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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 27.07.2009
Aktenzeichen: 8 B 933/09
Rechtsgebiete: VwGO, BimSchG, 35. BimSchV


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 80 Abs. 1
VwGO § 123 Abs. 1
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 3
BimSchG § 40 Abs. 1 Satz 1
35. BimSchV § 1 Abs. 2
35. BimSchV § 2 Abs. 3
1. Eine Antragsänderung im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 VwGO ist analog § 91 Abs. 1 VwGO als sachdienlich zuzulassen, wenn sie das Beschwerdegericht nicht mit einem vollständig neuen Streitstoff konfrontiert und darüber hinaus geeignet ist, den sachlichen Streit zwischen den Beteiligten im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes endgültig auszuräumen.

2. Mit der Bestimmung des § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV hat der Verordnungsgeber die Befugnis geschaffen, im Einzelfall weitere Ausnahmen von Verkehrsverboten i.S.d. § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG als nach § 40 Abs. 1 Satz 2 BImSchG und aufgrund von § 40 Abs. 3 Satz 1 BImSchG zuzulassen, um auf nicht vorhersehbare Härtefälle angemessen reagieren zu können.

3. Die Belastung eines Bewohners einer Umweltzone, ein nicht plakettenfähiges Fahrzeug innerhalb der Umweltzone nicht benutzen zu dürfen, stellt sich trotz der nicht zu verkennenden etwaigen harten Folgen grundsätzlich als zum Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit erforderlich dar.


Tatbestand:

Der Antragsteller wohnt innerhalb einer Umweltzone, die er mit seinem Pkw vom Typ Baimler-Benz 200 D ab dem 1. Oktober 2009 nicht befahren darf. Seinen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung lehnte der Antragsgegner ab. In der beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung wies der Antragsgegner darauf hin, einstweiliger Rechtsschutz gegen die Versagungsentscheidung sei über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zu suchen. Daraufhin beantragte der anwaltlich vertretene Antragsteller beim VG, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Ablehnungsbescheid wiederherzustellen. Zur Begründung führte er aus, er habe einen Anspruch auf die beantragte Ausnahmegenehmigung, weil sein Pkw sich in einem sehr guten Erhaltungszustand befinde und in wenigen Jahren als Oldtimer zum Befahren der Umweltzone berechtigt sei. Außerdem sei ihm ein Grad der Behinderung von 70 % - wenn auch bisher ohne Merkzeichen - zuerkannt worden. Das VG lehnte den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO als unzulässig ab. Eine Umdeutung dieses von einem Rechtsanwalt ausdrücklich formulierten Antrags in einen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO sei nicht möglich. Allerdings hätte ein Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs auch keine Aussicht auf Erfolg. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers hatte keinen Erfolg.

Gründe:

I. Die Beschwerde ist zulässig.

Der - entsprechend der dem Versagungsbescheid vom 30.4.2009 beigefügten, unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung - erstinstanzlich gestellte Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO kann in einen - offensichtlich sachdienlichen - Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO umgedeutet werden.

Vgl. zur Umdeutung eines anwaltlich gestellten

Antrags: BVerfG, Beschluss vom 16.3.1999 - 2 BvR 2131/95 -, DVBl. 1999, 1204 = juris Rn. 26; BayVGH, Beschluss vom 15.11.2002 - 10 CE 02.1467 -, juris Rn. 7; OVG Berlin, Beschluss vom 12.5.2003 - 3 S 22.02 -, juris Rn. 7; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 88 Rn. 3; Ortloff/Riese, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 88 Rn. 16.

Ungeachtet dessen ist die Antragsänderung im Beschwerdeverfahren entsprechend § 91 Abs. 1 VwGO zulässig.

Zwar ist eine Beschwerde mit einem Antrag, der - wie hier nach seiner Wortlautfassung - in erster Instanz nicht gestellt und daher vom VG in dem angefochtenen Beschluss nicht (formal) beschieden wurde, prinzipiell unzulässig. Denn eine Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie die Gründe darlegt, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzt (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Aus diesem Grund ist im Beschwerdeverfahren für einen in erster Instanz nicht gestellten, allein im Wege einer Antragsänderung entsprechend § 91 Abs. 1 VwGO zu verfolgenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung grundsätzlich kein Raum, weil das Beschwerdeverfahren ausschließlich der rechtlichen Überprüfung der auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO gerichteten erstinstanzlichen Entscheidung dient.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25.7.2002 - 18 B 1136/02 -, NVwZ-RR 2003, 72 = juris Rn. 7; OVG Berlin, Beschluss vom 26.11.2003 - 6 S 343.03 -, juris Rn. 3; OVG Berlin-Abg., Beschluss vom 14.9.2007 - 9 S 29.07 -, juris Rn. 6; HessVGH, Beschluss vom 9.1.2008 - 1 TG 2464/07 -, juris Rn. 3.

