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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 18.08.2009
Aktenzeichen: 9 A 1497/08
Rechtsgebiete: GG, WasEG
Vorschriften:
GG Art. 3 | |
WasEG § 8 |
Es widerspricht Art. 3 GG nicht, dass Verbandsbeiträge - anders als Aufwendungen im Rahmen freiwilliger Kooperationsvereinbarungen mit der Landwirtschaft oder einer Landwirtschaftskammer - nicht nach § 8 WasEG mit dem Wasserentnahmeentgelt verrechnet werden können.
Tatbestand:
Die Klägerin ist kraft Gesetzes Mitglied eines Wasserverbandes und entnimmt als öffentlicher Wasserversorger u. a. Grundwasser. Bei der Festsetzung des Wasserentnahmeentgelts für das Jahr 2004 setzte die Beklagte die von der Klägerin an den Wasserverband geleisteten Beiträge nicht ab. Das VG wies die Klage ab. Die Berufung hatte keinen Erfolg.
Gründe:
Die Heranziehung der Klägerin zur Vorauszahlung eines Wasserentnahme-entgeltes für das Veranlagungsjahr 2004 ist in Grund und Höhe gerechtfertigt. Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides sind §§ 6 Abs. 1 und 2, 1 Abs. 1, 2, 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 WasEG. Die Erhebung eines Wasserentnahme-entgelts im Land Nordrhein-Westfalen ist verfassungsgemäß.
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 16.10.2008 - 9 A 974/06 -, NVwZ-RR 2009, 236, - 9 A 3694/06 -, RdL 2009, 40, und 9 A 1385/08 -, NWVBl. 2009, 157; BVerwG, Beschluss vom 13.6.2009 - 9 B 2.09 -, juris.
Gegen diese grundsätzliche Einordnung des Wasserentnahmeentgelts in das finanzverfassungsrechtliche System hat die Klägerin auch in ihrer Berufungsbegründung keine neuen, durchgreifenden Einwände vorgebracht, sodass der Senat unter Anknüpfung an die BVerfGliche Judikatur an seiner Rechtsprechung festhält. Die Gegenleistungsabhängigkeit des Wasserentnahme-entgelts vermag die Klägerin auch im konkreten Fall nicht dadurch mit Erfolg in Frage zu stellen, dass sie auf die umfangreichen Tätigkeiten des Wasserverbandes verweist (vgl. § 2 RuhrVG). Unabhängig davon, um welche Tätigkeiten es sich im Einzelnen handelt, wird der Klägerin mit dem Wasserentnahmerecht eine individuelle Leistung zugewandt. Ihr wird die Möglichkeit zur Nutzung des Wassers eröffnet, die nach den bestehenden Vorschriften weitgehend dem zulassungsfreien Gemeingebrauch entzogen ist. Der hiermit verbundene Sondervorteil darf zulässigerweise abgeschöpft werden. Diese Fragen sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt.
Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 7.11.1995 - 2 BvR 413/88, 2 BvR 1300/93 -, BVerfGE 93, 319, und 18.12.2002 - 2 BvR 591/95 -, NVwZ 2003, 467, für entsprechende Regelungen im Baden-Württembergischen Wassergesetz, Hessischen Grundwasserabgabengesetz und Grundwasserabgabengesetz für Schleswig-Holstein; an diese Rechtsprechung anknüpfend BVerwG, Urteil vom 28.06.2007 - 7 C 3.07 -, NuR 2007, 611; Beschluss vom 13.6.2009 - 9 B 2.09 -, a. a. O.
Dass es - nach dem Vortrag der Klägerin - weiterer, erst durch die Tätigkeit des Wasserverbandes erfolgender Schritte bedarf, um Wasser aus der Ruhr überhaupt und in der erforderlichen Qualität zur Entnahme zur Verfügung zu stellen, ändert weder etwas an dem Allgemeingutcharakter der Ressource Wasser noch mindert oder schließt es den in der Entnahme und der nachfolgenden Nutzungsmöglichkeit liegenden Sondervorteil aus. Knappe natürliche Ressourcen, wie das Wasser, sind Güter der Allgemeinheit. Wird Einzelnen die Nutzung einer solchen, der Bewirtschaftung unterliegenden Ressource eröffnet, wird ihnen die Teilhabe an einem Gut der Allgemeinheit verschafft. Sie erhalten einen Sondervorteil gegenüber all denen, die das betreffende Gut nicht oder nicht im gleichen Umfang nutzen dürfen.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.11.1995 - 2 BvR 413/88, 2 BvR 1300/93 -, a. a. O.
Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Wasserentnahmeentgelt-gesetzes sind auch nicht unter dem von der Klägerin thematisierten Aspekt gerechtfertigt, die Veranlagung von Verbandsmitgliedern zum Wasserentnahme-entgelt führe zu einer im Lichte des Art. 3 Abs. 1 GG unzulässigen Doppelbelastung.
