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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 14.02.2003
Aktenzeichen: 10 A 11627/02.OVG
Rechtsgebiete: BetrVG, BBG, AZV, DBGrG


Vorschriften:

BetrVG § 37 Abs. 3 S. 1
BetrVG § 78 S. 2
BBG § 72
AZV § 7
DBGrG § 19 Abs. 1
1. Auf die einer privatrechtlich organisierten Eisenbahn zugewiesenen Beamten finden die Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes, nicht aber tarifvertragliche Regelungen unmittelbar Anwendung.

2. Fahrten von beamteten Betriebsratsmitgliedern zu Betriebsratssitzungen können nur dann einen Anspruch auf Arbeitszeitausgleich begründen, wenn vergleichbare Fahrten zu Dienstgeschäften als Arbeitszeit anerkannt werden könnten.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung der Dienstbezüge wegen Betriebsratstätigkeit

hat der 10. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Februar 2003, an der teilgenommen haben

Vizepräsident des Oberverwaltungsgerichts Steppling Richter am Oberverwaltungsgericht Hennig Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Gansen ehrenamtlicher Richter Bankkaufmann Klingel ehrenamtliche Richterin Hausfrau Lommatzsch

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 25. April 2002 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der im Rang eines Lokomotivbetriebsinspektors bei dem Beklagten beschäftigte und der Beigeladenen zugewiesene Kläger erstrebt die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung einer Arbeitsbefreiung zum Ausgleich für seiner Auffassung nach geleistete anrechenbare Mehrarbeit.

Der Kläger ist bei der Beigeladenen in der Außenstelle E.... des Cargo-Bahnhofs K.... und dort im Schicht- und Wechseldienst als Lokomotivführer eingesetzt. Er ist gleichzeitig Mitglied des Betriebsrats des Wahlbetriebs ...., dem sein Betrieb zugeordnet ist. In dieser Funktion nimmt er regelmäßig an Sitzungen sowohl des Betriebsrates als auch des Personalausschusses in F.... teil. In Schreiben vom 1. August und 22. September 2000 begehrte der Kläger einen Ausgleich für die Reisezeiten nach F...., soweit durch sie die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit von 7 Stunden und 42 Minuten überschritten wurde. Der Ausgleich solle in Form einer Arbeitsbefreiung ohne Dienstbezüge, und zwar für die Monate Juni bis August 2000 in Höhe von 43 Stunden erfolgen.

Mit Bescheid vom 30. November 2000 wurde der Antrag abgelehnt, weil die Fahrzeit grundsätzlich nicht als Arbeitszeit angerechnet werden könne; im Hinblick auf den außergewöhnlich langen Anfahrtsweg des Klägers wurde ihm gleichzeitig aber angeboten, eine Gesamtwegezeit von 150 Minuten als zumutbar anzusehen und die darüber hinaus liegende Zeit als Arbeitszeit gut zu schreiben. Hiermit erklärte dieser sich nicht einverstanden und legte Widerspruch ein, den der Beklagte mit Bescheid vom 22. Oktober 2001 zurückwies.

Zuvor bereits hat der Kläger am 30. Januar 2001 bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Klage erhoben, welches sich durch Beschluss vom 20. November 2001 für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Trier verwiesen hat.

Zur Begründung der Klage hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen, auch die außerhalb der individuellen Arbeitszeiten liegenden Reisezeiten zu Betriebsratssitzungen seien der Betriebsratstätigkeit zuzuordnen. Das gelte für ihn umso mehr, als er dem Transportpersonal angehöre, für welches tarifvertragliche Sonderregelungen getroffen worden seien, die grundsätzlich eine Einbeziehung von Reisezeiten in die allgemeinen Arbeitszeiten vorsähen. Zudem bereite er sich während der Fahrten auf die Betriebsratssitzungen vor, weshalb es sich auch insofern um eine unmittelbare Betriebsratstätigkeit handele. Die Notwendigkeit der Anrechnung der Reisezeiten ergebe sich schließlich auch aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Benachteiligungsverbot.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten (und die Beigeladene) zu verurteilen, ihm Arbeitszeitbefreiung unter Fortzahlung der Dienstbezüge in Höhe von 43 Stunden zu gewähren.

