stellt auch keine unangemessene Belastung der Studierenden dar. Die Gebührenpflicht tritt erst ein, wenn die komplette Studiendauer das 1,5-fache der Regelstudienzeit für das Studienfach, in dem der Studierende aktuell eingeschrieben ist, übersteigt. Damit besteht grundsätzlich für jeden Studierfähigen eine realistische Möglichkeit, einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss durch Inanspruchnahme eines gebührenfreien Studiums zu erlangen. Mit der die Regelstudienzeit um die Hälfte überschreitenden Bemessung der Höchstdauer des gebührenfreien Studiums bleibt auch Raum für eine individuelle Gestaltung des Studiums einschließlich des 'studium generale'. Damit ist sichergestellt, dass nicht jede Abweichung von dem den Prüfungsordnungen zugrundeliegenden Studienaufbau, die mit Blick auf individuelle Erwägungen oder Lebensumstände sinnvoll oder unvermeidlich sein mag, unmittelbar gebührenauslösend ist.

Darüber hinaus wird der besonderen Bedeutung der Auswahl eines Studiengangs für den Erfolg des Studiums und der späteren Berufsausübung dadurch Rechnung getragen, dass nach § 2 Abs. 3 StKFG i.V.m. § 4 RVO-StKFG NRW bei einem Studiengangwechsel bis zu Beginn des dritten Hochschulsemesters erneut ein vollständiges Studienguthaben gewährt wird; damit unterbleibt faktisch eine Anrechnung einer bis zu zweisemestrigen "Orientierungsphase" auf die Höchstdauer des gebührenfreien Studiums. Bei der näheren Ausgestaltung dieses ausschließlich an der Studiendauer orientierten Grundkonzepts einer Langzeitstudiengebühr hat der Gesetz- und Verordnungsgeber zahlreichen individuellen und studienfachspezifischen Umständen Rechnung getragen, die ein Verlängern der Studiendauer rechtfertigen können. (wird ausgeführt)

Auf diese Weise ist Gewähr dafür geschaffen, dass auch die Ausbildungsfreiheit der Studierenden, denen es aufgrund schutzwürdiger persönlicher oder studiumsbezogener Gesichtspunkte nicht möglich ist, innerhalb der 1,5-fachen Regelstudienzeit einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss zu erlangen, durch die Einführung der Studiengebühr nicht unzumutbar beschränkt wird. Insbesondere die allgemeine Härtefallregelung bietet die Möglichkeit, auch in ungewöhnlichen, vom Gesetz- und Verordnungsgeber nicht konkret vorhergesehenen Einzelfallkonstellationen einen übermäßigen Eingriff in die Ausbildungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG zu vermeiden.

c) Die Einführung eines Studienkontensystems mit Anfall einer Studiengebührenpflicht bei Erschöpfung des Studienguthabens zum Sommersemester 2004 verletzt auch nicht das aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG folgende Vertrauensschutzprinzip.

Den Regelungen des am 1.2.2003 in Kraft getretenen Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes kommt keine (echte) Rückwirkung zu. Denn ihr zeitlicher Anwendungsbereich ist ausschließlich in die Zukunft gerichtet. Die Gebühr nach § 9 StKFG ist erstmalig für das Sommersemester 2004 zu entrichten (§ 15 Abs. 1 StKFG) und fällt gemäß § 15 RVO-StKFG NRW mit der Immatrikulation oder Rückmeldung für dieses Semester an, wenn kein Studienguthaben zur Verfügung steht.

