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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 10.03.2006
Aktenzeichen: 10 A 10665/05.OVG
Rechtsgebiete: AufenthG, AsylVfG


Vorschriften:

AufenthG § 60
AufenthG § 60 Abs. 1
AufenthG § 60 Abs. 8
AufenthG § 60 Abs. 8 S. 1
AufenthG § 60 Abs. 8 S. 2
AsylVfG § 71
AsylVfG § 71 Abs. 1
AsylVfG § 71 Abs. 1 S. 1
1. Zur Verfolgungsgefahr eines Journalisten, dem in der Türkei zur Last gelegt wird, islamistisches Gedankengut verbreitet zu haben und über die Untergrundorganisation Tevhid-Selam in die Hizbullah eingebunden gewesen zu sein.

2. Zu den Ausschlusstatbeständen des § 60 Abs. 8 AufenthG.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

10 A 10665/05.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Asylrechts (Türkei) hat der 10. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 10. März 2006, an der teilgenommen haben

Vizepräsident des Oberverwaltungsgerichts Steppling Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Falkenstett Richter am Oberverwaltungsgericht Möller ehrenamtlicher Richter Tischlermeister Ackel ehrenamtlicher Richter Chemotechniker Blaschka

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird die Beklagte unter teilweiser Abänderung des auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19. Januar 2004 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz sowie unter entsprechender Aufhebung ihres Bescheides vom 17. Dezember 2003 zur Feststellung verpflichtet, dass der Kläger in seiner Person die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG hinsichtlich der Türkei erfüllt.

Von den Kosten des Verfahrens beider Instanzen tragen die Beklagte und der Kläger jeweils die Hälfte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der im Jahr 1942 geborene Kläger stammt aus der Türkei. Er reiste nach seinen Angaben im Februar 1999 in das Bundesgebiet ein. Hier bat er unter dem 6. April 1999 um seine Anerkennung als Asylberechtigter. Zur Begründung machte er geltend: Er betätige sich als Schriftsteller und Journalist, wobei er sich für die Verbreitung des Islam einsetze. Wegen seiner Artikel habe er in den Jahren 1977/78 eine 15monatige Gefängnisstrafe verbüßt. Im Jahr 1980 sei er als Wiederholungstäter unter dem Vorwurf islamistischer Propaganda, Verstoßes gegen das Laizismusgebot sowie des Versuchs der Spaltung der Türkei erneut zu einer Gefängnisstrafe von nunmehr 15 Jahren verurteilt worden. Während des Rechtsmittelverfahrens sei er untergetaucht; auf Grund dessen sei er im Jahr 1983 ausgebürgert worden. Unterdessen habe er sich überwiegend im Ausland, wie etwa in Afghanistan, Pakistan, Bangladesh und im Iran aufgehalten. Er habe gefälschte Papiere besessen; zudem habe er sich mit einem von den Mudschahedin in Afghanistan ausgestellten Ausweis im mittelasiatischen Raum bewegen können. Im Jahr 1992 habe er von der Türkei wieder eingebürgert werden sollen, gleichwohl sich weiterhin verborgen gehalten. Während dessen habe er unter anderem für die Zeitschriften "Tevhid" und "Selam" geschrieben. Wegen der Artikel seien ab 1995 über 30 Verfahren gegen die Redakteure der Zeitung "Selam" eingeleitet worden, wobei insbesondere nach der Entmachtung Erbakans der Druck zugenommen habe. Im Jahr 1998 sei er in die Türkei zurückgekehrt, wo er sich zunächst im Kurdengebiet und alsdann in Istanbul aufgehalten habe. Da er ständig mit seiner Entdeckung habe rechnen müssen, habe er sich schließlich zur Flucht in die Bundesrepublik entschlossen. Er unterhalte hier Kontakte zu fast allen islamischen Gruppierungen, außerdem betätige er sich weiterhin als Journalist.

Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Asylbescheid vom 7. September 1999 ab. Die daraufhin erhobene Asylklage wies das Verwaltungsgericht Koblenz mit Urteil vom 17. April 2000 - 9 K 2447/99.KO - ab. In den Entscheidungsgründen führte es aus: Dem Kläger könne die geltend gemachte Verfolgungsfurcht nicht abgenommen werden. Die geschilderten Verurteilungen aus den Jahren 1977 und 1980 seien für ihn ersichtlich nicht der Grund für seine erst im Jahr 1999 erfolgte Ausreise gewesen, zumal er in der Zwischenzeit offenbar keinerlei Behelligungen ausgesetzt gewesen sei. Aus den ab 1995 gegen die Redakteure der Zeitung "Selam" eingeleiteten Strafverfahren lasse sich für den Kläger gleichfalls keine Verfolgungsgefahr herleiten, nachdem es damit im Zusammenhang offenbar nicht zu Strafanzeigen gegen ihn selbst gekommen sei. Tatsächlich sei auch nicht ersichtlich, inwiefern sich der Kläger mit seinen Artikeln überhaupt strafbar gemacht haben könnte, habe er doch darin nach seiner Darstellung weder zum Ungehorsam gegen die Gesetze noch gar zu bewaffneten Auseinandersetzungen aufgerufen. Den gegen dieses Urteil gerichteten Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung lehnte der Senat mit Beschluss vom 13. August 2001 - 10 A 10848.00.OVG - ab.

Mit Folgeantrag vom 14. September 2001 bat der Kläger erneut um die Gewährung von Asyl. Zur Begründung machte er geltend: Gegen einen der Redakteure der Zeitung "Selam" sei am 11. Juli 2000 Anklage erhoben und damit im Zusammenhang die Todesstrafe gefordert worden. Diesem und weiteren Angeklagten werde vorgeworfen, Mitglieder einer zur Hizbullah gehörenden Terrororganisation namens "Tevhid-Selam" gewesen zu sein und sich an Morden, Sprengstoffanschlägen und Verschleppungen beteiligt zu haben. Die Ermittlungen hätten sich auch gegen ihn selbst gerichtet. Da man seiner nicht habhaft geworden sei, sei er nicht mitangeklagt worden. Er werde aber in der Anklageschrift beschuldigt, sich als Führungsperson und Kontaktmann dieser Organisation betätigt zu haben. Zum Beleg für das in Rede stehende Strafverfahren könne er unter anderem die Anklageschrift sowie einen entsprechenden Trennungsbeschluss vorlegen. Im Übrigen verweise er auf verschiedene Zeitungsberichte. Einem dieser Artikel sei ein Foto beigefügt, auf dem er gemeinsam mit dem mitangeklagten Hizbullah-Milizen A. C. zu sehen sei. Das Foto solle dem beigefügten Text zufolge in einem iranischen Camp aufgenommen worden sein und aus den Unterlagen des Geheimdienstes stammen.

Mit Bescheid vom 17. Dezember 2003 lehnte die Beklagte die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens wie auch eine Abänderung der im Erstbescheid mit enthaltenen Versagung sonstigen Abschiebungsschutzes nach § 53 AuslG ab. Zur Begründung führte sie aus, dass gegen die Verwertbarkeit der vom Kläger vorgelegten Unterlagen insofern Bedenken bestünden, als ein angeblich von der Staatsanwaltschaft unter dem 11. Juli 2000 verfasstes Schreiben ein Fax-Datum bereits vom 1. Juli 1993 trage.