Der Beklagte und die Beigeladene sind dem geltend gemachten Anspruch entgegengetreten und haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. April 2002 ergangene Urteil abgewiesen. Es ist der Auffassung, dass sich der geltend gemachte Arbeitszeitausgleich ausschließlich nach beamtenrechtlichen, konkret arbeitszeitrechtlichen, Gesichtspunkten beurteile, nicht aber nach den Kriterien des Betriebsverfassungsrechts. Unter ihrer Zugrundelegung müsse festgestellt werden, dass Wege- und Reisezeiten, auch solche zu einem auswärtigen Dienstgeschäft, grundsätzlich keine Dienstzeiten darstellten, selbst wenn durch sie die durchschnittlich geschuldete Arbeitszeit überschritten würde. Besonderheiten des Bahnbetriebs begründeten keine rechtlich relevante Abweichung hiervon. Sofern der Kläger seinen Anspruch darüber hinaus auf die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht stützen wolle, müsse er sich mit einem entsprechenden Begehren zunächst an den Beklagten wenden.

Gegen dieses ihm am 18. September 2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14. Oktober 2002 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Zu deren Begründung trägt er vor, der geltend gemachte Anspruch auf Gewährung eines Arbeitszeitausgleichs könne nicht ohne Berücksichtigung der für ihn als Lokomotivführer maßgeblichen Sonderbestimmungen des geltenden Tarifvertrages bewertet werden, durch die auch für Dienstreisen eine Anrechnung von 100 Prozent, mindestens aber 50 Prozent der Fahrten als Arbeitszeiten vorgeschrieben sei. In Anwendung des betriebsverfassungsrechtlichen Benachteiligungsverbots seien diese Regelungen auch auf seine Tätigkeit als Mitglied des Betriebsrats und damit auch auf die zu dessen Sitzungen durchgeführten Fahrten anwendbar.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 25. April 2002 und unter Aufhebung des Bescheides vom 30. November 2000 und des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 2001 zu verurteilen, ihm Arbeitszeitbefreiung unter Fortzahlung der Dienstbezüge in Höhe von 43 Stunden zu gewähren.

Der Beklagte stellte den Antrag,

die Berufung zurückzuweisen

und verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten und die übrigen beigefügten Unterlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, vermag in der Sache jedoch nicht zum Erfolg zu führen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, denn dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Arbeitszeitbefreiung als Ausgleich für die in den Monaten Juni, Juli und August 2000 absolvierten Fahrten von seinem Wohnort Z.... zu den Sitzungen des Betriebsrats und des Personalausschusses in F.... nicht zu.

Ausgangspunkt der rechtlichen Überlegungen ist § 37 Abs. 3 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes - BetrVG - . Nach dieser Bestimmung hat ein Betriebsratsmitglied zum Ausgleich für eine Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, Anspruch auf eine entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Diese in ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich auf die Arbeitnehmer der Privatwirtschaft zugeschnittene Bestimmung findet dem Grunde nach auch auf den Kläger - ungeachtet seines Status als Beamter - Anwendung. Das folgt aus § 19 Abs. 1 des Gesetzes über die Gründung einer Deutsche Bahn Aktiengesellschaft (Deutsche Bahn Gründungsgesetz - DBGrG -) vom 27. Dezember 1993 (BGBl I S. 2386), wonach die der Beigeladenen zugewiesenen Beamten - und damit auch der Kläger - in Bezug auf die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes als Arbeitnehmer gelten mit der Folge, dass dieses Gesetz und damit auch die hier maßgebliche Norm des § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG für sie Geltung hat.