Allerdings knüpft der Gebührentatbestand des § 9 Abs. 1 Satz 1 StKFG hinsichtlich der Voraussetzung, dass kein Studienguthaben zur Verfügung steht, auch an Rechtsbeziehungen an, die in der Vergangenheit begründet wurden und noch nicht abgeschlossen sind. Denn gemäß § 6 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 StKFG werden von dem zum Sommersemester 2004 eingeräumten Studienguthaben auch für Hochschulsemester vor dem Sommersemester 2004 Regelabbuchungen vorgenommen, soweit der Studierende an einer Hochschule im Geltungsbereich des Hochschulrahmengesetzes eingeschrieben war. Eine solche 'tatbestandliche Rückanknüpfung' oder 'unechte Rückwirkung' von Gesetzen ist grundsätzlich zulässig. Jedoch ergeben sich auch für derartige Regelungen - insbesondere in grundrechtsrelevanten Bereichen - verfassungsrechtliche Schranken aus den rechtsstaatlichen Prinzipien der Rechtssicherheit sowie der Verhältnismäßigkeit. Diese sind überschritten, wenn der Einzelne sein Vertrauen auf den Fortbestand der bestehenden Rechtslage durch konkrete Grundrechtsbetätigung ins Werk gesetzt hat und die Enttäuschung dieses Vertrauens schwerer wiegt als die Interessen der Allgemeinheit an der Veränderung der rechtlichen Rahmenbedingungen.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 20.6.1978 - 2 BvR 71/76 -, BVerfGE 48, 403, 413 ff., vom 13.5.1986 - 1 BvR 99, 461/85 -, BVerfGE 72, 175, 196, vom 14.5.1986 - 2 BvL 2/83 -, BVerfGE 72, 200, 241 ff., und vom 15.10.1996 - 1 BvL 44, 48/92 -, BVerfGE 95, 64, 86.

Nach diesen Maßstäben erweist sich die unechte Rückwirkung des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes als verfassungsgemäß.

Ziel des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes ist es, vor dem Hintergrund einer angespannten gesamtwirtschaftlichen Situation möglichst kurzfristig durch Kostenreduzierung sowie konzentriertere Nutzung der vorhandenen Ausbildungsangebote der Hochschulen auf die begrenzten Ausbildungskapazitäten und die finanziellen Belastungen der Hochschule zu reagieren, ohne die Möglichkeit eines gebührenfreien, berufsqualifizierenden Erststudiums im Kern in Frage zu stellen.

Vgl. LT-Drs. 13/3023, S. 1, 19 f.

Die Leistungsfähigkeit und Effizienz der Hochschulen stellt - wie ausgeführt - ein berechtigtes und gewichtiges Gemeinwohlinteressen dar. Zugleich besteht ein erhebliches Interesse der Allgemeinheit daran, Maßnahmen zur Reduzierung der Hochschulkosten und zur Optimierung der Nutzung der vorhandenen Mittel und Ausbildungskapazitäten baldmöglichst zur Anwendung und Wirkung zu bringen. Diesem Interesse kann nur durch Regelungen ausreichend Rechnung getragen werden, die auch auf Studierende Anwendung finden, die ihr Studium bereits vor Inkrafttreten der jeweiligen Regelungen begonnen haben. Denn nach den Erhebungen des Statistischen Bundesamtes zur Zusammensetzung der Studierendenschaft, vgl. Statistisches Bundesamt, Fachserie 11/Reihe 4.1, Bildung und Kultur, Studierende an Hochschulen, Wintersemester 2003/2004, Tabelle S. 369: von 1.738.834 an einer deutschen Hochschule für ein Erststudium eingeschriebenen Studierenden befanden sich 702.938 in den ersten drei Semestern, betrug der Anteil dieser Gruppe an der Gesamtzahl der Studierenden zum Sommersemester 2004 ca. 60%. Nach Auskunft des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung wurden für das Sommersemester an 27% der im Wintersemester 2003/2004 immatrikulierten Studierenden Gebührenbescheide nach § 9 StKFG verschickt. Diese Zahlen verdeutlichen, dass das Studienkonten- und -finanzierungsgesetz für die aktuelle Situation an den Hochschulen nahezu wirkungslos bliebe, wäre sein Anwendungsbereich auf Studierende beschränkt, die ihr Studium erst nach Inkrafttreten des Gesetzes aufgenommen haben.

