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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 12.03.2004
Aktenzeichen: 10 A 11872/03.OVG
Rechtsgebiete: SVG, VAHRG, BGB


Vorschriften:

SVG § 55c Abs. 1 S. 1
VAHRG § 5 Abs. 1
BGB § 138
BGB § 1585 c
BGB § 1587 b Abs. 1 S. 1
Dem aus einem Versorgungsausgleich Verpflichteten stehen im Rahmen des § 5 VAHRG die ungekürzten Versorgungsbezüge auch dann zu, wenn er den Unterhaltsanspruch des Berechtigten durch eine Kapitalabfindung abgegolten hat (wie: BSG, Urteil vom 08.12.1993, NJW 1994, 2374; BGHZ 126, 202; BVerwGE 109, 231).

Die Annahme, dass sich der mit der Abfindung verbundene Unterhaltsverzicht lediglich auf einen begrenzten Zeitraum bezieht, ist nur bei Vorliegen ganz besonderer Umstände gerechtfertigt (hier verneint).


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

10 A 11872/03.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Soldatenrechts (Versorgung)

hat der 10. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. März 2004, an der teilgenommen haben

Vizepräsident des Oberverwaltungsgerichts Steppling Richter am Oberverwaltungsgericht Hennig Richter am Oberverwaltungsgericht Möller ehrenamtliche Richterin Hausfrau Fasel ehrenamtliche Richterin Kontoristin Hoffmann

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz und unter Aufhebung der Bescheide der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 9. und 22. Juli 2002 sowie der Widerspruchsbescheide der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 11. und 12. März 2003 die Beklagte verpflichtet, von der Kürzung des Ruhegehalts des Klägers bis zum Beginn der Rentenleistung an dessen geschiedene Ehefrau .... abzusehen.

Die Beklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der im Jahre 1951 geborene Kläger, der bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand zum 1. Juli 2002 als Hauptmann im Dienst der Beklagten stand, wendet sich gegen die Kürzung seines Ruhegehalts.

Die Kürzung steht im Zusammenhang mit der Scheidung der Ehe des Klägers, die er im Jahre 1971 mit der im Jahre 1954 geborenen Frau H...., eingegangen war. Aus dieser Ehe waren zwei Kinder hervorgegangen, der 1971 geborene Sohn .... und die im Jahre 1976 geborene Tochter .... .

Im Rahmen der Ehescheidungsverhandlungen hatte der damals anwaltlich nicht vertretene Kläger auf Vorschlag der Prozessbevollmächtigten seiner geschiedenen Ehefrau unter dem Datum des 20. August 1991 folgende Vereinbarung abgeschlossen:

1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die elterliche Sorge für die Tochter ...., geb. am 15. März 1976 auf den Antragsgegner (= den Kläger) übertragen werden soll.

2. Der Antragsgegner (= der Kläger) verpflichtet sich, den Unterhalt für die Tochter .... allein aufzubringen und stellt die Antragsgegnerin (= die geschiedene Ehefrau) von Unterhaltsansprüchen der Tochter im Innenverhältnis frei. Der Antragsgegner (= der Kläger) verpflichtet sich darüber hinaus, an den Sohn ...., geb. am 5. Oktober 1971 für die Dauer seiner Ausbildung einen monatlichen, jeweils im Voraus fälligen Unterhalt in Höhe von 470.- DM zu zahlen. Bei dieser Vereinbarung handelt es sich um einen Vertrag zugunsten des Sohnes dergestalt, dass er unmittelbar einen Anspruch gegen seinen Vater (= den Kläger) erwirbt (....)

3. Der Antragsgegner (= der Kläger) verpflichtet sich, an die Antragstellerin (= die geschiedene Ehefrau) als Unterhalt für die Zeit von September 1991 bis Juni 1992 einschließlich einen Betrag von 20.000 DM (2.000.- DM pro Monat) zu zahlen. Dieser Betrag ist insgesamt fällig und zahlbar bis spätestens am 1. Oktober 1991.

Im Übrigen verzichten die Parteien für den Fall der rechtskräftigen Scheidung gegenseitig auf Unterhalt für Vergangenheit und Zukunft einschließlich des Notbedarfs und Vorsorgeunterhalts und nehmen diesen Verzicht gegenseitig an (...)

