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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 13.01.2004
Aktenzeichen: VerfGH 16/02
Rechtsgebiete: GG, LV NRW, KHG NRW, KrO


Vorschriften:

GG Art. 28 Abs. 2
LV NRW Art. 78 Abs. 1
KHG NRW § 1 Abs. 2
KHG NRW § 1 Abs. 3
KHG NRW § 19 Abs. 1
KrO § 56
1. Die in § 19 Abs. 1 KHG NRW normierte Pflicht der Gemeinden zur Beteiligung an der Krankenhausumlage für förderfähige Investitionsmaßnahmen bezieht sich nicht auf eine den Kommunen fremde Aufgabe, sondern eine (auch) ihnen obliegende, eigene Aufgabe, für die sie entsprechend eine finanzielle Mitverantwortung tragen.

2. Es verstößt nicht gegen das interkommunale Gleichbehandlungsgebot, wenn der Gesetzgeber alle Gemeinden zur Umlage heranzieht, unabhängig davon, ob sie selbst Träger eines eigenen Krankenhauses sind oder sie nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KHG NRW eine subsidiäre Einstandspflicht zu Errichtung und Betrieb eines Krankenhauses trifft, und Kreise von der Umlagepflicht ausnimmt.


Tatbestand:

Die Beschwerdeführerinnen, zwei kreisangehörige Gemeinden, wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen § 19 Abs. 1 KHG NRW i.d.F. des Haushaltsbegleitgesetzes 2002, der eine Beteiligung der Gemeinden in Höhe von 20 v. H. an den Kosten der förderfähigen Krankenhausinvestitionsmaßnahmen vorsieht. Sie rügen im Wesentlichen, sie würden hierdurch unzulässiger Weise zur Finanzierung kommunalfremder Aufgaben des Landes herangezogen. Die Belastung durch die Umlage widerspreche zudem in mehrfacher Hinsicht dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz und entziehe den Gemeinden die für eine angemessene aufgabenadäquate Finanzausstattung notwendigen Mittel.

Der VerfGH NRW wies die Verfassungsbeschwerde als offensichtlich unbegründet zurück.

Gründe:

I.

1. Nach § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 KHG NRW ist die Sicherstellung der Krankenversorgung in Krankenhäusern eine öffentliche Aufgabe des Landes. Gemeinden und Gemeindeverbände wirken nach Maßgabe des Krankenhausgesetzes NRW dabei mit. Gemäß § 1 Abs. 3 KHG NRW sind Krankenhausträger in der Regel freie gemeinnützige, kommunale, private Träger und das Land. Falls sich kein anderer geeigneter Träger findet, sind Gemeinden und Gemeindeverbände verpflichtet, Krankenhäuser zu errichten und zu betreiben, kreisangehörige Gemeinden jedoch nur, wenn sie die erforderliche Finanzkraft besitzen.

§ 4 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.4.1991 (BGBl. I S. 886) enthält bundesrechtliche Vorgaben zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser. Nach dessen Satz 1 Nr. 1 werden die Investitionskosten der Krankenhäuser im Wege öffentlicher Förderung übernommen. § 9 Abs. 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz sieht vor, dass die Länder auf Antrag des Krankenhausträgers näher beschriebene Investitionskosten fördern. § 11 Satz 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz überlässt die Regelung der weiteren Einzelheiten dem Landesgesetzgeber.

§ 19 KHG NRW legt entsprechend die für Nordrhein-Westfalen maßgeblichen Förderungsgrundsätze fest. Dessen Abs. 1 ist durch Gesetz vom 19.12.2001 neu gefasst worden. Seine Sätze 3 bis 6 lauten:

"Die Gemeinden werden an den im Haushaltsplan des zuständigen Ministeriums veranschlagten Haushaltsbeträgen der förderfähigen Investitionsmaßnahmen nach § 9 Abs. 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz in Höhe von 20 v.H. beteiligt. Für die Heranziehung ist die Einwohnerzahl maßgebend. Die Sätze 1 bis 4 gelten auch für notwendigerweise mit einem Krankenhaus verbundene Ausbildungsstätten (§ 2 Nr. 1 a KHG). Eine Verrechnung mit Leistungen nach dem Gemeindefinanzierungsgesetz ist möglich."

