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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 14.01.2005
Aktenzeichen: 10 A 11817/04.OVG
Rechtsgebiete: AuslG, BGSG, GG


Vorschriften:

AuslG § 104
AuslG § 63
AuslG § 63 Abs. 4
AuslG § 63 Abs. 4 Nr. 2
AuslG § 74
AuslG § 74 Abs. 2
AuslG § 74 Abs. 2 S. 1 Nr. 2
AuslG § 74 Abs. 2 S. 2
AuslG § 74 Abs. 2 S. 1
BGSG § 58 Abs. 1
BGSG § 58
GG Art. 80
GG Art. 80 Abs. 1
GG Art. 82
Die vom Bundesministerium des Innern im Wege von Erlassen gemäß § 74 Abs. 2 Satz 1 AuslG vorgenommene Bestimmung der Bundesgrenzschutzdirektion als die für Zwangsgeldandrohungen gegen Beförderungsunternehmer zuständige Stelle ist jedenfalls mangels deren allgemeiner Veröffentlichung unwirksam; ob diese Bestimmung ohnehin nur mittels Rechtsverordnung hätte vorgenommen werden können, bleibt offen.
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

10 A 11817/04.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Ausländerrechts

hat der 10. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Januar 2005, an der teilgenommen haben

Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Falkenstett als Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Hennig Richter am Oberverwaltungsgericht Möller ehrenamtlicher Richter Tischlermeister Ackel ehrenamtlicher Richter Chemotechniker Blaschka

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird unter Abänderung des auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19. Januar 2004 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz der Bescheid der Beklagten vom 29. Juli 2002 und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2003 aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist ein Luftfahrtunternehmen, das Passagiere im Linienverkehr u. a. zwischen Großbritannien und der Bundesrepublik Deutschland befördert. Sie wendet sich gegen eine Zwangsgeldandrohung nach § 74 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AuslG.

Bereits am 4. Dezember 2000 hatte die Beklagte gegenüber der Klägerin eine Verfügung nach § 74 Abs. 1 und 2 AuslG erlassen. Darin war der Klägerin aufgegeben worden, Ausländer nicht ohne die erforderlichen Grenzübertrittsdokumente auf dem Luftweg nach Deutschland zu befördern; außerdem war ihr für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,-- DM angedroht worden. Grundlage für dieses Vorgehen hatten 27 unerlaubte Beförderungsfälle aus dem 3. Quartal 2000 gebildet. Ein gegen die Verfügung angestrengtes gerichtliches Verfahren war erfolglos geblieben (vgl. dazu zuletzt Beschluss des Senates vom 27. Mai 2003 - 10 A 12022/02).

Mit Schreiben vom 12. März 2002 mahnte die Grenzschutzdirektion K. die Klägerin wegen weiterer 36 unerlaubter Beförderungen im 4. Quartal 2001 ab und kündigte an, das angedrohte Zwangsgeld auf 3.000,-- DM zu erhöhen, wenn die Verstöße nicht um mindestens 30 % reduziert würden. Mit Verfügung vom 29. Juli 2002 drohte die Grenzschutzdirektion entsprechend dieser Ankündigung der Klägerin nach § 74 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AuslG ein erhöhtes Zwangsgeld von 1.500,-- € an. Zur Begründung verwies sie darauf, dass es trotz der Abmahnung zu keinem Rückgang der Anzahl unerlaubter Beförderungen gekommen sei; im Gegenteil sei die Zahl mit 28 bzw. 40 derartigen Beförderungen im 1. und 2. Quartal 2002 in etwa gleich geblieben. Offensichtlich bestehe bei dem Kontrollpersonal der Klägerin ein erheblicher Schulungsbedarf, dem diese indessen ungeachtet ihr diesbezüglich unterbreiterer Angebote nicht abhelfen wolle.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Grenzschutzdirektion mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2003 zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, dass sich an der Anzahl der unerlaubten Beförderungen auch im 2. Halbjahr 2002 bei neuerlichen Verstößen in 64 Fällen nichts Wesentliches geändert habe, wie die Klägerin auch auf ein neuerliches Schulungsangebot nicht reagiert habe.