6. Die Antragstellerin ( = die geschiedene Ehefrau) verpflichtet sich, für die Kalenderjahre 1991 und 1992 bei der Durchführung des begrenzten Realsplittings mitzuwirken. Der Antragsgegner (= der Kläger) verpflichtet sich, die der Antragstellerin (= der geschiedenen Ehefrau) hierdurch entstehenden Steuernachteile auszugleichen.

7. Durch diesen Vergleich sind sämtliche vermögensrechtlichen Ansprüche der Parteien, gleich aus welchem Rechtsgrund abschließend geregelt mit Ausnahme des von Amts wegen durchzuführenden Versorgungsausgleichs.

Mit Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 3. September 1991 wurde die Ehe geschieden, die elterliche Sorge für die Tochter wurde dem Kläger übertragen und zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Klägers gegenüber der Beklagten wurden für seine geschiedene Ehefrau Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung - bezogen auf den 28. Februar 1991 - in Höhe von monatlich 992,64 DM begründet. Entsprechend den getroffenen Vereinbarungen ist dann auch verfahren worden.

Nachdem der Kläger im Rahmen des Personalanpassungsgesetzes zum Ablauf des 30. Juni 2002 in den Ruhestand versetzt worden war und die Wehrbereichsverwaltung Süd mit Bescheid vom 5. Juli 2002 die Versorgungsbezüge des Klägers seit dem 1. Juli 2002 festgesetzt hatte, kürzte die Wehrbereichsverwaltung mit weiterem Bescheid vom 9. Juli 2002, der den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet, diese Versorgungsbezüge nach § 55 c des Soldatenversorgungsgesetzes um monatlich 670,87 €. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass anlässlich der Ehescheidung im Jahre 1991 zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Klägers Rentenanwartschaften zugunsten der geschiedenen Ehefrau begründet worden seien.

Als der Kläger hiergegen einwandte, ihn treffe die Kürzung der Versorgungsbezüge besonders hart, nachdem er seiner geschiedenen Ehefrau nur deshalb nicht unterhaltspflichtig ist, weil er ihr seinerzeit in einem Betrag eine Abfindung gezahlt habe, würdigte die Beklagte dies als Antrag auf Wegfall der Kürzung des Ruhegehalts gemäß § 5 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich und lehnte ihn mit Bescheid vom 22. Juli 2002, der ebenfalls den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet, ab.

Die hiergegen vom Kläger erhobenen Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 11. bzw. 12. März 2003 zurück. Zur Begründung hieß es, Voraussetzung für den Wegfall der Kürzung der Versorgungsbezüge sei, dass der geschiedene Ehegatte gegen den Beamten bzw. Soldaten einen Anspruch auf Unterhalt habe. So liege es hier aber nicht, da der Kläger und seine geschiedene Ehefrau in dem 1991 geschlossenen Vergleich von einer für die Zeit von September 1991 bis Juni 1992 begrenzten Unterhaltspflicht ausgegangen seien und einen weitergehenden Unterhaltsanspruch ausdrücklich verneint hätten; damit habe beim Eintritt des Versorgungsfalls am 1. Juli 2002 kein Anspruch der geschiedenen Ehefrau auf Unterhalt gegenüber dem Kläger bestanden.

