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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 20.02.2008
Aktenzeichen: 1 A 10886/07.OVG
Rechtsgebiete: LUIG, 12. BImSchV, RL 90/313/EWG, RL 2003/4/EG, RL 96/82/EG, RL 2003/105/EG


Vorschriften:

LUIG § 3 Abs. 1
LUIG § 8 Abs. 1 Nr. 1
LUIG § 8 Abs. 1 Nr. 4
LUIG § 9 Abs. 1 Nr. 1
LUIG § 9 Abs. 1 Nr. 3
12. BImSchV § 11 Abs. 1
12. BImSchV § 11 Abs. 2
12. BImSchV § 11 Abs. 3
RL 90/313/EWG Art. 3 Abs. 2
RL 2003/4/EG Art. 4 Abs. 2
RL 96/82/EG Art. 20
RL 2003/105/EG Art. 19 Abs. 1 a
1. § 8 Abs. 1 Nr. 1 LUIG fordert in der durch europarechtliche Bestimmungen gebotenen engen Auslegung eine ernsthafte, konkrete Gefährdung der durch die Vorschrift geschützten Güter der öffentlichen Sicherheit. Zu diesen gehören auch Individualrechtsgüter.

2. Zur Erfüllung des Ausschlusstatbestandes des § 8 Abs. 1 Nr. 1 LUIG müssen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sein, dass gerade das Bekanntgeben der Informationen die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts erhöht.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 A 10886/07.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Umweltinformation

hat der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Februar 2008, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Zimmer Richter am Oberverwaltungsgericht Schneider Richterin am Verwaltungsgericht Brink ehrenamtlicher Richter Dipl.-Ingenieur Itschert ehrenamtlicher Richter Kaufmann Knödler

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 24. April 2007 wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klage zurückgenommen worden ist.

Der Bescheid vom 20. April 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2006 wird, soweit die Fragen zu 1) bis 3) des Schreibens vom 14. März 2006 betroffen sind, aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, die Fragen zu 1) bis 3) zu beantworten.

Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger 2/5 und der Beklagte 3/5.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung der Erteilung von Umweltinformationen durch den Beklagten.

Mit Schreiben vom 14. März 2006 an den Beklagten bat der Landesarbeitskreis Umweltchemikalien NW des Klägers, gestützt auf das Landesumweltinformationsgesetz und die zugrunde liegende EG-Richtlinie, um Mitteilung u.a. folgender Informationen:

1. Welche Betreiber unter welcher Adresse unterliegen in Rheinland-Pfalz den Pflichten nach der Störfall-Verordnung?

2. Welche Betriebsbereiche oder Anlagen dieser Betreiber unter welcher Adresse unterliegen Pflichten nach der Störfall-Verordnung mit Grundpflichten oder erweiterten Pflichten?

3. Für welche Anlagen in den genannten Betriebsbereichen wurde aus welchen Gründen eine Befreiung nach § 9 Abs. 6 Störfall-Verordnung zugelassen?

Der Kläger wies darauf hin, dass ohne die Liste eine gezielte Einsicht in einzelne Sicherheitsbereiche und Notfallpläne nicht möglich sei. Sie sei somit Voraussetzung für die Möglichkeit der Wahrnehmung des Informationsrechtes.

Mit Bescheid vom 20. April 2006 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte er aus, die gewünschten Angaben bezögen sich auf konkrete Daten aus äußerst sensiblen, sicherheitsrelevanten Bereichen. Diese Informationen seien gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Landesinformationsgesetzes - LUIG - für die Öffentlichkeit nicht zugänglich, da die Bekanntgabe nachteilige Auswirkungen auf bedeutsame Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit hätte und das Geheimhaltungsinteresse überwiege. In Anbetracht der Terrorangriffe vom 11. September 2001 in den USA und der dadurch angepassten Sicherheitspolitik sei es nicht vertretbar, einzelne dieser Betriebsdaten zur Weiterverbreitung herauszugeben. Die Abwägung mit dem Zugangsinteresse des Klägers führe zu keiner anderen Bewertung, da der Schutz der Bevölkerung vor der Gefahr von Angriffen auf Leben, Körper und Gesundheit bzw. auf wertvolle Sachgüter dem Informationsinteresse vorgehe. Zudem würden durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart. Der Beklagte machte daher nur Angaben zur Anzahl der in den Fragen zu 1) bis 3) betroffenen Betriebsbereiche und Anlagen.

Der Widerspruch des Klägers vom 20. Mai 2006 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2006 zurückgewiesen.

Am 27. Juli 2006 hat der Kläger Klage erhoben, die mit Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 24. April 2007 abgewiesen worden ist. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass dem grundsätzlich berechtigten Auskunftsbegehren des Klägers § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LUIG in der aufgrund europarechtlicher Bestimmungen gebotenen engen Auslegung entgegen stehe. Die Bekanntgabe der in Frage stehenden Informationen stelle eine ernsthafte, konkrete Gefahr für bedeutsame Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit dar, da sie mitursächlich für einen terroristischen Anschlag auf einen Störfallbetrieb oder für die Entwendung von gefährlichen Stoffen aus einem Störfallbetrieb werden könne. Ein überwiegendes Interesse an der Erteilung der Informationen komme angesichts der Gefährdung zahlreicher Menschenleben nicht in Betracht. Ein einschränkungsloser Informationsanspruch für den Kläger lasse sich auch nicht aus den Wertungen der Störfall-Verordnung ableiten.

