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Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 19.07.2006
Aktenzeichen: 10 B 10750/06.OVG
Rechtsgebiete: StVG, VwGO
Vorschriften:
StVG § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 | |
StVG § 4 Abs. 7 S. 2 | |
StVG § 29 Abs. 6 S. 3 | |
VwGO § 79 Abs. 1 S. 1 | |
VwGO § 80 Abs. 5 |
Zur Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO, wenn sich der Punktestand im Verwaltungsverfahren auf weniger als 18 Punkte verringert hat und der Widerspruchsbescheid noch aussteht.
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ BESCHLUSS
10 B 10750/06.OVG
In dem Verwaltungsrechtsstreit
wegen Entziehung der Fahrerlaubnis
hier: aufschiebende Wirkung
hat der 10. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 19. Juli 2006, an der teilgenommen haben Vizepräsident des Oberverwaltungsgerichts Steppling Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Falkenstett Richter am Oberverwaltungsgericht Möller
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz vom 6. Juni 2006 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- € festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Aus den von der Beschwerde dargelegten Gründen ist die angegriffene Entscheidung nicht abzuändern oder aufzuheben (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO).
Allerdings erscheint es dem Senat ernstlich zweifelhaft, ob der Kammer und dem in der angegriffenen Entscheidung hierzu angeführten Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 17. Februar 2005 (10 S 2875/04 = DÖV 2005, 746) darin gefolgt werden kann, dass eine auf § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG gestützte Entziehung der Fahrerlaubnis auch noch im Zeitpunkt - des hier allerdings noch ausstehenden - Erlasses des Widerspruchsbescheides rechtmäßig ist, wenn bis dahin wegen zwischenzeitlich eingetretener Tilgungsreife sich der Punktestand auf weniger als 18 Punkte verringert hat. Gegen die Richtigkeit dieser Auffassung spricht nicht nur die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach es im Entziehungsverfahren für die Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen auf die Sach- und Rechtslage bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens, regelmäßig also bei Erlass des Widerspruchsbescheides, ankommt (BVerwGE 99, 249 [250] m.w.N.). Vor allem steht ihr die Überlegung entgegen, dass Gegenstand einer etwaigen späteren Anfechtungsklage in der Hauptsache allein die das Verwaltungsverfahren erst endgültig abschließende letzte Verwaltungsentscheidung ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns kann dann aber auch allein der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids, der dem Verwaltungsakt erst die für den Prozess entscheidende Gestalt gibt, sein (vgl. § 79 Abs. 1 Satz 1 VwGO und gerade für den Fall des § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG Bode/Winkler, Fahrerlaubnis, 4. Aufl., § 11 Rn. 122 m.w.N. sowie Urteil des VG Augsburg vom 24. Januar 2006, zfs 2006, 292; vgl. auch Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 6. Aufl., § 24 Rn. 7 und 8).
Aber auch wenn man danach zusammen mit dem Beschwerdeführer davon ausgeht, dass sich die Rechtmäßigkeit einer auf § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG gestützten Entziehung der Fahrerlaubnis nach dem Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung beurteilt, muss die im vorliegenden Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu treffende Interessenabwägung vor dem insoweit durchaus bedeutsamen Hintergrund, dass der Gesetzgeber die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG selbst für sofort vollziehbar erklärt hat (§ 4 Abs. 7 Satz 2 StVG), zu Lasten des Beschwerdeführers ausfallen. Letzte Behördenentscheidung ist nämlich derzeit allein der Ausgangsbescheid vom 27. April 2006, der nach dem damals erreichten Punktestand von Gesetzes wegen zwingend hat ergehen müssen und von daher offensichtlich rechtmäßig ist. Zwar hat sich der Punktestand des Beschwerdeführers zwischenzeitlich am 25. Juni 2006 wegen Ablaufs der Fünfjahresfrist des § 29 Abs. 6 Satz 3 StVG um 3 Punkte verringert. Mit Blick auf die bisherige zeitliche Abfolge der vom Beschwerdeführer begangenen Verkehrsverstöße lässt sich indessen nicht mit der zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erforderlichen Sicherheit absehen, ob die danach eingetretene Verringerung der Punktezahl auch im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides noch fortbestehen wird (vgl. hierzu auch Bode/Winkler, a.a.O., § 11 Rn. 123).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Entscheidung über die Höhe des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1, 47 GKG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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