Eine Beteiligung der Gemeinden an den Kosten förderungsfähiger Investitionsmaßnahmen war zuvor zuletzt in § 12 KHG NRW vom 25.2.1975 (GV NRW S. 210) vorgesehen. Danach wurden die Gemeinden neben den Landschaftsverbänden nach Maßgabe des jeweils geltenden Finanzausgleichsgesetzes an den förderungsfähigen Investitionskosten nach § 9 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes beteiligt. Bereits vor Erlass des Krankenhausgesetzes NRW vom 25.2.1975 hatten die Gemeinden regelmäßig für 20 % der Investitionskosten der Krankenhäuser in ihrem Gebiet, bei eigener Trägerschaft sogar für 30 % der Kosten aufzukommen (vgl. LT-Drs. 7/3815, S. 27). Seit Inkrafttreten des Krankenhausgesetzes NRW vom 3.11.1987 (GV NRW S. 392) waren die Gemeinden, um ihre Haushalte zu entlasten (vgl. LT-Drs. 10/1799, S. 1, 26), von der gesetzlichen Kostenbeteiligungspflicht befreit; zur Finanzierung der Krankenhausinvestitionen war seitdem ausschließlich das Land verpflichtet.

Aufgrund seiner angespannten Haushaltslage strebte das Land im Jahr 2001 erneut eine Beteiligungspflicht der Gemeinden an den Krankenhausinvestitionskosten an. Eine zunächst erwogene Regelung über einen Vorwegabzug im Gemeindefinanzierungsgesetz in Höhe von 20 % des Haushaltsansatzes für Krankenhausinvestitionskosten (vgl. LT-Drs. 13/1400: Entwurf zu § 19 Abs. 1 KHG NRW) wurde zugunsten der jetzigen Umlageregelung verworfen (vgl. LT-Drs. 13/1700; 13/1800).

II.

Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich unbegründet.

Die in § 19 Abs. 1 KHG NRW normierte Beteiligung der Gemeinden an den Kosten der förderfähigen Krankenhausinvestitionsmaßnahmen verletzt nicht die Vorschriften der Landesverfassung über das Recht der Selbstverwaltung. Sie verstößt auch nicht gegen das interkommunale Gleichbehandlungsgebot.

1. Die angegriffene Norm greift zwar in das in Art. 78 Abs. 1 LV NRW garantierte Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden ein. Dieser Eingriff ist aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

a) Art. 78 Abs. 1 LV NRW (Art. 28 Abs. 2 GG) gewährleistet den Gemeinden das Recht der Selbstverwaltung. Dieses Selbstverwaltungsrecht umfasst die Befugnis, die Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft im Rahmen der Gesetze eigenverantwortlich zu regeln (vgl. VerfGH NRW, OVGE 19, 297, 306; 36, 314, 316, m.w.N.; NWVBl. 2001, 340, 347; Tettinger, in Löwer/Tettinger, LV NRW, 2002, Art. 78 Rdnr. 30) und in diesem Rahmen über die zur Verfügung stehenden Finanzmittel frei zu disponieren. Diese Dispositionsfreiheit ist Grundlage einer sinnvollen eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung. Die Gemeinde vermag nur dann eine selbst gewählte Aufgabe (freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe) zu ergreifen, wenn sie auch über die zu ihrer Wahrnehmung notwendigen finanziellen Mittel verfügen kann.

b) In dieses Recht wird eingegriffen, wenn der Gesetzgeber die Verwendung eines Teils der bisher ungebundenen Finanzmittel zu bestimmten Zwecken festschreibt. In diesem Falle kann die Gemeinde diese Finanzmittel nicht mehr nach eigener Zwecksetzung einsetzen. Ihre Möglichkeiten zur eigenverantwortlichen Aufgabensetzung und -wahrnehmung sind entsprechend eingeschränkt (vgl. VerfGH NRW, OVGE 38, 301, 304 f.; 47, 249, 259).

Die angegriffene Norm entzieht den Gemeinden zwar nicht unmittelbar einen Teil ihrer Finanzmittel. Sie legt aber dem Grunde nach die Zahlungspflicht der Gemeinden fest, deren Höhe im Einzelfall von den jeweiligen im Haushaltsplan veranschlagten Haushaltsbeträgen der förderfähigen Investitionsmaßnahmen abhängt.

c) Dieser gesetzliche Eingriff ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

aa) Die in der angegriffenen Vorschrift normierte Pflicht zur Beteiligung an der Krankenhausumlage bezieht sich nicht auf eine den Kommunen fremde Aufgabe, sondern auf eine (auch) ihnen obliegende, eigene Aufgabe, für die sie entsprechend eine finanzielle Mitverantwortung tragen.