Vgl. zur abgabenrechtlichen Doppelbelastung, die gegen den Gleichheitssatz verstoßen kann, BVerwG, Urteil vom 26.2.1992 - 8 C 70.89 -, NVwZ 1992, 668.
Dass dem im Fall der Verbandsmitglieder nicht so ist, hat bereits das VG umfassend und zutreffend ausgeführt (vgl. § 6 Abs. 1 RuhrVG). Der Wasserverbandsbeitrag (s. § 26 RuhrVG) legitimiert sich mit Blick auf die Leistung des Wasserverbandes, welche die Wasserentnahme abstrakt ermöglicht; das Wasserentnahmeentgelt schöpft den in der Entnahme des Allgemeinguts "Wasser" liegenden konkreten Sondervorteil ab.
Es trifft schließlich auch nicht zu, dass der Verbandsbeitrag aufgrund seines Vorteilsabschöpfungscharakters ein Wasserentnahmeentgelt im Sinne des BVerfGlichen Verständnisses ist. Ein Wasserentnahmeentgelt knüpft an die konkrete Inanspruchnahme einer Leistung an. Ein Beitrag hingegen wird für die Bereitstellung einer Leistung unabhängig von ihrer tatsächlichen Inanspruchnahme erhoben.
Vgl. BVerfG, Urteil vom 6.7.2005 - 2 BvR 2335/95, 2 BvR 2391/95 -, BVerfGE 113, 128.
Der Verbandsbeitrag ist ein Beitrag in diesem Sinne. Die Mitglieder des Verbandes haben diesem die Beiträge zu leisten, die zur Erfüllung seiner Aufgaben und Pflichten, seiner Verbindlichkeiten und zu einer ordentlichen Haushalts- oder Wirtschaftsführung erforderlich sind, soweit andere Einnahmen zur Deckung der Ausgaben des Verbandes nicht ausreichen (§ 25 Abs. 1 RuhrVG). Zwar stellt § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RuhrVG auf die Entnahme ab; dies betrifft aber nur die Frage der Mitgliedschaft im Wasserverband. Die Anknüpfung der Beitragsberechnung an den Volumenstrom des von den Mitgliedern gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RuhrVG entnommenen Wassers dient wiederum lediglich der sachgerechten Verteilung der Beitragslast im Verhältnis der Verbandsmitglieder untereinander (§ 26 Abs. 1 Satz 1 RuhrVG). Sie ändert nichts daran, dass bereits die Bereitstellung der Leistung die Beitragspflicht auslöst. So stellt § 26 Abs. 3 Satz 3 RuhrVG klar, dass sich die Berechnung der Beiträge u. a. nach dem Maß des Interesses an der regelmäßigen Zuführung reinen Wassers bemisst.
Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt auch insoweit nicht vor, als § 8 WasEG keine Verrechnungsmöglichkeit mit dem von der Klägerin geleisteten Wasserverbandsbeitrag eröffnet. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 WasEG können die im Veranlagungsjahr entstandenen Aufwendungen mit dem für dieses Veranlagungsjahr festgesetzten Wasserentnahmeentgelt verrechnet werden, die ein Entgeltpflichtiger als öffentlich-rechtliche Körperschaft oder Unternehmen der öffentlichen Wasserversorgung auf Grund einer vertraglich vereinbarten Kooperation mit der Landwirtschaft oder einer Landwirtschaftskammer für Maßnahmen zum Schutze des entnommenen Rohwassers erbracht hat. In der Begründung zum Gesetzentwurf zu § 8 WasEG (LT-Drs. 13/4528, S. 31) ist ausgeführt:
"§ 8 sieht eine Verrechnungsmöglichkeit für den Fall vor, dass ein Unternehmen der öffentlichen Wasserversorgung sich verpflichtet hat, auf der Basis des in NRW praktizierten Kooperationsmodells Aufwendungen zu tätigen, die dem Gewässerschutz zu Gute kommen. Dieses Modell verfolgt das Ziel einer gewässerschonenden Landbewirtschaftung sowohl mit freiwilligen Zielvereinbarungen als auch mit einem angepassten ordnungsrechtlichen Rahmen. Die sich auf Seiten der Wasserversorgungsunternehmen ergebenden finanziellen Belastungen umfassen zum weitaus überwiegenden Teil die Finanzierung der bei den Landwirtschaftskammern angesiedelten Wasserschutzberatern. Diese jeweils im Veranlagungsjahr getätigten Aufwendungen sollen verrechnungsfähig sein."
