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Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 06.12.2002
Aktenzeichen: 10 A 11373/02
Rechtsgebiete: BRKG, EStG
Vorschriften:
BRKG § 3 Abs. 2 | |
BRKG § 4 Nr. 3 | |
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 | |
EStG § 4 Abs. 5 Nr. 5 S. 2 |
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
10 A 11373/02.OVG
In dem Verwaltungsrechtsstreit
wegen Gewährung einer Reisekostenvergütung
hat der 10. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 6. Dezember 2002, an der teilgenommen haben
Vizepräsident des Oberverwaltungsgerichts Steppling Richter am Oberverwaltungsgericht Hennig Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Gansen ehrenamtlicher Richter Tischlermeister Ackel ehrenamtlicher Richter Chemotechniker Blaschka
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Beklagte wird unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 22. April 2002 und unter Abänderung des Bescheides des .....amtes .... vom 11. Juli 2001 in der Gestalt des Beschwerdebescheides ..... vom 10. September 2001 verpflichtet, dem Kläger eine zusätzliche Reisekostenvergütung für seine Dienstreise nach M.... vom 28. bis 30. Mai 2001 in Form des Tagesgeldes für den 28. Mai 2001 zu gewähren.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Umfang einer dem Kläger zustehenden Reisekostenvergütung.
Der .... im Dienst der Beklagten stehende und beim .....amt ..... tätige Kläger stellte unter dem 15. Mai 2001 einen Antrag auf Genehmigung einer Dienstreise zur .... Dienststelle .... in M.... . Als Beginn der Dienstreise gab er den 28. Mai 2001, 11.00 Uhr, als Beginn des Dienstgeschäfts den 29. Mai 2001, 08.30 Uhr und als Ende der Dienstreise den 30. Mai 2001, 14.00 Uhr, an. Der Kläger begehrte im Rahmen seines Dienstreiseantrags außerdem, ein Dienstfahrzeug als Selbstfahrer benutzen zu dürfen. Der Dienstreiseantrag wurde mit Datum vom 17. Mai 2001 auf demselben Formular unter der Rubrik "Dienstreiseanordnung" ohne Einschränkung genehmigt, nachdem zuvor vier Vorgesetzte des Klägers die Verfügung mitgezeichnet hatten und außerdem durch den Beauftragten für den Haushalt das Vorhandensein von Haushaltsmitteln bescheinigt worden war.
Dem nach der Beendigung der Dienstreise gestellten Antrag auf Gewährung von Reisekostenvergütung wurde mit dem in Streit stehenden Bescheid vom 11. Juli 2001 insoweit nicht entsprochen, als der Kläger für den Anreisetag, also den 28. Mai 2001, kein Tagegeld erhielt, weil ihm zumutbar gewesen sei, die Dienstreise an diesem Tag erst nach 16.00 Uhr anzutreten, wodurch ein Anspruch auf Gewährung eines Tagegeldes nicht entstanden wäre.