Daraufhin hat die Klägerin am 28. Februar 2003 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt: Die Zwangsgeldandrohung sie bereits in formeller Hinsicht fehlerhaft, da die Grenzschutzdirektion K. für deren Erlass sachlich nicht zuständig sei. Zwar habe das Bundesministerium des Innern mit Erlass vom 23. August 2001 von der nach § 74 AuslG grundsätzlich möglichen Zuständigkeitsübertragung Gebrauch gemacht. Diese Übertragung sei indes unwirksam, da der Erlass nicht öffentlich bekannt gemacht worden sei. Dies wäre aber aus rechtsstaatlichen Gründen erforderlich gewesen, da der Bürger wissen müsse, ob die zur Ermächtigung befugte Behörde oder aber ein potentieller Ermächtigungsempfänger die Zuständigkeit habe. Hinzu komme dass der Wortlaut des - zudem nur "im Auftrag" unterzeichneten - Erlasses allenfalls den Erlass von Zwangsgeldbescheiden, nicht aber auch von Zwangsgeldandrohungen abgedeckt habe. Die angefochtene Zwangsgeldandrohung sei darüber hinaus aber auch in der Sache fehlerhaft. Die ihr vorgehaltenen unerlaubten Beförderungen seien anhand der Verfahrensakten nur unzureichend belegt oder beruhten auf widersprüchlichen Angaben. Auch aus der nur unvollständigen Dokumentation der ihr von den jeweiligen Grenzschutzbehörden zugesandten Mitteilungen über angeblich unerlaubte Beförderungen ließen sich die ihr angelasteten Verstöße nicht im gebotenen Umfang nachvollziehen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 29. Juli 2002 und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2003 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat die Beklagte geltend gemacht: Die Grenzschutzdirektion K. sei zum Erlass der Zwangsgeldandrohung befugt gewesen. Die Zuständigkeit sei ihr vom Bundesministerium des Innern mit Erlass vom 23. August 2001 übertragen worden. Diese Übertragung habe alle in § 74 AuslG vorgesehenen Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Beförderungen ins Bundesgebiet umfasst, wozu in Sonderheit auch der Erlass von Zwangsgeldandrohungen zähle. Da es sich um einen behördeninternen Erlass handele, habe dieser nicht etwa veröffentlicht werden müssen. Des Weiteren sei die erhöhte Zwangsgeldandrohung aber auch in der Sache nicht zu beanstanden. Die durch die Verwaltungsvorgänge nachgewiesenen wie auch durch entsprechende Mitteilungen der Klägerin bekannt gemachten unerlaubten Beförderungsfälle belegten eindeutig, dass diese sowohl im Zeitpunkt des Erlasses der Zwangsgeldandrohung als auch in dem des Ergehens des Widerspruchsbescheides die Anzahl der von ihr unerlaubt ins Bundesgebiet beförderten Ausländer nicht bzw. jedenfalls nicht im gebotenen Umfang reduziert habe.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 19. Januar 2004 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt: Zunächst sei die Verfügung nicht in formeller Hinsicht zu beanstanden, da die Grenzschutzdirektion K. als die vom Bundesministerium des Innern bestimmte Stelle für den Erlass der Zwangsgeldandrohung zuständig gewesen sei und auch die übrigen formellen Vorausetzungen des § 74 AuslG beachtet worden seien. Bereits mit Erlass des Bundesministeriums des Innern vom 27. März 1992 seien erstmals bestimmte Aufgaben im Rahmen des § 74 AuslG auf die Grenzschutzdirektion übertragen worden, wobei zugleich eine Abgrenzung zu den Aufgaben der nachgeordneten Grenzschutzpräsidien vorgenommen worden sei. Auf Grund einer Dienstbesprechung vom 21. März 2001 sei alsdann mit Erlass vom 23. August 2001 aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und zur Gewährleistung einer einheitlichen Verfahrenspraxis mit Wirkung vom 1. Dezember 2001 generell die Zuständigkeit für den Erlass aller in § 74 AuslG vorgesehenen Maßnahmen zur Verhinderung unerlaubter Beförderungen zentral auf die Bundesgrenzschutzdirektion übertragen worden. Dieser Erlass habe zu seiner Wirksamkeit nicht der Veröffentlichung bedurft. Insofern sei vielmehr anerkannt, dass keine Pflicht zur Veröffentlichung solcher Verwaltungsvorschriften bestehe, die lediglich den internen Dienstbetrieb regelten, allein die Behördenorganisation oder das Verwaltungsverfahren beträfen oder den nachgeordneten Behörden nur Anweisungen zur Auslegung gesetzlicher Bestimmungen gäben. Derartige Verwaltungsvorschriften berührten den Bürger entweder überhaupt nicht oder begründeten jedenfalls weder für sich allein noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz oder dem Vertrauensgrundsatz eine Selbstbindung der Verwaltung, auf die sich der Betroffene im Streitfalle berufen könne. Voraussetzung der Wirksamkeit von Normen, seien sie Rechtssätze oder Verwaltungsvorschriften, sei es im Übrigen, dass sie dem Adressaten bekannt würden. Da allgemein verbindliche Rechtssätze naturgemäß nicht jedem einzelnen Bürger persönlich eröffnet werden könnten, sei es erforderlich, sie in den dafür bestimmten Verkündigungsorganen öffentlich bekannt zu machen. Der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit gebiete es aber nicht, die nur für bestimmte Behörden verbindlichen Verwaltungsvorschriften öffentlich kund zu machen; sie seien vielmehr bereits wirksam, wenn sie den betreffenden Behörden zugingen, wie