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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 06.05.2002
Aktenzeichen: 9 A 251/99
Rechtsgebiete: GebG NRW
Vorschriften:
GebG NRW § 13 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. |
Tatbestand:
Die klagende Stadt verkaufte einer Bauträgerin mehrere noch zu vermessende größere Teilflächen aus ihren Grundstücken. Im Zuge der anschließenden Teilungsvermessung zur Bildung der veräußerten Flächen nahm der beklagte Vermessungsingenieur im Auftrag der Bauträgerin zugleich eine weitere (Fein-)vermessung vor, mit der die verkauften Flächen nochmals in ca. 80 kleinere Grundstücksparzellen aufgeteilt wurden. Zum Zeitpunkt der Vermessung war die Klägerin noch im Grundbuch eingetragene Eigentümerin der Flächen. Nachdem die Bauträgerin in Konkurs gefallen war, zog der Beklagte die Klägerin mit Bescheid zur Erstattung der gesamten Vermessungskosten heran.
Nach weitgehend erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob die Klägerin Klage. Im erstinstanzlichen Verfahren erkannte sie den Teil der Vermessungskosten, der für die Teilung zur Bildung der veräußerten Flächen angefallen war, an und nahm insoweit die Klage zurück. Der im Übrigen weiter verfolgten Klage gab das VG statt und hob den Bescheid hinsichtlich der für die (Fein-)Vermessung entstandenen Kosten mit der Begründung auf, die Klägerin sei insoweit nicht begünstigt worden und folglich nicht Kostenschuldnerin.
Der zugelassenen Berufung des Beklagten gab das OVG statt und wies die Klage im aufrechterhaltenen Umfang ab.
Gründe:
Das VG hat der Anfechtungsklage der Klägerin, soweit sie nach der teilweisen Klagerücknahme in der ersten Instanz aufrechterhalten worden ist, zu Unrecht stattgegeben.
Mit dem allein noch angegriffenen Betrag erhebt der Beklagte die Kosten für die von ihm nach der Teilungsgrobvermessung vorgenommene weitere Amtshandlung in Form der Teilungsfeinvermessung, die der Aufteilung der veräußerten Flächen zu insgesamt ca. 80 kleineren Grundstücksparzellen diente. Diese Kostenforderung als solche findet ihre Rechtsgrundlagen in den §§ 2, 8, 10 ÖbVermIngKO NRW vom 26.4.1973 (GV. NRW. S. 334) in der hier maßgeblichen Fassung der 6. Änderungsverordnung vom 18.2.1990 (GV. NRW. S. 63) i.V.m. § 11 Abs. 1 GebG NRW in seiner hier anzuwendenden Fassung vom 19.3.1985 (GV. NRW. S. 256). Dass die Voraussetzungen dieser Vorschriften für die Entstehung der streitigen Kostenforderung mit der Vornahme der Amtshandlung durch den Beklagten in Form der Grundstücksfeinvermessung dem Grunde und der Höhe nach gegeben sind, wird von der Klägerin nicht angezweifelt. Hiergegen gerichtete Bedenken sind auch nicht ersichtlich.
Die Klägerin wendet sich allein dagegen, dass sie als Kostenschuldnerin für diese Forderung in Anspruch genommen wird. Die Inanspruchnahme der Klägerin durch den Beklagten ist jedoch nicht zu beanstanden. Die Klägerin wird auch hinsichtlich der Kosten, die durch die vom Beklagten vorgenommene Teilungsfeinvermessung im oben dargelegtem Sinne entstanden sind, gemäß § 10 ÖbVermIngKO NRW i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. GebG NRW zu Recht als Kostenschuldnerin herangezogen.
Nach dieser Vorschrift ist u.a. derjenige zur Zahlung der Kosten verpflichtet, zu dessen Gunsten die Amtshandlung vorgenommen worden ist, wobei nach der Rechtsprechung des beschließenden Senats § 13 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. GebG NRW eine unmittelbare Begünstigung verlangt.
Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 26.11.1987 - 9 A 285/86 -.
Als maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung einer solchen Begünstigung ist jedenfalls spätestens auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem die Amtshandlung vorgenommen worden ist.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26.11.1987 - 9 A 285/86 -.