Der Kläger legte hiergegen zunächst erfolglos Beschwerde ein und hat sodann am 19. Oktober 2001 Klage erhoben. Zu deren Begründung hat er sich im Wesentlichen auf die Genehmigung der Dienstreise berufen, an die die Beklagte gebunden sei und auf die er selbst auch vertraut habe. Als Selbstfahrer sei ihm im Übrigen nicht zuzumuten gewesen, bei einer Fahrzeit von ca. 4 1/2 Stunden die Dienstreise erst nach 16.00 Uhr anzutreten. Außerdem habe bereits am Anreisetag eine Vorbesprechung bei der ..... Dienststelle in M.... stattgefunden, die durchzuführen er bei einem Beginn der Dienstreise nach 16.00 Uhr nicht in der Lage gewesen sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides des ....amtes .... vom 11. Juni 2001 und Aufhebung des Beschwerdebescheides .... vom 10. September 2001 zu verpflichten, ihm - dem Kläger - eine zusätzliche Reisekostenvergütung für seine Dienstreise nach M.... vom 28. bis 30. Mai 2001 in Form des Tagesgeldes für den 28. Mai 2001 zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen
und die Auffassung vertreten, dass von der Genehmigung des Dienstreiseantrags keine Bindungswirkung im Hinblick auf die spätere Bewilligung der Reisekostenvergütung ausgegangen sei. Auf die angegebene Vorbesprechung könne der Kläger sich schon deshalb nicht berufen, weil diese nicht Gegenstand des Dienstreiseantrags gewesen sei.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch das aufgrund der Beratung vom 22. April 2002 ergangene Urteil abgewiesen und die Auffassung vertreten, die Beklagte sei bei ihrer Entscheidung über den Umfang der dem Kläger zustehenden Dienstreisevergütung an die zuvor erteilte Dienstreisegenehmigung nicht gebunden gewesen; der Kläger genieße insoweit auch kein schutzwürdiges Vertrauen. Das deshalb selbständig zu prüfende Kriterium der Notwendigkeit der Dienstreise lasse im vorliegenden Fall einen Dienstreiseantritt nach 16.00 Uhr ohne weiteres als ausreichend erscheinen, zumal die vom Kläger angegebene Vorbesprechung nicht Gegenstand des Dienstreiseantrags und damit der Dienstreisegenehmigung gewesen sei.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger die vom Senat zugelassene Berufung eingelegt und vorgetragen, bei der antragsgemäß genehmigten Dienstreise habe es sich um einen verbindlichen Befehl gehandelt, den auszuführen er als Soldat verpflichtet gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 22. April 2002 und unter Abänderung des Bescheides des ....amtes .... vom 11. Juni 2001 in der Gestalt des Beschwerdebescheides .... vom 10. September 2001 zu verpflichten, ihm eine zusätzliche Reisekostenvergütung für seine Dienstreise nach M.... vom 28. bis 30. Mai 2001 in Form eines Tagegeldes für den 28. Mai 2001 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und beruft sich zur Begründung auf ihr bisheriges Vorbringen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungs- und Beschwerdeakten hingewiesen. Die genannten Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe: Die Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung hat befinden können, ist zulässig und führt darüber hinaus auch in der Sache zum Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hätte der Klage stattgeben müssen, denn dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Gewährung einer zusätzlichen Reisekostenvergütung in Form eines Tagegeldes für den 28. Mai 2001 zu. Nach § 4 des Gesetzes über die Reisekostenvergütung für die Bundesbeamten, Richter im Bundesdienst und Soldaten (Bundesreisekostengesetz - BRKG -) umfasst die dem Dienstreisenden zustehende Reisekostenvergütung unter anderem auch das hier streitige Tagegeld (vgl. § 4 Ziffer 3 BRKG), wobei sich dessen Höhe nach § 9 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes richtet. Hiernach steht einem Dienstreisenden dann ein Tagegeld zu, wenn er aufgrund der Dienstreise mindestens 8 Stunden am Tag vom Dienst- und Wohnort entfernt war. Vorliegend trat der Kläger die Dienstreise am 28. Mai 2001 bereits um 11.00 Uhr an und war somit an diesem Tag 13 Stunden abwesend. Für diesen Fall sieht § 9 BRKG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ein Tagegeld in Höhe von 6,-- € vor, welches dem Kläger vorliegend zusteht.