Deren Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt, weil die von dem Kläger angeführten Fahrzeiten zu den Sitzungen des Betriebsrats und des Personalausschusses in F.... keine "Betriebsratstätigkeit" im Sinne dieser Vorschrift darstellen. Eine Auslegung dieses Begriffs lässt sich nicht ohne Heranziehung der allgemeinen Schutzzwecke und -bestimmungen des Betriebsverfassungsrechts vornehmen. Zu berücksichtigen ist hierbei vor allem die Regelung des § 78 Satz 2, 1. Halbsatz BetrVG, wonach die Mitglieder des Betriebsrats wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden dürfen. Unter ihrer Einbeziehung können im Rahmen des § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nur diejenigen Zeiten als Betriebsratstätigkeit anerkannt werden, die, würde das Betriebsratsmitglied statt dessen Dienst verrichten, auch als Dienstzeiten Berücksichtigung finden könnten. Das gilt zweifelsohne für die "eigentliche" Tätigkeit im Betriebsrat, so vor allem für die Teilnahme an dessen Sitzungen. Eine Anerkennung der An- und Abfahrten zu den Betriebsratssitzungen scheitert jedoch daran, dass diese Fahrten, würden sie zu vergleichbaren Dienstgeschäften im eigentlichen Sinne führen, auch nicht als Dienstzeiten Anerkennung finden könnten. Dies folgt aus den allgemeinen Bestimmungen des Arbeitszeitrechts der Beamten, die sich aus § 72 des Bundesbeamtengesetzes - BBG - und vor allem aus der auf der Grundlage des § 72 Abs. 4 BBG erlassenen Arbeitszeitverordnung - AZV - ergeben.

§ 1 Abs. 1 AZV legt zunächst fest, dass ein Beamter im Wochendurchschnitt 38,5 Stunden und damit im Tagesdurchschnitt 7 Stunden und 42 Minuten Dienst zu verrichten hat. Inwieweit darüber hinaus erbrachte Tätigkeiten als Mehrarbeit anerkannt und damit Grundlage eines arbeitszeitrechtlichen Ausgleichsanspruchs sein können, beurteilt sich nach § 7 AZV. Danach leistet ein Beamter dann Mehrarbeit, wenn er aufgrund dienstlicher Anordnung oder Genehmigung zur Wahrnehmung der Obliegenheiten des Hauptamtes über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus Dienst verrichtet. Der Begriff der Dienstverrichtung ist seinerseits eng auszulegen; er umfasst nur die unmittelbare Wahrnehmung der dem Beamten übertragenen Dienstgeschäfte und damit gerade nicht Fahrten außerhalb der Dienststelle, seien es Fahrten von der Wohnung und zurück oder Fahrten zu auswärtigen Dienstgeschäften (vgl. Beschluss des 2. Senats des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. August 1999 - 2 A 11040/99.OVG -, Bauschke in Fürst, GKÖD I K, § 72 Rdnr. 60). Auf die Regelung der Betriebsratstätigkeit des § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG übertragen bedeutet dies, dass Fahrten zu Betriebsratstätigkeiten, wenn sie außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit stattfinden, ebenfalls nicht als Betriebsratstätigkeiten anerkannt werden können.

Aus demselben Grund können auch die hier behaupteten vorbereitenden Tätigkeiten des Klägers während der Zugfahrten zu den Betriebsratssitzungen nicht als Betriebsratstätigkeit im Sinne des § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG berücksichtigt werden; bei vergleichbaren Dienstreisen wären sie nämlich arbeitszeitrechtlich ebenfalls ohne Belang.

Von dieser Rechtslage ergeben sich auch keine durchgreifenden Abweichungen aufgrund der Zuweisung des Klägers an die Beigeladene und seine daraus resultierende Eingliederung in deren Betriebsabläufe. Der Kläger kann sich aufgrund dieses Umstands vor allem nicht auf die Bestimmungen des für die Bediensteten der Beigeladenen geschlossenen Jahresarbeitszeittarifvertrages - JazTV - in der Fassung des 39. Änderungstarifvertrages vom 1. Dezember 1999 berufen, denn dieser findet auf die bei der Beigeladenen beschäftigten Beamten keine unmittelbare Anwendung. Das ergibt sich aus der Regelung des § 7 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes zur Zusammenführung und Neugliederung der Bundeseisenbahnen vom 27. Dezember 1993 (BGBl I S. 2378), nach der im Bereich der Bundeseisenbahnen nur die Vergütungen, Löhne und Arbeitsbedingungen der Angestellten, Arbeiter und Auszubildenden durch Tarifvertrag festgelegt werden, nicht aber die der Beamten. Für sie bleibt es daher bei der Anwendung der allgemeinen arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen des Beamtenrechts, von denen lediglich durch eine auf der Grundlage des § 7 Abs. 4 Nr. 1 des Gesetzes zur Zusammenführung und Neugliederung der Bundeseisenbahnen zu erlassende Rechtsverordnung abgewichen werden kann. Eine Abweichung in dem hier erstrebten Sinne hat der Verordnungsgeber indes nicht getroffen. Die auf der genannten Rechtsgrundlage ergangene Verordnung des Bundesministers für Verkehr zur Regelung der Arbeitszeit der der Deutschen Bahn AG zugewiesenen Beamten des Bundeseisenbahnvermögens (Eisenbahnarbeitszeitverordnung - EAZV -) vom 29. Januar 1997 (BGBl I S. 178) enthält in § 2 lediglich eine abweichende Bestimmung zur Einteilung der regelmäßigen Arbeitszeit, lässt die Frage der Anerkennung von Reisezeiten als Dienstzeiten jedoch gänzlich ausgeklammert, so dass der Kläger hieraus keine für ihn günstige Rechtsfolge ableiten kann (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 2. September 2002, 10 A 10326/02.OVG).

