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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 24.03.2009
Aktenzeichen: 9 A 4019/06
Rechtsgebiete: AGT zur AVerwGebO


Vorschriften:

AGT zur AVerwGebO Tarifsstellen 2.4.1.3
AGT zur AVerwGebO Tarifsstellen 2.4.1.3
1. Die Rohbausumme einer Verkaufsstätte bestehend aus einer Bau- und Gartenmarkthalle sowie einem damit baulich verbundenen und zum Betrieb der Halle erforderlichen Funktionsgebäude ist regelmäßig einheitlich nach Nr. 16 der Rohbauwertetabelle zu ermitteln.

2. Teile von Verkaufsstätten nach Nr. 16 der Rohbauwertetabelle können nur dann als Hallenbau gemäß Nr. 22 der Rohbauwertetabelle abzurechnen sein, wenn der ggf. gesondert zu betrachtende Gebäudeteil eine von der Nutzung der übrigen Gebäudeteile unabhängige, eigenständige Funktion erfüllt.


Tatbestand:

Die Klägerin begehrte von dem Beklagten die Herabsetzung einer Baugenehmigungsgebühr. Sie machte geltend, die genehmigte Bau- und Gartenmarkthalle sei nicht als "Verkaufsstätte über 2000 m2 Verkaufsfläche" nach Nr. 16 der maßgeblichen Rohbbauwertetabelle abzurechnen, sondern gemäß deren Nr. 22 als Hallenbau. Außerdem dürfe der Beklagte für die Genehmigung der befestigten Außenflächen und der Pkw-Stellplätze keine gesonderten Gebühren erheben. Das VG wies die Klage ab. Die Berufung hatte keinen Erfolg.

Gründe:

Der Beklagte hat die Gebühr mit 71.925,00 € auf der Grundlage der §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 des Gebührengesetzes (GebG NRW) i. V. m. § 1 Abs. 1 der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung (AVerwGebO NRW) vom 3.7.2001 (GV. NRW. (S. 262) in der nach § 11 Abs. 1 Satz 1 GebG NRW maßgeblichen Fassung der Fünften bzw. Sechsten Änderungsverordnung vom 19.4.2005 (GV. NRW. S. 261) bzw. 20.9.2005 (GV. NRW. S. 762) sowie TS 2.4.1.3, 2.4.1.4. und 2.5.6.1 AGT nicht zu hoch festgesetzt. Für die Erteilung der Baugenehmigung zur Errichtung der Bau- und Gartenmarkthalle sowie des Funktionsgebäudes war mindestens eine Gebühr in Höhe von 71.123,00 € (1.) und hinsichtlich der nicht überdachten Außenverkaufsfläche, der Sondernutzfläche sowie der Stellplätze mindestens eine Gebühr von 2.372,00 € festzusetzen (2.).

1. Die Gebühr für die Entscheidung über die Erteilung der Baugenehmigung zur Errichtung der Bau- und Gartenmarkthalle sowie des Funktionsgebäudes ist nach den Vorgaben der TS 2.4.1.3 AGT zu ermitteln, weil die Errichtung einer Verkaufsstätte mit mehr als 700 m² Verkaufsfläche im Sinne von § 68 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BauO NRW geplant war. Anzusetzen sind nach TS 2.4.1.3 AGT 13 v.T. der Rohbausumme. Diese ist gemäß TS 2.1.2 AGT für die in der Anlage 1 zum AGT (Rohbauwertetabelle) genannten Gebäudearten anhand der dort jeweils angegebenen Rohbauwerte zu berechnen. Die Bau- und Gartenmarkthalle und das Funktionsgebäude unterfallen Nr. 16 der Rohbauwertetabelle in der Fassung der Bekanntmachung vom 5.8.2004 (MBl. NRW. S. 791). Danach beträgt der Rohbauwert für "eingeschossige Verkaufsstätten über 2.000 m² Verkaufsfläche, Einkaufszentren (soweit nicht unter Nr. 22)" 89,- €/m³ umbauten Raumes.