Die Beklagte kann dem nicht mit Erfolg entgegenhalten, der Kläger könne deshalb für den 28. Mai 2001 kein Tagegeld beanspruchen, weil ein Antritt der Dienstreise bereits um 11.00 Uhr nicht notwendig gewesen sei. Zwar wird eine Reisekostenvergütung nach § 3 Abs. 2 BRKG nur insoweit gewährt, als die Aufwendungen des Dienstreisenden und die Dauer der Dienstreise zur Erledigung des Dienstgeschäfts notwendig waren. Diese Regelung, die Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes der wirtschaftlichen und sparsamen Verwaltung der Haushaltsmittel ist, verpflichtet allerdings nicht nur den Dienstreisenden selbst, sondern ebenso die Behörde, die über die Genehmigung der Dienstreise zu befinden hat (vgl. Kopicki/Irlenbusch, Reisekostenrecht des Bundes, Bd. I, § 3 Rdnr. 9). Diese hat im Lichte des Merkmals der Notwendigkeit schon dabei nicht nur die Erforderlichkeit der Dienstreise als solcher zu beurteilen, sondern ebenso zu prüfen, ob die Dienstreise in der vorgesehenen Form und unter Inanspruchnahme der angegebenen Zeiten notwendig ist. Aus diesem Grund wird eine Dienstreise grundsätzlich nicht abstrakt, sondern konkret in dem Sinne genehmigt, dass sie in Bezug auf bestimmte, von dem Dienstreisenden in seinem Dienstreiseantrag anzugebende, Zeiten ganz oder teilweise gestattet wird. Von einer solchen Entscheidung geht eine alle Beteiligten bindende Tatbestandswirkung aus. Für den Dienstreisenden wird dadurch verbindlich festgestellt, dass die geplante Dienstreise für den Zeitraum, zu dem er sie beantragt hat, im Sinne des § 3 Abs. 2 BRKG als notwendig eingestuft wird.
Auf den Bestand einer solchen Entscheidung muss ein Dienstreisender sowohl im Hinblick auf die Durchführung der Dienstreise als solcher als auch im Hinblick auf den aus ihr erwachsenden Anspruch auf Reisekostenvergütung vertrauen können. Gerade in denjenigen Fällen, in denen, wie vorliegend, die tatsächliche Notwendigkeit des Umfangs einer Dienstreise zweifelhaft sein kann, ist es Aufgabe des Dienstherrn, bereits im Rahmen der Entscheidung über die Genehmigung der Dienstreise eine bindende Feststellung hinsichtlich der Notwendigkeit ihres Umfangs zu treffen. Das ist hier auch erfolgt, denn die Beklagte hat in dem dafür vorgesehenen Verfahren unter Mitwirkung der Vorgesetzten des Klägers und des Beauftragten für den Haushalt entschieden, dass die konkret beantragte Dienstreise für das am 29. Mai 2001 um 08.30 Uhr beginnende Dienstgeschäft bereits am Vortag um 11.00 Uhr angetreten werden durfte. An diese Entscheidung über die Notwendigkeit der Dienstreise war sie gebunden, als sie anschließend darüber zu befinden hatte, ob die entstandenen Reisekosten im Sinne des § 3 Abs. 2 BRKG notwendig waren. Die Voraussetzungen des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs auf Gewährung eines Tagegeldes für den 28. Mai 2001 sind deshalb erfüllt.
Auf die Frage, ob der Kläger das beanspruchte Tagegeld auch im Hinblick auf eine am Anreisetag vermeintlich stattgefundene Vorbesprechung verlangen kann, kommt es vor diesem Hintergrund nicht an. Der Senat sieht sich diesbezüglich jedoch zu dem klarstellenden Hinweis veranlasst, dass die im Verfahren zur Genehmigung einer Dienstreise gemachten Angaben und Entscheidungen alle Beteiligten, und damit auch den Antragsteller, binden. Demzufolge kann ein im Dienstreiseantrag nicht angegebenes und dadurch auch nicht genehmigtes Dienstgeschäft ebenfalls nicht Grundlage einer späteren Reisekostenvergütung sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO.
Gründe, die Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO oder § 127 BRRG zuzulassen, liegen nicht vor.
Beschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird zugleich für das Verfahren des ersten Rechtszuges auf 6,-- € festgesetzt(§ 14 Abs. 1, § 13 Abs. 2 und § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG).
Ende der Entscheidung
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