Daraufhin hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt: Aus der Anklageschrift ergebe sich, dass die türkischen Behörden ihn für einen wichtigen Hintermann einer terroristischen Organisation hielten. Außerdem werde er als Verbindungsmann zu iranischen Ausbildungslagern angesehen, in denen Aktivisten im Umgang mit Handfeuerwaffen und Sprengstoffen zur Durchführung von Anschlägen und politischen Morden unterwiesen worden seien. Endlich werde er als einer der geistigen Führer der Islamisierungsbestrebungen nach iranischem Muster in der Türkei bezeichnet, der auf Versammlungen religiöse Themen aufbereitet und eine islamistische Kampfzeitschrift herausgegeben habe. In Anbetracht dessen habe er im Falle seiner Rückkehr in die Türkei mit hoher Wahrscheinlichkeit mit seiner Inhaftierung sowie angesichts der Zustände im türkischen Polizeigewahrsam mit asylerheblichen Übergriffen zu rechnen. Da er entgegen den vom türkischen Staat erhobenen Vorwürfen sich nicht an terroristischen Aktivitäten beteiligt, sondern lediglich als Journalist islamistisches Gedankengut verbreitet habe, sei darüber hinaus auch die ihm drohende Bestrafung als Maßnahme politischer Verfolgung anzusehen. Tatsächlich habe er es um seiner Unabhängigkeit und seiner religiösen Überzeugung willen bewusst vermieden, sich einer Organisation anzuschließen oder sich gar für gewalttätige Organisationen instrumentalisieren zu lassen. Er gehöre nicht der Hizbullah, auch nicht der des Irans an. Soweit er Kontakte zu Anhängern der islamischen Gemeinschaft "Milli Görüs" in Deutschland unterhalte, beruhten diese in erster Linie auf persönlichen Beziehungen. Zu Kaplan und seinem Umfeld habe er keine Verbindungen; im Gegenteil sei er in dessen Publikationen sogar wiederholt wegen seiner Anschauungen kritisiert worden.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Dezember 2003 zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen sowie festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG, hilfsweise des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen. Zur Begründung hat sie ausgeführt: Selbst wenn der Kläger wegen der Mitgliedschaft in der Hizbullah gesucht werden sollte, drohe ihm keine politische Verfolgung. Es sei nicht erkennbar, durch welche konkreten Handlungen er sich diesbezüglich strafbar gemacht haben sollte. Er habe bislang lediglich davon berichtet, kritische Artikel verfasst zu haben; im Übrigen habe er betont, sich bewusst gerade von illegalen oder gar gewaltbereiten Organisationen ferngehalten zu haben. Sollte er dennoch den gegen ihn erhobenen Vorhalten gemäß ein wichtiges Mitglied einer terroristischen Organisation sein, stünde seinem Begehren § 51 Abs. 3 Satz 2 AuslG entgegen. Sollte er dem gegenüber lediglich als gewaltloses Mitglied für die Interessen der Hizbullah eingetreten sein, so sei ihm zuzumuten, sich im Rahmen eines Strafverfahrens den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu stellen. Dass dabei die rechtstaatlichen Mindeststandards nicht eingehalten würden bzw. er Misshandlungen oder gar Folter ausgesetzt würde, sei nicht anzunehmen.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 2. Februar 2005 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Da die vorgelegten Beweismittel gemäß der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 27.Oktober 2004 echt seien, sei ein asylrechtliches Folgeverfahren durchzuführen. Dies gelte allerdings mangels glaubhaft gemachter Luftwegeinreise nur hinsichtlich der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG. Indessen ergebe sich insoweit in der Sache keine dem Kläger günstigere Entscheidung. Denn ungeachtet des gegen ihn in der Türkei eingeleiteten Strafverfahrens habe er weder vor seiner Ausreise mit seiner politischen Verfolgung rechnen müssen noch künftig eine solche zu befürchten. Zwar könne eine Strafverfolgung von separatistischen oder politisch-revolutionären Aktivitäten als Umsetzung politischer Überzeugung ebenfalls asylerhebliche Verfolgung sein; so liege es hier aber nicht, da die Strafverfolgungsbehörden den Kläger zur Hizbullah zugehörig ansähen, deren Verfolgung als Terrororganisation dem Rechtsgüterschutz diene. Darüber hinaus müsse der Kläger aber auch nicht damit rechnen, schon im Rahmen der Rückkehrkontrollen mit asylerheblichen Repressalien überzogen zu werden. Nach der Auskunftslage sei vielmehr davon auszugehen, dass Angehörige der Hizbullah, anders als etwa Anhänger der PKK oder linker Gruppierungen in aller Regel keiner menschenunwürdigen Behandlung unterworfen würden. Dies gelte umso mehr, als der Kläger selbst eine solche Zugehörigkeit bestreite und auch sonst keine exilpolitischen Aktivitäten geschildert habe, die ihn als exponierten islamistischen Aktivisten auswiesen. Vor diesem Hintergrund ergäben sich schließlich auch keine durchgreifenden Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens im Hinblick auf die Feststellung des Vorliegens sonstigen Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung des Klägers, mit der dieser - unter deren teilweiser Zurücknahme hinsichtlich seines Asylbegehrens - lediglich seine auf die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG gerichtete Klage weiterverfolgt. Zur Begründung trägt er weiter vor: Es könne letztlich dahin stehen, inwieweit er gemäß der vorgelegten Anklageschrift auch aus strafrechtlichen Gründen gesucht werde; denn unabhängig davon drohe ihm jedenfalls wegen seiner umfangreichen Tätigkeit als Autor und Journalist angesichts des von ihm dabei vertretenen islamistischen Gedankengutes politische Verfolgung.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils sowie unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 17. Dezember 2003 zur Feststellung zu verpflichten, dass er in seiner Person die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG erfüllt, bzw. hilfsweise dass bezüglich seiner Person Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung macht sie geltend: Nach der aktuellen Erkenntnislage habe die Türkei durch eine Vielzahl von Verfassungs- und Gesetzesänderungen nachhaltige Fortschritte zur Verbesserung der Menschenrechtslage sowie zur Eindämmung von Folter und Misshandlungen gerade auch mit Blick auf Inhaftierte erzielt. Diese Fortschritte erstreckten sich bis zur unteren Ebene der Strafverfolgungsbehörden und beträfen auch Gewahrsamsnahmen und Vernehmungen durch die Polizei. Mit diesen Änderungen sei des Weiteren eine Liberalisierung verschiedener Straftatbestände gerade auch zu Gunsten des Rechts auf freie Meinungsäußerung einhergegangen. Soweit der Kläger wegen seiner Zugehörigkeit zur Hizbullah zur Fahndung ausgeschrieben sei, sei ihm von daher zuzumuten, sich der Strafverfolgung zu stellen und dort seine Einwände geltend zu machen.

Der Senat hat mit Beschluss auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18. November 2005 Beweis erhoben über die Frage, inwieweit Erkenntnisse dazu vorliegen, dass der Kläger im Bundesgebiet in militante islamistische Organisationen oder deren Aktivitäten eingebunden ist, durch Einholung einer amtlichen Auskunft des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes vom 16. Dezember 2005.