Die Rückanknüpfung der Voraussetzungen für die Entstehung der Gebührenpflicht an Studiensemester, die vor Einführung der Gebührenpflicht absolviert wurden, läuft zwar der Erwartung der Studierenden zuwider, ihr bisheriges Studienverhalten werde ohne gebührenrechtliche Auswirkungen bleiben. Das damit verbundene Vertrauen ist jedoch nicht schutzwürdig; ihm kann kein Gewicht beigemessen werden, das die Interessen der Allgemeinheit an einer kurzfristigen Reduzierung der Hochschulkosten und Optimierung der Studienabläufe überwiegt.

Die tatsächlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen des Hochschulwesens haben nur bedingt Veranlassung für die Bildung eines Vertrauens gegeben, ein einmal begonnenes Studium unbegrenzt gebührenfrei fortsetzen zu können. Ein allgemeines Vertrauen in den Fortbestand der zu einem bestimmten Zeitpunkt geltenden Rechtslage ist schon grundsätzlich nicht schutzwürdig. Für den vorliegenden Sachverhalt ist ferner zu berücksichtigen, dass die Beteiligung der Studierenden an den Kosten des Studiums durch Erhebung von Hochschulgebühren jedenfalls bis 1970 die Regel war. Auch das Festhalten am Begriff der Regelstudienzeit (§ 10 Abs. 2 HRG, § 84 WissHG, § 85 HG) und die Ausrichtung der Ausbildungsförderung an dieser nach Hochschulart und Studiengang gestaffelten Studiendauer (§ 15a BAföG) steht der Ausbildung eines schutzwürdigen Vertrauens in die folgenlos unbegrenzte Inanspruchnahme des Lehrangebots der Hochschulen entgegen. Zwar wurde die Gebührenfreiheit von Studien bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss im Jahr 2000 im Rahmen der Neuregelung des Hochschulwesens in Nordrhein-Westfalen ausdrücklich in das Hochschulgesetz (§ 10 Satz 1) aufgenommen. Jedoch war dies gerade eine Reaktion auf die im politischen Raum verstärkt geführte Diskussion um die Einführung von Studiengebühren. Diese Diskussion hat auch mit dem Inkrafttreten des § 10 Satz 1 HG kein Ende gefunden, sondern 2002 zur Einfügung des Absatzes 4 in § 27 HRG geführt. Dieser übernimmt zwar wörtlich die Formulierung des § 10 Satz 1 HG zur Gebührenfreiheit eines berufsqualifizierenden Erst- und Konsekutivstudiums, eröffnet aber in einem zweiten Satz die Möglichkeit für landesrechtliche Ausnahmeregelungen. Diese Öffnungsklausel war Ergebnis einer Diskussion über Studienkontenmodelle zur Einflussnahme auf die Studiendauer und Ermöglichung einer Gebührenpflicht für Langzeitstudien.

Vgl. BT-Drs 14/8361, S. 5.

Dem Interesse der Allgemeinheit an einer raschen Kostenreduzierung im Hochschulwesen und einem beschleunigten Einwirken auf die Studiendauer ist auch deshalb höheres Gewicht einzuräumen, weil das Studienkonten- und -finanzierungsgesetz dem Vertrauen auf ein gebührenfreies berufsqualifizierendes Erststudium in ausreichendem Umfang Rechnung getragen hat. Bis zur Dauer der 1,5-fachen Regelstudienzeit bleibt das Erststudium auch weiterhin gebührenfrei; Studiengebühren fallen erst für Studiensemester nach Überschreiten dieser Studiendauer an. Angesichts der großzügigen Bemessung der studiengebührenfreien Studiendauer kann der Anfall von Studiengebühren durch eine effektive Studiengestaltung im Regelfall vermieden werden. Dies gilt auch für Studierende, die ihr Studium bereits vor dem Sommersemester 2004 begonnen haben. Denn auch bei diesen kann davon ausgegangen werden, dass sie ihr Studium mit dem Ziel einer erfolgreichen Beendigung in einem - im Hinblick auf die angestrebte anschließende Berufstätigkeit - realistischen Zeitraum betrieben haben und deshalb ebenfalls im Regelfall in der Lage sind, das Studium innerhalb der 1,5-fachen Regelstudienzeit zuzüglich der Übergangszeit von zwei Semestern, die durch das Inkrafttreten des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes bereits zum 1.2.2003 entstanden ist, abzuschließen. Im Übrigen mussten die Studierenden sich bereits seit der Einbringung des Gesetzesentwurfs der Landesregierung in den Landtag am 25.9.2002 (LT-Drs. 13/3023) auf eine mögliche Gebührenerhebung für Langzeitstudierende einstellen; insoweit verblieben ihnen sogar drei Semester.