dies auch mit dem vorliegenden Erlass geschehen sei. Des Weiteren sei die Androhung des erhöhten Zwangsgeldes in Höhe von nunmehr 1.500,-- € aber auch in der Sache nicht zu beanstanden. Diese finde ihre gesetzliche Grundlage in § 74 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 AuslG, dessen Voraussetzungen erfüllt seien. Insbesondere sei die Beklagte bei der Ausübung des ihr hiernach eingeräumten Ermessens nicht von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Insofern habe die mündliche Verhandlung vielmehr ergeben, dass die von der Beklagten ihrem Vorgehen zu Grunde gelegten unerlaubten Beförderungen zutreffend ermittelt worden seien, was zuletzt auch die Klägerin eingeräumt habe. Von daher sei es schließlich unerheblich, inwieweit diese Beförderungen in den Verwaltungsvorgängen dokumentiert seien.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Senat mit Beschluss vom 1. Oktober 2004 - 10 A 10794/04.OVG - zugelassenen Berufung. Zur Begründung trägt sie vor: Der Erlass des Bundesministeriums des Innern vom 23. August 2001 habe keine wirksame Zuständigkeitsübertragung auf die Grenzschutzdirektion zu bewirken vermocht. Hierzu hätte es zumindest dessen Veröffentlichung bedurft, weil die Einhaltung der sachlichen Behördenzuständigkeit durchaus auch dem Rechtsschutz des Betroffenen diene. Das Verwaltungsgericht sei in diesem Zusammenhang von einem unzutreffenden Prüfungsmaßstab ausgegangen, indem es nur auf solche Erfordernisse abgestellt habe, wie sie ansonsten für allgemeine Verwaltungsvorschriften ohne eine derartige Zuständigkeitsbestimmung gelten würden. Tatsächlich weise die vorliegende Delegation eine doppelte Rechtsnatur auf. Sie sei zum einen innerdienstliche Anweisung, so dass sich ihre Rechtmäßigkeit insofern nach den Grundsätzen des allgemeinen behördlichen Organisationsrechts beurteile. Sie sei zum anderen wegen ihres Eingriffs in den Rechtskreis des Bürgers aber auch ein Akt der Rechtssetzung. Unter diesem Aspekt gelte indessen, dass eine rechtssatzmäßige Delegation und damit auch eine Veröffentlichung nur dann nicht nötig sei, wenn in der gesetzlichen Ermächtigungsnorm neben der primär als zuständig bezeichneten Behörde zugleich auch der Delegatar eindeutig bestimmt sei, da dann die so vorgegebene potentielle Zuständigkeit durch einen entsprechenden Organisationsakt nur noch aktualisiert werde. So liege der Fall im Rahmen des § 74 Abs. 2 Satz 1 AuslG aber gerade nicht, da hier weder die zu ermächtigende Behörde genannt noch auch nur deren nähere Eingrenzung etwa auf den Geschäftsbereich der Bundesministeriums des Innern vorgegeben sei. Insofern sei sogar eine rechtsatzmäßige Bestimmung des Delegatars zu verlangen, so dass die vorgenommene Delegation auch von daher zu ihrer Rechtswirksamkeit der Veröffentlichung in einem amtlichen Mitteilungsblatt bedurft hätte. Nur so werde eine gewisse Stetigkeit des Organisationssystems gewährleistet und auch die erforderliche Zuständigkeitsklarheit gegenüber dem Bürger erreicht. Letzteres sei auch vorliegend wichtig, weil durch die Zuständigkeitsübertragung auf die Grenzschutzdirektion vor der Klageerhebung ein Widerspruchsverfahren erforderlich geworden sei und weil im Übrigen eine Ermessensentscheidung mit unterschiedlichen Sachbehandlungsmöglichkeiten inmitten stehe.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils gemäß ihrem Antrag erster Instanz zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt sie vor: Die Bestimmung der Zuständigkeit der Grenzschutzdirektion für die in § 74 AuslG vorgesehenen Maßnahmen zur Bekämpfung der unerlaubten Verbringung von Ausländern in das Bundesgebiet - zuletzt auf der Grundlage des Erlasses vom 23. August 2001 - sei aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und zur Gewährleistung einer einheitlichen Verfahrenspraxis erfolgt. Dieser habe keiner Veröffentlichung bedurft, da es sich hierbei um keine Delegation gehandelt habe. Voraussetzung hierfür wäre gewesen, dass das Bundesministerium des Innern als Hoheitsorgan seine Befugnisse an die Grenzschutzdirektion abgegeben hätte. Tatsächlich aber habe das Ministerium diese Behörde nur beauftragt, die ihm kraft Gesetzes zustehende Kompetenz wahrzunehmen, ohne dass damit eine Änderung der allgemeinen Zuständigkeitsordnung verbunden gewesen sei; insofern habe es sich also nur um eine Kompetenzabschiebung im Wege eines Mandats gehandelt. Überdies habe der Erlass aber auch deshalb keiner Veröffentlichung bedurft, da er nur Verwaltungsinterna enthalte, zumal bereits mit Erlass vom 27. März 1992 die Kompetenz zum Erlass der Untersagungsverfügung und etwaiger Zwangsgeldandrohungen auf die Direktion übertragen worden sei. Diese Zuständigkeitsübertragung sei der Klägerin zudem bereits des längeren bekannt gewesen. Letztlich sei der Klägerin durch die Nichtveröffentlichung kein Nachteil erwachsen, so dass es auch von daher zur Wirksamkeit des Erlasses genügen müsse, dass die Grenzschutzdirektion als betroffene Behörde von ihm gewusst habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie die vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung führt in der Sache zum Erfolg.