Die Beteiligten haben auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet. Die Beklagte macht mit Blick auf das Ergebnis der Beweisaufnahme noch geltend: Angesichts des Vorbringens des Klägers und unter Berücksichtigung seiner Einbindung in verschiedene zur radikalen Szene zu rechnenden Organisationen, insbesondere in die terroristisch ausgerichtete Hizbullah, sei davon auszugehen, dass er sich Handlungen habe zuschulden kommen lassen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderliefen. Dafür sprächen auch die Erkenntnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 16. Januar 2006, wonach der Kläger im Bundesgebiet ebenfalls Kontakte zu islamistischen Zeitungen und der "Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs" unterhalte. Damit scheitere sein Begehren bereits an dem Ausschlusstatbestand des § 60 Abs. 8 Satz 2, 3. Alt. AufenthG.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligen gewechselten Schriftsätze in den Gerichtsakten und auf die das Erstasylverfahren wie auch das Folgeverfahren des Klägers betreffenden Akten verwiesen. Die genannten Vorgänge sowie die in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse zur Lage politischer Aktivisten und zur neueren innenpolitischen Entwicklung in der Türkei waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung, über die der Senat gemäß § 101 Abs. 2 VwGO im Einverständnis mit den Beteiligten ohne (weitere) mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, nicht abweisen dürfen. Der Kläger kann nicht nur die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens bezogen auf die Feststellung verlangen, dass in seiner Person hinsichtlich der Türkei die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen; ihm steht auch ein Anspruch auf diese Feststellung zu, da er politisch Verfolgter im Sinne dieser Bestimmung ist.

Gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist nach der unanfechtbaren Ablehnung eines früheren Asylantrages auf einen Folgeantrag des Ausländers ein weiteres Asylverfahren durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. So liegt es hier. Der Kläger hat nach dem erfolglosen Abschluss seines ersten Asylverfahrens am 30. August 2001 unter dem 14. September 2001 einen Folgeantrag gestellt. Mit diesem hat er eine nachträgliche Veränderung der Sach- und Rechtslage zu seinen Gunsten dergestalt geltend gemacht, dass er nunmehr in einem weiteren Ermittlungsverfahren beschuldigt werde, geistiger Führer und Hintermann einer terroristischen Vereinigung und Verbindungsmann zum iranischen Geheimdienst zu sein sowie eine Islamisierung der Türkei nach iranischem Muster anzustreben; außerdem hat der Kläger zum Beleg für die Richtigkeit dieses Vorbringens entsprechende Beweismittel u.a. in der Form einer Anklageschrift und eines Trennungsbeschlusses vom 11. Juli 2000 sowie verschiedene Zeitungsberichte vorgelegt. Dabei war es ihm auch nicht etwa möglich, sich auf diese Veränderung der Sach- und Rechtslage noch in seinem ersten Asylverfahren zu berufen bzw. die angeführten Beweismittel vorzulegen, weil dafür in dem dieses Verfahren abschließenden Zulassungsverfahren gemäß § 78 Abs. 3 AsylVfG kein Raum war. Des Weiteren hat der Kläger seinen Folgeantrag auch fristgerecht gestellt. Da er vor dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens keinen Folgeantrag hatte stellen können, war der Lauf der Dreimonatsfrist bis zum Eintritt der Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Erstverfahren mit der Ablehnung des Zulassungsantrages durch den Beschluss des Senates vom 13. August 2001 gehemmt (vgl. Urt. des Senates vom 18. Februar 2000, NVwZ-Beil. 2000, S. 84).

Das danach - auch schon nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts - gebotene Wiederaufgreifen seines Asylverfahrens führt des Weiteren im Rahmen der nunmehr erforderlichen umfassenden Erfolgswürdigung dazu, dass der Kläger von der Beklagten vorliegend die Feststellung verlangen kann, dass er in seiner Person die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG hinsichtlich der Türkei erfüllt.

Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG i. V. m. § 31 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG hat Anspruch auf die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 der Ausländer, dem bei einer Rückkehr in seine Heimat aus politischen Gründen Verfolgungsmaßnahmen mit Gefahr für Leib und Leben oder Beeinträchtigungen seiner persönlichen Freiheit oder aber sonstige Eingriffe in andere Grundfreiheiten drohen, die nach ihrer Intensität und Schwere die Menschenwürde verletzen. Diese Verfolgung ist als politisch anzusehen, wenn sie in Anknüpfung an die asylerheblichen Merkmale der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung des Betroffenen erfolgt, weil sie alsdann den Einzelnen aus der übergreifenden Friedensordnung des Staates ausgrenzt und ihm zugleich Anlass gibt, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage außerhalb seines Heimatlandes Schutz zu suchen. Die Gefahr einer derartigen Verfolgung setzt weiter voraus, dass diese Maßnahmen den Schutzsuchenden unter Zugrundelegung einer auf einen absehbaren Zeitraum ausgerichteten Zukunftsprognose mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen oder aber dass sie für ihn nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können, nachdem er in der Vergangenheit bereits politische Verfolgung erlitten hat. Wer von nur regionaler politischer Verfolgung betroffen war bzw. ist, ist allerdings erst dann als vorverfolgt bzw. verfolgt anzusehen, wenn er dadurch landesweit in eine ausweglose Lage versetzt wird. Das ist der Fall, wenn er in anderen Teilen seines Heimatlandes eine zumutbare Fluchtaltennative nicht finden kann. Diese Fragen sind - bis auf die der Vorverfolgung und des Bestehens einer inländischen Fluchtalternative vor der Ausreise - nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. im Falle einer Entscheidung ohne eine solche Verhandlung der abschließenden Entscheidungsfällung, also im gegenwärtigen Zeitpunkt zu beurteilen.

Hiernach steht dem Kläger ein Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 1 AufenthG zu. Dabei kann dahinstehen, inwieweit dieser gegebenenfalls bereits vor seiner Ausreise politischer Verfolgung ausgesetzt war bzw. ob er sich einer solchen anderweitig hätte entziehen können; denn im Falle seiner Rückkehr in die Türkei ist angesichts der gegen den Kläger wegen Mitgliedschaft in der Organisation "Tevhid-Selam" eingeleiteten Fahndung nicht nur davon auszugehen, dass er bereits an der Grenze verhaftet, alsdann den Strafverfolgungsbehörden überstellt und mit dem gegen ihn anhängigen Ermittlungsverfahren überzogen werden wird, sondern steht darüber hinaus auch zu besorgen, dass er damit im Zusammenhang mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit auch abschiebungsschutzrelevanten Repressalien ausgesetzt werden wird.

