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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 18.02.2004
Aktenzeichen: 1 A 11393/03.OVG
Rechtsgebiete: LPflG


Vorschriften:

LPflG § 6
LPflG § 6 Abs. 1
LPFlG § 4
LPflG § 4 Abs. 1
LPflG § 4 Abs. 1 Satz 2
LPflG § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
Eine Erdaufschüttung im Weinbergsgelände, welche die in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LPflG genannten Höhen- und Grundflächenmaße nur hinsichtlich eines Wertes überschreitet, stellt regelmäßig keinen Eingriff in Natur und Landschaft dar und bedarf folglich keiner landespflegerischen Genehmigung.

Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn weitere Umstände hinzutreten, die es rechtfertigen, die Grundflächenveränderung als erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder des Landschaftsbilds zu bewerten.

Wegen sonstiger nicht die Belange der Landespflege betreffender Beeinträchtigungen (z.B. Bedrohung des Straßenverkehrs durch Hangrutschung) ist die Zuständigkeit der Bauaufsichtsbehörde gegeben.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 A 11393/03.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Landespflegerechts

hat der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. Februar 2004, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Nickenig Richter am Oberverwaltungsgericht Kappes-Olzien Richter am Oberverwaltungsgericht Schneider ehrenamtlicher Richter Industriekaufmann de Temple ehrenamtlicher Richter Winzer Feller

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Mainz vom 24. Januar 2003 wird der Bescheid des Beklagten vom 14. August 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2001 aufgehoben und festgestellt, dass die auf der Parzelle ... in Flur ... der Gemarkung S.................. vorgenommene Aufschüttung bis zu einer Höhe von 1,80 m keiner landespflegerechtlichen Genehmigung bedarf.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist Eigentümer einer derzeit nicht bestockten Weinbergsfläche auf der in der Gemarkung S......................., Flur ... gelegenen Parzelle .... Es handelt sich hierbei um ein Hanggrundstück, welches im oberen Bereich steiler, im unteren Bereich flacher geneigt verläuft. Am Hangfuß befindet sich die Landesstraße (L) 415.

Am 15. Juni 2000 beantragte der Kläger bei der unteren Landespflegebehörde die Erteilung einer landespflegerischen Genehmigung zur Auffüllung des vorgenannten Geländes, um die Fläche maschinell bearbeiten zu können.

Unter dem 14. August 2000 erteilte der Beklagte die beantragte Genehmigung. Der Genehmigungsbescheid enthielt u.a. die Nebenbestimmung Nr. 5, wonach bei den Auffüllungs- und Profilierungsmaßnahmen die in der gutachterlichen Stellungnahme des Geologischen Landesamtes vom 30. Juni 2000 enthaltenen Vorgaben zu beachten sind und diese Stellungnahme Teil der Genehmigung ist.

In der vorerwähnten Stellungnahme wird ausgeführt, dass sich die Parzelle .... nach der Hangstabilitätskarte in einem sicher nachgewiesenen Rutschgebiet befinde und daher dort Eingriffe in das Hanggleichgewicht möglichst gering gehalten werden sollten. Deshalb könne bestenfalls eine Aufschüttung bis zu einer Höhe von 0,50 m toleriert werden.

Bei einer Ende August 2000 durchgeführten Ortsbesichtigung stellten Vertreter der unteren Landespflegebehörde fest, dass die vom Kläger vorgenommenen Auffüllungen die für unbedenklich gehaltene Höhe von 0,50 m deutlich überschritten.

Wenig später legte der Kläger Widerspruch gegen die ihm erteilte Genehmigung ein, mit dem er sich gegen die Nebenbestimmungen Nr. 5 wandte. Zur Begründung verwies er auf Stellungnahmen des Instituts geo-international, in welchen der Mitverfasser der Hangstabilitätskarte Prof. Dr. K..................... darauf hinweist, dass das Gelände unter Beachtung bestimmter Modalitäten vor allem im unteren Hangbereich bis zu 2 m Höhe aufgefüllt werden könne, ohne dass die Hangstabilität gefährdet sei.

Nach erfolglosem Vorverfahren hat der Kläger Klage erhoben, mit der er begehrt hat, den Beklagten zur Erteilung einer landespflegerischen Genehmigung dergestalt zu verpflichten, dass die Höhe der Aufschüttung im oberen Hangbereich 1,80 m und im unteren Hangbereich 1,50 m bis 2 m betragen dürfe. Dazu hat er insbesondere vorgetragen: Eine Beurteilung der Rutschgefahr sei nur anhand der Hangstabilitätskarte erfolgt. Es sei nicht ersichtlich, warum nur die zugestandene Auffüllungshöhe von 0,50 m geeignet sei, Rutschungen zu verhindern.