Danach ist die Klägerin unmittelbar Begünstigte der abgerechneten Teilungsfeinvermessung. Eine Teilungsvermessung - wie hier die in Streit stehende Vermessung zur Bildung von Baugrundstücksparzellen - führt regelmäßig dazu, die Möglichkeiten des Grundstücksverkehrs durch Übertragung des Eigentums an den neu geschaffenen Parzellen nutzen zu können. Die besagte Nutzungsmöglichkeit ist grundsätzlich (nur) dem Eigentümer der neu geschaffenen Parzellen eröffnet, da (nur) ihm die Verfügungsgewalt über die Parzellen zukommt.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26.11.1987 - 9 A 285/86 -.
Dementsprechend ist unmittelbar Begünstigter einer Teilungsvermessung regelmäßig derjenige, der im Zeitpunkt der Vornahme der Amtshandlung Eigentümer der Altfläche ist und damit zugleich das Eigentum an den durch die Teilungsvermessung entstandenen neuen Parzellen erhält. Ihm ist zu diesem relevanten Zeitpunkt die Teilung unter dem Gesichtspunkt der Verkehrsfähigkeit seines Grundbesitzes bei objektiver Betrachtung von Nutzen.
Vgl. zur Anlegung eines insofern gebotenen objektiven Maßstabes OVG NRW, Urteil vom 26.11.1987 - 9 A 285/86 -.
Ausgehend von diesen Maßstäben, an denen der Senat festhält, ist auch durch die streitige Teilungsfeinvermessung zum relevanten Zeitpunkt, nämlich spätestens bei Vornahme der Amtshandlung, die hier am 2.8.1991 mit der Grenzverhandlung abgeschlossen wurde, eine unmittelbare Begünstigung der Klägerin eingetreten. Denn die Klägerin war zu diesem Zeitpunkt Eigentümerin der (fein-)vermessenen Flächen, die erst im Dezember 1991 durch entsprechende grundbuchrechtliche Eintragungen in das Eigentum der Bauträgerin übergegangen sind.
Der vorliegende Fall weist auch keine solchen Besonderheiten auf, die eine andere Bewertung rechtfertigen könnten. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, unter welchen besonderen Voraussetzungen im Einzelnen einem Eigentümer durch eine Teilungsvermessung entgegen den oben angeführten Grundsätzen ausnahmsweise keine unmittelbare Begünstigung zufließt und ob dies etwa in der vom Verwaltungsgericht gebildeten hypothetischen Fallgestaltung anzunehmen wäre. Jedenfalls ist der hier betroffene Sachverhalt durch keine besonderen Umstände gekennzeichnet, die ein Abweichen von den oben dargelegten Grundsätzen rechtfertigen könnten.
Soweit das VG darauf abhebt, eine unmittelbare Begünstigung objektiver Art für den Eigentümer könne nur dann angenommen werden, wenn der Eigentümer überhaupt noch einmal über das Grundstück verfügen könne, was mit Blick auf die Klägerin angesichts des zuvor abgeschlossenen Kaufvertrages und seiner planmäßigen Abwicklung nicht der Fall gewesen sei, greift diese Erwägung jedenfalls vorliegend nicht durch. Der durch die Teilungsvermessung begründete Vorteil für den Eigentümer, nämlich - wie oben dargelegt - die Eröffnung weiterer Nutzungsmöglichkeiten im Bereich des Grundstücksverkehrs, ist notwendigerweise immer nur ein potentieller Vorteil, der im Zeitpunkt spätestens der Vornahme der Teilungsvermessung gegeben sein muss. Ob sich dieser Vorteil nach dem genannten relevanten Zeitpunkt tatsächlich verwirklicht oder nicht, ob der Eigentümer also von den erweiterten Möglichkeiten Gebrauch macht oder nicht, ist hingegen ohne Belang. Angesichts dessen ist es unerheblich, dass die Klägerin nach der vorgenommenen Teilungsfeinvermessung keine neuen Verfügungen über die (fein-) vermessenen Flächen mehr getroffen, sondern vielmehr entsprechend dem Kaufvertrag ihr Eigentum hieran im Dezember 1991 verloren hat.