Deshalb ist die durch das Studienkonten- und -finanzierungsgesetz geschaffene Situation der Studierenden auch nicht mit den Sachverhalten vergleichbar, die den von der Klägerin angeführten Entscheidungen des OVG NRW,

Urteil vom 11.9.2001 - 16 A 4702/99 -, OVGE 48, 218, und des BVerfG, Beschlüsse vom 6.4.2000 - 1 BvL 18/99 -, NVwZ 2000, 910 und vom 12.3.2003 - 1 BvR 9894/01 -, juris, zu Einzelfragen des achtzehnten Änderungsgesetzes zum Ausbildungsförderungsgesetz zugrunde lagen. Anlass dieser Verfahren war die nachträgliche Beseitigung von förderungsrechtlichen Privilegierungstatbeständen, mit denen ein Anreiz für ein bestimmtes Verhalten - etwa die Absolvierung eines Auslandssemesters - geschaffen werden sollte. Vorliegend fehlt es an einer vergleichbaren Vertrauenslage. Denn zum einen war es nicht Ziel der in § 10 Satz 1 HG geregelten Studiengebührenfreiheit, die Studierenden zu einem zeitlich unbegrenzten, die Regelstudienzeit weit überschreitenden Studium anzuhalten. Zum anderen bleibt die Studiengebührenfreiheit nach Einführung einer Langzeitstudiengebühr in ihrem Kern erhalten.

Darüber hinaus wird ein nicht unbeträchtlicher Anteil der Studierenden, deren Studiendauer zum Sommersemester 2004 das 1,5-fache der jeweiligen Regelstudienzeit überschreitet, denen aber ein Abschluss des Studiums bis zum Ende des Wintersemesters 2003/2004 nicht möglich war, dadurch vor dem Eingreifen der Gebührenpflicht bewahrt, dass die oben bereits erwähnten Sonder-, Ausnahme- und Härtefallregelungen zu einer Verlängerung der gebührenfreien Studienzeit, zu Ausnahmen von der Gebührenpflicht oder zum Erlass oder der Reduzierung der Gebühr führen.

'Planmäßig' nach Überschreitung der 1,5-fachen Regelstudienzeit von der Gebührenpflicht erfasst werden demgegenüber die Studierenden, die für ihre lange Studiendauer keine der vom Gesetz privilegierten Gründe geltend machen können. Dies ist insbesondere die Gruppe von Studierenden, deren Studienverlauf nicht erkennen lässt, dass ein berufsqualifizierender Abschluss ernsthaft und innerhalb einer realistischen Dauer angestrebt wird. Deren Vertrauen, die Hochschulen auf Kosten der Allgemeinheit unbegrenzt in Anspruch nehmen zu können, ist nicht schutzwürdig. Insbesondere diese Gruppe von Studierenden kurzfristig zu erfassen und mit einer Studiengebühr zu belegen, war legitimes Interesse des Gesetzgebers. (...)

d) Die mit dem Studienkonten- und -finanzierungsgesetz eingeführte Studiengebühr begegnet auch hinsichtlich ihrer Höhe keinen Bedenken.

