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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 08.06.2005
Aktenzeichen: 8 E 283/05
Rechtsgebiete: IFG NRW, GVG


Vorschriften:

IFG NRW § 2
IFG NRW § 4
GVG § 17 a
Für Klagen auf Erteilung von Auskünften nach § 4 Abs. 1 IFG NRW ist der Verwaltungsrechtsweg auch dann eröffnet, wenn der Anspruch gegenüber einer natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts geltend gemacht wird. Ob diese zum Kreis der nach § 2 Abs. 4 IFG NRW Anspruchsverpflichteten zählt, ist eine Frage der Begründetheit des geltend gemachten Anspruchs.
Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten, einer Aktiengesellschaft, die Erteilung von Auskünften und die Aushändigung von Unterlagen über Vorgänge im Zusammenhang mit dem Ausbau einer Verkehrsanlage und deren öffentlicher Förderung. Zur Begründung dieses Begehrens beruft er sich auf einen Anspruch auf Informationszugang nach dem Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen (IFG NRW) vom 27.11.2001 (GV. NRW. S. 806).

Das VG hat mit dem angefochtenen Beschluss den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit gemäß § 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG an das Landgericht X. verwiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Klägers hatte Erfolg.

Gründe:

Die vom VG angenommenen Voraussetzungen für eine Verweisung des Verfahrens an die Zivilgerichtsbarkeit sind nicht erfüllt. Der vorliegende Rechtsstreit ist eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit (nichtverfassungsrechtlicher Art) im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn - wie hier - eine ausdrückliche gesetzliche Rechtswegzuweisung fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der geltend gemachte Anspruch hergeleitet wird.

Vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 10.4.1986 - GmS-OGB 1/85 -, BVerwGE 74, 369, m.w.N.; OVG NRW, Beschlüsse vom 30.6.2000 - 21 E 472/00 -, NWVBl. 2001, 19, vom 11.5.2004 - 8 E 379/04 - und vom 25.5.2004 - 21 E 62/04 -, BauR 2004, 1750 = NVwZ-RR 2004, 776, jeweils m.w.N.

Öffentlich-rechtlich sind danach Streitigkeiten, wenn sie sich als Folge eines Sachverhalts darstellen, der nach öffentlichem Recht zu beurteilen ist. Der Charakter des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses bemisst sich nach dem erkennbaren Ziel des Rechtsschutzbegehrens und des zu seiner Begründung vorgetragenen Sachverhalts. Maßgeblich ist allein die tatsächliche Natur des Rechtsverhältnisses, nicht dagegen die rechtliche Einordnung des geltend gemachten Anspruchs durch den Kläger selbst.

Vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 19.5.1994 - 5 C 33.91 -, BVerwGE 96, 71 = NJW 1994, 2968; OVG NRW, Beschlüsse vom 30.6.2000 - 21 E 472/00 -, a.a.O., vom 11.5.2004 - 8 E 379/04 - und vom 25.5.2004 - 21 E 62/04 -, a.a.O.

Ausgehend hiervon ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben, weil die für das Rechtsschutzbegehren des Klägers in Betracht kommende Anspruchsgrundlage dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist.

Der Kläger stützt die geltend gemachten Ansprüche auf Erteilung von Auskünften und Aushändigung von Unterlagen - allein - auf § 4 Abs. 1 IFG NRW. Danach hat jede natürliche Person nach Maßgabe des Informationsfreiheitsgesetzes NRW gegenüber den in § 2 IFG NRW genannten Stellen Anspruch auf Zugang zu den bei der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen.

§ 4 Abs. 1 IFG NRW stellt eine dem öffentlichen Recht zuzuordnende Anspruchsgrundlage dar, weil diese Vorschrift allein eine einseitige Verpflichtung von Trägern staatlicher Gewalt begründet.

Anspruchsverpflichtet sind nach § 4 Abs. 1 IFG NRW die in § 2 IFG NRW genannten Stellen. Diese sind sämtlich Träger staatlicher Gewalt.

Für die in § 2 Abs. 1 Satz 1 IFG NRW genannten öffentlichen Stellen, nämlich Behörden, Einrichtungen und sonstige öffentliche Stellen des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts und deren Vereinigungen, liegt dies ohne Weiteres auf der Hand.

Nichts anderes gilt aber für die in § 2 Abs. 4 IFG NRW als Anspruchsverpflichtete angesprochenen natürlichen und juristischen Personen des Privatrechts. Denn § 4 Abs. 1 IFG NRW begründet für diese privatrechtlichen Personen nur insoweit eine Anspruchsverpflichtung, als sie öffentlich-rechtliche Aufgaben wahrnehmen. Bei der Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Aufgaben werden aber auch natürliche und juristische Personen des Privatrechts als Träger staatlicher Gewalt tätig.

Dass die Vorschrift, auf die der Kläger seinen Anspruch stützt, eine dem öffentlichen Recht zuzuordnende Anspruchsgrundlage darstellt, reicht für die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweg aus. Entgegen der Auffassung des VG ist es nicht erforderlich, dass "zumindest ein Verfahrensbeteiligter ... eine Behörde oder eine mit hoheitlichen Befugnissen versehene sonstige Stelle sein" muss. Entscheidend für die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweg ist vielmehr allein, dass die vom jeweiligen Kläger geltend gemachte Anspruchsgrundlage eine einseitige Verpflichtung von Trägern staatlicher Gewalt begründet und deshalb öffentlich-rechtlicher Natur ist. Ob der jeweilige Beklagte tatsächlich ein Träger staatlicher Gewalt ist, ist vielmehr allein eine Frage der Begründetheit der Klage. Das bedeutet für den vorliegend in Rede stehenden Fall, dass die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs nicht mit der Begründung verneint werden kann, die Beklagte sei als Aktiengesellschaft eine juristische Person des Privatrechts. Vielmehr stellt es eine Frage der Begründetheit der - von den Verwaltungsgerichten zu entscheidenden - Klage dar, ob die Beklagte zu dem in § 2 Abs. 4 IFG NRW genannten Kreis der Anspruchsverpflichteten zu zählen ist.

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