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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 18.07.2007
Aktenzeichen: 9 A 4544/04
Rechtsgebiete: UIG, UIRL, AGT zur AVerwGebO NRW


Vorschriften:

UIG § 7
UIRL Art. 5
AGT zur AVerwGebO NRW Tarifstelle 15c.3.2
Im Rahmen der Gebühr für die Erteilung von Umweltinformationen dürfen die Personalkosten für alle Behördentätigkeiten berücksichtigt werden, die unmittelbar zur Erfüllung des Umweltinformationsanspruchs erforderlich sind. Dazu können auch Rechtsprüfungen gehören, die wegen einer Drittbetroffenheit notwendig werden.
Tatbestand:

Die Klägerin beantragte im März 2002 beim Beklagten nach dem Umweltinformationsgesetz verschiedene Informationen betreffend eine Drittfirma. Nach deren Anhörung gab der Beklagte im Mai 2002 dem Antrag in der Weise statt, dass die Klägerin ab dem ersten Tag nach Bestandskraft des Bescheides gegenüber der Drittfirma Akteneinsicht in den Diensträumen des Beklagten nehmen könne. Gleichzeitig setzte er für seine Tätigkeit eine Gebühr in Höhe von 238,50 € fest, die nach den Personalkosten für das Heraussuchen der Unterlagen, für das Aussortieren einzelner Teile aus den Verwaltungsvorgängen, die nicht von dem Antrag erfasst waren, für die Schreibkraft und für die Rechtsprüfung des Antrags ermittelt war. Die Drittfirma erhob gegen die Übermittlung der Informationen grundsätzlich keine Einwände, legte allerdings bezüglich einzelner Unterlagen Widerspruch ein, soweit die Anfertigung von Ablichtungen gestattet werden sollte. Wegen dieses Widerspruchs und eines sich daran anschließenden Rechtsstreits erfolgte die Übersendung von Kopien erst im Jahre 2004.

Der gegen die Gebührenfestsetzung eingelegte Widerspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg ebenso wie die anschließende Klage und der Antrag auf Zulassung der Berufung.

Gründe:

Aus dem Zulassungsvorbringen ergeben sich nicht die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Nicht gefolgt werden kann auch dem Vorbringen der Klägerin, der Beklagte habe mehr Verwaltungsaufwand in Ansatz gebracht als zulässig. So habe er den "Sortieraufwand" schon deswegen nicht in Rechnung stellen dürfen, weil es nicht ihrem Antrag auf Informationsgewährung entsprochen habe, dass "Teile der Akte aussortiert" wurden. Hiermit werden ernstliche Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht dargelegt. Maßgeblich ist nicht, ob ein Antrag auf Aussortieren von Aktenteilen gestellt worden ist, sondern ob das Aussortieren objektiv erforderlich bzw. gerechtfertigt war, weil die Akte über die von der Klägerin erbetenen Informationen hinaus weitere Angaben enthielt, die keine Umweltinformationen beinhalteten, nicht vom Antrag umfasst waren oder zu denen aus anderen Gründen kein Zugang gewährt werden durfte (vgl. § 7 UIG i.V.m. Art. 3 UIRL). Hierzu hat die Klägerin nichts vorgetragen. Ebenso geht der Vortrag der Klägerin ins Leere, der von ihr geltend gemachte Informationsanspruch sei ihr im Rahmen der Klage des betroffenen Unternehmens in vollem Umfang zugestanden worden; deshalb habe es keiner Aussortierung bedurft. Die volle Erfüllung des Antrags sagt nichts darüber aus, dass die Verwaltungsvorgänge nur die darauf bezogenen Unterlagen enthielten, nicht aber auch weitere Unterlagen, die nicht vom Anspruch erfasst und deshalb auszusortieren waren.

Die Rüge der Klägerin, der Beklagte habe unter Verstoß gegen Art. 5 UIRL und im Widerspruch zur Rechtsprechung des EuGH im Urteil vom 9.9.1999 - Rs. C-217/97 -, NVwZ 1999, 1209, von der Rechtsprüfung bis zum Einsatz einer Schreibkraft sämtliche angefallenen Stunden in Rechnung gestellt, führt ebenfalls nicht zum Erfolg. Wie bereits das BVerwG unter Würdigung des Urteils des EuGH ausgeführt hat, ist von einem weiten Übermittlungsbegriff auszugehen, der die gesamte dem Erfolg des Informationsantrags zu Grunde liegende notwendige Behördentätigkeit erfasst. Danach schließt Art. 5 UIRL eine kostendeckende Gebühr für die Erteilung von Umweltinformationen nicht aus, die neben den Personalkosten für das Heraussuchen und die Zusammenstellung der erbetenen Unterlagen auch die Personalkosten erfasst, die durch den Schriftverkehr der Behörde mit betroffenen Dritten entstanden sind.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 27.3.2000 - 7 C 25.98 -, NVwZ 2000, 913; ebenso vorgehend: Sch.-H. OVG, Urteil vom 5.5.1998 - 4 L 21/97 -, juris.