Wie sich aus der den Beteiligten bekannten Rechtsprechung des Senates ergibt, geht dieser unter Berücksichtigung der neueren innenpolitischen Entwicklung in der Türkei davon aus, dass trotz der zwischenzeitlich vorgenommenen Verfassungs- und Gesetzesänderungen zur Verbesserung der Menschrechtslage sowie zur Eindämmung der Folter jedenfalls solche politische Aktivisten auch derzeit noch im Falle einer Rückkehr in die Türkei mit schwerwiegenden Übergriffen rechnen müssen, wenn sie als exponierte und ernstzunehmende Gegner des türkischen Staates in Erscheinung treten. Darunter sind in Sonderheit solche Aktivisten zu verstehen, die sich mit ihren politischen Ideen und Strategien gegen die tragenden Grundprinzipien der Türkei wenden und dabei zu deren Umsetzung maßgeblichen Einfluss auf die türkische Innenpolitik oder auf ihre Landleute zu nehmen versuchen oder sonst eine auf Breitenwirkung zielende Meinungsführerschaft übernehmen. Diese Schwelle wird dabei unter anderem dann überschritten, wenn die Betreffenden als Auslöser oppositioneller Aktivitäten, als Organisatoren entsprechender Veranstaltungen oder als Anstifter und Aufwiegler zu gegen den türkischen Staat gerichteten Kampagnen auftreten oder wenn ihre Verlautbarungen bzw. Vorgehensweisen die Vermutung nahe legen, sie verfügten über besondere Kenntnisse der Szene oder über hervorgehobene Autorität bei ihren Gefolgsleuten oder seien mit ihrem Engagement in militante Organisationen eingebunden. Gleiches gilt vor diesem Hintergrund erst recht, wenn die Betreffenden damit im Zusammenhang bereits zur Fahndung ausgeschrieben sind, weil gegen sie ein staatsschutzrechtliches Ermittlungsverfahren anhängig ist (vgl. Urteile vom 12. März 2004 - 10 A 11952/03.OVG - sowie zuletzt vom 18. November 2005 - 10 A 10580/05.OVG - m.w.N. aus der Rechtsprechung der übrigen Oberverwaltungsgerichte).

Auch wenn diese Rechtsprechung in erster Linie Aktivisten militanter prokurdischer bzw. kommunistischer Organisationen betraf, so gilt das damit im Zusammenhang festgestellte Verfolgungsrisiko in ganz ähnlicher Weise auch für die Verfechter entsprechend radikaler islamistischer Bestrebungen. Denn indem diese mittels einer Reislamisierung der gesamten gesellschaftlichen Verhältnisse des Landes und eines Umbaus des gegenwärtigen türkischen Staats- und Regierungssystems eine neue islamische Ordnung anstreben, zielen auch sie darauf ab, ein für die Verfasstheit der Türkei ebenso bedeutsames Grundprinzip wie etwa das der Untrennbarkeit der Nation und des Staatsgebietes, nämlich das des Laizismus mit seiner strikten Trennung von Religion und Staat außer Kraft zu setzen. Dass derzeit eine islamisch ausgerichtete Partei die Regierung stellt und deshalb Islamisten von dieser Seite gegebenenfalls mit einer gewissen Nachsicht rechnen können, vermag an dieser Betrachtungsweise nichts zu ändern. Insofern ist vielmehr zu sehen, dass ungeachtet dessen jedenfalls von Seiten der Sicherheitskräfte und Justizbehörden, die den Kläger nach seiner Rückkehr in Gewahrsam nehmen bzw. gegen ihn ermitteln und seine Strafverfolgung betreiben werden, eine vergleichbare Nachsicht nicht zu erwarten steht. Im Gegenteil finden sich gerade in diesem Bereich nach wie vor viele Entscheidungsträger, die aufgrund ihrer Sozialisation im kemalistisch-laizistisch-nationalen Staatsverständnis Skepsis und Misstrauen gegenüber der AKP-Regierung hegen und deren islamische Ausrichtung als potentiell schädlich wahrnehmen. Indem sie sich so als die Hüter der überkommenen Verfassungsordnung des türkischen Staates sehen, macht es für sie keinen Unterschied, ob etwaige Angriffe auf das bestehende Staatsgefüge von Separatisten bzw. Kommunisten oder aber von Islamisten ausgehen bzw. abzuwehren sind.

Diese Auffassung wird durch die in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse bestätigt. So ergibt sich bereits aus der allgemeinen Presseberichterstattung, dass zwar einerseits die gegenwärtige Regierung in Anbetracht ihrer Ausrichtung in der Tat in manchen Bereichen eine Islamisierung duldet bzw. zum Teil sogar zu fördern versucht, dass ihr indessen andererseits sogar selbst das politische Aus drohen könnte, sofern sie sich in dieser Hinsicht nicht die gebotene Zurückhaltung auferlegen sollte. Andernfalls tritt sie nämlich in einen offenen Gegensatz zum säkularen Militär und hier zuvörderst zum Nationalen Sicherheitsrat. Gerade letzterer sieht sich als obersten Hüter des kemalistischen Erbes und seiner tragenden Prinzipien an. Dabei erwartet er nicht nur eine strikte Trennung von Religion und Staat, sondern darüber hinaus sogar die Unterordnung ersterer unter den Staat. Auch wenn der Nationale Sicherheitsrat im Rahmen der jüngsten Reformen auf den Status eines beratenden Gremiums zurückgestuft worden ist, ist seine dominierende Stellung nicht gebrochen (vgl. dazu Die Welt vom 14. Mai und 8. Oktober 2004 sowie FAZ vom 17. Juni 2005). Des Weiteren wird auch aus den Lageberichten und Auskünften des Auswärtigen Amtes deutlich, dass die Furcht vor dem politischen Islam nicht nur dazu führt, Meinungsäußerungen und Handlungen, sobald sie einen Einfluss des Islam auf die türkische Gesellschaft und den Staat fordern, strafrechtlich zu verfolgen, sondern zum Anlass genommen wird, dessen radikalere Vertreter als Umstürzler anzusehen bzw. gar der Mitgliedschaft in staatsfeindlichen Organisationen zu verdächtigen (vgl. dazu Lagebericht vom 19. Mai 2004 sowie Auskunft vom 28. Mai 2004). In die gleiche Richtung weisen schließlich auch die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten gutachterlichen Stellungnahmen. So heißt es in ihnen, dass militante Islamisten einschließlich der Mitglieder der Hizbullah nicht "konsequenter" als die Anhänger der PKK verfolgt werden, was den Schluss nahe legt, dass sie umgekehrt aber auch nicht etwa weniger als diese verfolgt werden. Ferner wird ausgeführt, dass die Verfahren gegen organisierte Islamisten ebenso wie gegen die Anhänger anderer politischer Gruppierungen bislang vor den Staatssicherheitsgerichten geführt worden sind; durch deren Abschaffung hat sich für die Betroffenen insoweit keine Verbesserung ihrer Lage ergeben, da die nunmehr zuständigen Sondergerichte für schwere Straftaten mit den bislang an den Staatsicherheitsgerichten tätigen militärischen Richtern und Staatsanwälten besetzt worden sind. Dabei sind auch die militanten Islamisten nicht vor Folter sicher, wie sich daran zeigt, dass amnesty international im Jahr 2002 einige Aktionen eigens zu deren Schutz ins Leben gerufen hat. Weiter ergibt sich aus diesen Stellungnahmen, dass die Islamisten von den Sicherheitskräften sorgfältig beobachtet werden, wobei letztere auch vor Übergriffen nicht zurückschrecken, wenn es um die Gewinnung entsprechender Erkenntnisse geht. Ferner wird berichtet, dass gerade bei radikalen Islamisten, die die Sicherheitskräfte für genau so "gefährliche Terroristen" wie vermeintliche Anhänger der PKK halten, der Umgang ziemlich grob ausfallen kann, da die Polizisten an solchen "Staatsfeinden" ihre Wut austoben. Dabei kann schon ein Blick in den Haftbefehl genügen, um diesen gegenüber mit Beschimpfungen, Schlägen und Schlimmerem zu reagieren. Daneben kann es aber auch sonst zu unkontrollierten Handlungen und sei es zu dem Zweck einer "Vorbestrafung" kommen, da die Sicherheitskräfte dazu neigen, ihre alten Gewohnheiten im Umgang mit politischen Gegnern fortzusetzen, jedenfalls aber nicht willens sind, ihre einmal erworbene Autorität wieder preiszugeben. Weiter wird die Auffassung vertreten, dass auch Islamisten, gegen die vor ihrer Ausreise wegen ihrer politischen Aktivitäten für eine militante Organisation ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist oder deren Mitgliedschaft in einer solchen Organisation als erwiesen angesehen wird, bei ihrer Rückkehr in die Türkei weiterhin unter Anwendung psychischen und physischen Drucks verhört werden. Dies gilt vor allem dann, wenn bei ihnen Kenntnisse über Organisationsstrukturen in der Türkei oder im Ausland vermutet werden (vgl. dazu Taylan vom 17. März 2005, Aydin vom 25. Juni 2005, Oberdiek vom 2. August 2005, Kaya vom 8. August 2005 sowie amnesty international vom 20. September 2005).