Eine solche ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Beklagte die strengen Bindungen des Arbeitszeitrechts der Beamten für seinen Bereich selbst teilweise verlässt und durch einseitige Anordnung einzelne tarifvertragliche Bestimmungen des JazTV auf die Beamten der Bundeseisenbahnen angewendet wissen will. In diesem Sinne jedenfalls ist das Schreiben des Beklagten an die Deutsche Bahn AG vom 30. März 2000 zu verstehen, in welchem in Bezug auf das beamtete Transportpersonal - neben dem Hinweis auf das geltende Arbeitszeitrecht der Beamten - § 9 JazTV für anwendbar erklärt wird, soweit es um die unmittelbare betriebliche Abwicklung von Beförderungen geht. In welchem Umfang der Kläger aus diesem Schreiben überhaupt subjektive Rechte ableiten kann - immerhin verstößt eine solche Anordnung gegen zwingende gesetzliche Regelungen, die nach dem Vorgesagten an sich nur im Wege einer Rechtsverordnung überwindbar sind - kann deshalb unentschieden bleiben, weil bereits die in § 9 JazTV festgelegten Voraussetzungen im Fall des Klägers nicht erfüllt sind. Nach der hierzu in erster Linie maßgebliche Regelung des § 9 Abs. 3 Satz 1 JazTV umfasst zwar eine Schicht den gesamten Zeitraum einschließlich der Fahrgastfahrten, Bereitschaftszeiten und Tätigkeitsunterbrechungen zwischen zwei Ruhezeiten. Die dort genannten Begriffe, vor allem der der "Schicht" umgrenzen jedoch den Regelungsgegenstand der Norm dergestalt, dass diese sich von vornherein nur auf die Berechnung derjenigen Zeiten bezieht, die innerhalb der festgelegten Arbeitszeiten liegen, die also nicht zu einer dienstlichen Mehrbeanspruchung führen; nur hierauf bezogen wird festgelegt, dass tatsächliche Unterbrechungen der eigentlichen Transporttätigkeiten, die beispielsweise durch die Übernahme eines Transportfahrzeuges an einem anderen Ort entstehen und die eine zwischenzeitliche Fahrt dorthin bedingen, nicht zu Abzügen von der geleisteten Arbeitszeit führen. Diese Erfassung transportnaher Verrichtungen als Arbeitszeiten lässt sich mit der im Rahmen des vorliegenden Verfahrens maßgeblichen Frage der Anerkennung von Reisezeiten zu auswärtigen Dienstgeschäften nicht vergleichen. Für sie könnte auf der Grundlage der genannten Bestimmungen jedenfalls dem beamteten Teil des Transportpersonals kein Arbeitszeitausgleich gewährt werden; dem entsprechend ist auch von daher eine Anerkennung als Betriebsratstätigkeit nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nicht möglich.

Auf die Regelung des § 9 Abs. 3 Satz 2 Nr. 6 JazTV kann der Kläger sich ebenfalls nicht berufen. Zwar lässt sie in Höhe von 50 Prozent eine Anrechnung von Reisezeiten zwischen dem Arbeitsort bzw. dem näher gelegenen Wohnort und dem Ort von Arbeitsbesprechungen zu. Jedoch hat der Beklagte in dem genannten Schreiben vom 30. März 2000 hierauf die Anwendbarkeit des Tarifrechts auf die Beamten gerade nicht erstreckt, denn sie bezieht sich nur - wie dort angegeben - auf eine unmittelbare betriebliche Abwicklung von Beförderungen bzw. auf den regelmäßigen Dienst an Sonntagen- und Feiertagen und den Dienst in Wechselschichten.