Im Hinblick auf die vom Kläger in seinem Schreiben vom 14. März 2006 mit den Fragen zu 4) und 5) geforderten Umweltinformationen hat dieser in der mündlichen Verhandlung vom 24. April 2007 die Klage zurückgenommen, sodass das Verwaltungsgericht das Verfahren insoweit eingestellt hat.

Mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung macht der Kläger geltend:

Der Ausschlussgrund des § 8 Abs. 1 Satz 1 LUIG fordere das Vorliegen einer ernsthaften, konkreten Gefahr für die geschützten Belange. Zu berücksichtigen sei dabei nicht nur Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der zugrunde liegenden Richtlinie 2003/4/EG, der ausdrücklich eine enge bzw. restriktive Auslegung der Ablehnungsgründe verlange, sondern auch der Gesichtspunkt des effet utile. Dies gelte selbst bei höchstem Gewicht drohender Rechtsgutbeeinträchtigungen; ansonsten sei nur eine Bedrohungslage vorhanden. Höchstrichterlich würden auch für eine Dauergefahr konkrete Anhaltspunkte im Tatsächlichen, die eine Gefahrenlage begründen könnten, gefordert. Es müsse daher geprüft werden, wie relevant die vom Antragsteller begehrten Daten tatsächlich für terroristische Planungen seien. Die Adressdaten von Störfallanlagen ließen keinen Aufschluss darüber zu, inwieweit sich eine Anlage für terroristische Zwecke eigne.

§ 11 der Störfall-Verordnung sehe vor, dass ein Informationsbestand, der weit über das Auskunftsbegehren des Klägers hinausgehe, öffentlich zugänglich sei. Es könne nicht geschlussfolgert werden, dass die Weitergabe von jedermann zugänglichen Informationen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit sei. Unabhängig davon ergebe sich der einschränkungslose Zugang zu den erbetenen Informationen auch aus der Berücksichtigung des Art. 20 der Seveso-II-Richtlinie wonach die zuständigen Behörden die gemäß der Richtlinie eingegangenen Informationen jeder natürlichen und juristischen Person zur Verfügung stellen müssten.

Außerdem handele es sich bei dem Zugang zu Umweltinformationen um ein Recht, das aus Art. 174 EG-Vertrag resultiere, der wiederum - übertragen auf die Maßstäbe das nationalen Rechts - der Staatszielbestimmung Umweltschutz nach Art. 20 a GG gleichkomme. Das Informationsinteresse des Klägers sei damit nicht bloß ein einfachgesetzliches.

Mit der Einsichtnahme in die Sicherheitsberichte und Notfallpläne der Betriebe und deren Auswertung sollten etwaige Sicherheitslücken oder Beanstandungen sowohl bei den Betreibern als auch bei den Behörden angemahnt und Anstöße zu deren Beseitigung gegeben werden. Dies trage zu einer höheren Sicherheit von Störfallanlagen insgesamt bei. Die Rechtsgüter Leib, Leben und Gesundheit seien nicht nur durch Terrorangriffe auf Störfallbetriebe bedroht, sondern auch Gefahren durch Sicherheitsmängel und Unfälle in Störfallbetrieben ausgesetzt, deren Realisierung wesentlich wahrscheinlicher sei. Die Prüfung der Nachteile für bedeutsame Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit im Rahmen der Abwägung müsse also die Prüfung mit umfassen, ob nicht bedeutsame Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit durch ein Zurückhalten der Informationen stärker beeinträchtigt werden könnten als durch deren Bekanntgabe. Sensible Daten würden nicht unkontrolliert veröffentlicht.

Die Herausgabe der Informationen habe auch nicht mit Blick auf den Schutz personenbezogener Daten verweigert werden dürfen, da dieser nur natürlichen Personen zugute komme.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 24. April 2007 insoweit abzuändern, als die Fragen zu 1) und 3) betroffen sind, den Bescheid vom 20. April 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2006 aufzuheben, soweit die Fragen zu 1) bis 3) betroffen sind und den Beklagten zu verpflichten, die Fragen zu 1) bis 3) zu beantworten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass Rechtsgrundlage des Auskunftsbegehrens des Klägers ausschließlich § 8 Abs. 1 Nr. 1 LUIG sei. Weder bestehe ein Umsetzungsdefizit bezüglich des Art. 20 der Seveso-II-Richtlinie noch enthalte die StörfallVerordnung Auskunftspflichten gegenüber der Allgemeinheit. Dass auch der europäische Richtliniengeber in der Bekanntgabe von Namen oder Firmen von Störfallanlagen sowie der Anschrift ihres Betriebes und der darin vorgenommenen Tätigkeiten eine besondere Gefährdung sehe, könne man der Neuregelung des Art. 19 Abs. 1a der Seveso-II-Richtlinie in der Fassung der Änderungsrichtlinie 2003/105/EG entnehmen, die den Zugang zu der europäischen Datenbank über Störfallbetriebe auf ermächtigte Personen beschränke. Daten über Störfallbetriebe seien nach § 11 der Störfall-Verordnung nicht allgemein der Öffentlichkeit zugänglich. Vor Ort Einsicht nehmende Personen könnten jederzeit überprüft werden. Schon die Preisgabe von Detailinformationen widerspreche dem Gesichtspunkt der öffentlichen Sicherheit. Für potentielle Straftäter mache es einen Unterschied, ob er ohne Vorkenntnisse eigene Recherchen durchführen müsse oder ob ihm eine landesweite Übersicht über die Störfallbetriebe zur Verfügung stehe.