(1) Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft i.S.d. Art. 78 LV NRW sind diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben. Sie sind den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der politischen Gemeinde betreffen; dabei kommt es auf die Verwaltungskraft der Gemeinde nicht an. Bei der Prüfung, ob und inwieweit eine bestimmte Aufgabe sich als Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft darstellt, steht dem zuständigkeitsverteilenden Gesetzgeber grundsätzlich ein Einschätzungsspielraum zu. Die Einschätzung des Gesetzgebers hat anhand von Sachkriterien unter Orientierung an den Anforderungen zu erfolgen, die an eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung zu stellen sind (vgl. VerfGH NRW, OVGE 42, 270, 272).

(2) Die vorgesehene Umlage dient nicht zur Finanzierung der Erfüllung einer ausschließlichen Aufgabe des Landes. Die öffentliche Förderung der Krankenhausinvestitionen ist vielmehr Teil der umfassenden Sachaufgabe der Krankenhausversorgung der Bevölkerung. Diese hat der Landesgesetzgeber, ohne die Grenzen seines Einschätzungsspielraums zu überschreiten, im Krankenhausgesetz NRW als eine Angelegenheit ausgestaltet, die auch der örtlichen Gemeinschaft obliegt.

(a) § 1 Abs. 2 Satz 1 KHG NRW bezeichnet zwar die Sicherstellung der Krankenversorgung in Krankenhäusern als eine öffentliche Aufgabe des Landes. An ihrer Erfüllung wirken aber nach § 1 Abs. 2 Satz 2 KHG NRW Gemeinden und Gemeindeverbände mit. Das Krankenhausgesetz NRW nimmt eine differenzierte Zuordnung der im Bereich der Krankenhausversorgung im Einzelnen anfallenden Aufgaben vor. Danach obliegen dem Land die Aufgaben, die landeseinheitliche oder raumübergreifende Entscheidungen fordern. Dies sind insbesondere die landesweite Krankenhausplanung (§§ 13 ff. KHG NRW) und die Aufstellung von Förderungsgrundsätzen und Investitionsprogrammen (§§ 19 ff. KHG NRW). Die kommunalen Körperschaften wirken im Wesentlichen in zweifacher Weise an der Erfüllung der gemeinsamen Aufgabe mit. Nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KHG NRW sind sie, falls sich kein anderer geeigneter Träger eines Krankenhauses in ihrem Gebiet findet, verpflichtet, Krankenhäuser zu errichten und zu betreiben. Von dieser subsidiären Verpflichtung zur Vorhaltung eigener kommunaler Krankenhäuser ausgenommen sind allein solche kreisangehörige Gemeinden, die nicht die für eine eigene Trägerschaft erforderlichen Finanzmittel besitzen. Gleichwohl sind auch diese Gemeinden nicht gänzlich aus ihrer Verantwortung für die Krankenhausversorgung entlassen. Die weitere im Krankenhausgesetz NRW verankerte wesentliche Mitwirkungspflicht trifft sie ebenso wie alle anderen Gemeinden: Gemäß dem - mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen - § 19 Abs. 1 KHG NRW haben sich alle Gemeinden an der Krankenhausfinanzierung zu beteiligen. Mit Hilfe der vom Land und den Gemeinden aufgebrachten Gelder werden gesetzlich näher beschriebene Krankenhausinvestitionen gefördert. Sind die Gemeinden selbst Träger eines Krankenhauses, kommen die Aufwendungen zur Krankenhausumlage ihren Krankenhäusern im Wege von Zuschüssen und Zuweisungen zu Investitionsmaßnahmen zugute. Gefördert werden aber auch Krankenhäuser in anderer Trägerschaft. Die gemeindliche Beteiligung an dieser Förderung erfolgt unabhängig davon, ob sich die jeweilige Gemeinde konkret durch ein von einem anderen Träger gehaltenes Krankenhaus entsprechend dem in § 1 Abs. 3 Satz 2 KHG NRW normierten Subsidiaritätsprinzip ein eigenes Engagement erspart. Die Umlagepflicht hängt daher nicht von der subsidiären kommunalen Einstandspflicht ab, sondern hat nach der gesetzlichen Konzeption ihren Grund in der nach § 1 Abs. 2 Satz 2 KHG NRW alle Gemeinden treffenden Pflicht, zur Sicherstellung der ausreichenden Krankenhausversorgung beizutragen (vgl. BVerfGE 83, 363, 376 ff. zu den entsprechenden Bestimmungen des rheinland-pfälzischen Krankenhausreformgesetzes vom 29.6.1973).