Die Höhe der jeweils für ein Semester zu erhebenden Gebühr beträgt nach § 12 Abs. 1 Satz 1 RVO-StKFG NRW 650,00 €. Diese Regelung der Gebührenhöhe durch den Verordnungsgeber findet in § 13 Abs. 1 Satz 2 StKFG ihre Ermächtigungsgrundlage. Durchgreifende Bedenken gegen die Festlegung der Gebührenhöhe durch den Verordnungsgeber bestehen nicht. Insbesondere war der Gesetzgeber weder durch Art. 70 LV NRW noch durch den aus dem Demokratieprinzip, dem Rechtsstaatsgrundsatz und den Grundrechten folgenden Parlamentsvorbehalt, also die Pflicht insbesondere im Bereich der Grundrechtsausübung alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen, vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.12.1977 - 1 BvL 1/75, 1 BvR 147/75 -, BVerfGE 47, 46, 78, zur Einführung einer Sexualerziehung in den Schulen, gehindert, die Bestimmung der Höhe der Gebühr auf den Verordnungsgeber zu übertragen. Der Gesetzgeber hat den rechtlichen Rahmen für die Festsetzung der Gebührenhöhe ausreichend bestimmt. Er hat dem Verordnungsgeber das sich aus der Gesamtkonzeption des Gesetzes ergebende Ziel der Gebührenpflicht vorgegeben, nämlich die Studierenden einerseits zu einer das Entstehen der Gebührenpflicht möglichst vermeidenden Studiengestaltung anzuhalten und andererseits bei 'überlanger' Inanspruchnahme der Hochschuleinrichtungen zu einem spürbaren, aber grundsätzlich tragbaren Vorteilsausgleichs heranzuziehen. Ferner hat er den Verordnungsgeber in § 13 Abs. 1 Satz 3 StKFG auf die wesentlichen Gebührenbemessungs- und -erhebungsregeln des nordrhein-westfälischen Gebührengesetzes (§§ 3 bis 6, 9 bis 22, 25 Abs.1, 26 bis 28 GebG NRW) verpflichtet. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber durch die vorläufige Festlegung der Gebührenhöhe auf 650,00 € bis zum Erlass der Rechtsverordnung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 StKFG, vgl. § 1 Abs. 1 der zugleich mit dem Studienkonten- und -finanzierungsgesetz erlassenen 'Bestimmungen über die Erhebung der Gebühren nach dem Studienkonten- und -finanzierungsgesetz' (Art. 3 des Gesetzes zur Aufhebung des Hochschulgebührengesetzes und zur Erhebung von Hochschulgebühren sowie zur Änderung des Hochschulgesetzes vom 28.1.2003, GVBl S. 36), diese inhaltlichen Vorgaben auch betragsmäßig konkretisiert und damit eine Orientierung für die Festsetzung der Gebührenhöhe gegeben, ohne den Verordnungsgeber auf diesen Betrag festzulegen.

Die Gebührenhöhe begegnet auch im Hinblick auf die für die Erhebung von Abgaben geltenden Grundsätze keinen Bedenken. Insbesondere wird sie dem Äquivalenzprinzip gerecht; die erhobene Gebühr steht nicht außer Verhältnis zu der mit ihr abgegoltenen staatlichen Leistung. Die Studiengebühr wird von den Studierenden mit der Immatrikulation bzw. Rückmeldung (§§ 13 Abs. 1 Satz 2 StKFG i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 1 RVO-StKFG NRW) erhoben, wenn kein Studienguthaben zur Verfügung steht. Damit stellt sich die Gebühr als Abgeltung des Vorteils dar, der mit der Immatrikulation oder Rückmeldung erworben wird, nämlich der Möglichkeit, das Lehrangebot sowie die Lehrmittel der Hochschule und deren sonstige Einrichtungen in Anspruch nehmen zu können.

Vgl. zur Einstufung der Langzeitstudiengebühr nach dem Bad.-Württ. Hochschulgebührengesetz: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 6.4.2000 - 2 S 1860/99 -, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 25.7.2001 - 6 C 8.00 -, a.a.O.