Der Bescheid der Beklagten vom 29. Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides erweist sich bereits deshalb als rechtswidrig, weil der Grenzschutzdirektion K. für deren Erlass die sachliche Zuständigkeit fehlt. Dies gilt auch in Ansehung der beiden Erlasse des Bundesministeriums des Innern vom 27. März 1992 und 23. August 2001, da die darin vorgenommene Bestimmung der Grenzschutzdirektion als die zum Erlass u. a von Zwangsgeldandrohungen nach Maßgabe des § 74 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AuslG (nebst nachfolgender Widerspruchsbescheidung) zuständige Stelle zumindest mangels deren Veröffentlichung rechtsunwirksam ist.

Damit im Zusammenhang trifft es allerdings zu, dass § 74 Abs. 2 Satz 1 AuslG selbst zur Frage der näheren Ausgestaltung dieser hiernach dem Bundesministerium des Innern ermöglichten Bestimmung der neben ihm oder an seiner Statt zuständigen Stelle keine ausdrückliche Regelung enthält. Insofern kann zunächst jedoch nach dem Wortlaut des Gesetzes, wonach entweder das Bundesministerium "oder" die von ihm bestimmte Stelle die Zwangsgeldandrohungen erlässt, nicht zweifelhaft sein, dass mit dieser Bestimmung der Sache nach zugleich eine Abgabe der in erster Linie dem Ministerium zugewiesenen Kompetenz an die solchermaßen von ihm für zuständig erklärte Stelle im Sinne eine Delegation verbunden sein sollte. Dementsprechend hat denn auch das Bundesministerium des Innern in den genannten Erlassen, zuletzt vom 23. August 2001, die Grenzschutzdirektion nicht etwa lediglich im Sinne eines Mandats beauftragt, für dieses dessen ihm gesetzlich zugewiesene und auch weiterhin bei ihm verbleibende Primärzuständigkeit wahrzunehmen, sondern auf die Grenzschutzdirektion aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und zur Gewährleistung einer einheitlichen Verfahrenspraxis generell die Zuständigkeit für den Erlass der Zwangsgeldbescheide nach § 74 AuslG (nebst der damit zusammenhängenden Durchführung von Widerspruchsverfahren) zentral übertragen.