(b) Die Gemeinden wirken danach nicht nur an der Erfüllung einer - ihnen fremden - Aufgabe des Landes mit. Dies entspräche nicht der gesetzgeberischen Intention, nach der die ausdrückliche Erwähnung der Kommunen gerade deren hoher Verantwortung auf diesem Gebiet Rechnung tragen soll (vgl. Begründung des Gesetzesentwurfs der Regierung, LT-Drs. 12/3073, S. 50). Unter Berücksichtigung dieser besonderen Verantwortung hat der Landesgesetzgeber, ohne seinen Einschätzungsspielraum zu überschreiten, die die Kommunen treffenden Aufgaben im Bereich der Krankenhausversorgung als pflichtige Selbstverwaltungsangelegenheiten ausgestaltet (vgl. bereits VerfGH NRW, OVGE 47, 249, 277).

Für diese Einordnung spricht, dass die allgemeine Krankenhausversorgung (auch) wesentlicher Teil der ortsnah sicherzustellenden Daseinsvorsorge der Bevölkerung ist (vgl. auch Tettinger, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl. 2000, Art. 28 Abs. 2 Rdnrn. 208, 213). Krankenhäuser, die sich ausschließlich auf die Behandlung bestimmter Krankheiten spezialisiert haben und daher auf die Versorgung eines größeren Raumes angelegt sind, können durchaus weiter entfernt liegen. Zu den elementaren Grundvoraussetzungen sozialer Existenz gehört hingegen, dass sich in erreichbarer Entfernung ein Krankenhaus befindet, um jedenfalls die allgemeine stationäre Grund- und Notfallversorgung sicherzustellen. Die Krankenhausversorgung muss zudem den spezifischen örtlichen Gegebenheiten Rechnung tragen. Je nach Größe der Gemeinde kommt insoweit auch der Standortauswahl innerhalb des Gemeindegebietes eine erhebliche Bedeutung zu. Dies zeigt, dass die Krankenhausversorgung einen starken Bezug zur örtlichen Gemeinschaft und zu deren spezifischen Interessen hat.

Die historische Entwicklung bestätigt diese Einschätzung. So war den Kommunen seit jeher angelegen, eine ausreichende Krankenversorgung ihrer Bevölkerung vor Ort sicherzustellen (vgl. Hue de Grais/Peters, Hrsg., Handbuch der Verfassung und Verwaltung in Preußen und dem Deutschen Reiche, 24. Aufl. 1927, § 243, S. 484, Fn. 1; Laux, in: Püttner, Hrsg., Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, Band 4, 2. Aufl. 1983, S. 423; Erichsen, Grundzüge des Kommunalrechts, in: Grimm/Papier, Hrsg., Nordrhein-Westfälisches Staats- und Verwaltungsrecht, 1986, S. 105, 125). Zwar waren sie nicht stets gezwungen, ein eigenes Krankenhaus zu betreiben, da in der Vergangenheit insbesondere kirchliche Träger - häufig unter Leitung eines karitativen Ordens - sich der Krankenversorgung widmeten. Um deren Tätigkeit zu unterstützen, leisteten die Gemeinden aber bereits früher, soweit erforderlich, finanzielle Hilfestellung. So waren die Gemeinden vor Inkrafttreten des Krankenhausgesetzes NRW vom 25.2.1975, das in § 12 eine Beteiligung der Gemeinden an den Krankenhausinvestitionskosten statuierte, in der Regel mit 20 v.H. und als Träger eines eigenen Krankenhauses sogar mit 30 v.H. an der Finanzierung von Einzelobjekten beteiligt. Darüber hinaus hatten sie Mittel in erheblicher Höhe zur Abgeltung von Betriebsverlusten eingesetzt (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung vom 30.4.1974, LT-Drs. 7/3815, S. 27).