Allerdings ist die Möglichkeit der Änderung des Streitgegenstands bei einer Beschwerde nach § 146 Abs. 4 VwGO in entsprechender Anwendung des § 91 Abs. 1 VwGO nicht generell zu verneinen. Es sind Fallgestaltungen vorstellbar, in denen es dem gesetzgeberischen Ziel, Streitfälle schnellstmöglich einer rechtskräftigen Entscheidung zuzuführen, im Ergebnis zuwiderlaufen würde, falls ein neues Begehren selbst dann nicht mehr im Beschwerdeverfahren berücksichtigt werden könnte, wenn sich hierdurch keine ins Gewicht fallende Mehrbelastung für das Rechtsmittelgericht ergibt, und die Beteiligten stattdessen auf einen gesondert anzustrengenden Rechtsstreit verwiesen werden müssten. Eine Antragsänderung im Beschwerdeverfahren ist daher analog § 91 Abs. 1 VwGO als sachdienlich zuzulassen, wenn sie das Beschwerdegericht nicht mit einem vollständig neuen Streitstoff konfrontiert und darüber hinaus dazu geeignet ist, den sachlichen Streit zwischen den Beteiligten im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes endgültig auszuräumen.

Vgl. BayVGH, Beschlüsse vom 9.6.2005 - 11 CS 05.478 -, juris Rn. 41, und vom 23.10.2006 - 15 CE 06.2064 -, juris Rn. 17; Guckelberger, in: Sodan/ Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 146 Rn. 93; Schmid, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 91 Rn. 4; Happ, in: Eyermann/Fröhler, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 146 Rn. 25.

Das ist hier der Fall. Das beschließende Gericht wird durch die Antragsänderung nicht mit einem neuen Streitstoff konfrontiert. Das VG hat sich in der Sache eingehend mit den Erfolgsaussichten eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung befasst. Dies ermöglicht es dem Antragsteller, sich mit diesem Begründungsteil des angefochtenen Beschlusses auseinander zu setzen und so auch den Prüfungsumfang für das Beschwerdegericht festzulegen. Die Antragsänderung ist auch zur endgültigen Streitbeilegung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren geeignet.

II. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellt den angefochtenen Beschluss des VG nicht in Frage.

Das VG hat für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keine Erfolgsaussichten gesehen, weil der Antragsteller nicht gemäß § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht habe, dass er ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung in unzumutbarer Weise belastet und im Hauptsacheverfahren bei Anlegen eines strengen Maßstabs voraussichtlich obsiegen werde.

Die dagegen erhobenen Einwände des Antragstellers greifen nicht durch.

1. Ohne Erfolg wendet der Antragsteller ein, die Versagung der Ausnahmegenehmigung sei unverhältnismäßig, weil er durch sie gezwungen werde, seinen besonders gut erhaltenen Pkw zu veräußern oder für wenige Jahre anderweitig unterzustellen, obwohl er ihn im Jahre 2014 als Oldtimer anmelden und dann auch an seinem Wohnort innerhalb der Umweltzone wieder nutzen könne. Mit diesem Vorbringen macht der Antragsteller schon das für den Erlass einer einstweiligen Anordnung notwendige Bestehen eines die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigenden Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft.

Die Erteilung der begehrten Ausnahmegenehmigung richtet sich - wie vom VG ausgeführt - nach § 1 Abs. 2 der 35. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung - 35. BImSchV) vom 10.10.2006 (BGBl. I S. 2218), zuletzt geändert durch Verordnung vom 5.10.2007 (BGBl. I S. 2793).

Der Verordnungsgeber hat mit dieser Bestimmung die Befugnis geschaffen, im Einzelfall weitere Ausnahmen von Verkehrsverboten i.S.d. § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG als nach § 40 Abs. 1 Satz 2 BImSchG und aufgrund von § 40 Abs. 3 Satz 1 BImSchG zuzulassen, um auf nicht vorhersehbare Härtefälle angemessen reagieren zu können.

