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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 28.10.2004
Aktenzeichen: 8 B 1573/04
Rechtsgebiete: AkadG


Vorschriften:

AkadG § 1
1. Die Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften kann aus ihrem Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 1 AkadG) und dem ihr eingeräumten Recht der Selbstverwaltung (§ 1 Abs. 2 AkadG) kein Recht zur Auswahl ihrer im Landesdienst stehenden Mitarbeiter ableiten.

2. Zur Verletzung eines möglichen Rechts der Akademie auf selbstverwaltungsfreundlichen Verhalten im Zusammenhang mit Personalauswahl durch das Land.


Tatbestand:

Die Antragstellerin (Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften) begehrte einstweiligen Rechtsschutz gegen die Besetzung einer Referentenstelle in ihrer Geschäftsstelle durch den Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Besetzung wich von ihrem Votum ab und folgte dem Vorschlag einer Auswahlkommission. Die Anträge, den Antragsgegner (Land NRW) durch einstweilige Anordnung zu verpflichten, die Umsetzung der Beigeladenen zu 1. von der Antragstellerin zur Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalens und die Versetzung des Beigeladenen zu 2. zur Antragstellerin einschließlich der Übertragung des Dienstpostens eines Referenten vorläufig bis zur einer Entscheidung in der Hauptsache rückgängig zu machen, blieb in beiden Instanzen erfolglos.

Gründe:

Die Antragstellerin hat das Bestehen eines Anordnungsanspruchs für ihr auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtetes Verfahren nicht glaubhaft gemacht. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin erwächst ihr ein Recht auf Auswahl bzw. entscheidende Beteiligung an der Auswahl der in ihrer Geschäftsstelle beschäftigten Angestellten und Beamten nicht aus dem ihr verliehenen Körperschaftsstatus (§ 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften vom 16.7.1969 - GV. NRW. 1969 S. 531 - zuletzt geändert durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften vom 16.3.2004 - GV. NRW. 2004 S. 142 - AkadG) und dem in § 1 Abs. 2 AkadG festgeschriebenen Recht der Selbstverwaltung "im Rahmen der nachfolgenden Bestimmungen".

Wesensmerkmale einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft mit Selbstverwaltungsrecht sind die Schaffung durch Hoheitsakt, eine mitgliedschaftlich verfasste und durch ihre Mitglieder gesteuerte Organisation sowie die eigenverantwortliche Erledigung der zugewiesenen oder überlassenen öffentlichen Aufgaben, die nur der Rechtsaufsicht unterliegt.

Vgl. Wolff/Bachhof/Stober, Verwaltungsrecht, Band 3, 5. Aufl. 2004, § 83 II 3. b), § 87 I 2., § 97 I; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl. 1999, § 23 II 2.; Becker, Öffentliche Verwaltung, 1989, § 15, 1.1.

Die nähere Ausgestaltung dieses organisationsrechtlichen Rahmens bleibt den gesetzlichen Vorgaben für die konkrete Körperschaft und dem darauf basierenden, von der Körperschaft selbst gesetzten Organisationsrecht vorbehalten.

Das Akademiegesetz bietet keine Grundlage für die von der Antragstellerin geltend gemachte Befugnis zur Auswahl ihrer Beschäftigten. Denn es enthält neben der Bestimmung des Aufgabenbereiches der Antragstellerin (§ 2 AkadG) nur Regelungen über deren Mitglieder (§ 4 AkadG) und die innere Organisationsstruktur (§§ 5 - 10 AkadG), auf deren Grundlage die Mitglieder sowohl ihre mitgliedschaftlichen Angelegenheiten regeln als auch die der Antragstellerin zugewiesenen Aufgaben erledigen. Regelungen über die im Unterstützungsbereich der Antragstellerin Beschäftigten treffen das Akademiegesetz und die nach §§ 2 Abs. 2, 6 Abs. 2 AkadG ergangene Satzung der Antragstellerin demgegenüber nicht.

Allerdings weist der Antragsgegner der Antragstellerin entsprechend einer in § 2 des - zwischen den Beteiligten geschlossenen - Zuwendungsvertrages vom 14./23.5.1979 übernommenen Verpflichtung und darauf basierenden jährlichen Zuwendungsbescheiden Mitarbeiter zur Dienstleistung zu, für die er entsprechende Planstellen in den Landeshaushaltsplan einstellt. Die auf dieser Grundlage in der Geschäftsstelle der Antragstellerin Beschäftigen stehen damit unmittelbar im Landesdienst; auf die Beamten finden die Vorschriften des Landesbeamtengesetzes Anwendung. Steht demnach insbesondere das Ernennungsrecht im Sinne von § 5 Abs. 1 BRRG, § 8 Abs. 1 LBG auch für Beamte, die bei der Antragstellerin tätig werden, mangels Übertragung beamtenrechtlicher Befugnisse auf die Antragstellerin dem Antragsgegner zu, schließt dies auch das Recht zur Personalauswahl ein. Denn gemäß § 7 BRRG, §§ 8 Abs. 4, 7 LBG, wonach die Ernennung der Beamten nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen ist, bildet der formale Akt der Aushändigung der Ernennungsurkunde mit der vorangehenden Personalauswahl eine einheitliche Entscheidung.

Vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 12.9.1995 - 1 TG 2200/95 -, DÖD 1996, 215.

Beteiligungs- oder Mitwirkungsrechte bei der Auswahl dieses Personals sind der Antragstellerin anders als etwa den Hochschulen hinsichtlich ihres wissenschaftlichen Personals (Berufung von Professoren, § 47 Abs. 1 Satz 1 HG) sowie auch ihres Verwaltungsapparats (Ernennung des Kanzlers, § 44 Abs. 3 Satz 1 HG) und anders als den Schulträgern hinsichtlich der Schulleiter (§ 21a SchVG) weder durch das Akademiegesetz ausdrücklich eingeräumt, noch in ihrer durch den Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen genehmigten Satzung vorgesehen.

Es kann offen bleiben, ob der Antragstellerin ungeachtet dessen aus ihrem Körperschaftsstatus, der nicht zwingend mit eigener Personalhoheit verbunden ist,

vgl. Lecheler, Die Personalgewalt öffentlicher Dienstherrn, 1977, S. 71,

oder aus dem ihr im Rahmen der Bestimmungen des Akademiegesetzes zustehenden Recht zur Selbstverwaltung zumindest ein Anspruch auf selbstverwaltungsfreundliches Verhalten im Sinne einer Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen der Antragstellerin auch hinsichtlich der personellen Ausstattung des Unterstützungsbereiches zusteht. Denn die Antragstellerin hat nicht dargetan, dass ein solcher Anspruch durch die streitbefangene Stellenbesetzung, der ein Auswahlverfahren unter Mitwirkung des Generalsekretärs der Antragstellerin vorausgegangen ist, verletzt sein könnte.

Durch die organisationsrechtlichen Regelungen in den §§ 4 - 10 AkadG ist sichergestellt, dass die Erledigung der Angelegenheiten der Mitglieder der Antragstellerin und die Wahrnehmung ihrer in § 2 AkadG umschriebenen Aufgaben ausschließlich den Mitgliedern selbst in den jeweiligen Organen - im Kuratorium unter Beteiligung der in § 9 Abs. 1 AkadG bestimmten weiteren Personen - vorbehalten ist. Für die Argumentation der Antragstellerin, die Erfüllung der ihr zugewiesenen Aufgaben sei 'im Kern in Frage gestellt', wenn sie nicht über die Auswahl ihres ausschließlich dem Unterstützungsbereich zuzurechnenden Personals entscheiden könne, ist demnach kein Raum.

Konkrete Hinweise, dass die Besetzung der Referentenstelle mit dem Beigeladenen zu 2. ihre berechtigten Interessen insbesondere an einer sachgerechten Erledigung ihrer Angelegenheiten nachhaltig beeinträchtigen könnten, sind dem Beschwerdevorbringen auch sonst nicht zu entnehmen. Namentlich der bloße Umstand, dass die Besetzung der Referentenstelle mit dem Beigeladenen zu 2. vermutlich während der Einarbeitungszeit mit gewissen Reibungsverlusten verbunden sein wird, stellt keine nachhaltige Beeinträchtigung der Arbeit der Antragstellerin dar, sondern ist typische und vorübergehende Folge jeden Personalwechsels. Ebenso wenig ist ein die schutzwürdigen Interessen der Antragstellerin missachtendes Verhalten des Antragsgegners mit der Behauptung dargetan, die vorgenommene Stellenbesetzung beruhe auf einem fehlerhaften Auswahlverfahren. Das von der Antragstellerin pauschal in Anspruch genommene Recht, etwaige Rechtsverstöße im Personalauswahlverfahren mit der zwingenden Folge einer Wiederholung der Auswahlentscheidung rügen zu können, lässt sich aus dem hier in in Betracht kommenden Anspruch auf selbstverwaltungsfreundliches Verhalten nicht ableiten.

Bleibt die Beschwerde damit schon mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs für die begehrte einstweilige Anordnung erfolglos, bedarf das Vorliegen eines Anordnungsgrundes keiner weiteren Erörterung. Es kann daher offen bleiben, ob auch die Antragstellerin - wie ein Mitbewerber im Konkurrentenstreit - die Notwendigkeit einer einstweiligen Regelung mit dem Hinweis begründen kann, mit der in Aussicht genommenen Beförderung des Beigeladenen zu 2. auf der ihm zugewiesenen Referentenstelle werde die streitbefangene Personalmaßnahme weiter verfestigt.



Ende der Entscheidung

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