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Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 30.06.2006
Aktenzeichen: 10 A 10243/06.OVG
Rechtsgebiete: SG
Vorschriften:
SG § 55 | |
SG § 55 Abs. 5 |
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
10 A 10243/06.OVG
In dem Verwaltungsrechtsstreit
wegen Entlassung eines Soldaten auf Zeit
hat der 10. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2006, an der teilgenommen haben
Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Falkenstett als Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Hennig Richter am Oberverwaltungsgericht Möller ehrenamtliche Richterin Betriebswirtin Kraft ehrenamtliche Richterin Angestellte Morsch
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers werden unter Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Oktober 2005 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Trier der Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 2004 und der dazu ergangene Beschwerdebescheid vom 4. März 2005 aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen seine fristlose Entlassung aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit.
Der 1982 geborene Kläger wurde Anfang 2003 zum Grundwehrdienst einberufen und erhielt bei seinem Diensteintritt einen Bahnberechtigungsausweis für wehrpflichtige Soldaten, der ihn zu kostenlosen Familienheimfahrten berechtigte. Nachdem er sich auf 8 Jahre verpflichtet hatte, wurde er mit Wirkung vom 1. Juni 2003 in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. Die Dienstzeit wurde zunächst auf 3 Jahre, bis Ende 2005, festgesetzt. Zum 1. April 2004 wurde der Kläger zum Unteroffizier ernannt; seitdem gehörte er dem Fernmeldebereich .... in T.... an. Zuletzt nahm er an einer zivilberuflichen Ausbildungsmaßnahme "Bürokaufmann" in M.... teil; hierzu war er zur dort stationierten Radarführungskompanie .... kommandiert worden.
Obwohl der Kläger als Zeitsoldat nicht mehr zu kostenlosen Familienheimfahrten berechtigt war, verblieb der noch bis zum 30. September 2003 gültige Bahnberechtigungsausweis nach seiner Ernennung zum Soldaten auf Zeit in seinem Besitz. Im Dezember 2003 stempelte er zunächst als neues Gültigkeitsdatum den 30. Juni 2004 in den Ausweis. Anfang Juli 2004 änderte er dann noch die gestempelte Jahreszahl 2004 handschriftlich auf 2005 ab. Mit dem verfälschten Ausweis führte der Kläger etwa zwölfmal unberechtigterweise kostenlose Familienheimfahrten durch, bis einem Zugschaffner am 17. September 2004 auf einer Fahrt des Klägers von M.... zu seinem Wohnort die Manipulationen an dem Ausweis auffielen und dieser die Feldjäger benachrichtigte, die den Kläger am nächsten Haltebahnhof in Empfang nahmen.
Aufgrund dieser Vorkommnisse wurde der Kläger Ende September 2004 von der Ausbildungsmaßnahme in M.... in die Stammeinheit zurückgeführt. Mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts Saarburg vom 23. November 2004 wurde er dann wegen zweimaliger Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt. Von der Verhängung einer Disziplinarmaßnahme sah die Beklagte mit Rücksicht auf die beabsichtigte fristlose Entlassung des Klägers ab.
In dem auf den Vorschlag des Chefs der Radarführungskompanie .... - dem sich der Kommandeur des Einsatzführungsbereichs 1 in M.... angeschlossen hatte - eingeleiteten Entlassungsverfahren holte die Stammdienststelle der Luftwaffe ergänzende Stellungnahmen des nächsten und des nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten des Klägers in seiner Stammeinheit ein. Dabei teilte der nächste Disziplinarvorgesetzte, der Stabszugführer des Fernmeldebereichs ...., die Auffassung, dass der Kläger nach Maßgabe des § 55 Abs. 5 des Soldatengesetzes fristlos zu entlassen sei. Der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte, der Kommandeur des Fernmeldebereichs ...., äußerte sich demgegenüber dahin, dass er die fristlose Entlassung bei Wertung des Gesamtbildes des Klägers für nicht zwingend halte und eher zu der positiven Prognose neige, dass sich der Kläger in weniger sicherheitsempfindlichen Tätigkeiten durchaus wieder bewähren und rehabilitieren könnte.
Mit Bescheid vom 22. Dezember 2004 verfügte die Stammdienststelle der Luftwaffe die fristlose Entlassung des Klägers aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit. Zur Begründung führte sie aus: Mit seinem Verhalten habe der Kläger seine Dienstpflichten, nämlich die Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 des Soldatengesetzes) sowie die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten, das sein Dienst als Soldat erfordere (§ 17 Abs. 2 des Soldatengesetzes), schuldhaft verletzt. Sein Verbleiben im Dienst würde die militärische Ordnung ernstlich gefährden. Sein Handeln beeinträchtige die Disziplin und das innere Gefüge der Bundeswehr; es habe das Vertrauen, das in ihn als Soldat auf Zeit gesetzt worden sei, zerstört. Das Verhalten lasse erhebliche Zweifel an seiner Redlichkeit, Zuverlässigkeit und Achtung der Rechtsordnung erkennen, weswegen insbesondere Vorgesetzte sich nicht mehr auf ihn verlassen könnten. Ein ungestörtes Vertrauensverhältnis zwischen Vorgesetzten und Untergebenen sei jedoch unverzichtbare Grundlage für die Aufgabenerfüllung der Bundeswehr. Seine Entlassung sei daher unumgänglich. Darüber hinaus könnte aber auch bei anderen Soldaten die Bereitschaft zu ähnlichem Tun hervorgerufen werden, wenn gegen ihn nicht unnachsichtig eingeschritten würde. Seine Dienstpflichtverletzung stelle sich nämlich als das typische Teilstück einer allgemeinen und schwer zu bekämpfenden schädlichen Neigung dar. So werde von einzelnen Soldaten immer wieder versucht, sich durch die unberechtigte Benutzung von Bahnberechtigungsausweisen Vorteile zu erschleichen.