Auch wenn hiernach - was zur Klarstellung nochmals betont werden soll - nicht jeder Rückkehrer, der als Separatist oder Kommunist bzw. - wie vorliegend bedeutsam - als Islamist in Erscheinung getreten ist oder für einen solchen Aktivisten gehalten wird, im Rahmen seiner Festnahme und Überstellung zu weiteren Ermittlungen und seiner gegebenenfalls nachfolgenden Strafverfolgung notwendiger Weise mit abschiebungsschutzerheblichen Repressalien rechnen muss, so wird doch ein derartiges Verfolgungsrisiko um so wahrscheinlicher, je mehr Anhaltspunkte dem türkischen Staat Grund zu der Annahme geben, dass es sich bei dem Betreffenden um einen ernst zu nehmenden politischen Gegner im oben beschriebenen Sinne handelt. Insofern versteht es sich aber von selbst, dass gerade hinsichtlich des Klägers für die türkischen Sicherheitskräfte und Strafverfolgungsbehörden die Annahme einer solchen politischen Gegnerschaft besonders naheliegend erscheint.

In diesem Zusammenhang spricht zunächst gegen den Kläger, dass er als Schriftsteller und Journalist schon in den Jahren 1978 und 1980 wegen islamistischer Propaganda, Verstoßes gegen das Laizismusgebot und Versuchs der Spaltung der Türkei zu Gefängnisstrafen von zuletzt 15 Jahren verurteilt worden war. Hinzu kommt, dass er sich seinerzeit der zweiten Strafverbüßung entzogen hatte, indem er untergetaucht war. Er war daraufhin 1983 vom türkischen Staat ausgebürgert worden; von der ihm 1993 eingeräumten Möglichkeit seiner Wiedereinbürgerung hatte er keinen Gebrauch gemacht. Statt dessen hatte er sich überwiegend im benachbarten Ausland aufgehalten, von wo aus er sich weiterhin als Journalist mit islamistisch ausgerichteten Artikeln zu Wort gemeldet hatte; diese waren unter anderem in den Zeitungen "Tevhid" und "Selam" veröffentlicht worden. Auch wenn seinerzeit gegen den Kläger selbst keine neuerlichen Strafanzeigen gestellt worden waren, so waren doch gegen die Redakteure der zuletzt genannten Zeitung über 30 Verfahren eingeleitet worden. Da der inzwischen in die Türkei zurückgekehrte Kläger nunmehr verstärkt mit seiner Entdeckung gerechnet hatte, hatte er sich Anfang 1999 der von ihm befürchteten Festnahme und Einbeziehung in diese Verfahren durch seine Flucht in die Bundesrepublik entzogen. Dabei kann auch in diesem Zusammenhang dahinstehen, inwieweit der Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt wegen der dargestellten Umstände gegebenenfalls mit seiner politischen Verfolgung hätte rechnen müssen. Denn insofern kommt nunmehr entscheidungserheblich hinzu, dass die Sicherheitskräfte und Verfolgungsbehörden unterdessen zu der Auffassung gelangt sind, dass hinter den beiden Zeitungen "Tevhid" und "Selam" eine terroristische Organisation gestanden habe, die der Hizbullah zugehörig zur Durchsetzung ihrer islamistischen Ziele auch vor Gewaltakten nicht zurückgeschreckt sei, im Iran militärische Ausbildungslager unterhalten und im Kontakt mit dem iranischen Geheimdienst gestanden habe. Dabei ist weiter wesentlich, dass die Sicherheitskräfte mittlerweile den Kläger verdächtigen, nicht nur als Schriftsteller und Journalist mit seinen in diesen Zeitungen erschienen Artikeln dem politischen Islam das Wort geredet zu haben, sondern darüber hinaus auch in diese Organisation selbst strukturell eingebunden gewesen zu sein, indem er sich als Meinungsführer und als wichtiger Verbindungsmann zu den genannten Lagern und dem iranischen Geheimdienst betätigt habe. Auf Grund dessen wurde daraufhin auch gegen den Kläger eine entsprechende Fahndung eingeleitet; da er sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Bundesgebiet befand und man seiner somit nicht habhaft wurde, wurde schließlich sein Verfahren abgetrennt. Unterdessen hat zudem der Kläger auch von hier aus seine bisherige journalistische Tätigkeit wieder aufgenommen, indem er für die gleichfalls islamistisch ausgerichtete europaweit erscheinende Zeitung "Milli Gazete" schreibt sowie als Publizist etwa an den Veranstaltungen der im Bundesgebiet aktiven "Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs e.V." teilnimmt.

Vor diesem Hintergrund kann es nach der Überzeugung des Senates indessen nicht zweifelhaft sein, dass die türkischen Sicherheitskräfte und Strafverfolgungsbehörden den Kläger, sobald sie seiner habhaft werden sollten, mit erheblichen Misshandlungen bis hin zur Folter überziehen werden. Die Gründe hierfür sind vielfältiger Art. Sie beginnen mit dem Bedürfnis, sich an dem Kläger wegen seines Untertauchens bereits in den Jahren ab 1983 und wegen seiner Flucht in die Bundesrepublik im Jahr 1999 bei gleichzeitiger Fortführung seiner Tätigkeit als Journalist zur Verbreitung islamistischen Gedankengutes in der Türkei zu rächen. Sie setzen sich dahin fort, zur Förderung des Ermittlungs- und Strafverfahrens den Kläger zur Preisgabe etwaiger Einzelheiten hinsichtlich der ihm zur Last gelegten strukturellen Einbindung in die hinter den Zeitungen vermutete militante Organisation "Tevhid-Selam" oder gar zur Abgabe entsprechender umfassender Geständnisse zu zwingen. Und sie münden schließlich ein in den Wunsch der Sicherheitskräfte, sich über den Kläger weiterführende Einblicke in die von ihnen angenommene Verbindungen zwischen dieser Organisation und der Hizbullah bzw. dem iranischen Geheimdienst und ebenso aber auch in die Strukturen und Aktivitäten der im Bundesgebiet ansässigen Islamistenverbände zu verschaffen. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts kommt diesen Übergriffen dabei auch abschiebungsschutzrelevante Wirkung zu. Denn ungeachtet dessen, dass die genannten Stellen mit ihrem diesbezüglichen Vorgehen auch darauf abzielen, einen möglichen Terroristen zu bekämpfen und wegen etwaiger Straftaten zu verfolgen, die sich auch gegen Rechtsgüter Dritter gerichtet hatten, sind ihre diesbezüglichen Maßnahmen nicht minder Ausfluss eines auf ihrer Seite bestehenden gesteigerten Interesses an der Drangsalierung des Klägers wegen dessen ernst zu nehmender politischen Gegnerschaft (vgl. BVerwGE 111, S. 334).