Daraufhin hat der Kläger fristgerecht Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen: Entgegen der Auffassung der Beklagten habe seine geschiedene Ehefrau sehr wohl gegen ihn einen Anspruch auf Unterhalt. Dies ergebe sich aus der am 20. August 1991 geschlossenen Vereinbarung. Denn es sei in der Rechtsprechung inzwischen anerkannt, dass ein solcher Anspruch auch bei einer einmaligen Abfindung in Kapital bestehen könne. Bei der seinerzeit getroffenen Regelung sei dabei der vereinbarte Gesamtbetrag in Höhe von 20.000.- DM maßgeblich. Dass darin auch von einer Aufteilung auf die Zeit von September 1991 bis Juni 1992 von monatlich 2.000.- DM die Rede sei, sei demgegenüber unbedeutend. Diese Formulierung sei seinerzeit auf Vorschlag der damaligen Prozessbevollmächtigten der geschiedenen Ehefrau in den Text aufgenommen worden, damit er - der Kläger - für die Veranlagungsjahre 1991 und 1992 die Vorteile des begrenzten Realsplittings nach § 3 des Einkommensteuergesetzes habe nutzen können. Dass dies allein aus steuerlichen Gründen erfolgt sei, werde auch darin deutlich, dass ein Unterhaltsbeitrag in Höhe von monatlich 2.000.- DM den der geschiedenen Ehefrau tatsächlich geschuldeten Unterhalt um ein Mehrfaches überstiegen hätte. Das gelte umso mehr, als die geschiedene Ehefrau nach der Scheidung verpflichtet gewesen sei, selbst erwerbstätig zu werden, Tatsächlich habe sie auch sehr bald eine Teilzeitbeschäftigung aufgenommen, die sie später ausgebaut habe. Von daher sei bei der Ehescheidung abzusehen gewesen, dass sich der geschuldete Unterhalt weiter verringern würde. Andererseits sei bei monatlichen Nettoeinkünften der geschiedenen Ehefrau in Höhe von ca. 1.000.- € deren Unterhaltsanspruch nicht gänzlich entfallen, sondern betrage an sich immer noch ca. 400.- bis 450.- €

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 9. Juli 2002 und den Widerspruchsbescheid der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 11. März 2003 sowie den Bescheid der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 22. Juli 2002 und den Widerspruchsbescheid der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 12. März 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, von der Kürzung seines Ruhegehalts bis zum Beginn einer Rentenleistung an seine geschiedene Ehefrau .... abzusehen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat insbesondere geltend gemacht, dass der geschiedenen Ehefrau seit dem Eintritt des Klägers in den Ruhestand aus tatsächlichen Gründen kein Anspruch auf Unterhalt mehr zustünde. Sie erziele nämlich aus einer Teilzeitbeschäftigung ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.050.- €. Bei einer Vollzeitbeschäftigung ließen sich danach unschwer 1.300.- € erzielen. Angesichts eines solchen Betrages und mit Blick darauf, dass die geschiedene Ehefrau des Klägers keine Berufsausbildung habe, stelle dieses Einkommen ihren angemessenen Lebensbedarf; deshalb benötige sie auch keinen vom Kläger zu erbringenden Aufstockungsunterhalt.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 9. Juli 2003 abgewiesen. Es hat sich die in dem Widerspruchsbescheid vertretenden Rechtsauffassung zu eigen gemacht und darüber hinaus ausgeführt, dass die Höhe der vereinbarten Abfindung in einem eklatanten Missverhältnis zu der vom Kläger gegenwärtig hypothetisch angenommenen Unterhaltspflicht in Höhe von etwa 400.- € stehe. Deshalb sei die Vereinbarung vom 20. August 1991 so zu verstehen, dass die geschiedene Ehefrau des Klägers ab einem bestimmten Zeitpunkt - der nicht weiter ermittelt werden müsse, aber jedenfalls vor der Versetzung des Klägers in den Ruhestand zum 1. Juli 2002 liege - auf Unterhalt verzichtet habe, ohne hierfür durch die Abfindung eine Gegenleistung erhalten zu haben. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger und seine geschiedene Ehefrau nicht allein eine Abfindungsvereinbarung getroffen hätten, sondern einen Gesamtvergleich getroffen hätten, der Unterhalt und Personensorge für die Tochter und den Sohn einschließlich der für die Kinder zustehenden Zuwendungen von Dritten ebenso eingeschlossen habe wie Feststellungen über den Hausrat, Übernahme der Vergleichskosten und Mitwirkung bei der Durchführung des begrenzten Realsplittings. Deshalb lege die Vereinbarung den Schluss nahe, dass jedenfalls die Zahlung der Abfindung nicht allein die geschiedene Ehefrau zur Abgabe ihrer unbegrenzten Verzichtserklärung veranlasst habe.

Dem hiergegen gestellten Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat der Senat stattgegeben.