Zwar können sich die maßgeblichen Umstände im Laufe der Zeit derart ändern, dass eine vormals örtliche Aufgabe eine überörtliche Dimension erhält, die auch eine gesetzliche Hochzonung der Aufgabenerledigung trägt. Derartige Umstände sind hier indes hinsichtlich der allgemeinen Krankenhausversorgung weder ersichtlich noch vorgetragen. Insbesondere beruhte der spätere Wegfall der Krankenhausumlage im Krankenhausgesetz NRW vom 3.11.1987 nicht auf einer geänderten gesetzgeberischen Einschätzung der Situation. Er diente allein der Entlastung der kommunalen Haushalte (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung vom 12.3.1987, LT-Drs. 10/1799, S. 76), ohne dass damit ein gesetzlicher Entzug der (auch) kommunalen Aufgabe der Krankenhausversorgung verbunden gewesen wäre. Entsprechend sah § 1 Abs. 2 Satz 2 KHG NRW vom 3.11.1987 unverändert eine Mitwirkung der Kommunen bei Erledigung dieser Aufgaben vor. § 1 Abs. 3 Satz 2 KHG NRW der damaligen Fassung erlegte den Kommunen wie bereits zuvor § 2 Abs. 3 Satz 2 KHG NRW vom 25.2.1975 die Einstandspflicht zur Errichtung und Betrieb eines Krankenhauses auf, wenn sich kein anderer geeigneter Träger fand.

(3) Ist die Krankenversorgung der Bevölkerung in Krankenhäusern (auch) eine pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe, so ist grundsätzlich von Verfassungs wegen nichts gegen eine Beteiligung der Gemeinden an der Krankenhausumlage einzuwenden. Die in § 19 Abs. 1 KHG NRW normierte Förderpflicht stellt die Fortsetzung der Sachaufgabe dar, die Versorgung der eigenen Bevölkerung in diesem Bereich sicherzustellen. Die eingesetzten Fördermittel kommen der Erledigung der auch den Gemeinden obliegenden Aufgabe zugute. Dies gilt nicht nur, wenn sich die Krankenhäuser in kommunaler Trägerschaft befinden, sondern auch wenn Krankenhäuser in anderer Trägerschaft nach Maßgabe des Gesetzes unterstützt werden. Auch diese Krankenhäuser tragen dazu bei, die Aufgabe der Krankenhausversorgung zu erfüllen, und ersparen gegebenenfalls den Gemeinden, selbst ein Krankenhaus betreiben zu müssen (vgl. BVerfGE 83, 363, 385).

(4) Die Krankenhausversorgung der Bevölkerung nach dem Krankenhausgesetz NRW ist primär eine Aufgabe des Landes. Demgemäß trägt das Land nach § 19 Abs. 1 KHG NRW 80 v.H. der aufzubringenden Haushaltsbeträge selbst. Eine übermäßige Belastung der Gemeinden in ihrer Gesamtheit im Verhältnis zum Land kann bei dieser Verteilung nicht festgestellt werden. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerinnen darf insoweit nicht nur berücksichtigt werden, welche Fördermittel wieder Krankenhäusern in kommunaler Trägerschaft zufließen, da auch die Krankenhäuser in anderer Trägerschaft - wie oben ausgeführt - zur Erfüllung der auch den Gemeinden obliegenden Aufgabe beitragen.

bb) Es ist weiterhin nicht dargetan, dass den Gemeinden durch die gesetzliche Verpflichtung zur Beteiligung an der Krankenhausumlage die finanzielle Grundlage für eine ausreichende, eigenverantwortliche Selbstverwaltungstätigkeit entzogen würde.

Das Recht auf gemeindliche Selbstverwaltung umfasst auch das Recht auf eine angemessene Finanzausstattung, da sich kommunale Selbstverwaltung nur wirksam entfalten kann, wenn Gemeinden und Gemeindeverbände über hinreichende finanzielle Mittel verfügen. Der Gesetzgeber hat zu beachten, dass die Selbstverwaltung ohne angemessene Mindestausstattung nicht sinnvoll wahrgenommen werden kann (vgl. VerfGH NRW, OVGE 38, 301, 303, 312, 314; 40, 300, 302; 43, 252, 254; NWVBl. 2003, 261, 263). Verletzt ist die Finanzausstattungsgarantie, wenn einer sinnvollen Betätigung der Selbstverwaltung die finanzielle Grundlage entzogen und dadurch das Selbstverwaltungsrecht ausgehöhlt wird (VerfGH NRW, NWVBl. 1999, 136, 137). Dabei kann die Höhe der gemeindlichen Finanzausstattung trotz des hohen Stellenwertes der Selbstverwaltungsgarantie jedoch nicht losgelöst von der finanziellen Lage des Landes allein nach den Bedürfnissen der örtlichen Gemeinschaft, sondern nur unter angemessener Berücksichtigung des finanziellen Bedarfs und der Haushaltssituation des Landes bestimmt werden (vgl. VerfGH NRW, OVGE 47, 249, 252; 40, 300, 303 f.; 38, 301, 308). Die Haushaltslage der Kommunen ist ohne Zweifel angespannt. Indes gilt dies ebenso offenkundig für die Haushaltslage des Landes. Vor diesem Hintergrund ist nicht dargetan oder ersichtlich, dass die Gesamtausstattung der Gemeinden wegen der hier auferlegten Finanzierungspflicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügte.