Bezogen auf den spätestens maßgeblichen Zeitpunkt der Vornahme der Teilungsfeinvermessung könnte das Fehlen einer unmittelbaren Begünstigung für die Klägerin im oben ausgeführten Sinne allenfalls unter zwei Aspekten in Betracht zu ziehen sein. Eine Begünstigung hätte zu diesem Zeitpunkt schon für sich genommen nicht vorgelegen, wenn die mit der Teilungsfeinvermessung erfolgte weitere Aufteilung der Flächen unter dem Gesichtspunkt der Verkehrsfähigkeit bei Anlegung objektiver Kriterien für sie ohne wirtschaftlichen Sinn gewesen wäre. Ferner wäre eine Begünstigung bei der Klägerin nicht eingetreten, wenn die zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und der Bauträgerin so beschaffen gewesen wären, dass bereits zum Zeitpunkt der Teilungsfeinvermessung die den Vorteil ausmachenden erweiterten Möglichkeiten im Bereich des Grundstücksverkehrs für die Klägerin verbindlich ausgeschlossen gewesen wären.
Beides ist nicht der Fall. Dass mit der Teilungsfeinvermessung wirtschaftlich verkehrsfähige Grundstücksparzellen, die im Übrigen auch der Bauleitplanung der Klägerin entsprechen, entstanden sind, ist nicht zweifelhaft und wird von der Klägerin nicht bestritten. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der dem jeweiligen Grundstückseigentümer durch eine Teilungsvermessung regelmäßig erwachsende potentielle Vorteil hier mit Blick auf die Klägerin wegen ihrer Rechtsbeziehungen zu der Bauträgerin im Zeitpunkt der Vornahme der Teilungsfeinvermessung bereits sicher ausgeschlossen war. Der bloße Umstand, dass die Bauträgerin nach dem Kaufvertrag mit der Klägerin künftig Eigentümerin der betroffenen Flächen werden sollte und gegebenenfalls bei Durchführung der Grenzverhandlung im August 1991 auch schon eingetragene Vormerkungsberechtigte bezüglich der schuldrechtlichen Anspruchs auf Grundstücksübertragung gewesen sein mag, gibt für einen solchen Ausschluss nichts her. Aus derartigen, im Zuge einer Teilungsvermessung häufiger auftretenden Gegebenheiten kann nicht etwa hergeleitet werden, die durch die Teilungsvermessung entstehenden potentiellen Vorteile würden nicht mehr dem im Zeitpunkt der Vermessung noch das Eigentum innehabenden Verkäufer, sondern bereits dem (ggfs. vormerkungsberechtigten) Käufer zuwachsen. Dies ergibt sich daraus, dass der bloße schuldrechtliche Übertragungsanspruch des Käufers nach Abschluss des Kaufvertrages durchaus wieder verändert werden oder gar untergehen kann mit der Folge, dass etwa auch eine ggfs. eingetragene Auflassungsvormerkung erlischt. Aus eben diesem Grunde vermittelt selbst die Stellung als vormerkungsberechtigter Käufer keine dem verkaufenden Eigentümer vergleichbare absolute dingliche Position, wie sie zur Ausnutzung des durch die Teilungsvermessung eröffneten potentiellen Vorteils erforderlich ist. Die für die Ausnutzung des potentiellen Vorteils notwendige Verfügungsgewalt ist auch nach Abschluss des Kaufvertrages bis zum Zeitpunkt des Eigentumsüberganges weiterhin allein dem bisherigen Eigentümer zugewiesen.
Vgl. in diesem Sinne auch OVG NRW, Urteil vom 26.11.1987 - 9 A 285/86 -.
Vor diesem Hintergrund ist die vom verkaufenden Eigentümer eingegangene bloße schuldrechtliche Verpflichtung zur Übertragung des Eigentums für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, den dem Eigentümer durch eine nach Kaufvertragsabschluss, aber vor Eigentumsübergang vorgenommene Teilungsvermessung eröffneten Vorteil auszuschließen.