Anders verhält es sich hingegen mit der weiteren Frage, wie das Bundesministerium des Innern rechtstechnisch diese Delegation vorzunehmen hat, da behördliche Zuständigkeitsregelungen jedenfalls grundsätzlich sowohl mittels einer Rechtsverordnung als auch durch Verwaltungsvorschriften vorgenommen werden können und das Ausländergesetz diesbezüglich weder in § 74 Abs. 2 Satz 1 AuslG noch an anderer Stelle entsprechende Vorgaben enthält. An dieser Betrachtungsweise vermag auch die in § 104 AuslG enthaltene Ermächtigung des Bundesministers des Innern, die zu diesem Gesetz erforderlichen Anwendungshinweise in der Form von allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu erlassen, nichts zu ändern, nachdem insofern bezweifelt werden muss, ob sich diese Vorschrift auf die hier in Rede stehende besondere Zuständigkeitsbestimmung nach § 74 AuslG erstreckt. Tatsächlich findet sich auch in den vorliegenden Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Ausländergesetz vom 28. Juni 2000 (BAnz vom 6. Oktober 2000, Nr. 188 a) im Zusammenhang mit der zuletzt genannten Norm keine derartige Bestimmung der Bundesgrenzschutzdirektion. Eine solche lässt sich darüber hinaus aber ebenso nicht etwa den zu § 63 Abs. 4 Nr. 2 AuslG ergangenen Verwaltungsvorschriften entnehmen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass nach deren Tz. 63.4.2.2 die Grenzschutzbehörde nicht nur für die Anordnung und Beitreibung des Zwangsgeldes gegen Beförderungsunternehmen gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 AuslG und den damit verbundenen Maßnahmen, sondern auch schon für dessen Androhung zuständig sein soll. Denn abgesehen davon, dass diese Verwaltungsvorschrift mit der Aufführung der Zwangsgeldandrohung den in Bezug genommenen gesetzlichen Rahmen des § 63 Abs. 4 Nr. 2, 2. Alt. i. V. m. § 74 Abs. 2 Satz 2 AuslG, der sich nur mit der Festsetzung und Beitreibung des Zwangsgeldes befasst, überschreitet, kann in dieser Festlegung auch deshalb keine Zuständigkeitsbestimmung im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 1 AuslG gesehen werden, weil dann konsequenterweise der ebenso in die Zuständigkeit der Grenzschutzdirektion übertragene Erlass der Untersagungsverfügung nach § 74 Abs. 1 Satz 2 AuslG hätte mit aufgenommen worden sein müssen. Dieser Befund wird schließlich dadurch bestätigt, dass mit der dort gewählten Formulierung, wonach für die Androhung des Zwangsgeldes "die Grenzschutzbehörde" zuständig ist, letztlich ohnehin keine Bestimmung der an Statt des Bundesministeriums des Innern zuständigen Stelle getroffen wurde, da auf diese Weise lediglich die Grenzschutzbehörden mit ihrem mehrstufigen Aufbau in ihrer Gesamtheit angesprochen worden sind.