Nur am Rande sei erwähnt, dass sich der Senat an seiner Einschätzung der solchermaßen dem Kläger drohenden erheblichen Repressalien auch nicht etwa deshalb gehindert sieht, weil dem militanten Islamisten Metin Kaplan von Seiten der zuständigen Gerichte erst unlängst ein entsprechender Abschiebungsschutz mangels für ihn zu befürchtender Folter nicht zuerkannt worden war, war doch in jenem Verfahren nicht nur mit der herausgehobenen Bekanntheit des Betroffenen argumentiert worden, die ihn vor derartigen Übergriffen weitgehend schützen werde, sondern ebenso auf eine Vielzahl weiterer die bestehende Verfolgungsgefährdung mindernder Besonderheiten verwiesen worden, die in dieser Form vorliegend nicht gegeben sind (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2004, NVwZ 2005, S. 704).

Steht nach alledem fest, dass der Kläger die Voraussetzungen für die Zuerkennung von Abschiebungsschutz nach Maßgabe des § 60 Abs. 1 AufenthG erfüllt, so ist die Anwendung dieser Bestimmung zu seinen Gunsten vorliegend auch nicht etwa nach § 60 Abs. 8 Satz 1 oder 2 AufenthG ausgeschlossen.

Zunächst lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger im Sinne des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Insofern lässt sich weder der vom Senat eingeholten Auskunft des Verfassungsschutzes des Landes Rheinland-Pfalz vom 16. Dezember 2005 noch der von der Beklagten unter dem 16. Januar 2006 weitergeleiteten Stellungnahme des Bundesamtes für Verfassungsschutz entnehmen, dass der Kläger über seine journalistische Tätigkeit hinaus sich im Bundesgebiet gewaltbereiten Organisationen angeschlossen hat oder dass er ansonsten mit seinen hier veröffentlichten Artikeln bzw. anderweitigen Aktivitäten die Sicherheit der Bundesrepublik gefährdet oder sonst eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet. Da zudem weder die "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V." noch die "Milli Gazete" in der Bundesrepublik verboten sind, kann auch nicht etwa davon ausgegangen werden, dass vom Kläger allein wegen seiner Kontakte zu dieser Organisation bzw. Zeitung eine entsprechende Gefährdung ausgeht. Demgemäß macht denn auch die Beklagte selbst nicht geltend, dass der Kläger diese Voraussetzungen erfülle.

Ebenso ist die Anwendung des § 60 Abs. 1 AufenthG aber auch nicht nach dessen Abs. 8 Satz 2 ausgeschlossen. Dies wäre hiernach nur der Fall, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt wäre, dass der Kläger ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hätte oder dass er vor seiner Aufnahme als Flüchtling ein schweres nichtpolitisches Verbrechen außerhalb des Bundesgebietes begangen hätte oder aber sich hätte Handlungen zuschulden kommen lassen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen. Während § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG in erster Linie der präventiven Abwehr ernsthafter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter gilt, knüpfen diese drei Alternativen des Satzes 2 an ein vom Ausländer in der Vergangenheit an den Tag gelegtes Verhalten an, wobei bereits die begründete Vermutung genügt, dass er entsprechend schwerwiegende Verstöße begangen hat. Insoweit stellt sich hier der Ausschluss des nach § 60 Abs. 1 AufenthG vorgesehenen Abschiebungsschutzes in erster Linie als Sanktion wegen persönlicher Asylunwürdigkeit bzw. als generalpräventive Maßnahme wegen einer in der Vergangenheit gezeigten objektiven Gefährlichkeit dar, wobei allerdings auch insoweit über das betreffende frühere Verhalten hinaus zu verlangen ist, dass von dem Betreffenden weiterhin Gefahren ausgehen (vgl. dazu Urteil des Senates vom 6. Dezember 2002, InfAuslR 2003, S. 254). Indes kann diese Frage hier sogar dahinstehen, da nach der Überzeugung des Senates vorliegend schon nicht aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Kläger in der Vergangenheit eine der drei angeführten Alternativen mit seinem Verhalten erfüllt hat.

Dies gilt zunächst ohne weiteres im Hinblick auf § 60 Abs. 8 Satz 2, 1. Alt. AufenthG, nachdem vorliegend Verbrechen der dort angesprochenen Art gegen den Frieden bzw. die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen ersichtlich nicht inmitten stehen und dem Kläger offenbar auch nach Auffassung der Beklagten sowohl in Anbetracht der von ihm selbst geschilderten persönlichen Lebensumstände als aber auch mit Blick auf die gegen ihn im Rahmen des in der Türkei eingeleiteten Ermittlungsverfahrens erhobenen Anschuldigungen nicht etwa vorgehalten werden können.