Die dagegen erhobene Beschwerde des Klägers, mit der er insbesondere die Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme geltend machte, wies das Bundesministerium der Verteidigung mit Bescheid vom 4. März 2005 zurück; außerdem ordnete es die sofortige Vollziehung der Entlassungsverfügung an. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Der Kläger habe nicht nur gegen die bereits in der Entlassungsverfügung angeführten Dienstpflichten verstoßen. Da er die Dienstpflichtverletzungen als Vorgesetzter begangen habe, habe er vielmehr auch gegen die Pflicht des Vorgesetzten, in Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel zu geben (§ 10 Abs. 1 des Soldatengesetzes), verstoßen. Verbliebe er in der Bundeswehr, wäre die militärische Ordnung ernsthaft gefährdet. Sein Verhalten lasse auf eine nicht geringe kriminelle Energie sowie einen Hang zur Disziplinlosigkeit schließen und beeinträchtige damit die Disziplin und das Vertrauen in der Truppe. Da die missbräuchliche Nutzung von Bahnberechtigungsausweisen ein relativ häufiges Delikt sei, das sich durch den Dienstherrn nur schwer eingrenzen lasse, müsse darauf konsequent mit statusbeendenden Maßnahmen reagiert werden, um andere Soldaten von ähnlichem Tun abzuhalten. Gesonderter Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit bedürfe es nicht. Das eingeräumte Ermessen sei fehlerfrei ausgeübt worden; Besonderheiten, aufgrund derer von einer fristlosen Entlassung hätte abgesehen werden müssen, seien nicht ersichtlich.
Darauf hat der Kläger fristgerecht Klage erhoben und sich erneut auf die Unverhältnismäßigkeit des Vorgehens gegen ihn berufen. Ergänzend hat er vorgetragen: Die begangene Tat habe sich außerhalb des Dienstes abgespielt und keinerlei Einfluss auf die Erfüllung des Verteidigungszwecks der Bundeswehr gehabt. Eine negative Vorbildwirkung sei schon deshalb nicht zu befürchten, weil die gegen ihn verhängte Geldstrafe deutlich gemacht habe, dass sich derartige Vergehen nicht lohnten. Neben der Strafsanktion wäre allenfalls noch die Verhängung einer Geldbuße, äußerstenfalls eine Degradierung in Betracht gekommen. Hierzu fehlten jegliche Ermessenserwägungen. Seine gesamte Persönlichkeit sei unzureichend gewürdigt worden. Bei seinem Verbleiben im Soldatenverhältnis wäre auch das Ansehen der Bundeswehr nicht ernstlich gefährdet gewesen. Sein Verhalten sei dem privaten Lebensbereich zuzuordnen und lasse keinerlei negative Rückschlüsse auf die Qualität der gesamten Bundeswehr zu.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 2004 und den dazu ergangenen Beschwerdebescheid vom 4. März 2005 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
und entgegnet:
Bei der Entlassung nach § 55 Abs. 5 des Soldatengesetzes gehe es nicht um eine Sanktion, sondern die Abwendung einer drohenden ernstlichen Gefahr für die Bundeswehr. Hier wäre die militärische Ordnung ernstlich gefährdet gewesen, wenn der Kläger Soldat auf Zeit geblieben wäre; es hätten sowohl eine Wiederholungsgefahr als auch die Gefahr der Nachahmung durch andere Soldaten bestanden. Zwar könne in bestimmten Fällen der Gefährdung der Bundeswehr auch durch eine mildere Disziplinarmaßnahme begegnet werden; das komme aber nur bei Affekthandlungen und geringer Vorbildfunktion des Soldaten in Betracht. Dass auch das Ansehen der Bundeswehr ernstlich gefährdet wäre, folge schon daraus, dass der Kläger zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt worden sei.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Oktober 2005 die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt: Die Entlassungsverfügung sei rechtmäßig; sie finde ihre Rechtsgrundlage in § 55 Abs. 5 des Soldatengesetzes. Der Kläger habe schuldhaft gegen seine Dienstpflichten nach §§ 17 Abs. 2, 7 und 10 Abs. 1 des Soldatengesetzes verstoßen. Dadurch würden die militärische Ordnung und das Ansehen der Bundeswehr ernstlich gefährdet, wenn er weiterhin im Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit verbliebe. Die Gefährdung der militärischen Ordnung ergebe sich sowohl aus einer Wiederholungsgefahr als auch der Gefahr einer Nachahmung durch andere Soldaten. Der Kläger habe ein erhebliches Maß an krimineller Energie offenbart; er habe planmäßig und systematisch über den Zeitraum von über einem Jahr gehandelt. Daraus ergäben sich ernstliche Zweifel an seiner moralischen Integrität und Zuverlässigkeit. Dies lasse befürchten, er könne auch in Zukunft vergleichbare Taten begehen. Ferner sei die missbräuchliche Nutzung von Bahnberechtigungsausweisen eine relativ häufige Erscheinung innerhalb der Bundeswehr, die nur schwer zu bekämpfen sei. Der Umstand, dass sich das Fehlverhalten nicht im militärischen Bereich unter Soldaten zugetragen habe, lasse insbesondere in Anbetracht der Vorgesetztenstellung des Klägers die erforderliche negative Vorbildwirkung nicht entfallen. Im Übrigen habe der Kläger durch seine Handlungsweise auch das Vertrauen seiner eigenen Vorgesetzten erschüttert. Schließlich habe das Verhalten des Klägers auch zu einer ernstlichen Gefährdung des Ansehens der Bundeswehr geführt. Das eingeräumte Ermessen sei gesetzlich auf die Entlassung hin vorgeprägt; nur bei Vorliegen eines besonderen atypischen Ausnahmefalles stelle sich deshalb die Entscheidung für eine Entlassung des Soldaten als ermessensfehlerhaft dar. Ein solcher Ausnahmefall liege hier nicht vor.
