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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 04.06.2008
Aktenzeichen: 9 A 208/05
Rechtsgebiete: KAG NRW, GG


Vorschriften:

KAG NRW § 6
GG Art. 3 Abs. 1
Auf- bzw. Abrundungen der rechnerisch ermittelten Gebührensätze über mathematische Rundungen hinaus führen wegen eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz zur Nichtigkeit der Gebührensätze, wenn sie die einzelnen Gebührenschuldner unterschiedlich treffen. Eine Teilbarkeit der Gebührensätze durch 12 zur Erreichung gleicher Monatsbeträge rechtfertigt bei einer Jahresgebühr nicht die unterschiedliche Handhabung.
Tatbestand:

Die Kläger wurden vom Beklagten zu Straßenreinigungsgebühren herangezogen. Die maßgebliche Gebührensatzung sieht für unterschiedliche Reinigungsleistungen unterschiedliche Gebührensätze vor, die so gerundet sind, dass die jeweilige Jahresgebühr durch 12 dividiert werden kann. Der nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobenen Klage der Kläger gab das VG statt. Den Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung lehnte das OVG ab.

Gründe:

Entscheidet sich der Satzungsgeber - wie hier - für eine Differenzierung der Straßenreinigungsgebührensätze nach unterschiedlichen Reinigungsleistungen, so dürfen grundsätzlich den durch die einzelnen Straßenreinigungsleistungen gebildeten Teilleistungsbereichen jeweils nur diejenigen Kosten zugeordnet werden, die mit der Erbringung der betreffenden gebührenpflichtigen Leistung verbunden sind.

Vgl. hierzu etwa: OVG NRW, Urteil vom 26. 2. 2003 - 9 A 2355/00 -, NVwZ-RR 2004, 68.

Bei der Differenzierung hat der Satzungsgeber das Gebot der Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten, welches auch das Verhältnis der Gebührenschuldner untereinander betrifft.

Vgl. OVG NRW Urteil vom 30. 1. 1991 - 9 A 765/88 -; BVerwG, Urteil vom 15. 7.1988 - 7 C 5.87 -, BVerwGE 80, 41.

Das Gebot der Gleichbehandlung ist verletzt, wenn der Satzungsgeber wesentlich Gleiches willkürlich ungleich oder wesentlich Ungleiches willkürlich gleich behandelt. Im Rahmen des dem Satzungsgeber eingeräumten weiten Ermessens bei der Ausgestaltung der Benutzungsgebühren ist insoweit nur zu fragen, ob für die Regelung sachlich einleuchtende Gründe bestehen.

In Anwendung dieser Grundsätze erweisen sich die vom Beklagten vorgenommenen Rundungen der jeweiligen Gebührensätze für die unterschiedlichen Reinigungsleistungen als rechtsfehlerhaft. Die Rundungen der Gebührensätze abweichend von einer mathematischen Rundung führen zu erheblichen, nicht gerechtfertigten Unterschieden zwischen den Reinigungsklassen. So ist der Gebührensatz je Meter zu veranlagende Grundstücksseite bei den Reinigungsklassen B, C und E nach oben gerundet worden, d.h. die Gebührenschuldner haben mehr als mathematisch ermittelt zu zahlen. Demgegenüber ist der Gebührensatz der Reinigungsklasse G nach unten gerundet worden, deren Gebührenschuldner brauchen also weniger als mathematisch ermittelt zu zahlen. Durch die vorgenommenen Auf- bzw. Abrundungen ist zudem das Verhältnis der Gebührensätze untereinander nach den vom Beklagten grundsätzlich angewandten Gewichtungsfaktoren nicht mehr gewahrt. (Wird ausgeführt.)

Sachliche Gründe, die diese Handhabung abweichend von einer mathematischen Rundung der Gebührensätze hätte rechtfertigen können, sind nicht erkennbar. Zunächst kann der Beklagte nicht mit seinem Vorbringen durchdringen, die Aufrundungen seien jedenfalls durch den über die gesetzliche Mindestverpflichtung gewährten Eigenanteil der Stadt ausgeglichen worden. Denn der Verweis auf einen allen zugute kommenden "erhöhten" Eigenanteil der Stadt vermag die Ungleichbehandlung der Gebührenzahler untereinander bezogen auf die unterschiedlichen Reinigungsklassen nicht zu beseitigen. Auch setzt sich der Beklagte nicht mit dem weiteren Argument des VG auseinander, es handle sich bei der vorliegenden Straßenreinigungsgebühr um eine Jahresgebühr, die üblicherweise nicht monatlich abgerechnet werde. Der Beklagte verhält sich auch nicht zu dem Argument, die Quartalsweise erfolgten Abschlagszahlungen könnten nicht die vom Beklagten vorgenommenen Rundungen rechtfertigen, weil die bei einer Cent-genauen Abrechnung ggfls. erforderlichen Rundungen keine besonderen mathematischen Kenntnisse erforderten und ohne Schwierigkeiten jederzeit durchgeführt werden könnten. Das Zulassungsvorbringen des Beklagten wiederholt lediglich seine bereits bekannten Argumente, dass die vorgenommenen Rundungen eine monatsgenaue Abrechnung der Straßenreinigungsgebühren erleichtere, zum Beispiel im Rahmen der unterjährigen Veräußerung eines Grundstücks oder bei der Erstellung einer Betriebskostenabrechnung für den Mieter. Insoweit setzt sich der Beklagte nicht mit der sich aufdrängenden Frage auseinander, warum es nicht ausreicht, eine mathematische Rundung dann vorzunehmen, wenn sie im Einzelfall erforderlich werden sollte. Hierbei dürfte es sich ohnehin gemessen an der Gesamtzahl der Veranlagungsfälle um die geringere Zahl handeln. Die in der Satzung unterschiedlich vorgenommenen Rundungen der einzelnen Gebührensätze lassen sich auch nicht mit einer angeblichen Vereinfachung der Abrechnung rechtfertigen. Worin eine solche liegen soll, ist nicht ersichtlich. Ob durch die Rundungen die Gebührenzahler nicht übermäßig belastet worden sind, wie der Beklagte darlegt, ist unter diesen Umständen unerheblich.

Ende der Entscheidung

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