Im Ergebnis nicht anders verhält es sich mit Blick auf die gegebenenfalls ergänzend heranzuziehenden Vorschriften des Bundesgrenzschutzgesetzes (BGSG), denen ebenfalls keine verlässlichen Anhaltspunkte bezüglich der soeben angesprochenen Anforderungen an die vom Bundesministerium des Innern getroffene Bestimmung der Grenzschutzdirektion als die für den Erlass von Zwangsgeldandrohungen gegen Beförderungsunternehmer gemäß § 74 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AuslG zuständige Stelle zu entnehmen sind. Denn auch wenn nach § 58 Abs. 1 BGSG das Bundesministerium des Innern die sachliche Zuständigkeit der einzelnen Bundesgrenzschutzbehörden einschließlich derer der Grenzschutzdirektion grundsätzlich nur durch eine Rechtsverordnung regeln darf, so lässt doch spätestens § 4 Abs. 4 dieser Rechtsverordnung vom 17. Dezember 1994 (BGBl. I S. 3133) seinerseits offen, ob dieses Erfordernis auch dann noch gilt, wenn das Ministerium der Grenzschutzdirektion - wie nach dieser Bestimmung möglich und hier der Sache nach geschehen - weitere zentral wahrzunehmende Aufgaben überträgt.

Der Umstand, dass die bislang erörterten Vorschriften des Ausländergesetzes wie auch des Bundesgrenzschutzgesetzes zur Form der Zuständigkeitsbestimmung nach Maßgabe des § 74 Abs. 2 Satz 1 AuslG schweigen, bedeutet indessen nicht, dass es dem Bundesministerium des Innern freistünde, diese Bestimmung mittels einer Rechtsverordnung oder aber einer Verwaltungsvorschrift zu treffen. Insofern ist allgemein anerkannt, dass der Verwaltung zwar eine aus ihrer exekutiven Organisationsgewalt abzuleitende originäre Befugnis zum Erlass von Verwaltungsvorschriften zukommt, wenn und soweit sie vor dem Hintergrund der Sperrwirkung des Art. 80 Abs. 1 GG eine andere Form als die der Rechtsverordnung wählen darf, dass sie dies aber nur dann darf, wenn sie sich auf nichtwesentliche Regelungen außerhalb des Bannkreises des Gesetzesvorbehaltes beschränkt, wobei in diesem Fall keine Bedenken bestehen, den so in zulässiger Weise erlassenen Verwaltungsvorschriften Rechtssatzcharakter mit Außenwirkung zuzuerkennen, und dass diese Vorgaben grundsätzlich auch dann gelten, wenn es um die Regelung behördlicher Zuständigkeiten geht (vgl. Bonner Kommentar, Art 80 GG, Rdnr. 156 m. w. N.). Allerdings ist ebenso anerkannt, dass diese Organisationsbefugnis mittels Verwaltungsvorschriften dort endet, wo es um die generelle Übertragung von einer bestimmten Behörde gesetzlich zugewiesenen Zuständigkeiten geht, weil diese dann wegen der damit verbundenen Kompetenzabschiebung nur noch zulässig ist, wenn eine entsprechende gesetzliche Ermächtigung vorliegt, und dabei zugleich einen Akt der materiellen Rechtsetzung mit unmittelbarer Erheblichkeit gegenüber einem unbestimmten Personenkreis darstellt; demgemäß wird hier angenommen, dass diese Art der Aufgabenzuweisung grundsätzlich nur mittels einer Rechtsverordnung erfolgen darf, wobei diese Erwägungen bei verfassungskonformer Auslegung der entsprechenden Ermächtigungsnormen auch da zum Tragen kommen, wo der Gesetzgeber bezüglich der Form der Zuständigkeitsübertragung schweigt (vgl. BVerwG, JZ 1963, S. 366 m. w. N.).