Der Kläger kann den geltend gemachten Ausgleichsanspruch schließlich nicht aus der auf der Grundlage des § 200 BBG erlassenen allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministers des Innern über den Ausgleich für Bundesbeamte wegen der Inanspruchnahme durch Reisezeiten und Rufbereitschaft vom 8. September 1989 (GMBl S. 530) herleiten. Nach den dort getroffenen Regelungen, die über das geltende Arbeitszeitrecht hinaus gehen und Ausdruck der Ausübung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht (§ 79 BBG) sind, können Beamte, die durch Dienstreisen über die festgelegte tägliche Arbeitszeit hinaus beansprucht werden, wegen der Reisezeiten, die zu der Mehrbeanspruchung führen, zu einem Viertel einen Freizeitausgleich beanspruchen, soweit diese Reisezeiten einen Schwellenwert von 20 Stunden im Monat überschreiten. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung, auf deren Anwendung ein Beamter aufgrund der Selbstbindung der Verwaltung i.V.m. dem Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG - einen durchsetzbaren Anspruch hat, sind hier ebenfalls nicht erfüllt.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist eine dahingehende Prüfung zwar auch im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erforderlich gewesen, denn in seinen Schreiben vom 1. August und vom 22. September 2000 hat der Kläger unmissverständlich und zudem rechtlich undifferenziert einen Arbeitszeitausgleich für die nach seiner Auffassung geleistete Mehrarbeit begehrt. Eine damit befasste Rechtsprüfung zunächst durch den Beklagten und anschließend durch das Verwaltungsgericht hat sich dementsprechend auf alle Anspruchsgrundlagen zu erstrecken gehabt, aufgrund derer ein solcher Anspruch denkbar werden kann. Zu ihnen gehört aber ohne Zweifel auch ein etwaiger über die Verwaltungsvorschrift vom 8. September 1989 vermittelter Anspruch, da dessen Gegenstand gerade ein derartiger Arbeitszeitausgleich ist.

Dem Kläger steht ein Anspruch hiernach aber deshalb nicht zu, weil er in den fraglichen Monaten Juni, Juli und August 2000 den jeweils erforderlichen Schwellenwert einer Mehrbeanspruchung von mehr als 20 Stunden nicht erreicht hat. Vielmehr beträgt die schlüssig dargelegte Mehrbeanspruchung im Juni 2000 nur 2 Stunden und 36 Minuten, im Juli 2000 18 Stunden und 54 Minuten und im August 2000 12 Stunden und 30 Minuten. Der Senat ist hierbei zunächst von den in der Klageschrift angegebenen Reisezeiten und Zeiten der Betriebsratstätigkeiten ausgegangen, um auf dieser Grundlage die durch die Reisezeiten bedingte Mehrbeanspruchung zu ermitteln. Die als "Betriebsratstätigkeit" für einige Tage zusätzlich angegebenen Zeiten können allerdings keine Berücksichtigung finden, weil aufgrund dieses nur unsubstantiierten Vorbringens die erforderliche unmittelbare Zuordnung zu der eigentlichen Betriebsratstätigkeit nicht erkennbar ist. Bei einer - auch hier vergleichsweise heranzuziehenden - Dienstreise könnten Zeiten einer allgemeinen "Dienstverrichtung", die lediglich im Umfeld des unmittelbar angesetzten Dienstgeschäfts angefallen wären, ebenfalls nicht als Arbeitszeiten anerkannt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2 und 162 Abs. 3 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.

Gründe, die Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO oder nach § 127 BRRG zuzulassen, liegen nicht vor. Das gilt auch im Hinblick auf die hier bedeutsame Frage, inwieweit die Rechtsverhältnisse der Beigeladenen zu den ihr zugewiesenen Beamten einer Gestaltung durch tarifvertragliche Vereinbarung zugänglich ist; sie ist bereits durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (vgl. Beschluss vom 13. November 2002, DokBer. 2003, S. 41 [42]).

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 4.000,-- € festgesetzt (§§ 13 Abs. 1 Satz 2, 14 Abs. 1 GKG).

Ende der Entscheidung

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