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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 16.10.2008
Aktenzeichen: 9 A 3694/06
Rechtsgebiete: GG, WasEG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
WasEG § 8
Der Anwendungsbereich des § 8 WasEG, der nur diejenigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Unternehmen begünstigt, die öffentliche Wasserversorgung betreiben, ist auch in Anbetracht des Gleichheitssatzes nicht auf sonstige Unternehmen zu erweitern, die Aufwendungen im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen zum Schutze des Rohwassers haben.
Tatbestand:

Die Klägerin entnimmt Grundwasser zur Fruchtsaftherstellung. Sie zahlt in Erfüllung von Kooperationsvereinbarungen Beträge an die Landwirtschaftskammer. Ohne diese zu verrechnen, setzte die Beklagte für das Jahr 2004 eine Vorauszahlung für die Entnahme dieses Wassers fest. Das VG wies die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit ab. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg.

Gründe:

Der Vorauszahlungsbescheid der Beklagten ist rechtmäßig gewesen (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO). Die Heranziehung der Klägerin durch den streitigen Bescheid zur Vorauszahlung eines Grundwasserentnahmeentgeltes für das Veranlagungsjahr 2004 ist in voller Höhe gerechtfertigt.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides sind §§ 6 Abs. 1 und 2, 1 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Erhebung eines Entgelts für die Entnahme von Wasser aus Gewässern (Wasserentnahmeentgeltgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen - WasEG) vom 27.1.2004 (GV. NRW. S. 30).

Die Erhebung eines Wasserentnahmeentgelts im Land Nordrhein-Westfalen ist verfassungsgemäß... (wird ausgeführt)

Die Festsetzung der Vorauszahlung gegenüber der Klägerin begegnet in der konkreten Höhe keinen rechtlichen Bedenken. Die Beklagte hat der Festsetzung die gemäß §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 1 WasEG entgeltpflichtig entnommenen Wassermengen entsprechend der nachträglichen Erklärung der Klägerin mit den gemäß § 2 Abs. 2 WasEG differenzierten Entgeltsätzen zugrunde gelegt. Eine Verrechnung der Aufwendungen, die auf der Grundlage der Flächennutzungsvereinbarung mit den umliegenden Landwirten entstanden sind, ist nicht zulässig. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 WasEG können die im Veranlagungsjahr entstandenen Aufwendungen mit dem für dieses Veranlagungsjahr festgesetzten Wasserentnahmeentgelt verrechnet werden, die ein Entgeltpflichtiger als öffentlich-rechtliche Körperschaft oder Unternehmen der öffentlichen Wasserversorgung auf Grund einer vertraglich vereinbarten Kooperation mit der Landwirtschaft oder einer Landwirtschaftskammer für Maßnahmen zum Schutze des entnommenen Rohwassers erbracht hat. Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen der Norm nicht. Sie ist unstreitig weder öffentlich-rechtliche Körperschaft noch Unternehmen der öffentlichen Wasserversorgung.

Eine entsprechende Anwendung der Norm auf ein sonstiges Unternehmen, das Kooperationszahlungen im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 WasEG erbringt, scheidet angesichts der ausdrücklichen Beschränkung im Wortlaut der Norm aus. Es fehlt somit bereits an der eine analoge Anwendung erst ermöglichenden planwidrigen Regelungslücke.

Insoweit liegt auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Von § 8 WasEG werden nur öffentlich-rechtliche Körperschaften und Unternehmen erfasst, die öffentliche Wasserversorgung betreiben. In der Begründung zum Gesetzentwurf zu § 8 WasEG (LT-Drs. 13/4528, S. 31) ist ausgeführt:

"§ 8 sieht eine Verrechnungsmöglichkeit für den Fall vor, dass ein Unternehmen der öffentlichen Wasserversorgung sich verpflichtet hat, auf der Basis des in NRW praktizierten Kooperationsmodells Aufwendungen zu tätigen, die dem Gewässerschutz zu Gute kommen. Dieses Modell verfolgt das Ziel einer gewässerschonenden Landbewirtschaftung sowohl mit freiwilligen Zielvereinbarungen als auch mit einem angepassten ordnungsrechtlichen Rahmen. Die sich auf Seiten der Wasserversorgungsunternehmen ergebenden finanziellen Belastungen umfassen zum weitaus überwiegenden Teil die Finanzierung der bei den Landwirtschaftskammern angesiedelten Wasserschutzberatern. Diese jeweils im Veranlagungsjahr getätigten Aufwendungen sollen verrechnungsfähig sein."

Die Aufnahme der öffentlich-rechtlichen Körperschaft in den Gesetzeswortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 1 WasEG erfolgte aufgrund des Vorschlags im Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen (Anhang 1 zu LT-Drs. 13/4890, S. 5). Nur dieser nachträglichen, mit klarstellender Zielrichtung erfolgten Einfügung ist die gleichzeitige Missverständlichkeit geschuldet, ob es sich bei der öffentlich-rechtlichen Körperschaft um eine solche der öffentlichen Wasserversorgung handeln muss oder ob diese generell - ohne notwendig öffentlicher Wasserversorger sein zu müssen - in den Genuss der Verrechnung kommen können soll. Die dargestellte Gesetzesgenese belegt jedoch, dass sich die Genitiv-Wendung "der öffentlichen Wasserversorgung" grammatisch auf beide Subjektvarianten "Körperschaft" und "Unternehmen" rückbezieht.

Die Differenzierung zwischen öffentlichen Wasserversorgern in diesem Sinne und sonstigen Wasser entnehmenden Unternehmen ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Es besteht bereits keine Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte, jedenfalls wäre eine solche aus sachlichen Gründen gerechtfertigt. Die Versorgung mit qualitativ hochwertigem Trinkwasser durch die Wasserversorgungsunternehmen - gleichgültig, ob diese öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich organisiert sind - erfolgt im äußerst hoch anzusetzenden Allgemeininteresse. Der Aufrechterhaltung eines hohen qualitativen Niveaus dient die Verrechnungsmöglichkeit mit Kooperationsaufwendungen öffentlicher Wasserversorger, welche dem dauerhaften Schutz des Rohwassers zugute kommen. Dies ist (weiterer) Ausdruck des Lenkungszwecks des Wasserentnahmeentgelts. Der Ausschluss der Klägerin, welche die Eigenförderung von Wasser aus wirtschaftlichen Gründen offensichtlich für vorteilhaft hält, aus dem Kreis der insoweit durch § 8 Abs. 1 WasEG Begünstigten ist hiernach nicht zu beanstanden, selbst wenn von der Klägerin erbrachte Aufwendungen dem Gewässerschutz faktisch zugute kommen.

Ende der Entscheidung

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