Mit der Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein bisheriges Vorbringen und macht insbesondere geltend, dass auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts solche vergleichsweise getroffenen Abfindungen sich nicht auf einen begrenzten Zeitraum sondern vielmehr auf die weitere Zukunft erstreckten. Eine Ausnahme sei nur zu machen, wenn sich besondere Anhaltspunkte ergäben. Hieran fehle es aber. Insbesondere ergäben sich solche nicht aus der Höhe der vereinbarten Abfindung. Denn diese müsse nicht auf einer quasi versicherungsmathematischen Berechnung beruhen, sondern werde in der Regel auch von anderen Erwägungen bestimmt sein, ohne daraus einen Verzicht des Berechtigten auf ein Äquivalent der Abfindung herleiten zu können. Dabei sei der vom Verwaltungsgericht besonders hervorgehobene Umstand, dass die Vereinbarung auch noch Weiteres als den Abfindungsbetrag regele, unerheblich. Das spreche nicht gegen die Annahme, der Abfindungsbetrag sei zur Abfindung des Unterhaltsanspruchs der geschiedenen Ehefrau gedacht gewesen. Zu prüfen sei lediglich, ob die Abfindung einen an sich sonst rechtlich fortbestehenden - und bis heute verbliebenen - Unterhaltsanspruch beseitigt habe. Letzteres sei hier aber der Fall, da der Kläger den beiden Kindern nicht mehr unterhaltspflichtig sei und für Fälle der vorliegenden Art geänderte Anrechnungsvorschriften gelten würden.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung nach seinem Klageantrag erster Instanz zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des Sach- und Streitstandes in allen Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Schriftstücke sowie auf die das Verfahren betreffenden Verwaltungs- und Widerspruchsvorgänge Bezug genommen. Diese lagen dem Senat vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.

Das Verwaltungsgericht hätte die Klage nicht abweisen dürfen, denn er hat einen Anspruch auf Gewährung seiner Versorgungsbezüge in ungekürzter Höhe. Es trifft zwar zu, dass seine Versorgungsbezüge gemäß § 55 c Abs. 1 Satz 1 des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) wegen der durch das Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - A.... vom 3. September 1991 zugunsten der geschiedenen Ehefrau des Klägers begründeten Rentenanwartschaften im Grundsatz zu kürzen sind, jedoch greift vorliegend eine Ausnahme hiervon ein. Eine solche ist in § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) vorgesehen, und deren Voraussetzungen liegen entgegen der Auffassung der Beklagten und des Verwaltungsgerichts hier auch vor.

Nach dieser Bestimmung wird die Versorgung des Verpflichteten solange nicht gekürzt, wie der Berechtigte aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine Rente erhalten kann und er gegen den Verpflichteten einen Anspruch auf Unterhalt hat. Da die geschiedene Ehefrau des Klägers seit der Gewährung der Versorgungsbezüge an den Kläger, also ab dem 1. Juli 2002, und bis zum heutigen Zeitpunkt aus den durch Urteil des Familiengerichts begründeten Rentenanwartschaften keine Rente erhalten kann, kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreit nur noch darauf an, ob sie gegen den Kläger einen Anspruch auf Unterhalt i. S. d. § 5 Abs. 1 VAHRG hat. Das ist zu bejahen.

Dabei ist es unschädlich, dass der Kläger seiner geschiedenen Ehefrau seit dem 1. Juli 2002 keinen Unterhalt in monatlichen Zahlungen erbringt. Solche monatlichen Leistungen sind nämlich nach dem Sinn und Zweck des § 5 Abs. 1 VAHRG nicht zwingend erforderlich, vielmehr reicht es für einen "Anspruch auf Unterhalt" aus, wenn eine Unterhaltspflicht besteht - die dann im Wege der Kapitalabfindung vorab erfüllt wurde mit der Folge, dass der Unterhaltsberechtigte für die Zukunft auf Unterhalt verzichtet. Denn die Vorschrift soll als Härteregelung eine Doppelbelastung des Versorgungsempfängers aufgrund der Unterhaltspflicht einerseits sowie der Kürzung der Versorgungsbezüge andererseits während eines Zeitraums vermeiden, innerhalb dessen der durch den Versorgungsausgleich Begünstigte aus der Anwartschaft noch nicht leistungsberechtigt ist. Eine solche Doppelbelastung des Verpflichteten besteht aber auch dann, wenn er seine (aktuelle) Unterhaltspflicht im Wege der Kapitalabfindung vorab erfüllt hat. Dies entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung sowohl des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 126, 202 [206 f]), als auch des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwGE 109, 231 [233 f.]), wie auch des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom 8. Dezember 1993, NJW 1993, S. 2374 f.).

Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten handelt es sich bei der zwischen dem Kläger und seiner geschiedenen Ehefrau am 20. August 1991 getroffenen Vereinbarung auch um eine Kapitalabfindung für den gesamten nachehelichen Unterhalt - und nicht etwa um die Zahlung laufenden Unterhalts allein für die Zeit vom 1. September 1991 bis zum 30. Juni 1992. Zwar sieht die vertragliche Regelung für diese zehn Monate Zahlungen vor, jedoch sind dies keine Unterhaltszahlungen für die zehn Monate, sondern Ratenzahlungen auf die Kapitalabfindung. Das ergibt sich für den Senat hinreichend deutlich aus den Gesamtumständen.

So fällt zunächst ins Gewicht, dass Ziffer 3 der Vereinbarung vom 20. August 1991 nicht eigentlich eine (monatliche) Unterhaltszahlung regelt, sondern die Zahlung eines "Betrages von 20.000.- DM" "als Unterhalt". Es kommt hinzu, dass dieser Betrag von 20.000.- DM "insgesamt fällig und zahlbar bis spätestens am 1. Oktober 1991" sein sollte und der Kläger - nach seinem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen - diesen Gesamtbetrag in Höhe von 20.000.- DM seinerzeit auch bis zum 1. Oktober 1991 tatsächlich gezahlt hatte. An dieser Einschätzung vermag auch nichts zu ändern, dass die Vereinbarung die Zahlung eines Betrages von monatlich 2.000.- DM vorsah. Denn abgesehen davon, dass eine solche Aufteilung von den Parteien der Vereinbarung in Wirklichkeit nicht gewollt und auch gar nicht praktiziert wurde, diente diese Regelung erkennbar dazu, steuerliche Vorteile auszunutzen. Sie setzte nur die Empfehlungen, wie sie in einschlägigen Handbüchern zur vorteilhaften Vertragsgestaltung gegeben werden, in die Tat um. Solche Abfindungsbeträge können nämlich als Sonderausgaben im Wege des begrenzten Realsplittings abgesetzt werden, allerdings nur für das Kalenderjahr, in dem der Betrag geleistet worden ist. Bei einer Abfindungssumme, die den gesetzlichen kalenderjährlichen Sonderausgaben-Höchstbetrag überschreitet, wird deshalb empfohlen, die Zahlung der Abfindung in Raten auf mehrere Kalenderjahre zu verteilen (vgl. z.B. Göppinger u.a.: Vereinbarungen anlässlich der Ehescheidung. Die vertragliche Regelung der zivil-, steuer- und sozialrechtlichen Folgen, 7. Aufl., München 1998, Rdnr. 254 m.w.N.; Schwab [Hg.]: Handbuch des Scheidungsrechts, München 2000, Rdnr. 841). Dass der Kläger und seine geschiedene Ehefrau bei Abschluss der Vereinbarung gerade auch an diese steuerlichen Vorteile dachten, ergibt sich im Übrigen aus der Regelung unmittelbar, verpflichtete sich die geschiedene Ehefrau des Klägers doch in Ziffer 6 sogar ausdrücklich, "für die Kalenderjahre 1991 und 1992 bei der Durchführung des begrenzten Realsplittings mitzuwirken".

Es kommt hinzu, dass die Höhe und die Dauer der vereinbarten monatlichen Geldleistungen gegen die Annahme spricht, damit solle der laufenden monatlichen Unterhaltspflicht des Klägers genügt werden. Denn wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers schon im erstinstanzlichen Verfahren für den Senat überzeugend dargelegt hat, hatte die geschiedene Ehefrau nach Lage der Dinge gegenüber dem Kläger damals bei weitem keinen Anspruch auf Unterhalt in Höhe von monatlich 2.000.- DM. Das stellt auch die Beklagte nicht in Abrede und bedarf deshalb keiner weiteren Erörterung. Nur am Rande sei erwähnt, dass auch die vertraglich vorgesehene Einstellung der Zahlung mit Ablauf des Monats Juni 1992 anderenfalls unverständlich wäre. Denn hätten dies tatsächlich konkrete monatliche Unterhaltszahlungen sein sollen, ist nicht plausibel, warum sie mit Ablauf dieses Monats eingestellt werden sollten. Stattdessen erklärt sich die Einstellung der Zahlungen zu diesem Zeitpunkt nachvollziehbar daraus, dass damit rechnerisch der Abfindungsbetrag von 20.000.- DM erreicht war.