Werden in diesem Zusammenhang wegen einer Drittbetroffenheit Rechtsprüfungen erforderlich, sind auch die dafür anfallenden Kosten ansatzfähig. Denn auch die Rechtsprüfung gehört dann zu den Behördentätigkeiten, die aus Anlass des Informationsantrags erfolgen und letztlich zu seinem Erfolg beitragen. Substantiierte Ausführungen dazu, dass der vom BVerwG zugrunde gelegte weite Über-mittlungsbegriff entgegen dessen Annahme wegen Widerspruchs zur Rechtsprechung des EuGH nicht anzuwenden ist, enthält die Zulassungsschrift nicht.

Ernstliche Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ergeben sich auch nicht mit Blick auf das Vorbringen, das VG habe den Gebührenbescheid für rechtmäßig gehalten, obwohl über den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung hinaus tatsächlich noch keine Informationen zugänglich gemacht worden seien. Entgegen ihrer Auffassung kann die Klägerin aus dem bereits erwähnten Urteil des EuGH vom 9.9.1999 nichts zu ihren Gunsten herleiten. Sie verkürzt die Aussage des EuGH, wenn sie behauptet, dieser spreche unter Nr. 59 der Entscheidung ausdrücklich davon, "dass dann keine Gebühr erhoben werden könne, wenn 'tatsächlich keine Übermittlung von Informationen i.S. von Art. 5 Richtlinie stattfindet'." In der Entscheidung ging es vielmehr nur um die Rüge der Kommission, die Bundesrepublik Deutschland habe die Umweltinformationsrichtlinie nicht ordnungsgemäß umgesetzt, weil nach der damaligen Fassung des Umweltinformationsgesetzes auch für die Ablehnung eines gestellten Antrags eine Gebühr verlangt werden könne. Nur in diesem Zusammenhang hat der EuGH eine "Übermittlung" verneint. Entsprechend lautet denn Nr. 59 der Entscheidung vollständig: "Auch kann eine Gebühr, die im Falle der Ablehnung eines Informationsantrags erhoben wird, nicht als angemessen erachtet werden, da in einem solchen Fall tatsächlich keine Übermittlung von Informationen i.S. von Art. 5 Richtlinie stattfindet." Eine Ablehnung des Antrags der Klägerin ist jedoch nicht erfolgt, vielmehr ist ihm in vollem Umfang stattgegeben worden.

Im Übrigen lag es an der Klägerin selbst, wenn sie die erbetenen Informationen erst im April 2004 erhalten hat. Bereits mit Bescheid vom 15.5.2002 war dem Antrag in der Weise stattgegeben worden, dass ab dem ersten Arbeitstag nach Bestandskraft des Bescheides gegenüber der drittbetroffenen Firma nach vorheriger Terminabsprache in den Diensträumen Akteneinsicht gewährt werde. Insoweit ist mangels Widerspruchs der Drittfirma mit Ablauf des 18.6.2002 Bestandskraft eingetreten, wie der Klägerin bekannt war. Sie hätte deshalb ab dem 19.6.2002 Akteneinsicht im beantragten Umfang nehmen können. Dem steht nicht entgegen, dass die Drittfirma in Bezug auf die von der Klägerin erst nachträglich mit Schreiben vom 23.5.2002 beantragte und grundsätzlich vom Beklagten mit Schreiben vom 4.6.2002 zugestandene Möglichkeit der Fertigung und Aushändigung von Ablichtungen teilweise Widerspruch eingelegt hatte, so dass insoweit zunächst keine Bestandskraft eingetreten war. Zum einen bezog sich der Widerspruch nur auf einzelne Unterlagen, zum anderen blieb es grundsätzlich bei der Möglichkeit der Akteneinsicht. Auf letzteren Gesichtspunkt bezog sich der Widerspruch ausdrücklich nicht. Dass dem Informationsanspruch der Klägerin durch Akteneinsicht in Verbindung mit der Möglichkeit der Fertigung von Ablichtungen der nicht vom Widerspruch betroffenen Unterlagen nicht hätte genügt werden können, ist zu keinem Zeitpunkt vorgetragen worden. Wenn die Klägerin trotzdem keinen Gebrauch davon gemacht hat, kann sie dem Beklagten nicht eine fehlende Übermittlung entgegenhalten. Der Beklagte hatte zur Erfüllung des Informationsanspruchs alles getan, was in seiner Macht lag.

Ende der Entscheidung

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