Vgl. die amtliche Begründung der Bundesregierung zur 35. BImSchV, BR-Drs. 162/06, S. 23; siehe dazu außerdem Klinger, NVwZ 2007, 785, 786.

Einen solchen nicht vorhersehbaren Härtefall, der ein überwiegendes und unaufschiebbares Interesse an der Zulassung einer Ausnahme i.S.v. § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV begründet, legt der Antragsteller mit seinem auf das Alter und den Erhaltungszustand seines Kraftfahrzeugs bezogenen Vorbringen nicht dar.

Im Rahmen des ihm zukommenden Gestaltungsspielraums, vgl. dazu Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, BImSchG, § 40 Rn. 29 und 31; Jarass, BImSchG, 7. Aufl. 2007, § 40 Rn. 29, hat der Verordnungsgeber in § 2 Abs. 3 der 35. BImSchV Kraftfahrzeuge, die in Anhang 3 zur 35. BImSchV aufgeführt sind, von den Verkehrsverboten nach § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG auch dann ausgenommen, wenn sie nicht gemäß § 2 Abs. 1 der 35. BImSchV mit einer Plakette gekennzeichnet sind. In Nr. 10 des Anhangs 3 zur 35. BImSchV werden als von den Verkehrsverboten nach § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG ausgenommene Kraftfahrzeuge Oldtimer (gemäß § 2 Nr. 22 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung - FZV) genannt, die ein Kennzeichen nach § 9 Abs. 1 FZV oder § 17 FZV führen.

Der Verordnungsgeber hat damit entschieden, eine bestimmte Gruppe älterer Kraftfahrzeuge unter bestimmten Voraussetzungen von den Verkehrsverboten nach § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG generell auszunehmen, andere ältere Kraftfahrzeuge, die (noch) nicht unter den Oldtimerbegriff des § 2 Nr. 22 FZV fallen, hingegen nicht. Mit Blick auf diese Wertung lässt sich ein überwiegendes und unaufschiebbares privates Interesse i.S.v. § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV an einer Ausnahme im Einzelfall nicht daraus herleiten, ein Kraftfahrzeug werde in einigen Jahren womöglich unter die Ausnahmeregelung der Nr. 10 des Anhangs 3 zur 35. BImSchV fallen. Bei einer solchen Situation handelt es sich nach der Systematik der 35. BImSchV gerade nicht um einen unvorhersehbaren Härtefall, der über die Erteilung einer Ausnahme gemäß § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV abgemildert werden soll.

Ein anderes Verständnis würde zudem einen weiten Ausnahmebereich von den Verkehrsverboten nach § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG eröffnen und damit die Zielsetzung der Norm konterkarieren, die in den Luftreinhalteplänen nach § 47 Abs. 1 BImSchG vorgesehenen Maßnahmen im Bereich des Straßenverkehrs umsetzen und damit (mittelbar) die Grenzwerte und Alarmschwellenwerte des EG-Luftqualitätsrechts durchsetzen zu können.

Vgl. dazu Scheidler, in: Feldhaus, BImSchR, Band 1, Teil II, § 40 BImSchG Rn. 11 und 13; Jarass, BImSchG, 7. Aufl. 2007, § 40 Rn. 1.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Belastung eines Bewohners einer Umweltzone, ein nicht plakettenfähiges Fahrzeug innerhalb einer Umweltzone nicht benutzen zu dürfen, trotz der nicht zu verkennenden etwaigen harten Folgen grundsätzlich als zum Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit erforderlich dar.

Vgl. Klinger, NVwZ 2007, 785, 787.

Im Fall des Antragstellers kann aus in dem Alter und der Beschaffenheit seines Kraftfahrzeugs liegenden Gründen nichts anderes gelten.