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätzen der Beteiligten. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hätte die Klage nicht abweisen dürfen, da dem Kläger ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Informationen durch den Beklagten zusteht.

1. Rechtsgrundlage des klägerischen Auskunftsverlangens ist § 3 Abs. 1 des Landesumweltinformationsgesetzes vom 19. Oktober 2005 (GVBl. S. 484; - LUIG -). Nach dieser Vorschrift hat jede Person nach Maßgabe des Landesumweltinformationsgesetzes Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle i.S. des § 2 Abs. 1 LUIG verfügt, ohne ein rechtliches oder berechtigtes Interesse darlegen zu müssen. Mit seinem im Wesentlichen auf Bekanntgabe der in Rheinland-Pfalz der Störfall-Verordnung unterliegenden Betreiber und der Pflichten nach der StörfallVerordnung unterliegenden Betriebsbereiche und Anlagen dieser Betreiber gerichteten Auskunftsverlangen begehrt der Kläger von der Landesregierung als informationspflichtiger Stelle nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 LUIG die Mitteilung von Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten, die den Schutz von Umweltbestandteilen wie Luft, Wasser und Boden bezwecken, und damit die Erteilung von Umweltinformationen i.S. des § 2 Abs. 3 Nr. 3 b LUIG. Dies folgt daraus, dass die Auferlegung von Pflichten nach der 12. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Störfall-Verordnung - 12. BImSchV) vom 26. April 2000 in der Neufassung vom 8. Juni 2005 (BGBl. I S. 1598), wie sich den Erwägungsgründen der der Störfall-Verordnung zugrunde liegenden Richtlinie 96/82/EG des Rates vom 9. Dezember 1996 zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen (ABl. L Nr. 10, S. 13 - Seveso-II-Richtlinie) entnehmen lässt, dazu beitragen soll, durch vorbeugende Maßnahmen schwere Unfälle durch den Einsatz gefährlicher Stoffe bei Industrietätigkeiten zu verhüten und die Unfallfolgen für Mensch und Umwelt zu begrenzen. Der besondere Bezug zum Umweltschutz als Schutzziel des Störfallrechts wird auch dadurch deutlich, dass ein Störfall i.S. des § 2 Nr. 3 der Störfall-Verordnung auch dann anzunehmen ist, wenn durch ein Ereignis ausschließlich Umweltgüter beschädigt werden können (vgl. § 2 Nr. 4 c der Störfall-Verordnung; hierzu: Hermann/Neuser, Forschungsbericht 20248376 des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, August 2004, S. B - 37).

2. Dem somit dem Kläger grundsätzlich zustehenden Anspruch auf Zugang zu den von ihm verlangten Umweltinformationen kann ein Ablehnungsgrund nach §§ 8, 9 LUIG mit Blick auf die Notwendigkeit des Schutzes öffentlicher oder sonstiger Belange nicht entgegengehalten werden.

a) Der Zugang zu den begehrten Informationen lässt nachteilige Auswirkungen auf bedeutsame Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 LUIG nicht befürchten.

Der Beklagte geht davon aus, dass in Anbetracht der durch die Terrorangriffe vom 11. September 2001 in den USA veränderten Sicherheitslage auch in der Bundesrepublik Deutschland durch die Herausgabe der Daten das Risiko gezielter terroristischer Anschläge auf der Störfall-Verordnung unterliegende Betriebe erhöht werde. Dies ziehe erhebliche Gefahren für Leben und Gesundheit einer unübersehbaren Zahl von Menschen nach sich, zumal die Anlagen nur schwer gegen Angriffe geschützt werden könnten. Entgegen der Ansicht des Beklagten reichen aber die Auswirkungen, die von der bloßen Bekanntgabe der Betreiber sowie der Betriebsbereiche und Anlagen dieser Betreiber unter Einschluss der Adressen ohne Mitteilung weitergehender Einzelheiten ausgehen, nicht aus, um den Ausschlusstatbestand des § 8 Abs. 1 Nr. 1 LUIG zu erfüllen.

aa) § 8 Abs. 1 Nr. 1 LUIG fordert in der durch europarechtliche Bestimmungen gebotenen engen Auslegung eine ernsthafte, konkrete Gefährdung der in der Vorschrift geschützten Belange (so auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. Juni 2006 - 8 A 10267/06 -, NVwZ 2007, S. 351).