Das Verwaltungsgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens durch Urteil vom 24. Januar 2003 den Beklagten unter teilweiser Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, die vorhandene Aufschüttung im unteren Bereich, wie im Sachverständigengutachten vom 18. September 2002 festgestellt, zu genehmigen, und hat im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Der Kläger habe einen Anspruch auf die Erteilung einer landespflegerechtlichen Genehmigung für die von ihm bereits vorgenommenen Auffüllungen im unteren Hangbereich, die nach den Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. D............... von der A..................... GmbH im Gutachten vom 18. September 2002 eine Höhe von ca. 1,50 m bis 2 m aufwiesen. Nach diesem Gutachten sei davon auszugehen, dass im unteren Hangbereich Rutschungen wenig wahrscheinlich seien und eine Gefährdung der Landesstraße nicht bestehe. Diese Feststellungen des Gutachters habe der Beklagte nicht erschüttern können. Hingegen müsse das Begehren des Klägers hinsichtlich der Erteilung einer Genehmigung für eine Aufschüttung im oberen Hangbereich in Höhe von 1,80 m erfolglos bleiben. Für diesen Hangbereich habe der Gutachter im Hinblick auf die dort aufgebrachten durchschnittlich 2,50 m hohen Auffüllungen festgestellt, dass bei ungünstigen Ausgangsverhältnissen lokale Rutschungen in diesem Bereich auftreten könnten. An dieser Einschätzung ändere auch nichts der Umstand, dass der Kläger die Genehmigung im oberen Hangbereich lediglich für eine Auffüllhöhe von 1,80 m begehre. Denn selbst bei einer Auffüllung von nur 0,50 m seien Rutschereignisse nicht völlig auszuschließen. Von daher sei davon auszugehen, dass jede Auffüllung, die erheblich über die bereits genehmigte Höhe von 0,50 m hinausgehe, die Standsicherheit des oberen Hangbereichs weiter verschlechtere und die Rutschungsgefahr dann immer wahrscheinlicher werde. Deshalb scheide die Genehmigung einer Auffüllung im beantragten Umfang erkennbar aus. Der Umstand, dass der Gutachter Berechnungen mit verschieden hohen Kohäsionswerten vorgenommen, sich aber nicht auf einen bestimmten Wert festgelegt habe, führe im Übrigen dazu, dass sich der Kläger nicht allein auf den für ihn günstigsten Wert berufen könne. Auch der Einwand, dass die L 415 durch mögliche lokale Rutschungen im oberen Bereich nicht gefährdet sei, ermögliche keine andere Beurteilung. Denn die Beschränkung der Auffüllhöhe bezwecke nicht nur im Rahmen der Gefahrenabwehr die Gewährleistung der Sicherheit der Straße, sondern sie diene dem aus landespflegerischer Sicht gewichtigen Gesichtspunkt, grundsätzlich die Gefahr von Hangrutschungen aufgrund von Veränderungen der Landschaft hinreichend sicher auszuschließen.

Mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Verpflichtungsbegehren in Bezug auf den oberen Hangbereich weiter und macht unter Bezugnahme auf weitere Stellungnahmen von Prof. Dr. K................ von der Gesellschaft geo-international geltend:

Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass der Gutachter im oberen Hangbereich lediglich bei Vorliegen ungünstiger Ausgangsverhältnisse lokale Rutschungen prognostiziert habe, die wahrscheinlich nicht bis hinunter zur Landesstraße reichen würden. Von solchen Rutschungen ginge nach dem Gutachten keine Gefährdung für Dritte aus. Dies gelte insbesondere für die Verkehrsteilnehmer auf der L 415. Es verbleibe daher als Ablehnungsgrund nur das von der Vorinstanz herangezogene Argument, die Beschränkung der Auffüllhöhe diene auch dem aus landepflegerischer Sicht gewichtigen Gesichtspunkt, grundsätzlich die Gefahr von Hangrutschungen aufgrund von Veränderungen der Landschaft sicher auszuschließen. Diese These, die das Verwaltungsgericht nicht näher begründet habe, könne man nicht nachvollziehen, zumal dem Landespflegegesetz nicht zu entnehmen sei, dass es durchweg Auffüllungen verbiete. Im Gegenteil müsse im Hinblick auf eine unter 2 m liegende Aufschüttungshöhe bezweifelt werden, ob insoweit überhaupt ein Eingriff in Natur und Landschaft gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 LPflG vorliege. Hinzu komme, dass die Aufschüttung der Bewirtschaftung des Grundstücks als Weinberg dienen solle, sodass die Maßnahme das in § 4 Abs. 3 LPflG geregelte Tatbestandsmerkmal der darin privilegierten landwirtschaftlichen Bodennutzung erfülle. Da andererseits bei Aufschüttungen bis zu 1,80 m Höhe im oberen Hangbereich keine nennenswerte Rutschgefahr drohe, überwiege sein wirtschaftliches Interesse an der Erteilung der landespflegerischen Genehmigung. Die Entscheidung der Vorinstanz sei auch nicht deshalb richtig, weil das Gebiet in der Hangstabilitätskarte als "Rutschgebiet, nachgewiesen" bezeichnet sei. Diese Karte solle nur Entscheidungshilfen im Stadium der Vorplanung geben, nicht aber dazu genutzt werden, um Gebiete irgendwelcher Art auszuschließen. Vielmehr müssten Eingriffe in die Hangstabilität durch Untersuchungen vor Ort überprüft und beurteilt werden. Dies sei auch Anfang der neunziger Jahre im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens für die hier in Rede stehende Parzelle erfolgt mit dem Ergebnis, dass grundsätzlich eine Auffüllung dieser Parzelle bis zu einer Höhe von 2,50 m zugestimmt wurde. Die Aussage des Landesamtes für Geologie und Bergbau vom 30. Juni 2000, dass nur bis zu maximal 0,50 m angeschüttet werden könne, sei ohne Kenntnis dieser Stellungnahme und ohne zusätzliche geotechnische Untersuchung erfolgt. Auch im Gutachten D............... werde aufgrund geotechnisch nicht nachgewiesener Vorgaben von einem Rutschareal ausgegangen und die Laboruntersuchungen der Bodenproben entsprechend ausgerichtet, obwohl es nach den dabei vorgenommenen Geländeuntersuchungen keine Hinweise gebe, dass es sich tatsächlich um ein Rutschgebiet handele. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass die Anschüttungen bereits im Jahr 2000 vorgenommen worden seien und es bis jetzt trotz extremer Witterungsbedingungen in diesem Zeitraum zu keinen Hangdeformationen im oberen Hangbereich gekommen sei.

Der Kläger beantragt,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Mainz vom 24. Januar 2003 den Bescheid des Beklagten vom 14. August 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2001 aufzuheben und festzustellen, dass die auf der Parzelle ... in Flur ... der Gemarkung S...................... vorgenommene Anschüttung bis zu einer Höhe von 1,80 m keiner landespflegerechtlichen Genehmigung bedarf,

hilfsweise,

den Beklagten zu verpflichten, die landespflegerische Genehmigung zu erteilen und die Höhe der Anschüttung im oberen Hangbereich auf 1,80 m festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen und trägt insbesondere vor:

Die Standsicherheit des noch streitigen oberen Teilbereichs der Auffüllungsfläche werde nach dem gerichtlichen Gutachten durch die Auffüllungen verschlechtert und es könnten lokale Rutschungen auftreten. Hierdurch könnten in exponierten und gut einsehbaren Hanglagen erhebliche Beeinträchtigungen des Erscheinungsbildes der Kulturlandschaft ausgelöst werden. Ferner gehe bei Auffüllungsmaßnahmen der Hinweis auf die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung fehl, da es sich dabei nicht um Maßnahmen handele, die zu den täglichen Wirtschaftsweisen eines Landwirts zählten. Bezüglich der geologisch-fachtechnischen Aspekte des Falles werde auf die weiteren Stellungnahmen des Landesamtes für Geologie und Bergbau verwiesen, die sich mit den Darstellungen von Prof. K................. vom Institut geo-international auseinander setzten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten (1 Aktenordner und 2 Hefte), die Gerichtsakte 2 K 285/01.MZ sowie 1 Band mit dem Gutachten Arcadis Consult GmbH. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat Erfolg.

Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass der Kläger seinen ursprünglichen Verpflichtungsantrag in der mündlichen Verhandlung vom 18. Februar 2004 auf eine Feststellungsklage umgestellt hat. Dabei handelt es sich nicht um eine Klageänderung i.S. von § 91 Abs. 1 VwGO, denn der Übergang von einer Verpflichtungsklage auf eine allgemeine Feststellungsklage ist nicht als Klageänderung anzusehen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 91 Rdnr. 9) und muss daher nicht die Voraussetzungen der vorgenannten Bestimmung erfüllen. Abgesehen davon lägen diese hier auch vor, da sich der Beklagte rügelos auf den geänderten Antrag eingelassen hat. Ebenso wenig bestehen hinsichtlich des erforderlichen Feststellungsinteresses Bedenken, zumal es vorliegend um die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines konkreten Rechtsverhältnisses geht, welches zwischen den Beteiligten streitig ist.

Die Feststellungsklage ist in der Sache auch begründet. Der Kläger bedarf für die auf der Parzelle ... in Flur ... der Gemarkung S...................... vorgenommene Aufschüttung bis zu einer Höhe von 1,80 m keiner landespflegerischen Genehmigung.

Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 des Landespflegegesetzes - LPflG - i.d.F. vom 5. Februar 1979, zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. Februar 2001 - GVBl S. 29 -, bedarf ein Eingriff in Natur und Landschaft grundsätzlich einer Genehmigung der Landespflegebehörde. Wann ein solcher Eingriff vorliegt, ist durch § 4 Abs. 1 LPflG legal definiert. Nach Satz 1 dieser Vorschrift sind Eingriffe in Natur und Landschaft solche Veränderungen der Gestaltung oder Nutzung von Grundflächen, die die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich oder nachteilig beeinträchtigen können. In § 4 Abs. 1 Satz 2 wird in einem Katalog unter Nrn. 1 bis 10 aufgeführt, welche Maßnahmen konkret als Eingriffe gelten. Vorliegend könnte die zwischen den Beteiligten streitige Aufschüttungsmaßnahme allenfalls unter Nr. 2 des vorerwähnten Katalogs fallen. Hiernach gelten als Eingriff selbständige Abgrabungen oder Aufschüttung ab 2 m Tiefe oder Höhe und mit einer Grundfläche von mehr als 30 qm. Dabei müssen beide Voraussetzungen - die genannten Höhen- und Grundflächenmaße - kumulativ vorliegen (vgl. Louis/Engelke, Landespflegegesetz Rheinland-Pfalz, § 4 Rdnr. 27; so auch Urteil des erkennenden Senats vom 24. Juni 1993 -1 A 12223/91.OVG - und Urteil des 8. Senats des erkennenden Gerichts vom 28. November 2000 - 8 A 10806/01.OVG -). Vorliegend fehlt es bereits an der vorgegebenen Höhe von 2 m, sodass der Katalog des § 4 Abs. 1 Satz 2 LPflG hier nicht eingreift. Dieser Katalog hat aber keinen abschließenden Charakter, sondern die Aufzählung in § 4 Abs. 1 Satz 2 ist nur als Beispielskatalog zu verstehen (vgl. 8. Senat, Urteil vom 18. September 1986 - 8 A 77/84 -; Louis/Engelke, a.a.O., § 4 Rdnr. 27). Daher gibt es auch außerhalb dieses Katalogs Maßnahmen, die als Eingriff zu werten sind. So hat der erkennende Senat in einem Urteil vom 20. Februar 1986 - 1 A 132/84 - ausgeführt, es sei auch bei Aufschüttungsmaßnahmen geringeren Ausmaßes, als in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LPflG geregelt, durchaus denkbar, dass solche Maßnahmen zu einem Eingriff in Natur und Landschaft führen könnten, wenn etwa durch eine weniger als 2 m hohe Anschüttung ein flaches Gewässer beseitigt oder ein sonstiges Biotop vernichtet werde. Durch die hier streitige Aufschüttung werden weder ein Gewässer noch ein Biotop beseitigt. Aus den vorstehenden Ausführungen lässt sich allerdings entnehmen, dass bei einer Anschüttung unterhalb des in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LPflG genannten Maßes weitere Umstände hinzutreten müssen, die es rechtfertigen, eine solche Aufschüttung gleichwohl als Grundflächenveränderung zu bewerten, die die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich oder nachhaltig beeinträchtigen kann. Eine solche Besonderheit könnte hier allenfalls darin zu sehen sein, dass nach Ansicht der Landespflegebehörde von der streitigen Hangaufschüttung eine Hangrutschgefahr ausgeht. Soweit aber hierdurch im Hinblick auf die am Hangfuß vorbeiführende Landesstraße möglicherweise eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung herbeigeführt wird, vermag dies jedoch keine landespflegerische Genehmigungspflicht zu begründen, da hierin kein genehmigungsbedürftiger Eingriff in Natur und Landschaft liegt. Lediglich in Ausnahmefällen, in denen durch eine Anschüttung unterhalb der Maße des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LPflG ein das Landschaftsbild erheblich und nachhaltig beeinträchtigende Hangrutschung zu erwarten ist, könnte eine solche Anschüttung (im Zusammenhang mit einer konkreten Hangrutschgefahr) als ein im Rahmen des § 4 Abs. 1 LPflG zu berücksichtigender Eingriff in Natur und Landschaft angesehen werden, der einer landespflegerischen Genehmigung bedarf. Davon kann hier aber angesichts der in den Verwaltungsakten vorhandenen Lichtbilder vom Hang und von den streitigen Anschüttungen keine Rede sein. Hiernach befindet sich nämlich die Aufschüttung weder auf einem besonders markanten Hang noch in einer besonders schützenswerten Landschaft. Hinzu kommt, dass auch die nach den Ausführungen des Gutachters D........................ allenfalls möglichen lokalen Hangrutschungen wohl kaum das vorhandene Landschaftsbild erheblich oder nachhaltig beeinträchtigen können.

