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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 29.04.2003
Aktenzeichen: 9 A 183/01
Rechtsgebiete: AGT zur AVwGebO Tarifstelle, 26. BImSchV, BImSchG


Vorschriften:

AGT zur AVwGebO Tarifstelle 15a.3.15.1
26. BImSchV § 7
BImSchG § 52 Abs. 2
Die Überprüfung einer Anzeige nach § 7 der 26. BImSchV stellt eine dem Betreiber zurechenbare gebührenpflichtige Amtshandlung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GebG NRW dar.
Tenor:

Die Klägerin betreibt Mobilfunkbasisstationen. Sie zeigte dem Beklagten die Inbetriebnahme von 6 Anlagen gemäß § 7 der 26. BImSchV an. Für die Prüfung der Anzeigen verlangte der Beklagte Verwaltungsgebühren nach Tarifstelle 15a.3.15.1 AGT zur AVwGebO. Nach erfolglosem Vorverfahren erhob die Klägerin Klage, die das VG abwies. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wurde zurückgewiesen.

Gründe:

Das VG hat zu Recht angenommen, dass die Überprüfung einer Anzeige nach § 7 der 26. BImSchV eine dem Betreiber zurechenbare Amtshandlung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GebG NRW in der Fassung vom 19.3.1985, GV. NRW. S. 256, (GebG a.F.) darstellt.

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GebG a.F. werden Verwaltungsgebühren als Gegenleistung für die besondere öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit (Amtshandlung) einer Behörde des Landes, der Gemeinden, der Gemeindeverbände und der sonstigen unter Aufsicht des Landes stehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts erhoben. Die Erhebung einer Verwaltungsgebühr setzt damit eine besondere öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit voraus, die im Rahmen einer konkret-individuellen Sonderrechtsbeziehung erfolgt, die den von der Amtshandlung Betroffenen aus der Allgemeinheit heraushebt und die ihn damit als Zurechnungssubjekt für die Amtshandlung bestimmt. Wann eine individuelle Zurechenbarkeit gegeben ist, wird durch den Gebührengesetzgeber bestimmt, dem insoweit innerhalb seiner Regelungskompetenzen eine weite Dispositionsfreiheit zusteht. Die Grenze für sein Ermessen liegt dort, wo keine spezifische Beziehung zwischen Amtshandlung und Gebührenschuldner mehr erkennbar ist, die Gebührenpflicht somit nicht mehr durch eine besondere Staatsleistung bedingt ist. Dabei ist eine Verwaltungstätigkeit unabhängig davon, ob sie dem Betroffenen einen speziellen Vorteil bringt, individuell zurechenbar bereits dann, wenn eine bestimmte Handlung oder ein bestimmtes Verhalten des Betroffenen, das seinem Pflichtenkreis rechtlich zugeordnet ist, die Tätigkeit der Behörde auslöst.

Vgl. etwa Urteil des Senats vom 16.6.1999 - 9 A 3817/98 -, NWVBl. 2000, 66 = KStZ 2000, 131, unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 22.10.1992 - 3 C 2.90 - Buchholz 442.16 § 29d StVZO Nr. 3.

Hiervon ausgehend bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Annahme des VG, das Vorliegen von Amtshandlungen zu bejahen, die der Klägerin als Anlagenbetreiberin zurechenbar sind. Die dem widersprechenden Ausführungen der Klägerin begründen keine Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit der Entscheidung.

Dass der Beklagte im Zusammenhang mit der Vorlage der Anzeige nach § 7 der 26. BImSchV eine schlicht-hoheitliche Tätigkeit und damit eine Amtshandlung vornimmt, ergibt sich ohne weiteres aus dem Gesetz. Legt der Betreiber einer Hochfrequenzanlage in Erfüllung seiner gesetzlichen Pflicht aus § 23 BImSchG i.V.m. § 7 der 26. BImSchV die Anzeige der zuständigen Behörde - hier dem Beklagten - vor, so ist diese aufgrund ihrer aus § 52 Abs. 1 BImSchG folgenden Verpflichtung, die Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes und der auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen zu überwachen, gehalten, zumindest zu prüfen, ob die vorgelegte Anzeige den sich aus den gesetzlichen Bestimmungen ergebenden formalen Anforderungen genügt, d.h. ob die - anderweitig erteilte - Standortbescheinigung sowie der Lageplan wie gefordert beigefügt, die für die Anlage maßgeblichen Daten angegeben und die Anzeige nach den Angaben des Betreibers innerhalb der vorgegebenen Frist vor Inbetriebnahme eingereicht worden ist. Demgegenüber kommt es nicht darauf an, ob die Behörde die beigefügte Standortbescheinigung auf Plausibilität überprüft bzw. überprüfen kann. Solches ist für die Annahme einer Amtshandlung nicht erforderlich. Ebenso wenig ist maßgeblich, ob die Behörde einen Abgleich mit anderweitig vorliegenden Erkenntnissen - etwa aus Nachbarbeschwerden - vornimmt. Allerdings wird die Behörde möglicherweise zwar nicht die Standortbescheinigung selbst einer Plausibilitätsprüfung unterziehen wohl aber eine solche im Sinne einer Prüfung auf Übereinstimmung der Angaben in der Standortbescheinigung und der Anzeige des Betreibers vornehmen. Wieso die Behörde hierzu nicht in der Lage sein soll, lässt sich dem Zulassungsantrag nicht entnehmen.