Weniger eindeutig lässt sich demgegenüber die Frage danach beantworten, ob nicht aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Kläger vor seiner Einreise ins Bundesgebiet ein schweres nichtpolitisches Verbrechen begangen hat. Immerhin ist gegen ihn in der Türkei ein Ermittlungsverfahren wegen struktureller Einbindung in die aus der Sicht des türkischen Staates terroristische Organisation "Tevhid-Selam" eingeleitet worden, die - sofern diese Sicht zuträfe - auch nach dem deutschen Strafrecht als ein solches Verbrechen nach § 129 a Abs. 2 StGB unter Strafe stünde. Andererseits reicht dieser Umstand naturgemäß für sich genommen nicht schon aus, um zu Lasten des Klägers von der Richtigkeit der hiernach gegen ihn erhobenen Anschuldigungen auszugehen, es sei denn die in der vom Kläger selbst diesbezüglich vorgelegten Anklageschrift vom 11. Juli 2000 wiedergegebenen Ermittlungsergebnisse könnten nach Lage der Dinge in dieser Hinsicht als überzeugende Belege angesehen werden. Dabei geht die Anklagebehörde zunächst im Rahmen der allgemeinen Darstellung der Strukturen der in Rede stehenden Organisation außerhalb der Türkei davon aus, dass der Kläger für deren im Iran erscheinende Zeitung "Keyhan" mitverantwortlich gewesen sei und von der Türkei aus in den Iran zur Ausbildung geschickte Personen mit den Agenten der dortigen Kulturorgane bzw. mit den dortigen unter der Kontrolle der so genannten "Küdüs Armee" organisierten Ausbildungscamps in Verbindung gebracht sowie auch Kontakte zu Personen des iranischen Geheimdienstes "Sawama" unterhalten habe. Alsdann finden sich weitere den Kläger betreffende Anschuldigungen im Zusammenhang mit den gegen verschiedene Angeklagte erhobenen Vorwürfen. So ergibt sich aus der gegen den Angeklagten Hasan XX erhobenen Anklage, dass dieser bei Konferenzen im Iran mit dem Kläger zusammengetroffen sei, wobei die erforderlichen Aktivitäten in Bezug auf Themen wie Koran-Überlieferungslinie, islamische Aktivitäten und Glaubensprobleme in der Türkei festgelegt worden seien, wie auch mit dem Kläger in der Redaktion der Zeitung "Keyhan" organisationsbezogene Gespräche geführt habe; ferner dass dieser dafür gesorgt habe, dass eine weitere vom Kläger mit herausgegebene Zeitung namens "Islam Cagrisi" in die Türkei gebracht worden sei, sowie dass dieser den von ihm in den Iran gesandten Gruppen die Telefonnummer und Adresse des Klägers zur entsprechenden Kontaktaufnahme mitgegeben habe. Weiter heißt es in der den Y. K. betreffenden Anklage, dass dieser im Iran eine Unterredung mit dem Kläger gehabt habe, der in Teheran die Kontaktperson der Organisation innerhalb der Zeitung "Keyhan" gewesen sei, bzw. dass während sich dieser im Büro des Klägers befunden habe, drei Iraner dorthin bestellt worden seien, die ihn dann nach Teheran in ein Gebäude gebracht hätten, wo sich noch andere Gruppen zur Ausbildung befunden hätten. Entsprechend findet sich im Rahmen der gegen A. C. erhobenen Anklage der Vorhalt, dass dieser im Iran mit dem Kläger, der dort die Verbindungsadresse der Organisationsmitglieder gewesen sei und Verbindungen zu der Vereinigung "Jerusalem Armee" der Organisation hergestellt habe, ein Gespräch über organisationsinterne Angelegenheiten geführt und den Zielen der Organisation entsprechende Tätigkeiten ausgeführt habe. Des Weiteren heißt es im Zusammenhang mit der gegen T. Ö. erhobenen Anklage, dass dieser sich im Iran mit dem Kläger als dem "Verbindungsbüro" der Organisation getroffen habe, wo beide über die Rechtsschulen diskutiert und sich offenbar auch einige Studenten zwecks Ausbildung aufgehalten hätten. Alsdann ist vom Kläger nochmals im Zusammenhang mit der gegen den Angeklagten M. K. erhobenen Anklage die Rede; hiernach soll auch dieser im Iran den die Organisation vertretenden Kläger getroffen und mit diesem an verschiedenen Veranstaltungen unter anderem in Teheran teilgenommen haben. Zuletzt wird der Kläger in der Anklageschrift insoweit wiederum allgemein angesprochen, als er als der Verfasser des Buches "Der politische Zustand der Türkei am Wendepunkt" bezeichnet wird.

Auch wenn vor diesem Hintergrund weiter gegen den Kläger spricht, dass er sich in der von der Anklage damit im Zusammenhang allerdings nur ganz vereinzelt angesprochenen Zeit zwischen 1987 und 1994 tatsächlich zumindest zeitweise im Iran aufgehalten hatte, dass er von dort aus immer wieder Artikel für die beiden Zeitungen "Tevhid" und "Selam" geschrieben hatte, dass deren Redaktionen nach der Anklageschrift zugleich die Büros der Terrororganisation Tevhid-Selam" waren, dass ihm von dort die anfallenden Honorare über Freunde überbracht worden waren und dass er selbst ein Foto vorgelegt hat, das ihn immerhin zusammen mit dem Angeklagten A. C. zeigt, so vermochte der Senat dennoch in diesen soeben wiedergegebenen Anschuldigungen nicht die erforderlichen überzeugenden Belege zu erkennen, um zu Lasten des Klägers bereits von einer Mitgliedschaft bzw. strukturellen Einbindung in dieser Vereinigung auszugehen. Dies beruht darauf, dass sich die über 50 Seiten umfassende Anklageschrift nicht gegen den Kläger selbst richtet, sondern dieser in ihr lediglich am Rande erwähnt wird, so dass sich aus ihr weder der genauere Umfang des ihm angelasteten Einsatzes als Verbindungsmann noch der Grad der ihm vorgeworfenen strukturellen Einbindung in die Organisation ermessen lässt und ebenso letztlich auch keine verlässlichen Rückschlüsse bezüglich der Berechtigung dieser Anwürfe gezogen werden können. Dabei kann zudem nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Anklageschrift von den staatlichen Stellen herrührt, deren Vorgehen - wie oben dargelegt - auch darauf gerichtet sein kann, den Kläger als missliebigen Journalisten und Schriftsteller wegen des von ihm verbreiteten islamistischen Gedankengutes zum Schweigen zu bringen. Vor diesem Hintergrund kommt entscheidungserheblich hinzu, dass der Senat den Kläger nahezu zwei Stunden angehört und immer wieder unter unterschiedlichen Gesichtspunkten mit den sich gegen ihn aus der Anklageschrift ergebenden Anschuldigungen konfrontiert hat, ohne dass sich diese in irgendeiner Weise hätten verifizieren lassen. Statt dessen hat der Kläger in glaubhafter Weise darzulegen vermocht, dass er aufgrund seiner religiösen Überzeugung von der Heiligkeit des Lebens ausgehe und aus Glaubensgründen jeglichen Terror ablehne, nie Mitglied einer Partei oder Organisation gewesen sei, da er es insofern ablehne, sich instrumentalisieren zu lassen; des weiteren habe er nicht gewusst, dass sich hinter den Zeitungen "Tevhid" und "Selam" - wie nunmehr von den türkischen Ermittlungsbehörden angenommen - eine Organisation befunden habe bzw. dass sich deren Redakteure an militanten Aktionen beteiligt hätten. Ferner machte er deutlich, dass seine Artikel zwar in einem gewissen Sinne radikal seien und daher auch nicht von jeder Zeitung gedruckt würden, dass er indes mit ihnen nie militante Ziele verfolgt habe; soweit seine Artikel in bestimmten Zeitungen veröffentlicht worden seien, habe er diese als seine Bühne benutzt, ohne dass er damit jedoch notwendiger Weise mit deren gegebenenfalls extremistischer Ausrichtung einverstanden gewesen sei. Vor dem Hintergrund seines religiösen Ansatzes habe er sich sogar in vielen Artikeln gegen die Hizbullah und deren Ziele gewandt bzw. tue er dies auch weiterhin; deswegen werde er von dieser Organisation mittlerweile mit dem Tode bedroht.