Auf den Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 1. März 2006 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, die der Kläger sodann zunächst unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen fristgemäß begründet hat. Darüber hinaus trägt er vor:
Es sei überhaupt nur eine einzige Schwarzfahrt, die er zudem in seiner Freizeit und in Zivilkleidung unternommen habe, aufgedeckt worden. Die weiteren Schwarzfahrten habe er freiwillig eingeräumt; er hätte sie ebenso gut verschweigen können. Diese Aufrichtigkeit sei in keiner Weise gewürdigt worden. Schwarzfahrten seien im Übrigen auf der alleruntersten Stufe der Strafbarkeit angesiedelt. Die Öffentlichkeit habe den hier in Rede stehenden Vorfall gar nicht wahrnehmen können. Erst recht sei die Öffentlichkeit nicht in der Lage gewesen, einen Bezug zur Bundeswehr herzustellen. Dem von der Beklagten angeführten verbreiteten Missbrauch von Bahnberechtigungsausweisen könne durch vorbeugende Maßnahmen begegnet werden.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts nach seinem Antrag erster Instanz zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt noch vor:
Dass der Bahnberechtigungsausweis des Klägers nicht eingezogen worden sei, sei ohne Bedeutung. Der Kläger sei gehalten gewesen, auch unaufgefordert den Ausweis bei der Kompanieführung zurückzugeben. Es sei dem Ansehen der Bundeswehr höchst abträglich, wenn der Eindruck entstehe, dass sich "Bürger in Uniform" durch Fälschung und Betrug auf Kosten der Allgemeinheit Vermögensvorteile verschaffen könnten. Das Verhalten des Klägers sei geeignet, negative Rückschlüsse auf das Verhalten anderer Soldaten in der Öffentlichkeit, auf die allgemeine Dienstauffassung in der Truppe und überhaupt auf die militärische Disziplin in der Bundeswehr zuzulassen. Dass der Kläger als Unteroffizier in Vorgesetztenstellung gehandelt habe, lasse sein Fehlverhalten noch gravierender erscheinen; damit sei der Kläger in der Öffentlichkeit auch außerhalb des Dienstes Repräsentant der Bundeswehr gewesen. In der Bevölkerung stieße es auf Unverständnis, wenn die Bundeswehr einen Zeitsoldaten, der die geltenden Gesetze nicht respektiere, in ihren Reihen beließe. Schließlich sei es nicht erforderlich gewesen, dem Kläger zunächst einen "ausdrücklichen Hinweis" zu erteilen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Beteiligten zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze sowie der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hätte die Klage nicht abweisen dürfen. Die angefochtene Entlassungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Voraussetzungen für eine fristlose Entlassung des Klägers aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit liegen nicht vor.
Gemäß § 55 Abs. 5 des Soldatengesetzes - SG - kann ein Soldat auf Zeit während der ersten 4 Dienstjahre fristlos entlassen werden, wenn er seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat und sein Verbleiben in seinem Dienstverhältnis die militärische Ordnung oder das Ansehen der Bundeswehr ernstlich gefährden würde.
Zwar ist der Kläger innerhalb der ersten 4 Dienstjahre entlassen worden. Er hat auch - was von ihm im Übrigen nicht bestritten wird - seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt; hierzu kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im Beschwerdebescheid sowie im Urteil des Verwaltungsgerichts verwiesen werden.
Sein Verbleiben im Soldatenverhältnis auf Zeit würde jedoch weder die militärische Ordnung noch das Ansehen der Bundeswehr ernstlich gefährden.
§ 55 Abs. 5 SG dient ausschließlich dem Schutz der Bundeswehr und soll künftigen Schaden für sie verhindern; eine disziplinare Sanktion ist nicht Zweck der fristlosen Entlassung. Es kommt daher entscheidend auf den Ernst der der militärischen Ordnung oder dem Ansehen der Bundeswehr ohne die fristlose Entlassung in Auswirkung der Dienstpflichtverletzung drohenden Gefahr an. Diese hat das Verwaltungsgericht in einer "objektiv nachträglichen Prognose" nachzuvollziehen. Das Erfordernis der Ernstlichkeit der Gefährdung konkretisiert den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, zu dem so für zusätzliche Erwägungen kein Raum ist.