Hieraus folgt zugleich entgegen der Auffassung der Klägerin auch die Zurechenbarkeit der oben beschriebenen Amtshandlung zum Rechtskreis der Klägerin. Diese wird eindeutig aus der Allgemeinheit herausgehoben, denn sie tritt als Anlagenbetreiberin zielgerichtet mit ihrer Anzeige an die Behörde heran und aktualisiert dadurch deren nach dem Gesetz vorgeschriebene Prüfungspflicht. Demgegenüber wird die Behörde - anders als im Rahmen sonstiger allgemeiner Überwachungsmaßnahmen - nicht von sich aus tätig. Die Klägerin mag es insoweit für sinnwidrig halten, mit dem Aufwand der Anzeigenerstattung belastet zu werden, obwohl sie damit den Behörden deren Überwachungstätigkeit erleichtere; das ändert nichts daran, dass durch die Anzeige ein abgrenzbarer Tatbestand geschaffen wird, der eine Zurechnung zu ihrem Rechtskreis rechtfertigt. Denn insoweit verkennt die Klägerin, dass sie mit der Anzeige nach § 7 der 26. BImSchV gerade eine ihr obliegende gesetzliche Verpflichtung erfüllt, die die zurechenbare Sonderrechtsbeziehung im oben beschriebenen Sinn begründet.

Auch das Zulassungsvorbringen, die Anzeige liege ausschließlich im öffentlichen Interesse, ist nicht geeignet, eine Unrichtigkeit der gerichtlichen Entscheidung darzutun. Ungeachtet des Umstandes, dass - wie bereits ausgeführt - die Erhebung einer Verwaltungsgebühr nicht davon abhängt, dass die Amtshandlung dem Gebührenschuldner einen speziellen Vorteil bringt, dient die Überprüfung der Anzeige durch die Behörde sehr wohl auch den (wirtschaftlichen) Interessen des Anlagenbetreibers. Denn sie gibt ihm die rechtliche Sicherheit, die Anlage ohne nachträgliche Beschränkungen betreiben zu dürfen. Der Vortrag, damit würde der Sinn genehmigungsfreier Anlagen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz in sein Gegenteil verkehrt, ist nicht nachvollziehbar. Die Anlage ist und bleibt genehmigungsfrei. Auch solche Anlagen befinden sich jedoch nicht im rechtsfreien Raum, sondern unterliegen durchaus einer gewissen Überwachung, die gegebenenfalls zu Eingriffsmaßnahmen Anlass geben kann. Nimmt die Behörde die Anzeige nach § 7 der 26. BImSchV entgegen, ohne daraufhin tätig zu werden und weitere Anforderungen an den Betreiber zu stellen, so entsteht für den Betreiber eine gesteigerte Rechtssicherheit dahin, dass dem Betrieb der Anlage keine Hindernisse entgegenstehen dürften.

Die weitere Rüge der Klägerin, der Gebührenfestsetzung stehe § 52 Abs. 4 BImSchG entgegen, greift ebenfalls nicht durch. Denn die Überprüfung der Anzeige nach § 7 der 26. BImSchG stellt keine Tätigkeit dar, die unter § 52 Abs. 2 BImSchG fallen könnte. Insbesondere liegt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht das Tatbestandsmerkmal der Vorlage von Unterlagen im Sinne dieser Vorschrift vor. Denn dieses setzt eine Behördentätigkeit "vor Ort" voraus, vgl. BVerwG, Urteil vom 25.8.1999 - 8 C 12.98 - , BVerwGE 109, 272, woran es vorliegend fehlt.

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