Darüber hinaus hat der Senat schließlich auch auf der Grundlage der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme wie der von der Beklagten selbst vorgelegten weiteren Erkenntnisse nicht die Überzeugung zu gewinnen vermocht, dass hinsichtlich des Klägers angesichts seiner Tätigkeit als islamistisch ausgerichteter Journalist und des damit einhergegangenen vielfältigen persönlichen Beziehungsgeflechts aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass dieser als ehemals strukturell eingebundenes Mitglied der von den türkischen Behörden als terroristisch eingestuften Organisation "Tevhid-Selam" anzusehen ist. Vielmehr ergibt sich aus diesen Stellungnahmen des Landesverfassungsschutzes von Rheinland-Pfalz bzw. des Bundesamtes für Verfassungsschutz, dass sich der Kläger - wie von ihm durchgängig für die Vergangenheit bis zu seiner Ausreise aus der Türkei und ebenso für die Zeit seiner Aufenthaltes in der Bundesrepublik geschildert - ersichtlich nunmehr auch im Bundesgebiet gleichfalls darauf beschränkt, sich als Journalist zu betätigen sowie im Rahmen seiner publizistischen Tätigkeit Kontakte zu islamischen und islamistischen Organisationen zu unterhalten oder gelegentlich auch an deren Veranstaltungen, wie etwa an Podiumsdiskussionen, teilzunehmen.

Darüber hinaus hat der rheinland-pfälzische Verfassungsschutz in seiner Stellungnahme ausdrücklich erklärt, dass bei ihm keine Erkenntnisse dafür vorlägen, dass sich der Kläger hier einer gewaltbereiten Organisation angeschlossen habe. Solche ergeben sich zudem auch nicht aus der Stellungnahme des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Was die dort dargestellten Aktivitäten des Klägers für die "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V." nebst deren organisationsinterner Zeitung "Milli Görüs und Perspektive" anbelangt, so handelt es sich bei diesem Verein zwar um eine islamistisch ausgerichtete Organisation, weswegen sie auch vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Gleichwohl wird in den Jahresberichten des Bundesamtes für Verfassungsschutz auf der anderen Seite regelmäßig betont, dass diese Organisation zur Durchsetzung des Geltungsanspruchs des Islams in ihrem Sinne den Rückgriff auf gewaltsame Mittel stets abgelehnt habe und statt dessen unter Ausschöpfung aller legalen Mittel versuche, für ihre Anhänger Freiräume zu schaffen, um diesen ein "islamkonformes" Leben zu ermöglichen (vgl. zuletzt Bericht des Bundesverfassungsschutzes 2004, S. 215). Soweit der Kläger darüber hinaus seine Artikel auch für die dieser Gemeinschaft nahe stehende Zeitung "Milli Gazete" schreibt, die indessen nach den weiteren Feststellungen des Verfassungsschutzes diesen moderaten Rahmen verlässt, indem sie z.B. ein Bild der Nichtmuslime, insbesondere der Juden und Christen vermittle, das einem vertrauensvollen Miteinander der Religionen widerspreche, stellt auch dieser Umstand das Vorbringen des Klägers nicht in Frage. Dies muss jedenfalls solange gelten, als er selbst sich mit seinen Artikeln nicht an diesen Angriffen beteiligt. Indessen hat der Kläger auch zu dieser Problematik bei seiner Anhörung Stellung genommen und dabei ebenfalls in glaubwürdiger Weise erklärt, dass er ausdrücklichen Wert auf die Feststellung lege, dass gemäß seiner Überzeugung etwa Jerusalem eine heilige Stadt ebenso wie für die Muslime auch für die Juden und Christen sei, dass der Krieg für ihn eine Ausnahme darstelle, die nur zur Verteidigung gegenüber Angriffen zugelassen sei, wobei solche Angriffe - entgegen anders lautender Fehlinterpretationen - aber nur dann vorlägen, wenn Leben und Leib in Gefahr seien.

Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger in seinen Artikeln ungeachtet dieser Beteuerungen gleichwohl eine andere Auffassung vertreten hätte bzw. weiterhin vertritt und jedenfalls von daher mit seinen Einlassungen doch noch als insgesamt unglaubwürdig angesehen werden müsste. Diesbezüglich liegen auch von Seiten der Verfassungsschutzbehörden offenbar keine Erkenntnisse vor; dies zählt umso mehr, als der Senat aus Anlass der Beweisaufnahme den rheinland-pfälzischen Verfassungsschutz gezielt auf verschiedene Veröffentlichungen des Klägers hingewiesen hatte bzw. das Bundesamt für Verfassungsschutz sogar von sich aus weitere Artikel in seiner Stellungnahme angesprochen hat. Hinzu kommt, dass der Kläger selbst bereits aus Anlass seiner Folgeantragstellung der Beklagten eine Vielzahl von ihm gerade auch für die "Milli Gazete" geschriebener Artikel unterbreitet hat, ohne dass diese damit im Zusammenhang zu der Auffassung gelangt wäre, dass der Kläger entgegen seiner Eigendarstellung einem militanten oder gar terroristischen Islam das Wort rede. Auch der Umstand, dass der Kläger seine Artikel unter verschiedenen Pseudonymen veröffentlicht hat bzw. veröffentlicht, spricht in diesem Zusammenhang nicht gegen ihn, nachdem er hieraus nie einen Hehl gemacht hat; darüber hinaus hat er die verschiedenen Namen nicht nur im vorliegenden Verfahren durch die von ihm vorgelegten Artikel offenkundig gemacht, sondern sich auch sonst zu ihnen sogar in seinen Artikeln selbst öffentlich bekannt. Mit dieser Einschätzung stimmt endlich überein, dass sich auch die Beklagte selbst nicht darauf berufen hat, dass der Kläger den Ausschlusstatbestand des § 60 Abs. 8 Satz 2, 2. Alt. AufenthG erfülle.

Soweit die Beklagte dem Kläger statt dessen den Ausschlusstatbestand des § 60 Abs. 8 Satz 2, 3. Alt. AufenthG entgegenhält, ergibt sich gleichfalls keine andere Betrachtungsweise. Hiernach findet § 60 Abs. 1 AufenthG auch dann keine Anwendung, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Ausländer sich Handlungen hat zuschulden kommen lassen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen. Auch diese Voraussetzungen sieht der Senat nicht als gegeben an, nachdem er insoweit ebenfalls keine überzeugenden Belege dafür zu erkennen vermag, dass dem Kläger entgegen dieser - vor dem Hintergrund der rechtlichen Vorgaben in der Resolution des Sicherheitsrates 1373 (2201) vom 28. September 2001 zu sehenden - Ausschlussbestimmung (vgl. dazu grundlegend bereits Urteil des Senates vom 6. Dezember 2002 a.a.O.) etwa Handlungen, Methoden oder Praktiken des Terrorismus bzw. die wissentliche Finanzierung und Planung terroristischer Handlungen sowie die Anstiftung dazu oder gegebenenfalls eine sonstige Teilnahme im strafrechtlichen Sinne bzw. auch nur im Vorfeld liegende Unterstützungshandlungen vorgehalten werden könnten. Denn ist gemäß den bisherigen Ausführungen dem Kläger seine Darstellung abzunehmen, so bestehen naturgemäß auch keine überzeugenden Belege dafür, dass er entweder auf Grund seiner aktiven Einbindung in die terroristische Szene in der Türkei oder aber jedenfalls durch seine frühere journalistische Betätigung dem Terrorismus unmittelbar Vorschub oder sonst als Hassprediger den Boden bereitet hätte.

Die Kostenteilung beruht hinsichtlich der Stattgabe der Berufung auf § 154 Abs. 1 VwGO und im Übrigen hinsichtlich deren teilweiser Zurücknahme auf § 155 Abs. 2 VwGO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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