Bei Anwendung dieser Grundsätze wäre die vorgenommene Zuständigkeitsbestimmung der Grenzschutzdirektion nach Maßgabe des § 74 Abs. 2 Satz 1 AuslG schon deshalb unwirksam, weil sie dann nur mittels einer den besonderen Anforderungen der Art. 80 und 82 GG genügenden Rechtsverordnung hätte erfolgen können. Indessen bedarf diese Frage keiner abschließenden Entscheidung. Ebenso verhält es sich mit Blick auf die weitere Frage, ob es nicht auch auf dem Boden dieser Grundsätze dennoch bei den Erlassen sein Bewenden haben könne, weil es sich hier um einen von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannten Fall der so genannten "potentiellen Zuständigkeit" handele (vgl. dazu BVerwG, NVwZ 1988, S. 532), nachdem das Gesetz selbst bereits hinlänglich bestimmt oder aber auf der Grundlage der eingangs erörterten Vorschriften des Ausländergesetzes bzw. des Bundesgrenzschutzgesetzes bestimmbar die Grenzschutzdirektion als die für die vorgesehene Kompetenzzuweisung letztlich allein in Betracht zu ziehende Stelle vorgegeben habe. Selbst wenn dem zu folgen sein sollte, könnte den Erlassen vom 27. März 1992 und 23. August 2001 gleichwohl nicht die erforderliche Wirksamkeit zuerkannt werden, weil es hierzu ihrer allgemeinen Veröffentlichung bedurft hätte, an der es indessen fehlt.

Insofern gilt zunächst allerdings auch hier der Befund, dass weder das Ausländergesetz in § 74 Abs. 2 Satz 1 bzw. in § 104, noch § 4 Abs. 4 der Verordnung über die Zuständigkeit der Bundesgrenzschutzbehörden verlässliche Anhaltspunkte zur Frage der Bekanntgabe einer nach jener Bestimmung etwa mittels Verwaltungsvorschrift in zulässiger Weise getroffenen Zuständigkeitsbestimmung enthalten. Indessen kann daraus gleichfalls nicht hergeleitet werden, dass es alsdann dem Ministerium freigestellt wäre, ob es sich bei dieser Bestimmung - wie geschehen - auf rein behördeninterne Erlasse beschränkt oder ob es diese darüber hinaus gegebenenfalls auch den Beförderungsunternehmen bekannt gibt, die von derartigen Androhungen betroffen werden könnten, oder ob es diese als Verwaltungsvorschriften in einer jedermann zugänglichen Weise gleichsam amtlich veröffentlicht. Von welcher dieser drei unterschiedlichen Bekanntmachungsmöglichkeiten im Einzelfall Gebrauch zu machen ist, um Verwaltungsvorschriften Wirksamkeit zu verschaffen, lässt sich letztlich nur unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Bedeutung in personeller, räumlicher und zeitlicher Hinsicht feststellen (vgl. Ossenbühl in Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Aufl., § 6 Rdnr. 57 m. w. N.). Handelt es sich lediglich um Vorschriften aus dem Bereich der Leistungsverwaltung und hier hinwiederum gar nur um in erster Linie nach innen gerichtete Anweisungen, an die indes nicht einmal die Verwaltung selbst ausnahmslos gebunden sein soll, so wird es für deren Wirksamkeit zumeist genügen, wenn sie den betroffenen Behörden selbst bekannt werden (vg. dazu BVerwG, NVwZ 1998, S. 273). Handelt es sich um Verwaltungsvorschriften, die zugleich die Rechtsbeziehungen zwischen den Behörden und den von ihrem Verwaltungshandeln betroffenen Bürgern regeln, so wird darüber hinaus zu fordern sein, dass über ihren Inhalt neben den jeweiligen Behörden auch diese Betroffenen von deren Inhalt in Kenntnis gesetzt werden, wobei - sofern es sich insoweit lediglich um einen begrenzten Adressatenkreis handelt - gegebenenfalls eine einfache Bekanntgabe unmittelbar diesem gegenüber ausreichen kann (vgl. dazu BVerwGE 45, S. 8). Anders verhält es sich hingegen, wenn Verwaltungsvorschriften mit ihren Wirkungen Rechtsnormen gleichkommen, was - wie schon aus den obigen Ausführungen deutlich wird - regelmäßig dann der Fall ist, wenn mit ihnen eine gesetzlich vorgegebene behördliche Zuständigkeit abgeändert wird. Denn als Akt der Rechtssetzung hat die solchermaßen bestimmte Zuständigkeitsverlagerung auf die Grenzschutzdirektion letztlich verbindliche Wirkung gegenüber allen Rechtsbeteiligten; sie ist des Weiteren im Grundsatz auf eine gewisse Stetigkeit angelegt, sie bewirkt ferner wesentliche verfahrens- und prozessrechtliche Änderungen, indem beispielsweise nunmehr vor einer Klageerhebung zunächst ein Widerspruchsverfahren durchzuführen ist, und sie bindet insofern schließlich naturgemäß auch die Gerichte selbst wie überhaupt die Einhaltung der sachlichen Zuständigkeit zugleich Rechtmäßigkeitsvoraussetzung jeglichen behördlichen Handelns ist. In diesem Fall muss mithin die Bekanntgabe der Verwaltungsvorschriften, sofern man wegen dieser besonderen Bedeutung einer derartigen Zuständigkeitsbestimmung nicht ohnehin den Erlass einer Rechtsverordnung verlangt, letztlich in einer deren Standard entsprechenden Weise, d.h. in für jedermann zugänglichen amtlichen Publikationen, wie etwa dem Ministerialblatt oder dem Staatsanzeiger, erfolgen (vgl. dazu neben der von der Klägerin diesbezüglich angeführten Literatur und Rechtsprechung auch BVerfGE 40, S. 252).