Der Wert dieser staatlichen Leistung bestimmt sich zunächst nach den Kosten, die seitens der öffentlichen Hand aufgewandt werden, um dem einzelnen Studierenden das Studium zu ermöglichen. Aufgrund der Daten, die sich aus dem "Bericht zur finanziellen Lage der Hochschulen 2003" des Statistischen Bundesamtes, Statistisches Bundesamt, Bericht zur finanziellen Lage der Hochschulen 2003 des Statistischen Bundesamtes, S. 62, 87, 104, 110, 122 f.: durchschnittlicher jährlicher Bedarf öffentlicher Mittel je Studierender in Nordrhein-Westfalen 2001: 5.700,00 Euro bei Schwankungen je nach Fachbereich und Hochschulform zwischen ca. 30% und 600%, sowie der Mitteilung des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung, Schriftsatz vom 12.11.2004: die durchschnittlichen Ausgaben des Landes je Studienplatz belaufen sich auf jährlich 6.486,73 €, ergeben, ist ohne weitergehende Ausführungen davon auszugehen, dass die Gebührenhöhe von 650,00 € selbst bei weniger kostenintensiven Studiengängen und auch in weniger kostenträchtigen Studienphasen unterhalb der tatsächlichen Kosten der öffentlichen Hand für die Bereithaltung des Studienangebotes sowie dessen Inanspruchnahme liegt.

Die Gebührenhöhe begegnet auch insoweit keinen Bedenken, als sie für sämtliche Hochschulformen und Studiengänge einheitlich festgesetzt wurde, ohne nach den tatsächlich in unterschiedlicher Höhe entstehenden Studienkosten zu differenzieren. Eine einheitliche Gebührenhöhe ist mit Blick auf die Praktikabilität und Verwaltungsvereinfachung gerechtfertigt, ohne dass damit die Grenzen des aus Art. 3 Abs. 1 GG erwachsenden Gebots der verhältnismäßigen Belastungsgleicheit der Gebührenschuldner überschritten würden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Deckung der Gesamtkosten des konkreten Studiengangs mit der Gebührenerhebung offensichtlich nicht bezweckt wird. Vielmehr stellt sich die Gebühr aufgrund ihrer im Verhältnis zu den tatsächlichen Kosten geringen Höhe eher als Grundgebühr für die individuell eröffnete Möglichkeit dar, die Leistungen der Hochschule - auch über das Lehrangebot für das konkrete Studienfach hinaus - nach weitgehend freier Gestaltung in Anspruch zu nehmen. Die einheitliche Gebührenhöhe entspricht auch dem weiteren, alle Studierenden unterschiedslos erfassenden Ziel der Gebührenerhebung, nämlich die Studierenden zu einem zügigen, konzentrierten Studium anzuhalten.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.7.2001 - 6 C 8.00 -, a.a.O., zur einheitlichen Gebührenerhebung nach dem Bad.-Württ. Hochschulgebührengesetz; Bay.VGH, Urteil vom 28.3.2001 - 7 B 00.1551 -, juris, zur Zweitstudiengebühr nach dem Bay. Hochschulgesetz.

Rechtliche Bedenken, die mit einer Gebühr bezweckte Vorteilsabschöpfung mit einer Verhaltenssteuerung zu verbinden, bestehen nicht.

BVerfG, Beschluss vom 6.2.1979 - 2 BvL 5/76 -, BVerfGE 50, 217, 225 ff.; BVerwG, Urteile vom 20.12.2000 - 11 C 7.00 -, BVerwGE 112, 297, 304 ff., und vom 25.7.2001 - 6 C 8.00 -, a.a.O.

2. Der Beklagte hat die Klägerin nach § 9 Abs. 1 Satz 1 StKFG zu Recht zur Zahlung der Studiengebühr herangezogen. Die Klägerin verfügt trotz der Gewährung von Bonusguthaben wegen Kindererziehung im Sommersemester 2004 über kein Studienguthaben mehr.

Das der Klägerin zum Sommersemester 2004 gewährte Studienguthaben im Sinne von § 4 StKFG ist durch die zugleich nach § 6 Abs. 1 StKFG vorzunehmenden Regelabbuchungen für die bereits zurückgelegten Hochschulsemester aufgebraucht. (...)