Die Begünstigung von Wasserversorgern, die sich zu solchen freiwilligen Vereinbarungen entschließen, im Gegensatz zu solchen, die als gesetzliche Mitglieder eines Wasserverbandes Beiträge zu entrichten haben, ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Bei der Entscheidung, welche Aufwendungen zum Schutze der Ressource "Wasser" mittels eines Verzichts auf die entsprechende Erhebung eines Wasserentnahmeentgelts, d. h. im Ergebnis durch eine finanzielle Zuwendung des Staates, gefördert werden sollen, ist der Gesetzgeber weitgehend frei. Zwar darf der Staat seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten verteilen. Subventionen müssen sich gemeinwohlbezogen rechtfertigen lassen, sollen sie vor dem Gleichheitssatz Bestand haben.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.11.1995 - 2 BvR 413/88 u. a.-, a. a. O.
Für eine Überschreitung dieses Gestaltungsspielraums des Landesgesetzgebers ist aber nichts ersichtlich. Es wird insbesondere dem Lenkungszweck des Gesetzes in besonderem Maße gerecht, wenn im Rahmen der Kooperation in der Landwirtschaft finanzielle Anreize zu freiwilligen Leistungen zugunsten des Gewässerschutzes gesetzt werden. Gegenüber der gesetzlich auferlegten Pflichtleistung an den Wasserverband greifen diese Erwägungen nicht in vergleichbarer Weise. Selbst wenn der Vortrag der Klägerin zuträfe, dass der Wasserverband überobligatorische (sprich: freiwillige) Leistungen erbringt, die sich in Höhe von 6% im von ihr an diesen zu entrichtenden Beitrag niederschlagen, ändert dies nichts an ihrer Zwangsmitgliedschaft im Wasserverband und der hieran anknüpfenden gesetzlichen Beitragsverpflichtung. Im vorliegenden Zusammenhang unerheblich ist die Frage, ob der vom Wasserverband verlangte Beitrag in seiner Höhe rechtmäßig ist. Soweit die Klägerin hierzu rechtliche Bedenken geäußert hat, obliegt es ihr, dies ggf. in einem Verfahren gegenüber dem Wasserverband geltend zu machen.
Ein weiterer sachlicher Grund für die Subventionsentscheidung liegt in Folgendem: Die in § 8 WasEG vorgesehene Begünstigung dient unmittelbar dem Schutz des Rohwassers. Durch die Kooperationsmaßnahmen mit der Landwirtschaft oder Landwirtschaftskammer, die insbesondere in einer Beratungstätigkeit der Landwirte bestehen, soll vor allem die Verschmutzung des Grund- und Oberflächenwassers durch landwirtschaftliche Düngemaßnahmen verhindert werden. Dagegen setzt die Tätigkeit des Wasserverbands (u. a.) an der Verbesserung der Qualität des vorhandenen Wassers an. Dass für die Beitragszahlung an einen Wasserverband dementsprechend nicht gleichermaßen eine Verrechnungsmöglichkeit mit dem Wasserentnahmeentgelt eröffnet wird, ist daher eine sachlich veranlasste politische Gestaltungsentscheidung des Gesetzgebers, die sich einer weitergehenden gerichtlichen Kontrolle entzieht.
Soweit die Klägerin vorträgt, im Gesetzgebungsverfahren sei von den Interessenverbänden frühzeitig auf die vermeintlich doppelte Belastung von Wasserverbandsmitgliedern hingewiesen worden, vgl. Zuschriften der Gelsenwasser AG vom 12.12.2003 - 13/3486 -, S. 3 f., der Arbeitsgemeinschaft Trinkwassertalsperren e. V. vom 11.12.2003 - 13/3489 -, S. 1 f., des Bundesverbandes der Deutschen Industrie e. V. vom 15.12.2003 - 13/3494 -, S. 5, Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr vom 15.12.2003 - 13/3501 -, Bundesverbandes der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft vom 15.12.2003 - 13/3502 -, S. 2, 4 f.; sowie MUNLV, Ergebnisse der Anhörung zum Entwurf des WasEG vom 30.10.2003 - IV-7/IV-8/VII-6 -, S. 6 f., ist dies für das Verständnis der Ausnahmebestimmung des § 8 WasEG allenfalls in dem Sinne aufschlussreich, dass der Gesetzgeber, dem die Problematik offensichtlich bekannt war, für diese Fälle eine Begünstigung gerade nicht vorsehen wollte. Jedenfalls erlaubt dieser Befund nicht den Rückschluss, dass dem Gesetzgeber ein Versehen unterlaufen ist. Doch selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, sieht der Senat keinen rechtlichen Ansatz, der unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten auf eine Verfassungswidrigkeit des Gesetzes schließen ließe. Für die vom Gesetzgeber in § 8 WasEG vorgesehene Begünstigung besteht - wie ausgeführt - ein sachlicher Grund.
Ende der Entscheidung
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