Unter militärischer Ordnung ist der Inbegriff der Elemente zu verstehen, die die Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr nach den gegebenen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen erhalten; Randbereiche des Militärischen werden hiervon nicht erfasst. Eine ernstliche Gefährdung der so verstandenen militärischen Ordnung kann sich einmal aus der begründeten Befürchtung ergeben, dass es bei dem betreffenden Soldaten zu weiteren vergleichbaren Dienstpflichtverletzungen kommen werde (Wiederholungsgefahr), oder auch daraus, dass es sich bei der einzelnen Dienstpflichtverletzung um das typische Teilstück einer als allgemeine Erscheinung auftretenden Neigung zu Disziplinlosigkeiten handelt, so dass ohne die fristlose Entlassung ein Anlass zu ähnlichem Verhalten für andere Soldaten gegeben wäre (vgl. zum Vorstehenden z.B. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 1983, NJW 1984, S. 938 ff.).
Soweit in der Entlassungsverfügung vom 22. Dezember 2004 darauf abgestellt wird, dass das in den Kläger als Zeitsoldaten gesetzte Vertrauen durch den von ihm begangenen schwerwiegenden Vertrauensbruch zerstört worden sei, was seine Entlassung unumgänglich mache, wird die Entlassung ersichtlich auf die oben angeführte erste Alternative für eine Gefährdung der militärischen Ordnung gestützt, besagt der Vorwurf doch letztlich, dass aufgrund der deutlich gewordenen Intensität der - der "kriminellen Energie" im Rahmen der strafrechtlichen Würdigung entsprechenden - "Pflichtvergessenheit" mit weiterem illoyalem Verhalten gerechnet werden kann.
Richtig ist, dass die militärische Ordnung auch das Vertrauenkönnen der Soldaten aufeinander, namentlich ein intaktes Vertrauensverhältnis zwischen Vorgesetzten und Untergebenen erfasst. Die Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr erfordert es, dass sich Vorgesetzte auf ihre Untergebenen wie auch jeder Soldat auf den anderen verlassen können. Was das Vertrauenkönnen anbelangt, werden zudem erhöhte Anforderungen an einen Soldaten gestellt, der wie der Kläger nicht aufgrund der allgemeinen Wehrpflicht Dienst leistet, sondern nach freiwilliger und einvernehmlicher Begründung seines Status in einem besonderen Loyalitätsverhältnis zur Bundeswehr steht und darüber hinaus als Vorgesetzter Vorbildfunktion hat.
Das Verhalten des Klägers, die zweimalige Verfälschung einer von seinem Dienstherrn ausgestellten und ihm überlassenen Urkunde und deren anschließender Gebrauch zum Betrug zu Lasten der Bahn, ist auch grundsätzlich dazu geeignet, Zweifel an seiner Redlichkeit und Zuverlässigkeit zu wecken und damit seine moralische Integrität in Frage zu stellen.
Unter Berücksichtigung des tatsächlichen Gewichts der Verfehlungen und zugleich der Gesamtpersönlichkeit des Klägers lassen die Vorkommnisse für sich allein den Kläger jedoch noch nicht - aufgrund der mit seinem Handeln offenbarten kriminellen Energie bzw. ihm eigener unveränderlicher Wesensmerkmale - als dauerhafte Gefahrenquelle im hier behandelten Sinne erscheinen.
Was die kriminelle Energie angeht, ist zunächst zu sehen, dass der Kläger nicht etwa immer wieder aufs Neue - mit zwei Verfälschungen einer Urkunde und zwölf gesonderten Betrugshandlungen unter Gebrauch der verfälschten Urkunde, also vierzehnmal - straffällig geworden ist bzw. kriminelle Energie "freigesetzt" hat. Nach der zutreffenden rechtlichen Würdigung im Strafbefehl ist er vielmehr "nur" zweimal in derselben Art und Weise auffällig geworden: Das Verfälschen einer Urkunde und deren anschließender Gebrauch bilden eine deliktische Einheit; auch dann, wenn sie in der Folgezeit mehrmals gebraucht wird, liegt eine einzige Urkundenfälschung vor, sofern - wovon der Strafrichter im Falle des Klägers ersichtlich ausgegangen ist - der mehrfache Gebrauch von Anfang an geplant war. Wird die verfälschte Urkunde zur Begehung eines Betrugs gebraucht, besteht zwischen Urkundenfälschung und Betrug Idealkonkurrenz - mit der dem Umstand Rechnung getragen wird, dass der Unrechts- und Schuldgehalt geringer ist, wenn mehrere Gesetzesverletzungen durch eine einzige Handlung anstatt durch mehrere begangen werden. Mit dieser strafrechtlichen Wertung - und der dann letztlich ausgeworfenen Strafe (zwei Einzelgeldstrafen von 30 Tagessätzen, Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen) - lässt sich jedenfalls eine erhebliche kriminelle Energie nicht damit begründen, dass der Kläger "ein dienstliches Dokument über einen längeren Zeitraum in einer Vielzahl von Fällen systematisch widerrechtlich und in betrügerischer Absicht - nach vorheriger Fälschung dieses Dokuments durch zweimalige Verlängerung der Gültigkeit - benutzt hat, um sich rechtswidrige Vermögensvorteile zu verschaffen" (so der Beschwerdebescheid, Seite 5, 1. Absatz).