Bereits die Entstehungsgeschichte des Landesumweltinformationsgesetzes macht deutlich, dass ein möglichst umfassender Zugang zu Umweltinformationen der Verbesserung des Umweltschutzes dienen sollte. Die Richtlinie 90/313/EWG des Rates vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt (ABl. L Nr. 158, S. 56), welche durch die Regelungen des ursprünglichen Umweltinformationsgesetzes vom 8. Juli 1994 (BGBl. I S. 1490; - UIG a.F. -) in nationales Recht umgesetzt wurde, war daher von der Erwägung getragen, Wege zur Verbesserung des Zugangs der Öffentlichkeit zu Informationen, über die die Umweltbehörden verfügen, zu finden (1. Erwägungsgrund). Nur in ganz bestimmten, genau bezeichneten Fällen konnte es gerechtfertigt sein, erbetene umweltbezogene Informationen zu verweigern (7. Erwägungsgrund); dementsprechend konnten die Mitgliedsstaaten nach Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie vorsehen, dass ein Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen abgelehnt wird, wenn diese die öffentliche Sicherheit berühren. Zur Verwirklichung des Ziels der zugrunde liegenden Richtlinie, Transparenz im Verhältnis Behörde - Bürger zu schaffen (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 12/7138) sah das Umweltinformationsgesetz von 1994 in § 4 Abs. 1 UIG a.F. für jedermann einen Anspruch auf freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, die bei einer Behörde oder einer Person des Privatrechts nach § 2 Nr. 2 UIG a.F. vorhanden sind, vor. § 7 Abs. 1 Nr. 1 UIG a.F. schloss den Anspruch aus, soweit das Bekanntwerden der Informationen (u.a.) eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit verursachen konnte. Die Vorschrift ging damit nur scheinbar über den Wortlaut von Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 90/313/EWG hinaus; denn anders als im deutschen Polizei- und Ordnungsrecht, wo bereits jeder Verstoß gegen eine Rechtsnorm die "öffentliche Sicherheit" berührt, verlangt das EG-Recht eine schwere tatsächliche Gefährdung der Grundinteressen der Gesellschaft (vgl. hierzu insbesondere das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 14. März 2000 - C - 54/99 -, Sammlung der Rechtsprechung 2000, S. I-01335, und die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 12/7138). Die Vorgängervorschriften des heutigen Landesumweltinformationsgesetzes maßen nach alledem der Unterrichtung der Öffentlichkeit unter dem Gesichtspunkt angestrebter größerer Verwaltungstransparenz hohe Bedeutung bei und sahen eine verbesserte Umweltinformation als Element zum Schutz von Menschen und Umwelt durch bessere Anwendung von Vorschriften, Entwicklung erforderlicher Umweltschutzmaßnahmen und deren Akzeptanz durch die Öffentlichkeit an (vgl. BVerwGE 102, 282). Ausnahmen von dem Grundsatz des freien Zugangs zu Umweltinformationen mussten danach eng ausgelegt und angewandt werden, um die beabsichtigte Wirkung des Grundsatzes nicht zu beeinträchtigen; das Regel-Ausnahme-Verhältnis von Zugangsanspruch und Ausnahmetatbeständen durfte nicht in sein Gegenteil verkehrt werden (OVG Schleswig, Urteil vom 15. September 1998 - 4 L 139-98 -, NVwZ 1999, S. 670).

Das in Umsetzung der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 (ABl. L Nr. 41, S. 26) erlassene Landesumweltinformationsgesetz vom 19. Oktober 2005 und das - bis auf die unterschiedlichen informationspflichtigen Stellen - weitgehend deckungsgleiche Umweltinformationsgesetz des Bundes vom 22. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3704; - UIG -) gehen nunmehr diesen Weg weiter. Ausweislich des 2. Erwägungsgrundes zur RL 2003/4/EG soll der Wandlungsprozess hinsichtlich der Art und Weise, in der Behörden mit Offenheit und Transparenz umgehen, der durch die RL 90/313/EWG eingeleitet wurde, ausgebaut und fortgesetzt werden. Die Gewährung des Informationszugangs bleibt damit qua Gemeinschaftsrecht der Regelfall (Fluck-Theuer, IFG/UIG/VIG/IWG, Stand: November 2007, § 1 UIG Bund, Rn. 14). Dies kommt in besonderer Weise dadurch zum Ausdruck, dass nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der RL 2003/4/EG bei der Entscheidung über die Ablehnung im Einzelfall das besondere öffentliche Interesse an der Bekanntgabe zu berücksichtigen ist. Das Landesumweltinformationsgesetz und das Umweltinformationsgesetz des Bundes folgen diesen Vorgaben der Richtlinie. Nur auf den ersten Blick erleichtert § 8 Abs. 1 Nr. 1 LUIG die Ablehnung aus Gründen des Schutzes bedeutsamer Güter der öffentlichen Sicherheit gegenüber der Vorgängervorschrift in § 7 Abs. 1 Nr. 1 UIG a.F.. Dass nämlich nunmehr die Bekanntgabe der Informationen nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 Nr. 1 LUIG zu verweigern ist, wenn diese nachteilige Auswirkungen auf bedeutsame Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit hätte, während § 7 Abs. 1 Nr. 1 UIG a.F. eine erhebliche Gefahr forderte, hat lediglich redaktionelle Gründe, wie sich dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 12/3407) entnehmen lässt. Die aus Art. 10 EGV folgende Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung des LUIG und des UIG des Bundes lässt im Übrigen eine Ausdehnung des Ausschlussgrundes auf Auswirkungen auf Schutzgüter unterhalb der Schwelle der erheblichen Gefährdung nicht zu. Zum einen verbietet sich dies mit Blick auf das in Art. 4 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie ausdrücklich ausgesprochene Gebot, die Ablehnungsgründe eng auszulegen; zum anderen versteht das EG-Recht, wie bereits angesprochen, unter negativen Auswirkungen auf die öffentliche Sicherheit immer eine schwere tatsächliche Gefährdung von Grundinteressen der Gesellschaft. Dem entspricht im deutschen Recht der Begriff "erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit" (Schomerus/Schrader/Wegener, UIG, 2. Aufl. 2002, § 7 Rn. 11 m.w.N.). Um ein den Ausschlusstatbestand auslösendes Schutzbedürfnis feststellen zu können, bedarf es darüber hinaus einer konkreten Beeinträchtigungsbesorgnis (OVG Schleswig, a.a.O.).