Handelt es sich bei der unter Ziffer 3 der Vereinbarung vom 20. August 1991 getroffenen Regelung um eine Kapitalabfindung, so stellt sich dann allerdings noch die von der Vorinstanz bejahte weitere Frage, ob nicht mit der Abfindung Unterhaltszahlungen nur für einen begrenzten Zeitraum abgegolten werden sollten, während sich die Verzichtserklärung auch auf die weitere Zukunft erstreckt. Diese Regelungsmöglichkeit ist in der Tat nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ebenfalls in Betracht zu ziehen (vgl. etwa: BVerwGE 109, 235). Es müssen aber besondere Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass mit der Abfindung Unterhaltszahlungen nur für einen begrenzten Zeitraum abgegolten werden, während sich die Verzichtserklärung auch auf die weitere Zukunft erstrecken soll. Denn die Parteien eines Abfindungsvergleichs gehen im Allgemeinen von einer zeitlich unbegrenzten Unterhaltspflicht aus (so ausdrücklich: BVerwGE, a.a.O. unter Hinweis auf BGHZ 126, 202 [207]).

Solche Anhaltspunkte und ein solcher Ausnahmefall sind in der dem Senat bekannten Rechtsprechung bislang nicht festgestellt worden. In der genannten Entscheidung hat der Bundesgerichtshof einen solchen Ausnahmefall mit dem Hinweis verneint, die Vertragsparteien hätten einen umfassenden Unterhaltsvergleich geschlossen, mit dem die geschiedene Ehefrau für Vergangenheit und Zukunft, auch für den Fall der Not, auf Unterhalt verzichtet hat. Legt man diese Rechtsprechung zugrunde, ist hier ohne weiteres ein Ausnahmefall zu verneinen, haben der Kläger und seine geschiedene Ehefrau doch ebenfalls einen solchen umfassenden Unterhaltsvergleich geschlossen.

Nicht entscheidend restriktiver ist die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. In der genannten Entscheidung spricht es lediglich noch die Höhe und den Umfang der Kapitalabfindung an. Es stellt hierzu fest, allein der Umfang der geleisteten Abfindung könne die Schlussfolgerung nicht zu rechtfertigen, dass die Abfindung nur einen begrenzten Zeitraum erfassen sollte, während der Verzicht für alle Zukunft erklärt worden sei. Die Höhe der vereinbarten Abfindung müsse nämlich nicht auf einer quasi "versicherungsmathematischen Berechnung" beruhen, sondern werde in der Regel auch von anderen Erwägungen bestimmt sein, ohne daraus einen Verzicht des Berechtigten ohne eine äquivalente Abfindung herleiten zu können.

Allenfalls ist hiernach weiter zu prüfen, ob die Abfindung für den Verzicht auf den zeitlich unbegrenzten Unterhaltsanspruch kein irgendwie geartetes Äquivalent bildet - wobei es nicht auf eine "versicherungsmathematische Betrachtungsweise", sondern auf die gesamten Umstände des Falles ankommt. Dabei neigt der Senat zu einer zurückhaltenden, restriktiven Prüfung einer solchen Äquivalenz. Denn inmitten des verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreits steht eine privatrechtliche Vereinbarung zweier scheidungswilliger Vertragsparteien. Deren Privatautonomie ist zu beachten und zu berücksichtigen, dass beide Vertragsparteien gegensätzliche Interessen haben. So muss es das Ziel der Berechtigten - im vorliegenden Fall der geschiedenen Ehefrau des Klägers - sein, einen möglichst hohen Unterhalt und damit eine möglichst hohe Kapitalabfindung zu erhalten, während es dem Verpflichteten - hier dem Kläger - darum gehen muss, einen möglichst geringen Unterhalt und eine kleine Kapitalabfindung zu bezahlen. Es kommt hinzu, dass vernünftigerweise auszuschließen ist, dass dabei beide Vertragsparteien etwa kollusiv zum Nachteil eines Dritten, hier der Beklagten, handeln. Denn der Vorteil, den der Verpflichtete aus dem Unterbleiben der Kürzung seiner Versorgungsbezüge zieht, kommt allenfalls der Berechtigten unwesentlich zugute. Im Übrigen darf nicht verkannt werden, dass eine solche Vereinbarung sehr risikobehaftet ist. Bei ihr geht es nämlich auch um den Eintritt und die Bewertung zukünftiger Umstände. Der Anspruch auf Zahlung laufender Unterhaltszahlungen kann nämlich in Zukunft tatsächlich erheblich früher als auch später entfallen. Außerdem muss man sehen, dass nach Leistung der vereinbarten Abfindung spätere Änderungen der Verhältnisse nicht mehr geltend gemacht werden können. Letztlich sieht das Zivilrecht eine eigenständige Kontrollmöglichkeit solcher Vereinbarungen vor, indem auch sie an den guten Sitten zu messen sind und ein Verstoß hiergegen sie gemäß § 138 BGB nichtig machen.