2. Erweitert der Gesetzgeber - wie hier durch die zusätzliche Auferlegung einer Beteiligung an der Krankenhausumlage - den Pflichtenkreis der Kommunen, so ist sein Gestaltungsspielraum begrenzt durch das dem allgemeinen Gleichheitssatz immanente Willkürverbot, das als Element des objektiven Gerechtigkeitsprinzips der Rechtsstaatlichkeit innewohnt. Dieses Verbot gilt auch im Verhältnis der Hoheitsträger zueinander (vgl. VerfGH NRW, OVGE 40, 300, 302; siehe auch BVerfGE 21, 362, 372; 23, 353, 373). Die landesgesetzlichen Regelungen dürfen demgemäß nicht willkürlich oder in sich widersprüchlich, sondern müssen von sachgerechten Erwägungen getragen sein (vgl. VerfGH NRW, OVGE 40, 300, 302; 43, 252, 254 f.).

Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen hält die angegriffene Regelung sowohl im Hinblick auf den Kreis der zur Umlage herangezogenen Kommunen als auch hinsichtlich des gewählten Maßstabs zur Höhe der Beteiligungspflicht stand.

a) Es ist sachgerecht, dass sich auch die Gemeinden an der Umlage zur Finanzierung der Krankenhausinvestitionen beteiligen, die selbst nicht Träger eines eigenen Krankenhauses sind. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 KHG NRW obliegt - wie oben ausgeführt - allen Gemeinden die Sicherstellung einer ausreichenden Krankenhausversorgung ihrer Bevölkerung als (auch) eigene Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft. Von diesem Ansatz her ist es gerechtfertigt, wenn alle Gemeinden an der Umlage beteiligt werden, da die so aufgebrachten Fördermittel zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgabe beitragen. Unerheblich ist es insoweit, ob die einzelne Gemeinde selbst Träger eines Krankenhauses ist. Wird in ihrem Gebiet die Krankenversorgung in Krankenhäusern durch einen oder mehrere fremde Träger sichergestellt, so wird eben durch deren Tätigkeit die (auch) kommunale Aufgabe erfüllt. Befindet sich im Gemeindegebiet kein Krankenhaus und wird die Krankenversorgung der eigenen Bevölkerung durch Krankenhäuser in benachbarten Gemeinden - in kommunaler oder anderer Trägerschaft - garantiert, so ist es angemessen, dass sich die krankenhausfreien Gemeinden an der Förderung auch dieser Krankenhäuser beteiligen, weil sie zur Erfüllung der eigenen Aufgabe beitragen.

b) Vor diesem Hintergrund ist es ebenfalls widerspruchsfrei, wenn der Gesetzgeber auch die kreisangehörigen Gemeinden im Wege der Umlage an den Kosten der Krankenhausinvestitionen beteiligt, die selbst nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KHG NRW keine subsidiäre Einstandspflicht zu Errichtung und Betrieb eines Krankenhauses trifft. Sind kreisangehörige Gemeinden von dieser Einstandspflicht mit Rücksicht auf ihre Finanzschwäche befreit, so erfordert dies nämlich nicht eine völlige Befreiung von jeder Verpflichtung im Bereich der Krankenhausversorgung. Mögen auch die Mittel zu Errichtung und Betrieb eines eigenen Krankenhauses fehlen, so steht einer Beteiligung an der Umlage, die sich vermittelt über das Kriterium der Einwohnerzahl auch an der Finanzkraft der Gemeinde orientiert, nichts entgegen. Die Beteiligung an der Aufbringung der notwendigen Fördermittel ist im Übrigen kein bloßer Annex zu der subsidiären Vorhaltepflicht nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KHG NRW, sondern ein eigenständiger Beitrag zur Erfüllung der in § 1 Abs. 2 Satz 2 KHG NRW allen Gemeinden übertragenen Mitverantwortung im Bereich der Krankenhausversorgung. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob eine Gemeinde im Einzelfall an der Förderung eines fremden Trägers eines Krankenhauses in ihrem Gebiet ein besonderes Interesse hat, weil dieser sie von der Pflicht zur Errichtung eines eigenen Krankenhauses befreit.