Die genannten Erwägungen gelten im vorliegenden Fall umso mehr, als in dem notariellen Kaufvertrag zwischen der Klägerin und der Bauträgerin diverse Regelungen enthalten waren, die für die schuldrechtliche Verpflichtung der Klägerin zur Übertragung des Eigentums an den streitigen Flächen bzw. im Hinblick auf ihren endgültigen Eigentumsverlust an jenen Flächen erhebliche Einschränkungen vorsahen. So wurde der Klägerin in Nr. 3. b) der Anlage zum Kaufvertrag für den Fall, dass die Bauträgerin ihren Bebauungsverpflichtungen gemäß Nr. 1. a) bis 1. c) nicht innerhalb einer Frist von zwei Jahren nachkommen sollte, sowie des Weiteren für den Fall der Nichteinhaltung der Veräußerungsbeschränkung bezüglich der Flächen H und I gemäß Nr. 2. der Anlage zum Kaufvertrag ein umfassendes Recht zum teilweisen oder gegebenenfalls vollständigen Rücktritt vom Kaufvertrag eingeräumt. Darüber hinaus berechtigte Nr. 4. der Anlage zum Kaufvertrag die Klägerin für den Fall der Weiterveräußerung der Flächen H und I durch die Bauträgerin sowie für den Fall der Zahlungsunfähigkeit bzw. Insolvenz der Bauträgerin auf die Dauer von 15 Jahren zum Wiederankauf von Teilen oder gegebenenfalls der Gesamtheit der veräußerten Flächen. Dies alles zeigt, dass gerade hier zum Zeitpunkt der Vornahme der Grundstücksfeinvermessung eine künftige Übertragung des Eigentums der Klägerin mit entsprechendem dauerhaftem Eigentumsverlust an den streitigen Flächen zwar beabsichtigt, gleichwohl aber durchaus noch ungewiss war. Denn die Übertragung bzw. der dauerhafte Eigentumsverlust sollte nach den vertraglichen Regelungen von dem Eintritt diverser weiterer, geraume Zeit in die Zukunft reichender Faktoren mit beeinflusst werden. Angesichts dessen kann vorliegend keine Rede davon sein, der durch die Teilungsfeinvermessung begründete Vorteil für die Klägerin als im Vermessungszeitpunkt eingetragener Eigentümerin sei für sie schon in dem genannten Zeitpunkt wegen der zuvor eingegangenen grundsätzlichen Verpflichtung zur Übertragung des Eigentums auf die Bauträgerin sicher ausgeschlossen gewesen.
Der vorstehenden Auslegung des § 13 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. GebG NRW kann auch nicht etwa entgegen gehalten werden, sie führe letztlich zu dem wirtschaftlich unsinnigen Ergebnis, dass der Eigentümer zur Vermeidung ansonsten zu befürchtender Kostenbelastungen die Feinvermessung solange aussetzen müsse, bis der Käufer als neuer Eigentümer in das Grundstück eingetragen worden sei. Abgesehen davon, dass die Frage nach dem Vorliegen einer Begünstigung i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. GebG NRW nicht davon abhängen kann, welche (wirtschaftlichen) Folgen sich hieraus für die jeweils Betroffenen und ihr Verhalten ergeben, ist der besagte Einwand auch in der Sache nicht gerechtfertigt. Der Eigentümer hat es ohne Weiteres in der Hand, sich gegen ihn finanziell belastende Auswirkungen seiner oben dargelegten Kostenschuldnerschaft abzusichern. Soweit die Vermessungskosten - wie hier nach dem Kaufvertrag - unbeschadet der öffentlich-rechtlichen Regelungen letztlich vom Grundstückskäufer übernommen werden sollen, kann der verkaufende Eigentümer diese Letzthaftung seines Vertragspartners im Innenverhältnis dadurch absichern, dass er etwa die Beibringung einer Bankbürgschaft in Höhe der zu erwartenden Vermessungskosten verlangt. Hierdurch ist er auch im Falle einer etwaigen Insolvenz des Käufers nicht in der Gefahr, die Vermessungskosten, die von ihm als Begünstigtem gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. GebG NRW verlangt werden können, aus eigenen Mitteln begleichen zu müssen. Bei einer derartigen Absicherung besteht für ihn folglich auch kein Anlass, die gewünschte weiter gehende Teilungsfeinvermessung bis zum erfolgten Eigentumsübergang auszusetzen.
Ende der Entscheidung
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