Auch die Gewährung von Bonusguthaben wegen Kindererziehung hat nicht zur Folge, dass der Klägerin für das Sommersemester 2004 noch Studienguthaben zur Verfügung steht. Gemäß § 5 Nr. 1 StKFG sind auf Antrag für die Pflege und Erziehung minderjähriger Kinder im Sinne von § 25 Abs. 5 BAföG (eigene Kinder, Pflegekinder sowie im Haushalt lebende Kinder des Ehegatten oder Enkel) höchstens viermal Bonusguthaben in Höhe von einer Regelabbuchung zu gewähren. Diese Regelung ist nach Sinn und Zweck dahin zu verstehen, dass Bonusguthaben in einem Gesamtumfang von maximal vier Regelabbuchungen für jedes zu betreuende Kind und nicht etwa insgesamt für die Pflege und Erziehung auch mehrerer Kinder gewährt werden. Der Beklagte hat der Klägerin daher zu Recht für ihre vier Kinder Bonusguthaben im Umfang von jeweils vier Regelabbuchungen, also insgesamt sechzehn Regelabbuchungen gewährt. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Begrenzung der Vergünstigung auf maximal vier Regelabbuchungen je Kind werden von der Klägerin nicht geltend gemacht und auch vom Senat nicht gesehen. Der Staat ist durch das Schutzgebot des Art. 6 Abs. 1 GG nicht gehalten, in allen Bereichen jegliche die Familien treffenden Belastungen auszugleichen. Vielmehr verbleibt dem Gesetzgeber grundsätzlich eine Gestaltungsfreiheit, in welchem Umfang und in welcher Weise er einen Familienlastenausgleich vornehmen will.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 15.9.1998 - 8 C 25.97 -, Bl. 11 f. des UA (in BVerwGE 107, 188 insoweit nicht abgedruckt).

Zu Recht hat der Beklagte die der Klägerin gewährten Bonusguthaben gemäß § 9 Abs. 2 RVO-StKFG NRW sämtlich mit den nach § 6 Abs. 1 Sätze 2 und 3 StKFG vorzunehmenden Regelabbuchungen verrechnet; denn die geltend gemachten Umstände (Pflege und Erziehung der zwischen 1989 und 1996 geborenen Kinder) sind vor Beginn des Sommersemesters 2004 eingetreten. Dies hat angesichts der bis zum Sommersemester 2004 bereits zurückgelegten 34 berücksichtigungsfähigen Hochschulsemester zur Folge, dass der Klägerin trotz der Gewährung von Bonusguthaben in einem Umfang von sechzehn Regelabbuchungen kein Studienguthaben mehr zur Verfügung steht.

Ein anderes Ergebnis folgt nicht aus der Systematik des § 9 Abs. 1 RVO-StKFG NRW. Absatz 1 dieser Regelung ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht vorrangig anzuwenden. Vielmehr ist § 9 Abs. 2 RVO-StKFG NRW die gegenüber § 9 Abs. 1 RVO-StKFG NRW speziellere Vorschrift. Dies entspricht auch dem mit § 6 Abs. 1 StKFG verfolgten Ziel des Gesetzgebers, das Studienkontenmodell möglichst uneingeschränkt auch auf die Studierenden zu erstrecken, die bereits vor dem Sommersemester 2004 mit dem Studium begonnen haben.