c) Als nicht sachwidrig erweist sich ebenso, in die Umlagepflicht nach § 19 Abs. 1 KHG NRW nicht auch die Kreise einzubeziehen. Zwar haben auch sie gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 KHG NRW an der Krankenhausversorgung mitzuwirken; sie sind subsidiär einstandspflichtig nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KHG NRW. Ihnen kommt insoweit insbesondere im Hinblick auf weniger leistungsstarke Gemeinden eine Ausgleichs- und Ergänzungsfunktion zu (vgl. hierzu BVerfGE 79, 127, 152). Würden die Kreise aber zusätzlich zu den kreisangehörigen Gemeinden nach Maßgabe der Einwohnerzahl des Kreises an der Umlage beteiligt, führte dies zu einer ungerechtfertigten Bevorzugung der kreisfreien Städte. Die Einwohner der kreisfreien Städte würden nur einmal bei Bemessung des jeweils zu entrichtenden Betrages berücksichtigt, während die Einwohner kreisangehöriger Gemeinden sowohl den Gemeinden als auch den Kreisen angerechnet würden. Eine dann - bei im Übrigen gleichbleibender Finanzlage - notwendige Erhöhung der Kreisumlage nach § 56 Abs. 1 KrO NRW vom 14.7.1994 (GV NRW S. 646) hätte zur Folge, dass die angehörigen Gemeinden nicht nur ihren eigenen Umlageanteil aufzubringen, sondern darüber hinaus mittelbar ein weiteres Mal für die Krankenhausfinanzierung aufzukommen hätten. Ein derart offenkundig unbilliges Ergebnis ließe sich zwar vermeiden, indem die Einwohner kreisangehöriger Gemeinden bei Bemessung des Umlageanteils nur jeweils anteilig dem Kreis und den kreisangehörigen Gemeinden zugerechnet würden. Aufgrund der regelmäßig zu erwartenden Refinanzierung des Kreises über die Kreisumlage würde im Ergebnis die finanzielle Last doch wieder die Gemeinden treffen. Die nunmehr vom Gesetzgeber gewählte Lösung vermeidet in Bezug auf die Krankenhausinvestitionsumlage den Umweg einer solchen kreisinternen Refinanzierung.

d) Schließlich verfängt der Einwand der Beschwerdeführerinnen nicht, die zugesagte anderweitige finanzielle Entlastung werde nach anderen Kriterien vorgenommen und sei daher nicht geeignet, die konkrete Mehrbelastung der einzelnen Gemeinde durch die Krankenhausumlage auszugleichen. Zwischen der Heranziehung zur Krankenhausumlage sowie etwaigen anderweitigen Finanzhilfen (auch in Form von Entlastungen) mag im Rahmen der politischen Diskussion ein Zusammenhang hergestellt worden sein. Dies ändert freilich nichts daran, dass rechtlich kein solcher unmittelbarer Zusammenhang besteht. Entsprechend ist die in § 19 Abs. 1 Satz 4 KHG NRW normierte Berechnung der Höhe der Krankenhausumlage nach der Einwohnerzahl allein danach zu beurteilen, ob sie eine für ihren Bereich sachgerechte Bemessung ermöglicht. Dies ist der Fall, da sich die Verantwortung der jeweiligen Gemeinde im Bereich der Krankenhausversorgung gerade auf die Einwohner ihres Gebietes erstreckt, so dass deren Anzahl - bei typisierender Betrachtungsweise - einen angemessenen Anknüpfungspunkt zur Bemessung der Höhe der Umlagepflicht bietet. Soweit der Gesetzgeber im Übrigen den Gemeinden finanzielle Hilfen oder Entlastungen gewährt, hat auch dies nach sachgerechten Kriterien zu geschehen. Die Belastung durch die Krankenhausumlagepflicht mag in diesem Falle ein Kriterium unter vielen sein; jedenfalls kann die Umlagepflicht keine entsprechende Pflicht zur Gewährung von anderweitigen Finanzhilfen oder Entlastungen unmittelbar auslösen.

Ende der Entscheidung

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