Abschließend bleibt noch anzumerken, dass auch kein Anlass besteht, die in Rede stehenden landespflegerischen Vorschriften im Hinblick auf eine erforderliche Überwachung von Außenbereichsmaßnahmen besonders weit auszulegen. Denn die in § 84 Satz 1 Nr. 6 LBauO enthaltene Aufzählung, welche die bauaufsichtliche Behandlung von Aufschüttungen und Abgrabungen im Außenbereich betrifft, zeigt eindeutig, dass solche Aufschüttungen nicht allein durch das Landespflegegesetz geregelt sind, sondern diese auch durch die Landesbauordnung, das Landeswassergesetz sowie das Landesgesetz über den Abbau und die Verwertung von Bimsvorkommen erfasst sein können. Dies spricht aber gegen eine generelle Zuständigkeit der Landespflegebehörde. Hieraus folgt indessen, dass die Zuständigkeit der Landespflegebehörde in Bezug auf Aufschüttungen und Abgrabungen auf die Wahrnehmung landespflegerische Belange beschränkt ist und daher nicht etwa wasserrechtliche Belange oder Aufgaben der allgemeinen Gefahrenabwehr umfasst. Des Weiteren ergibt sich hieraus, dass selbst bei Verneinung einer Genehmigungspflicht nach § 6 LPflG solche Anlagen noch einer behördlichen Kontrolle unterliegen, weil sie jedenfalls gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LBauO als bauliche Anlagen gelten.

In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob der Auffassung des 8. Senats des erkennenden Gerichts (Urteil vom 3. Dezember 2001 - 8 A 10806/01.OVG -) zu folgen ist, dass für eine derartige als bauliche Anlage geltende Aufschüttung schon dann eine bauordnungsrechtliche Genehmigungspflicht besteht, wenn nur einer der in § 62 Abs. 1 Nr. 11 Buchstabe a genannten Werte überschritten wird. Denn jedenfalls entbindet nach § 62 Abs. 3 LBauO die Genehmigungsfreiheit nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen, die durch andere baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtlichen Vorschriften an bauliche Anlagen gestellt werden, d.h., Aufschüttungen größeren Umfangs - wie hier - müssen sich gemäß § 29 Abs. 1 BauGB auch auf die Einhaltung insbesondere des § 35 BauGB hin überprüfen lassen und können bei Verstößen gegebenenfalls ein Einschreiten der Baubehörde rechtfertigen. Ob hieraus irgendwelche Konsequenzen für den vorliegenden Fall herzuleiten sind, bedarf jedoch letztlich keiner gerichtlichen Entscheidung, da sie nicht Streitgegenstand des hier zu entscheidenden Verfahrens sind.

Ist mithin die Aufschüttung in dem hier in Streit befindlichen Umfange nicht als Eingriff i.S. von § 4 Abs. 1 Satz 1 LPflG zu qualifizieren, so bedarf sie auch keiner landespflegerischen Genehmigung nach § 6 Abs. 1 LPflG mit der Folge, dass dem in der Berufungsinstanz gestellten Hauptantrag stattzugeben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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