Auf der Grundlage der Ermächtigung des § 13 Abs. 1 Satz 1 StKFG hat der Verordnungsgeber in § 9 RVO-StKFG NRW die näheren Modalitäten der Gewährung von Bonusguthaben nach § 5 StKFG in Abhängigkeit vom Zeitpunkt des Eintritts des Bonustatbestandes näher geregelt. Dabei erfasst § 9 Abs. 1 RVO-StKFG NRW den Regelfall, dass ein Bonustatbestand mit oder nach der Einrichtung des Studienkontos eintritt. In diesem Fall wird auf Antrag bei Vorliegen einer der Konstellationen des § 5 Nr. 1 bis 3 StKFG nach § 9 Abs. 3 RVO-StKFG NRW ein Bonusguthaben von einer Regelabbuchung gewährt mit der Folge, dass sich das Studienguthaben im laufenden Semester im Ergebnis nicht verringert. Wegen Behinderung oder Erkrankung (§ 5 Nr. 4 StKFG) kann nach § 9 Abs. 3 Satz 2 RVO-StKFG NRW ein Bonusguthaben von bis zu vier Regelabbuchungen gewährt werden mit der Folge, dass die weitere Reduzierung des Studienguthabens im Ergebnis um bis zu vier Semester hinausgeschoben wird. Ist das Studienguthaben zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits verbraucht, lässt § 9 Abs. 1 Satz 2 RVO-StKFG NRW die Gewährung eines Bonusguthabens nur noch bei Vorliegen der Bonustatbestände des § 5 Nr. 1 (Kindererziehung) und Nr. 4 (Behinderung oder schwere Erkrankung) StKFG zu. In diesem Fall führt die Gewährung von Bonusguthaben dazu, dass die Gebührenpflichtigkeit nach § 9 Abs. 1 Satz 1 StKFG, die mit der Erschöpfung des Studienguthabens ausgelöst wurde, für das Antragssemester und im Fall des § 5 Nr. 4 StKFG für maximal drei weitere Semester, entfällt.

Demgegenüber regelt § 9 Abs. 2 RVO-StKFG NRW die Fälle, in denen der jeweilige Bonustatbestand bereits vor Beginn des Sommersemesters 2004, also vor Einrichtung der Studienkonten eingetreten ist. Abweichend von § 9 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 RVO-StKFG NRW werden gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 und Satz 2 RVO-StKFG NRW auf Antrag Bonusguthaben bis zu den in § 5 StKFG vorgegebenen Maximalgrenzen ungeachtet der Frage gewährt, ob das Studienguthaben bereits verbraucht ist. Dieses Bonusguthaben wird mit den nach § 6 Abs. 1 Sätze 2 und 3 StKFG für die Vergangenheit vorzunehmenden Regelabbuchungen verrechnet.

Damit führt die Gewährung von Bonusguthaben für die Vergangenheit nach § 9 Abs. 2 RVO-StKFG NRW zu einem Hinausschieben des Verbrauchs des Studienguthabens um maximal die in § 5 StKFG bestimmte Höchstzahl von Regelabbuchungen. Der für die Vergangenheit vorzunehmende Abbuchungsvorgang stellt sich so dar, wie er sich bei gleichen Rahmenbedingungen auch ab dem Sommersemester 2004 semesterweise vollziehen würde, mit der Folge, dass die Gebührenpflichtigkeit des Studierenden eintritt, wenn die Dauer seines Studiums das 1,5-fache der Regelstudienzeit zuzüglich der wegen Gewährung von Bonusguthaben abbuchungsfreien Semester überschreitet. Wollte man demgegenüber bei Bonustatbeständen, deren Voraussetzungen bereits vor dem Sommersemester 2004 eingetreten sind, aber über diesen Zeitpunkt hinaus vorliegen, Anträge nach § 9 Abs. 1 RVO-StKFG NRW ohne vorherige Anwendung des § 9 Abs. 2 RVO-StKFG NRW zulassen, träte eine ungerechtfertigte Besserstellung des oder der jeweiligen Studierenden ein. Denn der Verbrauch des Studienguthabens und/oder der Eintritt der Gebührenpflichtigkeit würde durch die Gewährung von Bonusguthaben ohne Rücksicht darauf hinausgeschoben, ob die mit der Regelung des § 5 StKFG bezweckte Verlängerung der gebührenfreien Studiendauer nicht bereits durch eine entsprechend lange Studiendauer vor dem Sommersemester 2004 (vollständig oder zum Teil) faktisch in Anspruch genommen wurde. Eine solche, die Grenzen des § 5 StKFG überschreitende Berücksichtigung der dort genannten Belastungssituationen soll aber nach der Systematik des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes nur noch über eine individuell zu treffende Härtefallregelung nach § 14 Abs. 1 RVO-StKFG NRW möglich sein.

Ende der Entscheidung

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