a) Die Bau- und Gartenmarkthalle und das Funktionsgebäude bilden die funktionelle Einheit "Verkaufsstätte". Sie sind als Gesamtkomplex einer der in der Rohbauwertetabelle genannten Gebäudearten zuzuordnen. Umfasst ein Vorhaben mehrere Gebäude, die einem gemeinsamen, übergeordneten Nutzungszweck dienen, und wird dem auch in der baulichen Gestaltung Rechnung getragen, kommt nur eine einheitliche Zuordnung zu einer der in der Rohbauwertetabelle bezeichneten Gebäudearten in Betracht. Ein solcher gemeinsamer Nutzungszweck besteht hier für die genannten Gebäude, weil sie dem Nutzungszweck "Verkaufsstätte" dienen. Das gilt auch für das Funktionsgebäude. In diesem befinden sich zwar keine Verkaufsflächen, sondern Räumlichkeiten wie etwa die Warenannahme, Heizungsraum, Sprinklerraum und Aufenthaltsräume für das Personal. Die genannten Räumlichkeiten dienen aber keinem selbständigen Nutzungszweck, sondern sind wesentlicher Bestandteil der Verkaufsstätte, die ohne sie nicht betrieben werden könnte. Dem funktionellen Zusammenhang zwischen der Bau- und Gartenmarkhalle und dem Funktionsgebäude wird durch die bauliche Gestaltung Rechnung getragen. Die Gebäude sind sowohl im Bereich der Warenannahme als auch in dem sonstigen Funktionsbereich durch ein Schnellauftor mit den Maßen 4 m x 4 m und einen Personaldurchgang unmittelbar miteinander verbunden.

Vgl. zur Bedeutung funktioneller Zusammenhänge und baulicher Verbindungen bei verschiedenen Gebäuden: OVG NRW, Beschluss vom 17.9.2007 - 9 A 5077/04 -, n. v.

Eine andere - getrennte - Betrachtung ist auch nicht mit Blick darauf gerechtfertigt, dass das Funktionsgebäude teilweise zweigeschossig ist. Zwar ist eine getrennte Zuordnung von Gebäudeteilen zu verschiedenen Gebäudearten der Rohbauwertetabelle gemäß TS 2.1.2 Abs. 4 AGT bereits dann angezeigt, wenn trotz einheitlicher identischer Gesamtnutzung des Gebäudes unter dem Aspekt der Geschossigkeit verschiedene Nummern der Tabelle mit unterschiedlichen Rohbauwerten einschlägig sind. Voraussetzung ist allerdings, dass das Gebäude in wesentlichen Teilen unterschiedliche Geschossigkeiten aufweist und deshalb mit den jeweiligen Teilen unterschiedlichen Gebäudearten nach der Rohbaukostentabelle mit entsprechend unterschiedlichen Rohbauwerten unterfällt. Die ein- wie auch die zweigeschossigen Gebäudeteile dürfen deshalb nicht nur gänzlich untergeordneter Art sein.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20.7.2004 - 9 A 201/02 -, ÖffBauR 2004, 21.

Diese Grundsätze gelten auch hier. Allerdings sind die zweigeschossigen Teile des Funktionsgebäudes bezogen auf den im Übrigen eingeschossigen Gesamtkomplex von gänzlich untergeordneter Art. Sie nehmen lediglich 1574,89 m3 und damit weniger als 3% des Gesamtbaus (58.466,95 m3) ein. Die geplante Verkaufsstätte stellt sich deshalb auch in Ansehung der zweigeschossigen Anteile insgesamt als eingeschossige Verkaufsstätte dar.

b) Diese fällt nicht ganz oder teilweise unter Nr. 22 der Rohbauwertetabelle. Hiervon werden nur "Hallenbauten wie Fabrik-, Werkstatt- und Lagerhallen, einfache Sport- und Tennishallen, ohne oder mit geringen Einbauten" erfasst. Bauten werden als Hallen bezeichnet, wenn sie im Wesentlichen einen großen, regelmäßig hohen Innenraum umschließen, der anders als ein Saal auch äußerlich als charakteristischer Baukörper architektonisch in Erscheinung tritt und meist eine besondere Funktion erfüllt.

Vgl. Brockhaus, Die Enzyklopädie, 20. Aufl. 2001, Stichwort "Halle"; Lexikon der Kunst, 2. Aufl. 2004, Stichwort "Halle"; OVG NRW, Urteil vom 28.11.2007 - 9 A 4024/05 -, a. a. O.

Auch insoweit sind Bau- und Gartenmarkthalle sowie das Funktionsgebäude als Einheit zu betrachten. Zwar ist es nach Nr. 16 der Rohbauwertetabelle ("soweit nicht unter Nr. 22") grundsätzlich möglich, auch einen Teil von Verkaufsstätten, Einkaufszentren als Hallenbau gemäß Nr. 22 der Rohbauwertetabelle abzurechnen. Das setzt jedoch voraus, dass der ggfls. gesondert zu betrachtende Gebäudeteil eine von der Nutzung der übrigen Gebäudeteile unabhängige, eigenständige Funktion erfüllt.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28.11.2007 - 9 A 4024/05 -, juris.