Angesichts einer solchen eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolldichte kann man in der Vereinbarung vom 20. August 1991 bzw. in der Regelung der Kapitalabfindung in dessen Ziffer 3 keinen Verstoß gegen die guten Sitten i.S.d. § 138 BGB annehmen. Davon sind weder der Kläger und seine geschiedene Ehefrau noch die Beklagte und auch nicht das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil ausgegangen, so dass dies hier nicht weiter erörtert zu werden braucht.

Unabhängig davon wird diese Einschätzung aber auch bestätigt, wenn man die Vereinbarung gleichwohl noch weiter untersucht. Auch eine solche - an sich nach den obigen Ausführungen schon zu weit gehende - Prüfung ergibt nämlich, dass die Vereinbarung nicht unangemessen nachteilig für die Ehefrau war.

Bei dieser Würdigung ist von der Situation bei Abschluss der Vereinbarung, also von der im August 1991, und nicht etwa von den heutigen Verhältnissen auszugehen. Einzustellen ist weiterhin, dass eine solche Vereinbarung - wie dargelegt - sehr risikobehaftet ist. Basis für die Höhe der Kapitalabfindung ist etwa der nach der Ehescheidung bestehende nacheheliche Unterhaltsanspruch, den der Berechtigte im Falle der Zahlung einer laufenden monatlichen Geldrente haben würde. Als Rechnungsfaktoren wären dann weitere Umstände, die in Zukunft ggf. den Anspruch auf Zahlung einer Geldrente ändern oder sogar ganz in Wegfall bringen könnten, zu bedenken, wie z.B. die voraussichtliche Entwicklung der Bedürftigkeit des Berechtigten und der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten, der Zeitpunkt der Wiedereingliederung des Berechtigten in das Berufsleben, Alter der vom Berechtigten zu betreuenden Kinder; die Aussicht auf eine Wiederheirat des Berechtigten, die Lebenserwartung des Berechtigten sowie die Zinsen und Zinseszinsen aus der Abfindungssumme und anderes mehr (vgl. zu diesen Erwägungen: Göppinger u.a.: Vereinbarungen anlässlich der Ehescheidung, a.a.O., Rdnrn. 249 f.).