bb) Entgegen der vom Kläger geäußerten Rechtsansicht gehören zu den Schutzgütern der öffentlichen Sicherheit nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 LUIG nicht nur kollektive Rechtsgüter (so Scherzberg, DVBl. 1994, S. 733 und Fluck-Theuer, a.a.O § 7 UIG Rn. 77/80, jeweils zur Vorgängervorschrift in § 7 UIG a.F.), sondern auch Individualrechtsgüter. Nach der Gesetzesbegründung der Bundesregierung zu § 7 UIG a.F. (BT-Drucks. 12/7138) liegt eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Sinne dieser Vorschrift vor bei einer Gefahr für ein bedeutsames Rechtsgut wie Bestand des Staates, Leben, Gesundheit, Freiheit, nicht unwesentliche Vermögenswerte sowie andere strafrechtlich geschützte Güter. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Umweltinformationsgesetz des Bundes (BT-Drucks. 12/3406) führt in der Begründung zu § 8 UIG ebenfalls Leben und Gesundheit als zu schützende Güter auf. Die richtlinienkonforme Auslegung des § 8 Abs. 1 Nr. 1 UIG führt zu keinem anderen Ergebnis. Vielmehr überlässt Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2003/4/EG es den Mitgliedsstaaten, den Inhalt dessen, was die öffentliche Sicherheit ausmacht, selbst zu bestimmen (Hermann/Neuser, a.a.O., S. B-40), soweit dadurch die Grundinteressen der Gesellschaft geschützt werden (vgl. Urteil des EuGH vom 14. März 2000, a.a.O.). Zu diesen gehört das für einen das Gewaltmonopol beanspruchenden Rechtsstaat existenzielle Interesse am staatlichen Schutz grundlegender Individualrechtsgüter (Röger, UIG, 1995, § 7 UIG a.F. Rn. 17). Im Übrigen entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 2 GG den Staat dazu verpflichtet, das Leben und die körperliche Unversehrtheit des Einzelnen zu schützen, d.h. vor allem, ihn auch rechtswidrigen Eingriffen von Seiten anderer zu bewahren (BVerfGE 90, 145, 195; BVerfGE 115, 118, 152).

bb) Nach alledem hat der Beklagte die Herausgabe der begehrten Informationen nach § 8 Abs. 1 Satz 1 LUIG zu verweigern, wenn die Bekanntgabe zu einer ernsthaften, konkreten Gefährdung der Funktionsfähigkeit des Staates oder der Schutzgüter Leben und Gesundheit führt, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt.

Der Kläger kann dem nicht mit Erfolg ein in Art. 20 der Seveso-II-Richtlinie fußendes Recht auf unbegrenzten Informationszugang entgegenhalten. Nach Art. 20 Abs. 1 der Seveso-II-Richtlinie veranlassen die Mitgliedsstaaten, dass die zuständigen Behörden im Interesse der Transparenz gemäß dieser Richtlinie eingegangenen - also Störfallbetriebe betreffende - Informationen jeder natürlichen und juristischen Person auf Antrag zur Verfügung stellen müssen. Zuzugeben ist dem Kläger, dass die zur Umsetzung der Seveso-II-Richtlinie erlassene Störfall-Verordnung einen Anspruch auf Zugang zu den bei den Behörden vorhandenen Informationen nicht gewährt und daher eine richtlinienkonforme Auslegung des Zugangsanspruchs nach dem Landesumweltinformationsgesetz nach Maßgabe des Art. 20 Abs. 1 der Seveso-II-Richtlinie in Betracht kommen könnte. Auch nach Art. 20 Abs. 1 der Seveso-II-Richtlinie dürfen indessen die bei den zuständigen Behörden eingegangenen Informationen vertraulich behandelt werden, wenn sie die öffentliche Sicherheit berühren, sodass der Zugangsanspruch nach dieser EG-rechtlichen Vorschrift nicht weitergeht, als derjenige nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 LUIG.