Gegen ein herausragend gewichtiges strafbares Verhalten spricht im Übrigen auch, dass es hier um ein - wie es im Beschwerdebescheid heißt - "relativ häufiges Delikt" innerhalb der Truppe geht, weswegen dort die der militärischen Ordnung drohende Gefahr auch - im Gegensatz zum Ausgangsbescheid, in dem dieser Gesichtspunkt lediglich ergänzend herangezogen wird - allein daraus hergeleitet wird, dass ein typisches Teilstück einer als allgemeine Erscheinung auftretenden Neigung zu Disziplinlosigkeiten in Rede steht und so die mögliche Nachahmung durch andere Soldaten in die Bewertung mit einzustellen ist.
Vor allem aber steht einer sich allein aus den zwei Delikten des Klägers - als einem illoyalem Verhalten - ergebenden "Zwangsläufigkeit" seiner Entlassung die Wertung seiner Gesamtpersönlichkeit entgegen. Hierzu fehlen sowohl im Ausgangs- als auch im Beschwerdebescheid jegliche Ausführungen; auch Klage- und Berufungserwiderung gehen hierauf mit keinem Wort ein, obwohl die Gesamtpersönlichkeit stets mit in den Blick zu nehmen ist (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 1983, a.a.O.). Insbesondere hätte dazu aller Anlass bestanden, weil der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte des Klägers in der Stammeinheit, der Kommandeur des Fernmeldebereichs .... Oberst S...., in seiner im Verwaltungsverfahren zur beabsichtigten Entlassung des Klägers eingeholten ergänzenden Stellungnahme unter Hinweis darauf, den Kläger aus eigener Anschauung zu kennen, nach eingehender Auseinandersetzung mit dessen Persönlichkeit zu dem Ergebnis gekommen war, dass aus seiner Sicht eine fristlose Entlassung des Klägers "nicht zwingend" sei, er vielmehr eher zu der positiven Prognose neige, dass der Kläger sich durchaus wieder bewähren und rehabilitieren könnte. Diese Stellungnahme wird nicht einmal im "Tatbestand" des Beschwerdebescheids erwähnt. Darüber hinaus lässt sich auch dem Entlassungsvorschlag des Chefs der Radarführungskompanie .... und der Stellungnahme des Kommandeurs des Einsatzführungsbereichs 1 nichts zur Persönlichkeit des Klägers entnehmen. Da schließlich die ergänzende Stellungnahme des Stabszugführers des Fernmeldebereichs .... nur "bruchstückhaft" etwas zur Persönlichkeit des Klägers aussagt - insoweit allerdings in Übereinstimmung mit der Darstellung des Kommandeurs des Fernmeldebereichs .... -, vermag der Senat nach alledem die auch ihm obliegende Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Klägers letztlich nur auf die in dieser Richtung von Oberst S.... gemachten Angaben zu stützen. An deren Richtigkeit zu zweifeln besteht für den Senat kein Anlass, kennt der Kommandeur des Fernmeldebereichs doch seiner Stellungnahme zufolge den Kläger persönlich. Zudem kann aufgrund seines - dem die Entlassung des Klägers Verfügenden gleichen - Dienstgrades und seiner Stellung - Kommandeur eines Fernmeldebereichs und nächsthöherer Disziplinarvorgesetzter - davon ausgegangen werden, dass ein auf ausreichender Menschenkenntnis beruhendes weder von Animositäten noch von Begünstigungsabsichten geprägtes die dienstlichen Interessen berücksichtigendes und im Quervergleich zu anderen Soldaten zutreffendes Bild vom Kläger gezeichnet worden ist. Danach lässt sich auch von der Gesamtpersönlichkeit des Klägers her eine letztlich auf einem "endgültigen" Verlust seiner Integrität beruhende Gefährdung der militärischen Ordnung bei seinem weiteren Verbleib in der Truppe nicht feststellen. Das hier in Rede stehende Verhalten stellt sich der Schilderung des Kommandeurs des Fernmeldebereichs zufolge vielmehr als eine die persönliche Integrität des Klägers nicht von Grund auf in Frage stellende "unbedachte Entgleisung" dar. So hat Oberst S.... den Kläger nicht nur, wie auch der Stabszugführer, als engagierten und motivierten Soldaten, dessen Charakter- und Eignungsbild bis zum Bekanntwerden der Vorfälle keinerlei Anlass zu Beanstandungen gegeben habe, bezeichnet. Er hat vielmehr darüber hinaus klargestellt, dass seiner Einschätzung nach das betreffende Fehlverhalten dem Kläger grundsätzlich wesensfremd sei, nicht zu ihm passe, und in seinem speziellen Fall als sehr leichtfertig zu bezeichnen sei, da es ihm offensichtlich an der richtigen Einschätzung in Bezug auf die rechtliche und moralische Schwere seines Handelns gemangelt habe - auch wenn er sich dessen Gesetzwidrigkeit grundsätzlich bewusst gewesen sei. Dem Kläger sei deutlich anzumerken, wie sehr er seinen Fehltritt bereue, unter diesem "Makel" leide, und dass er viel dafür geben würde, das Geschehene ungeschehen machen zu können. Er habe sich so denn auch in der nachfolgenden Zeit wieder tadellos verhalten.
Dass mit dieser Stellungnahme zugleich deutlich gemacht ist, dass jedenfalls ein maßgeblicher Vorgesetzter des Klägers diesem in der Tat noch Vertrauen entgegenbringt, bedarf keiner weiteren Erläuterung.