Stellt man diese Faktoren hier ein, so kann keine Rede davon sein, dass die Kapitalabfindung in Höhe von 20.000.- DM seinerzeit in einem eklatanten Missverhältnis zu der Unterhaltspflicht des Klägers stand. Denn schon mit der Scheidung konnte die geschiedene Ehefrau des Klägers eine (Teilzeit-)Beschäftigung aufnehmen. Das hat sie nach der unwidersprochen gebliebenen Darstellung des Klägers auch getan und alsbald den Umfang dieser Tätigkeit erweitert. Hierzu bestand auch Anlass und Möglichkeit, war der Sohn .... doch inzwischen erwachsen und hatte der Kläger das Sorgerecht für die Tochter .... zugesprochen erhalten sowie sich in der Vereinbarung vom 20. August 1991 verpflichtet, deren Unterhalt allein aufzubringen und die geschiedene Ehefrau von Unterhaltsansprüchen der Tochter im Innenverhältnis frei zu stellen. Wegen der tatsächlich aufgenommenen und gebotenen Berufstätigkeit der geschiedenen Ehefrau des Klägers war ihr nachehelicher Unterhaltsanspruch gegenüber dem Kläger von vornherein nicht sehr hoch. Vor allem muss man sehen, dass die geschiedene Ehefrau des Klägers für beide Kinder kein Sorgerecht besaß und auch von jeglichen Ansprüchen der Kinder ihr gegenüber freigestellt war. Andererseits hatte der Kläger nicht nur das Sorgerecht für die Tochter übertragen erhalten, sondern ihr auch noch Unterhalt sowie für den Sohn für die Dauer dessen Ausbildung einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 480.- DM zu gewähren. Dabei wird man die Leistungsfähigkeit des Klägers nicht als besonders hoch ansehen können, da er zum Zeitpunkt der Ehescheidung ersichtlich Oberleutnant (Besoldungsgruppe A 10) und eine wesentliche berufliche Förderung nicht mehr zu erwarten war; tatsächlich ist der Kläger dann (nur noch) zum Hauptmann (Besoldungsgruppe A 11) befördert worden und als solcher in den Ruhestand getreten.

Einzustellen ist in diese Betrachtung noch, dass die geschiedene Ehefrau des Klägers zum Zeitpunkt der Ehescheidung erst 37 Jahre alt war und sie mit den einzelnen Regelungen in der Vereinbarung vom 20. August 1991 gleichsam einen Schlussstrich unter die Ehe mit dem Kläger hat ziehen können und auch tatsächlich gezogen hat. Gerade auch mit der Kapitalabfindung war es ihr möglich, ein "neues Leben" zu beginnen und neben der bereits begonnenen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben etwa auch eine Wiederheirat in Erwägung zu ziehen. Danach sollte die Kapitalabfindung für die geschiedene Ehefrau des Klägers eher eine Chance für einen Neuanfang sein als eine lebenslange Versorgung.

Schließlich darf die Art des Zustandekommens der Vereinbarung vom 20. August 1991 nicht außer Betracht bleiben. Treibende Kraft für deren Abschluss überhaupt war nämlich nicht der Kläger, sondern seine geschiedene Ehefrau und/oder deren Prozessbevollmächtigte im Scheidungsverfahren. Diese hat bzw. haben auch den Text der Vereinbarung wesentlich bestimmt, während der Kläger, der in diesem Verfahren seinerzeit nicht anwaltlich vertreten war, eher der passive und duldendere Vertragspartner war.

Dies alles zusammen genommen verbietet erst recht die Annahme, die Abfindungsvereinbarung habe hier ausnahmsweise nur einen zeitlich begrenzten Unterhaltsanspruch betreffen sollen.

Es ist abschließend lediglich mit Blick auf den in § 5 Abs. 1 VAHRG verwendeten Begriff "solange", der sich nicht nur auf den Erhalt der Rente, sondern auch auf den Unterhaltsanspruch bezieht, zu fragen, ob die Unterhaltspflicht des Klägers - ohne Berücksichtigung der Abfindungszahlung und der Verzichterklärung - aus sonstigen Gründen bereits bei Eintritt in den Ruhestand erloschen ist. Aber auch dies ist zu verneinen. Ein solcher Fall, etwa weil ein Dritter der geschiedenen Ehefrau des Klägers gegenüber unterhaltspflichtig ist oder weil sie nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht mehr des Unterhalts bedarf, wird von der Beklagten im Berufungsverfahren nicht (mehr) geltend gemacht. Auch von daher hat der Senat keinen Anlass, die Berechnung des Klägers, wonach seine geschiedene Ehefrau ihm gegenüber an sich einen Unterhaltsanspruch in der Größenordnung von 400 € besitze, grundlegend in Zweifel zu ziehen. Diese Regelung des § 5 Abs. 1 VAHRG hat letztlich - was klarstellend zu bemerken ist - zur Folge, dass dieses Urteil unter dem Vorbehalt steht, dass die "Solange"-Voraussetzungen der genannten Bestimmung weiterhin vorliegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO.

Die Revision ist nicht zugelassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 17 Abs. 3 und 4, 14 GKG auf 30.189,15 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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