2. Im Anschluss an das Vorstehende ergibt sich ein Anordnungsanspruch auch nicht aus dem Vorbringen, eine Ausnahmegenehmigung könne unter bestimmten "Bedingungen", die dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung trügen, wie der Vorlage eines Gutachtens zur Erhaltungswürdigkeit des Fahrzeugs und einer Fahrtenbuchauflage, erteilt werden. Da kein überwiegendes und unaufschiebbares Interesse des Antragstellers an der Zulassung einer Ausnahme von dem Verkehrsverbot des § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG aufgrund des Alters und Erhaltungszustands seines Kraftfahrzeugs gegeben ist, stellt sich die Frage nicht, mit welchen Maßgaben eine Ausnahmegenehmigung gegebenenfalls erteilt werden könnte. Aus demselben Grund können die Einwände der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, dass das Fahrzeug - sollte eine Ausnahmegenehmigung unter den von dem Antragsteller angeregten "Bedingungen" erteilt werden - nicht relevant zur Beeinträchtigung der Luftqualität beitragen würde und dass der Neuerwerb eines Kraftfahrzeugs in der Gesamtbilanz zu einer stärkeren Umweltbelastung führen würde.

3. Das erforderliche überwiegende und unaufschiebbare Privatinteresse i.S.v. § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV legt der Antragsteller auch mit dem Hinweis auf eine wegen seiner Schwerbehinderung bestehende "Sondersituation" nicht dar. Auch insofern liegt kein unvorhergesehener Härtefall vor, dem mit der Zulassung einer Ausnahme im Einzelfall abgeholfen werden müsste.

Gemäß Nr. 6 des Anhangs 3 zur 35. BImSchV sind auch Kraftfahrzeuge, mit denen Personen fahren oder gefahren werden, die außergewöhnlich gehbehindert, hilflos oder blind sind und dies durch die nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Schwerbehindertenausweisverordnung im Schwerbehindertenausweis eingetragenen Merkzeichen "aG", "H" oder "Bl" nachweisen können, von den Verkehrsverboten nach § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG ausgenommen. Diese Wertung ist bei der Interpretation des § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV zu berücksichtigen. Der Verordnungsgeber hat einen besonderen Härtefall wegen einer Schwerbehinderung, der eine (generelle) Ausnahme von einem Verkehrsverbot nach § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG rechtfertigt, nur zugunsten einer der vorgenannten Personengruppen anerkannt. Sollte eine Schwerbehinderung, die keines der aufgeführten Merkmale aufweist, mit Blick darauf überhaupt im Einzelfall zu einer Ausnahme gemäß § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV führen können, muss sie in ihrem Beeinträchtigungsgrad einer Behinderung der in Nr. 6 des Anhangs 3 zur 35. BImSchV genannten Art annähernd gleichzuachten sein.

Dies kommt auch in Ziffer 11.3.1 I.1 des Luftreinhalteplans Ruhrgebiet - Teilplan "Ruhrgebiet Nord" - (dort S. 213) zum Ausdruck, der die nach § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV zugelassenen Ausnahmen konkretisiert.

Vgl. zur Rechtsnatur eines Luftreinhalteplans: BVerwG, Beschluss vom 29.3.2007 - 7 C 9.06 -, BVerwGE 128, 278 = NVwZ 2007, 695 = juris Rn. 27.

Danach werden neben den in Anhang 3 zur 35. BImSchV aufgeführten Maschinen, Geräten und Kraftfahrzeugen auch Kraftfahrzeuge bestimmter Gruppen schwerbehinderter Menschen, die die Voraussetzungen der Runderlasse - VI B 3-78-12/6 - des damaligen Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr vom 4.9.2001 und 12.2.2002 über eine "Parkerleichterung für schwerbehinderte Menschen außerhalb der "aG"-Regelung" vom Verkehrsverbot in den Umweltzonen des Luftreinhalteplans Ruhrgebiet befreit. Der Runderlass begünstigt unter anderem Gehbehinderte mit dem Merkzeichen "G", sofern die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" nur knapp verfehlt wurden (anerkannter Grad der Behinderung mindestens 70 % und maximaler Aktionsradius ca. 100 m).

Entgegen der Annahme des Antragstellers reicht damit die Zuerkennung eines Grads der Behinderung von 70 % für sich genommen nicht aus, um über § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV eine Ausnahme von dem Verkehrsverbot des § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG erreichen zu können. Aus dem Beschwerdevortrag ergibt sich auch nicht, dass der Antragsteller innerhalb der Umweltzone infolge stark eingeschränkter Mobilität, die einer außergewöhnlichen Gehbehinderung gleichzuachten wäre, für alltägliche Verrichtungen wie Einkäufe etc. zwingend auf sein Kraftfahrzeug angewiesen ist.

Ende der Entscheidung

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