Was die Wiederholungsgefahr betrifft, sei abschließend noch klargestellt, dass sich eine solche ungeachtet der oben dargestellten jedenfalls hinter der Wertung der Beklagten zurückbleibenden kriminellen Energie auch nicht etwa allein daraus ergibt, dass sich der Kläger nicht nur ein-, sondern ja doch eben bereits zweimal auf die gleiche Art und Weise dienstpflichtwidrig verhalten hat. Eine Wiederholungsgefahr lässt sich allein daraus insbesondere deshalb nicht herleiten, weil dem Kläger zwischen den beiden Vorkommnissen nicht nochmals gesondert die Pflichtwidrigkeit seines Handelns vor Augen geführt worden war, er vielmehr sein erstmaliges Handeln ohne zwischenzeitliche Pflichtenmahnung letztlich "nur" noch einmal "kopiert" hat, indem er den schon verfälschten Teil der Urkunde zu demselben Zweck gleichartig verfälscht hat, er mit anderen Worten von daher "nur" zur weiteren Aufrechterhaltung des vorher bereits geschaffenen Zustandes - perpetuierend - auf vollkommen identische Art und Weise tätig geworden ist. Dieser Umstand ist zwar für die - rückwärts gewandte - strafrechtliche Würdigung ohne Bedeutung; so wurde der Kläger denn ja auch - von den Einzelstrafen her - zweimal mit demselben Schuldvorwurf und in derselben Höhe bestraft. Er muss jedoch für die hier vorzunehmende "objektiv nachträgliche Prognose", was die Gefährdung der militärischen Ordnung durch drohende weitere Pflichtverletzungen angeht, Berücksichtigung finden. Jedenfalls erweist sich aus den genannten Gründen die Wertung des Kommandeurs des Fernmeldebereichs ...., das Handeln sei dem Kläger "wesensfremd", nicht etwa schon wegen der bloßen Zweimaligkeit des Vorgehens als unzutreffend.
Nach alledem lässt sich eine Gefährdung der militärischen Ordnung nicht aus einer Wiederholungsgefahr herleiten.
Die militärische Ordnung ist aber auch nicht - worauf die Beschwerdeentscheidung allein gestützt ist - wegen drohender Nachahmung durch andere Soldaten ernstlich gefährdet.
Die Dienstpflichtverletzung des Klägers stellt sich zwar als das typische Teilstück einer als allgemeine Erscheinung auftretenden Neigung zu Disziplinlosigkeiten dar. So hat die Beklagte sowohl in ihren Bescheiden als auch im vorliegenden Verfahren immer wieder darauf hingewiesen, dass die missbräuchliche Nutzung von Bahnberechtigungsausweisen in der Truppe "relativ häufig" vorkommt. Der Senat hat keinen Anlass, dies in Zweifel zu ziehen, zumal der Kläger dem auch nicht entgegentritt. Es lässt sich auch nicht bestreiten, dass die Gefahr einer Nachahmung erhöht ist, wenn sich sogar ein Soldat auf Zeit mit Vorbildfunktion derartig verhält.
Nur setzt die Möglichkeit einer Entlassung unter dem hier behandelten Gesichtspunkt voraus, dass der Hang zur Disziplinlosigkeit auch und gerade in der in Rede stehenden Ausformung schwer zu bekämpfen sein muss, geht es doch darum, andere Soldaten von ähnlichem Verhalten abzuhalten. Es ist jedoch vergleichsweise einfach, die unberechtigte Weiternutzung von Bahnberechtigungsausweisen nach Ablauf ihrer Gültigkeit - einschließlich der danach gegebenenfalls noch erfolgenden eigenmächtigen "Verlängerung" der "Geltungsdauer" - zu verhindern. Das gilt namentlich auch dann, wenn die Berechtigung zu kostenlosen Familienheimfahrten mit der Bahn durch die Übernahme eines Wehrpflichtigen in das Soldatenverhältnis auf Zeit endet. Da jeder Wehrpflichtige einen Bahnberechtigungsausweis erhält und jeder Soldat auf Zeit keinen Anspruch auf kostenlose Familienheimfahrten hat, steht bei jeder Ernennung eines Wehrpflichtigen zum Soldaten auf Zeit fest, dass der Bahnberechtigungsausweis, den der betreffende Soldat besitzt, mit diesem Akt ungültig wird. Zur Vermeidung einer unberechtigten Weiternutzung des Ausweises - einschließlich eventuell späterer Verfälschungen dieses Dokuments - ist es mit anderen Worten nur erforderlich, dass - in Kenntnis des zwangsläufigen Ungültigwerdens des Ausweises - der Ausweis mit der Ernennung eingezogen wird. So besteht denn auch, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, eine Anweisung, dass entsprechend verfahren werden soll. Beim Kläger soll dies versehentlich unterblieben sein. Wegen der Möglichkeit eines versehentlichen Unterlassens der Einziehung eines Bahnberechtigungsausweises im Einzelfall erweist sich aber nicht generell die Bekämpfung von missbräuchlichen Weiternutzungen von Bahnberechtigungsausweisen - einschließlich möglicher späterer Manipulationen an diesen - durch Zeitsoldaten als schwierig. Entsprechendes gilt im Übrigen auch dann, wenn ein Wehrpflichtiger aus anderen Gründen als der Übernahme als Zeitsoldat die Berechtigung zur kostenlosen Bahnnutzung verliert, da, wie gesagt, jeder Wehrpflichtige einen Bahnberechtigungsausweis erhält und der Verlust des Nutzungsrechts auch in diesen Fällen "nichts Besonderes" ist, sondern allgemein unter den betreffenden Voraussetzungen eintritt.