Zur Beantwortung der Frage, ob die Bekanntgabe der verlangten Informationen zu der genannten ernsthaften, konkreten Gefährdung führt, bedarf es einer Prognoseentscheidung über die Auswirkungen des Bekanntgebens auf die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit (vgl. BT-Drucks. 15/3406, S. 18). Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn im konkreten Fall die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für diese Rechtsgüter eintreten wird (BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2004 - 6 C 21/03 -, zitiert nach juris). Die diesbezüglich anzustellende Prognose muss auf einer hinreichenden Sachverhaltsvermittlung beruhen sowie inhaltlich nachvollziehbar und vertretbar sein. Vage Anhaltspunkte oder bloße Vermutungen ohne greifbaren, auf den Einzelfall bezogenen Anlass reichen nicht aus. Eine konkrete Gefahr kann auch eine Dauergefahr sein, bei der die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts über einen längeren Zeitraum hinweg zu jedem Zeitpunkt besteht. Für die Feststellung einer solchen Dauergefahr gelten ebenfalls die mit dem Erfordernis einer konkreten Gefahr verbundenen Anforderungen an die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sowie an die konkrete Tatsachenbasis der Wahrscheinlichkeitsprognose. Ansonsten besteht lediglich eine allgemeine Bedrohungslage (BVerfGE 115, 320, 360 ff. m.w.N.). Zu berücksichtigen ist dabei, dass bei der Gefahr besonders großer Schäden an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts geringere Anforderungen gestellt werden können und daher die entfernte Möglichkeit eines Schadenseintritts zur Annahme einer konkreten Gefahr ausreicht (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1970 - IV C 99/67 -, NJW 1970, 1890).

Letztlich offen bleiben kann vorliegend, ob hinreichende Anhaltspunkte im Tatsächlichen dafür vorhanden sind, dass der Störfall-Verordnung unterliegende Betriebe in Rheinland-Pfalz Ziel terroristischer Angriffe werden bzw. dass aus derartigen Betrieben gefährliche Stoffe entwendet werden könnten, die zu Anschlägen andernorts verwendet werden könnten. Das Ministerium des Innern und für Sport gelangt in seiner Stellungnahme vom 18. Februar 2008 zu der Einschätzung, dass Deutschland im unmittelbaren Zielspektrum terroristischer Gruppierungen liege. Dies folge aus der Nennung der Bundesrepublik Deutschland durch BIN LADEN und AL-ZAWAHIRI, der Ausbildung irakischer Polizeibeamter bzw. irakischer Offiziere im NATO-Rahmen, der Beteiligung der Bundesrepublik am weltweiten Kampf gegen den islamischen Terrorismus, dem Bundeswehreinsatz im Sudan und dem herausragenden Engagement in Afghanistan. Die versuchten Anschläge auf den öffentlichen Personennahverkehr vom 31. Juli 2006, die Veröffentlichung der am 10. März 2007 im Internet gesichteten Video-Botschaft einer militant islamistischen Gruppe, in welcher der Abzug deutscher und österreichischer Soldaten aus Afghanistan gefordert wird, und die Festnahmen von drei mutmaßlichen terroristischen Gewalttätern am 4. September 2007 im Sauerland machten deutlich, dass die Bedrohung aus dem Bereich des islamistischen Terrorismus die Bundesrepublik Deutschland erreicht habe. Weltweit habe es in den letzten beiden Jahren Anschläge auf Flugplätze, Bahnhöfe, Raffinerien usw. gegeben. Nach Mitteilung der spanischen Sicherheitsbehörden hätten islamistisch terroristische Gewalttäter für ihre Anschläge auf mehrere Züge in Madrid am 11. März 2004 gewerblichen Sprengstoff, der aus entsprechenden Lagerstätten entwendet wurde, benutzt. Konkrete Erkenntnisse zu bevorstehenden Anschlägen gegen Betriebe in Rheinland-Pfalz lägen aber nicht vor.

Auch wenn nach dem Vorgesagten angesichts der so gut wie nicht zu beherrschenden, von religiösem Fanatismus bestimmten kriminellen Energie der Terroristen und der nicht abzuschätzenden Auswirkungen von terroristischen Angriffen auf der Störfall-Verordnung unterliegende Betriebe und damit auf Leib und Leben einer Vielzahl von Menschen eine entsprechende konkrete Gefährdungslage angenommen werden kann, sagt dies aber noch nichts darüber aus, ob die Bekanntgabe der begehrten Umweltinformationen eine ernsthafte, konkrete Gefährdung der Güter der öffentlichen Sicherheit nach sich zieht. Zur Erfüllung des Ausschlusstatbestandes des § 8 Abs. 1 Nr. 1 LUIG müssen nämlich tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sein, dass gerade die Herausgabe der verlangten Informationen die Eingriffswahrscheinlichkeit erhöht.