Das scheidet hier jedoch mit Blick auf den zwischen Bau- und Gartenmarkthalle und Funktionsgebäude bestehenden Funktions- und Nutzungszusammenhang aus. Mit Blick hierauf ist für den aus Bau- und Gartenmarkthalle sowie Funktionsgebäude bestehenden Gebäudekomplex bereits zweifelhaft, ob es sich um eine "Halle" handelt. Jedenfalls kann der Bau deshalb nicht unter Nr. 22 der Rohbauwertetabelle eingeordnet werden, weil er mehr als nur geringe Einbauten aufweist. Die vergleichsweise niedrigen Rohbauwerte der Nr. 22 sind nur für Hallenbauten vorgesehen, die im Wesentlichen nur aus Außenwänden, gegebenenfalls Stützen und einer üblicherweise flachen Decke bestehen. Ausgehend davon sind etwaige Einbauten, d. h. eingebaute Teile wie Wände, Stützpfosten oder Querstreben, in einem Hallenbau nur dann noch gering, wenn sie im Verhältnis zu einem einfachen Hallenbau mit vergleichbaren Außenmaßen in ihrem Umfang praktisch zu vernachlässigen sind und den Herstellungsaufwand nur unwesentlich erhöhen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28.11.2007 - 9 A 4024/05 -, a. a. O.

Die hier maßgeblichen Einbauten haben in Relation zum einfachen Hallenbau einen nicht nur zu vernachlässigenden Umfang. Als Einbauten sind neben der Deckenkonstruktion und den Stützpfeilern vor allem auch der ein- und zweigeschossige Ausbau des Funktionsgebäudes, die Räumlichkeiten im Eingangsbereich der Baumarkthalle und die Gebäudetrennwände zwischen der Baumarkthalle und dem Funktionsgebäude zu berücksichtigen. Insbesondere mit Blick auf die zahlreichen Räumlichkeiten, die von massiven - zu einem großen Teil handelt es sich um Brandschutzwände der Feuerwiderstandsklasse F 90 - Wänden umgeben sind, die in einem solchen Ausmaß in einem einfachen Hallenbau vergleichbaren Ausmaßes nicht zu finden sind, kann nicht von nur geringen Einbauten ausgegangen werden.

2. Die Gebühren für die Stellplätze und die nicht überdachten Außenanlagen (Außenverkaufs- und Sondernutzfläche) richten sich nach TS 2.4.1.4 AGT. Danach beträgt die Grundgebühr für die Erteilung der Baugenehmigung zur Errichtung und Erweiterung von baulichen Anlagen, die nicht Gebäude sind, nicht § 66 BauO NRW unterliegen und im Übrigen nicht im zeitlichen und konstruktiven Zusammenhang mit der Errichtung oder Erweiterung von unter Tarifstellen 2.4.1.1 bis 2.4.1.3 genannten Gebäuden stehen, abhängig von der nach den Buchstaben a bis c vorzunehmenden baurechtlichen Einordnung 6, 10 oder 13 v. T. der Herstellungssumme.

Die im ersten Halbsatz der TS 2.4.1.4 AGT genannten Voraussetzungen liegen vor. Insbesondere stehen die Außenanlagen nicht im konstruktiven Zusammenhang mit der Errichtung der Gebäude der Verkaufsstätte. Wie die Forderung sowohl eines zeitlichen als auch eines konstruktiven Zusammenhangs zeigt, reicht für den Ausschluss einer gesonderten Gebühr nach TS 2.4.1.4 AGT nicht schon eine zeitlich zusammenfallenden Errichtung oder Planung der baulichen Anlagen mit dem Gebäude, sondern die Tarifstelle setzt voraus, dass die Teile der baulichen Anlagen und des Gebäudes in ihrer statisch-technischen Konstruktion in einem wesentlichen Verbund stehen, also voneinander abhängig oder aufeinander angewiesen sind.

Vgl. auch Boeddinghaus/Hahn/Schulte, Bauordnung für das Land NRW, Loseblatt, Stand: Dezember 2008, § 87 Rdnr. 36.

Ein solches Verhältnis besteht zwischen den Gebäuden der Verkaufsstätte und seinen Außenanlagen nicht.

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