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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 25.03.2008
Aktenzeichen: 8 A 586/08
Rechtsgebiete: StVZO


Vorschriften:

StVZO § 31a
Die Feststellung des Fahrzeugführers ist im Sinne des § 31a StVZO (Führung eines Fahrtenbuchs) auch dann unmöglich, wenn die Ermittlungen zwar auf einen bestimmten Täter hindeuten, die Behörde jedoch keine ausreichende Überzeugung von der Täterschaft des Verdächtigen gewinnen konnte.
Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs. Sie ist Halterin eines Kraftfahrzeugs, mit dem eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen wurde. Auf dem Geschwindigkeitsmessfoto war der Fahrer nicht eindeutig zu erkennen. Die im Rahmen der Amtshilfe tätigen Ermittlungsbeamten benannten gegenüber der Ermittlungsbehörde Herrn E. als möglichen Fahrer. Dieser bestritt, die Ordnungswidrigkeit begangen zu haben. Nach Einstellung des Verfahrens wurde der Klägerin, die keine Angaben zum möglichen Täterkreis gemacht hatte, die Führung eines Fahrtenbuchs auferlegt. Ihre Klage und ein Antrag auf Zulassung der Berufung hatten keinen Erfolg.

Gründe:

Die Voraussetzungen des § 31a StVZO für die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage hat das VG zu Recht als erfüllt angesehen. Die Feststellung des Fahrzeugführers ist im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO unmöglich, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalles nicht in der Lage war, den Täter einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Unmöglich ist die Feststellung des Fahrzeugführers auch dann, wenn die Ermittlungen zwar auf einen bestimmten Täter hindeuten, die Behörde jedoch keine ausreichende Überzeugung von der Täterschaft des Verdächtigen gewinnen konnte.

Hiervon ausgehend rügt die Klägerin ohne Erfolg die Annahme des VG, der Fahrzeugführer habe von der Behörde nicht festgestellt werden können. Insbesondere ist das VG zu Recht davon ausgegangen, dass die Behörde nicht verpflichtet war, gegen Herrn E., der nach dem erstmaligen Vortrag der Klägerin im Klageverfahren der Fahrer gewesen sein soll, einen Bußgeldbescheid zu erlassen. Denn die Täterschaft des Herrn E. war für die Behörde nicht erwiesen. (Wird ausgeführt)

Die verbleibenden Zweifel an der Täterschaft des Herrn E. boten - entgegen der Ansicht der Klägerin - ausreichenden Anlass, vom Erlass eines Bußgeldbescheides abzusehen. Zu Unrecht ist die Klägerin der Auffassung, verbleibende Zweifel hinderten den Erlass eines Bußgeldbescheides nicht, weil es nicht Aufgabe der Behörde, sondern des Tatrichters sei, diese aufzuklären und den verantwortlichen Fahrer festzustellen.

Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass es sich bei einem Bußgeldbescheid um einen vorläufigen in einem Vorschaltverfahren ergehenden Spruch handele, der zu einem endgültigen erst durch die Selbstunterwerfung des Betroffenen werde und im Falle des Einspruchs nur die Bedeutung einer Beschuldigung habe, die das Gericht in seiner Entscheidung nicht einenge,

vgl. BayObLG, Beschluss vom 25.2.1972 - RReg. 8 St 517/71 Owi -, NJW 1972, 1771; Seitz, in: Göhler, Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, Kommentar, 14. Auflage, 2006, Vor § 65 Rn. 6 und 8.

Daraus folgt jedoch nicht, dass die Behörde sich über ihre Zweifel hinwegzusetzen und eine Bußgeldbescheid zu erlassen hätte. Der Erlass eines Bußgeldbescheides setzt stets voraus, dass die Behörde einen dem Ermittlungsverfahren angemessenen Grad an Überzeugung von der Täterschaft des Betroffenen gewonnen hat.

Vgl. Seitz, in: Göhler, a.a.O., Vor § 65 Rn. 1.

Denn es ist dem Betroffenen nicht zuzumuten, dass er sich gegen einen an ihn gerichteten Bußgeldbescheid zur Wehr setzen muss, obwohl nicht einmal die Behörde seine Täterschaft für erwiesen hält.

Vgl. Seitz, in: Göhler, a.a.O., Vor § 65 Rn. 6.

Überdies besteht bei verbleibenden Zweifeln an der Täterschaft des Betroffenen das Risiko, dass der Bußgeldbescheid im gerichtlichen Verfahren aufgehoben und die Kosten des Verfahrens gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 467 Abs. 1 StPO der Staatskasse auferlegt werden. Denn entsprechend dem Grundsatz "im Zweifel für den Angeklagten" ist der Adressat des Bußgeldbescheides freizusprechen, wenn im gerichtlichen Verfahren letztlich Zweifel an seiner Täterschaft verbleiben.

Ende der Entscheidung

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