Hinsichtlich der vom Kläger begehrten Namen der Betreiber von Betrieben, die der Störfall-Verordnung unterliegen, sowie der Betriebsteile und Anlagen unter Einschluss der Adressen bestehen diesbezüglich schon deshalb Zweifel, weil diese Daten - jedenfalls soweit in den Betriebsbereichen gefährliche Stoffe oberhalb einer bestimmten Mengenschwelle vorhanden sind - ohnehin öffentlich zugänglich sind. Nach § 11 Abs. 1 Störfall-Verordnung hat der Betreiber eines Betriebsbereichs nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Störfall-Verordnung alle Personen und alle Einrichtungen mit Publikumsverkehr, wie etwa Schulen und Krankenhäuser, die von einem Störfall in diesem Betriebsbereich betroffen werden könnten, vor Inbetriebnahme über die Sicherheitsmaßnahmen und das richtige Verhalten im Fall eines Störfalls zu informieren. Die Informationen, die u.a. den Namen des Betreibers und die Anschrift des Betriebsbereichs enthalten (vgl. Anhang V zur Störfall-Verordnung) sind der Öffentlichkeit ständig zugänglich zu machen. Nach § 11 Abs. 2 Störfall-Verordnung ist die Information spätestens innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren zu wiederholen. Bezüglich der nach § 11 Abs. 1 Störfall-Verordnung verpflichteten Betriebsbereiche werden nicht nur genau diejenigen Informationen, die der Kläger verlangt, aktiv in die Öffentlichkeit gegeben, sondern darüber hinaus noch weitere zur Gewährleistung eines möglichst weitgehenden Schutzes der Bevölkerung im Fall eines Störfalls notwendigen Angaben, ohne dass die Daten von den Informierten geheimzuhalten sind. Die Tatsache der Herausgabe der Informationen kann daher die Eingriffswahrscheinlichkeit nicht erhöhen. Dass die Bekanntgabe gerade an den Kläger zu einer Erhöhung führt, liegt fern.

Allenfalls ist ein größeres Gefährdungspotential dadurch denkbar, dass die ohnehin veröffentlichten Einzelinformationen in einer Liste zusammengeführt werden und den Terroristen eine sozusagen aufbereitete Liste der Störfallbetriebe mit Namen und Adressen in die Hände fallen könnte. Die Kenntnis möglicher Angriffsobjekte - denn mehr lässt sich den begehrten Umweltinformationen auch in gelisteter Form nicht entnehmen - ist aber für die Durchführung eines Eingriffs von Unbefugten als solche nicht ausreichend. Jedoch würde eine derartige Liste Terroristen aufgrund der nunmehr bei ihnen vorhandenen Adressdaten in die Lage versetzen, die der Öffentlichkeit zugänglich zu machenden Informationen nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Störfall-Verordnung in den Betrieben einzusehen und Einsicht in den Sicherheitsbericht nach § 11 Abs. 3 Störfall-Verordnung zu nehmen. Eine wesentliche Erhöhung der Eingriffswahrscheinlichkeit erfolgt aber auch hierdurch noch nicht. Dies folgt für die nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Störfall-Verordnung zugänglichen Informationen daraus, dass diese Informationen nur in einem Umfang zugänglich zu machen sind, wie sie für ein angemessenes Verhalten der Bevölkerung im Fall eines Störfalls erforderlich sind. Die nach Anhang V der Störfall-Verordnung zu diesem Zwecke herauszugebenden Daten, die eine verständliche abgefasste Erläuterung der Tätigkeiten im Betriebsbereich, eine allgemein gehaltene Beschreibung der im Betriebsbereich vorhandenen gefährlichen Stoffe und eine allgemeine Unterrichtung über die Art der Gefahren von Störfällen umfassen, sind notwendige, aber nicht hinreichende Bedingungen für die Erhöhung der Eingriffswahrscheinlichkeit. Zur Beurteilung, ob ein terroristischer Angriff erfolgversprechend sein würde, sind nicht nur diesbezügliche detailliere Angaben erforderlich, sondern es ist insbesondere auch die Kenntnis des zu überwindenden Sicherungssystems notwendig, welches aber gerade nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Der Sicherheitsbericht nach § 11 Abs. 3 Störfall-Verordnung enthält zwar nach Anhang II der Störfall-Verordnung die Beschreibung der Ausrüstung zur Sicherung der Anlagen, doch kann der Betreiber nach § 11 Abs. 3 Satz 2 Störfall-Verordnung verlangen, diese aus Gründen der öffentlichen Sicherheit nicht offenlegen zu müssen. Da die StörfallVerordnung für die Informationen nach § 11 Abs. 1 Störfall-Verordnung demgegenüber keine Möglichkeit der Geheimhaltung vorsieht, folgt hieraus gleichzeitig, dass auch sie von der Wertung getragen ist, dass insoweit keine Sicherheitsbedenken bestehen. Der Beklagte kann demgegenüber nicht mit Erfolg einwenden, dass sich der Neuregelung in Art. 19 Abs. 1 a der Richtlinie 2003/105/EG vom 16. Dezember 2003 (ABl. L Nr. 345, S. 97), welche die Seveso-II-Richtlinie ändert, die gegenteilige Wertung entnehmen lasse. Die Neufassung lässt nämlich Art. 13 der Seveso-II-Richtlinie mit der dort verankerten Unterrichtungspflicht für von Störfällen Betroffene unverändert bestehen, sodass in diesem Zusammenhang herauszugebenden Daten auch nach der Wertung der Änderungsrichtlinie keine sicherheitsrelevante Bedeutung zukommt.