Was den Einfluss der Entlassung des Klägers auf die Disziplin in der Truppe angeht, muss des Weiteren - worauf auch der Kommandeur des Fernmeldebereichs .... in seiner ergänzenden Stellungnahme zutreffend hinweist - der Zeitfaktor berücksichtigt werden: Je länger das Fehlverhalten des betreffenden Soldaten bei seiner Entlassung zurückliegt, umso weniger ist von vornherein die Entlassung geeignet, sich positiv auf die Disziplin der anderen Soldaten auszuwirken. Im Falle des Klägers hat Oberst S.... schon bezogen auf den Zeitpunkt der Abgabe seiner Stellungnahme einen negativen Einfluss auf die Disziplin der Truppe durch eine Belassung des - sich wieder tadellos verhaltenden - Klägers im Dienst "für sehr unwahrscheinlich bis nicht mehr gegeben" erachtet. Der Senat hat keinen Anlass, dieser auf besonderer Sachkunde in Bezug auf die "innerbetrieblichen" Verhältnisse in der Truppe beruhenden Einschätzung nicht zu folgen, zumal in den Bescheiden der Beklagten sowie in der Klage- bzw. Berufungserwiderung hierauf ebenfalls mit keinem Wort eingegangen ist. Bis zu dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entlassung maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Beschwerdebescheids - am 4. März 2005 -, zu dem auch erst die sofortige Vollziehung der Entlassung angeordnet worden ist, ist darüber hinaus noch weitere Zeit verstrichen, so dass zu der Zeit das Dienstvergehen des Klägers immerhin nahezu ein halbes Jahr zurückgelegen hat.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass sich selbst dann, wenn man sich dem zuvor Gesagten nicht anzuschließen vermöchte, eine ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung unter generalpräventiven Gesichtspunkten mit Rücksicht darauf nicht begründen ließe, dass diese Gefahr auch durch die Anwendung eines milderen Mittels beherrschbar wäre und jedenfalls von daher eine Entlassung nicht in Betracht käme.
Im Rahmen der Auslegung des Begriffs der ernstlichen Gefährdung ist, wie eingangs bereits dargelegt worden ist, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Bedeutung: Diesem Grundsatz wird, wie dort ausgeführt, durch das Erfordernis der "Ernstlichkeit" der Gefährdung - sowie der Begrenzung der Entlassungsmöglichkeit auf die ersten vier Dienstjahre - Rechnung getragen, so dass es zu ihm - im Rahmen der in Rede stehenden Ermessensvorschrift - keiner zusätzlichen Erwägungen bedarf. Sind damit die aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - oder auch "Übermaßverbot" - als einem aus dem Rechtsstaatsprinzip bzw. dem Wesen der Grundrechte selbst folgenden Grundsatz mit Verfassungsrang folgenden Anforderungen dem Tatbestandsmerkmal der Ernstlichkeit der Gefährdung immanent, erweist sich eine Gefährdung als nicht "ernstlich", wenn sie ebenso gut wie durch die fristlose Entlassung nach § 55 Abs. 5 SG durch eine Disziplinarmaßnahme unterhalb der Entfernung aus dem Dienstverhältnis als milderes Mittel abgewendet werden kann. Ein wesentliches Element der Verhältnismäßigkeit ist ja die Erforderlichkeit, die besagt, dass zur Erreichung des Erfolgs das mildeste Mittel gleicher Wirksamkeit eingesetzt werden muss. Wenn die Beklagte in dem Zusammenhang darauf hinweist, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Wirkung einer möglichen Disziplinarmaßnahme als eines notwendigen aber auch milderen Mittels nur dann nicht außer Acht gelassen werden dürfe, wenn die Dienstpflichtverletzung eine Affekthandlung ohne Wiederholungsgefahr und als solche nicht Teilstück einer als allgemeine Erscheinung auftretenden Neigung zu Disziplinlosigkeiten sei, so trifft es zwar zu, dass das Bundesverwaltungsgericht für diese Fälle angenommen hat, dass die besagte Wirkung zu berücksichtigen sei. Ob es das Bundesverwaltungsgericht jedoch von vornherein ausgeschlossen hat, dass auch in anderen Fällen zu prüfen ist, ob mit einer Disziplinarmaßnahme unterhalb der Entfernung aus dem Dienst derselbe Erfolg wie mit der Entlassung als Zeitsoldat erreicht werden kann, erscheint fraglich. So heißt es beispielsweise in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Januar 1980 (BVerwGE 59, S. 361 ff.), dass die Wirkung einer Disziplinarmaßnahme "etwa dann" bedeutsam sein könne, wenn die oben angeführten Voraussetzungen erfüllt seien (vgl. demgegenüber allerdings z.B. Urteil vom 24. September 1992, NVwZ-RR 1993, S. 501 ff.). Für eine nur partielle Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes besteht auch von Verfassungs wegen kein Raum. Von daher ist es vielmehr auch dann geboten, im Rahmen der Prüfung der Ernstlichkeit der Gefahr darauf einzugehen, ob mit einer Disziplinarmaßnahme unterhalb der Entfernung aus dem Dienst die Gefahr beherrscht werden kann, wenn es sich bei der Dienstpflichtverletzung um das typische Teilstück einer als allgemeine Erscheinung auftretenden Neigung zu Disziplinlosigkeiten handelt (so auch z.B. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31. Januar 1991 - 1 A 1330/88 -, Juris; GKÖD, Stand Juni 2006, Rdnr. 26 zu § 55 SG). Dass dabei nicht stets die nächstniedrigere Disziplinarmaßnahme - die Dienstgradherabsetzung - in Ansatz zu bringen ist, sondern die Disziplinarmaßnahme, auf die im konkreten Fall unter Berücksichtigung des Gewichts des Dienstvergehens und der Schuld des Soldaten nach disziplinarrechtlichen Grundsätzen zu erkennen sein würde, versteht sich von selbst. Mit Rücksicht darauf, dass es im vorliegenden Fall, in dem das Dienstvergehen zum maßgeblichen Zeitpunkt immerhin schon fast ein halbes Jahr zurückgelegen hat, allenfalls um die Abdeckung eines "Restrisikos" gehen kann, was die Nachahmungsgefahr betrifft, erachtet der Senat das in einem Disziplinarverfahren mindestens zu erwartende Beförderungsverbot (vgl. hierzu z.B. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 1990, NVwZ-RR 1991, S. 203 ff.; Beschluss vom 29. November 1988, NZWehrr 1989, S. 203 ff.) in jedem Fall als ausreichende Abschreckung für andere Soldaten - denen im Übrigen bereits im maßgeblichen Zeitpunkt durch die strafgerichtliche Verurteilung des Klägers vor Augen geführt war, dass ein solches Verhalten, wie es in Rede steht, sogar zu einer Vorstrafe führen kann.
Der Klage lässt sich schließlich auch nicht aus Gründen einer Ansehensgefährdung der Erfolg versagen. Dabei kann letztlich dahingestellt bleiben, ob dieser Gesichtspunkt überhaupt im vorliegenden Verfahren Berücksichtigung finden kann, da die Beklagte bei ihrer nach Ermessen zu treffenden Entscheidung weder im Ausgangs- noch im Beschwerdebescheid hierauf abgestellt hat, auf diese Alternative des § 55 Abs. 5 SG vielmehr erst in der Berufungserwiderung zu sprechen gekommen ist, nachdem der Senat ihr ergänzende Ausführungen hierzu anheimgestellt hatte.
Dass es dem guten Ruf der Streitkräfte in der Öffentlichkeit grundsätzlich höchst abträglich wäre, wenn ein nicht aufgrund der allgemeinen Wehrpflicht, sondern seiner freiwilligen Verpflichtung Dienst leistender Soldat, der als Vorgesetzter für andere Soldaten Vorbild sein soll, wiederholt durch betrügerische Machenschaften und Urkundenfälschung ihm nicht zustehende finanzielle Vorteile auf Kosten der Allgemeinheit erschleicht, ohne dass die Bundeswehr hieraus Konsequenzen zöge, bedarf keiner weiteren Erklärung.
Insofern vermag es den Kläger auch nicht zu entlasten, dass er seinen glaubhaften Angaben zufolge stets und so insbesondere auch am 17. September 2004 in Zivil unterwegs war, wenn er unberechtigt kostenlose Familienheimfahrten durchführte, da gleichwohl sein Verhalten über die Bundeswehr hinaus bekannt geworden ist, so jedenfalls dem Zugschaffner, dem an dem besagten 17. September 2004 die Manipulationen an dem Bahnberechtigungsausweis aufgefallen waren, und den im Rahmen der Strafverfolgung auf Seiten des Gerichts und der Staatsanwaltschaft - sei es auf der Geschäftsstelle, in der Kanzlei oder als Dezernent bzw. Richter - mit dem Fall Befassten.
Es ist jedoch bezogen auf den für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entlassung maßgeblichen Zeitpunkt auf die Sicht eines den betreffenden Lebensverhältnissen gegenüber aufgeschlossenen mit den Einzelheiten des Falls vertrauten und objektiv wertenden Beobachters abzustellen. Danach lässt sich nun aber für diesen Zeitpunkt aus denselben Gründen, wie sie oben im Rahmen der Prüfung einer ernstlichen Gefährdung der militärischen Ordnung erörtert worden sind, auch eine ernstliche Gefahr für das Ansehen der Bundeswehr im Falle einer Belassung des Klägers im Dienst ausschließen. Insbesondere muss insofern in die Sicht des Beobachters die Kenntnis von der Gesamtpersönlichkeit des Klägers eingestellt werden. Wäre auch auf dieser Grundlage - und trotz der inzwischen verstrichenen Zeit - noch eine Ansehensminderung zu besorgen, wenn gegen den Kläger nicht eingeschritten würde, so könnte dieser "Restgefahr" jedenfalls durch die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme wie oben dargestellt wirksam begegnet werden.
Nach alledem können die angefochtenen Bescheide keinen Bestand haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.
Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 12.500,-- € festgesetzt (§§ 52 Abs. 5 Nr. 2, 47 des Gerichtskostengesetzes - GKG -).
Ende der Entscheidung
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