Hätte es hiernach aber als Wirksamkeitsvoraussetzung der vorgenommenen Zuständigkeitsbestimmung der Grenzschutzdirektion durch das Ministerium des Innern zumindest der allgemeinen Bekanntgabe der Erlasse in der Form der Veröffentlichung bedurft, so ergibt sich vorliegend nicht etwa deshalb eine andere Betrachtungsweise, weil sich die Erlasslage mit der damit bewirkten Zentralisierung der Zwangsgeldandrohung nach § 74 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AuslG bei dieser Behörde letztlich auch im Interesse der betroffenen Flugunternehmen selbst als sachgerecht erwiesen und bewährt habe und weil diese Zuständigkeitsübertragung der Klägerin bereits des längeren bekannt sei, ohne dass sie bislang gegen die Zuständigkeit der Grenzschutzdirektion Einwände erhoben habe, wie endlich auch der erkennende Senat bzw. das Bundesverwaltungsgericht im Zusammenhang mit anderen Verfahren die Wirksamkeit dieser Übertragung bislang nicht in Zweifel gezogen habe.

Nur am Rande sei abschließend noch erwähnt, dass sich selbst dann keine der Beklagten günstigere Beurteilung ergäbe, wenn davon auszugehen sein sollte, dass es sich bei dieser Zuständigkeitsbestimmung lediglich um die Erteilung eines Mandats gehandelt habe; denn abgesehen davon, dass gegen die Zulässigkeit eines derartigen generellen Mandats grundsätzliche Bedenken bestehen, hätte es alsdann letztlich aus den gleichen Erwägungen, wie sie bereits oben für die Verwaltungsvorschrift zu Grunde gelegt wurden, zur Erlangung dessen Wirksamkeit zumindest ebenfalls der Veröffentlichung bedurft (vgl. dazu Obermayer, JZ 1956, S. 625, 629 sowie Schenke, VerwA, 1977, S. 139, 156) .

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO.

Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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