Nach alledem führt die Erteilung der verlangten Informationen nicht zu einer ernsthaften, konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Ohne dass es hierauf noch entscheidend ankäme, ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger es sich gerade zur Aufgabe gemacht hat, etwaige Sicherheitslücken oder Beanstandungen bei den Betreibern und den Behörden anzumahnen und Anstöße zu deren Beseitigung zu geben. Dadurch trägt er letztlich zu einer höheren Sicherheit von Störfallanlagen bei und wirkt terroristischen Angriffen entgegen.

b) Auf den Ablehnungsgrund des § 8 Abs. 1 Nr. 4 LUIG kann sich der Beklagte ebenfalls nicht berufen. Das Bekanntgeben der Informationen hätte weder nachteilige Auswirkungen auf den Zustand der Umwelt und ihrer Bestandteile i.S. des § 2 Abs. 3 Nr. 1 LUIG noch auf Schutzgüter i.S. des § 2 Abs. 3 Nr. 6 LUIG.

Grundsätzlich ist die Vorschrift zwar auch dann einschlägig, wenn Umweltinformationen weiter verbreitet werden und dies Anlass und Auslöser für beeinträchtigende Handlungen von Menschen ist, nicht anders als bei § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LUIG ist aber angesichts der gebotenen engen Auslegung der Ausnahmetatbestände auch hier eine konkrete Beeinträchtigungsbesorgnis zu fordern (vgl. Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand September 2007, § 8 UIG Rn. 42); diese ist, wie oben dargelegt, nicht berechtigt.

c) Durch das Bekanntgeben von Informationen werden auch weder personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 1 LUIG) noch werden Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 3 LUIG), sodass eine Ablehnung der Erteilung der Informationen auch auf der Grundlage dieser Vorschriften nicht erfolgen kann. Personenbezogene Daten i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 1 LUIG sind nur solche von natürlichen Personen. Auch wenn sich durch die Herausgabe der Daten die Firmeninhaber ermitteln lassen, folgt hieraus doch keine erhebliche Beeinträchtigung ihrer Interessen, da ihre Namen aus den Genehmigungsverfahren und Störfallberichten etc. ohnehin bekannt sind.

Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 3 LUIG würden durch das Bekanntgeben ebenfalls nicht zugänglich gemacht, da hiervon nur Daten umfasst werden, deren Bekanntgabe an Dritte Wettbewerbsnachteile für den Betrieb hervorrufen können; dies ist ersichtlich hinsichtlich der Adressdaten nicht der Fall (vgl. hierzu auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. Juni 2006, a.a.O.; Schomerus/Schrader/Wegener, a.a.O., § 8 UIG Rn. 24).

Nach alledem erweist sich die Ablehnung der Bekanntgabe der begehrten Umweltinformationen als rechtswidrig, sodass das Urteil des Verwaltungsgerichts abzuändern und der Beklagte zu verpflichten ist, die Informationen zu erteilen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird zugleich für das Verfahren erster Instanz bis zur Klagerücknahme auf 5.000,-- € und danach auf 3.000,-- € festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 und 3 Satz 1, 47 GKG). Ausgehend davon, dass der Kläger mit seinem Auskunftsbegehren differenziert zu betrachtende, da möglicherweise unterschiedlicher rechtlicher Bewertung unterliegende, Ansprüche auf Erteilung von Umweltinformationen geltend macht, ist zunächst festzustellen, dass jedem der ursprünglich fünf geltend gemachten Informationsansprüche ein eigenständiger Wert zukommt. Nicht angemessen wäre es indessen, jeweils vom gesetzlichen Auffangwert in Höhe von 5.000,-- € nach § 52 Abs. 2 GKG, der als solcher eine starre Größe ist, auszugehen. Vielmehr beruht die Streitwertfestsetzung vorliegend auf § 52 Abs. 1 GKG. Der mit der Bekanntgabe der Daten befolgte Zweck, diese zur Störfallvorsorge zu nutzen, entzieht sich zwar einer wirtschaftlichen Bewertung, doch lässt die Vorschrift auch die Bewertung ideeller Interessen zu (BVerwG, Beschluss vom 22. März 1995 - 11 A 1/95, NVwZ-RR 1996, S. 237) und schließt damit ein bloßes "Greifen" des Auffangwertes aus (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, § 52 GKG Rn. 18). Im Hinblick darauf, dass das Eintreten für den öffentlichen Belang des Umweltschutzes ein ausdifferenziertes Nachfragen angebracht erscheinen lässt, ist die Bedeutung der einzelnen Frage vergleichsweise gering und gewinnt diese erst an Wertigkeit durch den Zusammenhang mit den anderen Fragen, sodass ein Streitwert von 1.000,-- € pro Frage angemessen erscheint.

Ende der Entscheidung

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