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Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 23.01.2009
Aktenzeichen: 10 B 11145/08.OVG
Rechtsgebiete: Richtlinie 91/439/EWG, FeV
Vorschriften:
Richtlinie 91/439/EWG Art. 1 | |
Richtlinie 91/439/EWG Art. 1 Abs. 2 | |
Richtlinie 91/439/EWG Art. 7 | |
Richtlinie 91/439/EWG Art. 7 Abs. 1 | |
FeV § 28 | |
FeV § 28 Abs. 1 | |
FeV § 28 Abs. 4 Nr. 2 | |
FeV § 28 Abs. 4 Nr. 3 | |
FeV § 28 Abs. 4 | |
FeV § 28 Abs. 5 |
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ BESCHLUSS
10 B 11145/08.OVG
In dem Verwaltungsrechtsstreit
wegen Fahrerlaubnis
hier: einstweilige Anordnung
hat der 10. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 23. Januar 2009, an der teilgenommen haben
Vizepräsident des Oberverwaltungsgerichts Steppling Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Falkenstett Richter am Oberverwaltungsgericht Möller
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt/Wstr. vom 24. September 2008 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- € festgesetzt.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Der Antragsteller kann nicht die vorläufige Feststellung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO beanspruchen, dass er berechtigt sei, von der am 30. März 2006 in der tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis auf dem Gebiet der Bundesrepublik Gebrauch zu machen. Dies folgt daraus, dass er diese Fahrerlaubnis - wie sich aus der in ihr enthaltenen Eintragung seines deutschen Wohnsitzes ergibt - unter offenbarer Verletzung des Wohnsitzerfordernisses erlangt hat.
Dabei geht der Senat auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs davon aus, dass die Ausstellung einer EU-Fahrerlaubnis für den Ausstellungsstaat die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit seiner Entscheidung begründet und die übrigen Mitgliedstaaten auf diese Rechtmäßigkeit zu vertrauen haben (vgl. dazu Urt. des Senates vom 31. Oktober 2008 - 10 A 10851/08.OVG -). Damit in Übereinstimmung sieht § 28 Abs. 1 FeV vor, dass die Inhaber einer solchen EU-Fahrerlaubnis grundsätzlich auch im Bundesgebiet Kraftfahrzeuge führen dürfen. Soweit nach § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV eine entsprechende Berechtigung dann nicht gilt, wenn der Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis im Zeitpunkt ihrer Erteilung seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Ausstellerstaat, sondern in der Bundesrepublik hatte, hat der Europäische Gerichtshof bereits in seinem grundlegenden Urteil vom 29. April 2004 - C-476/01 (Kapper) - auf die ihm in jenem Verfahren seinerzeit vorgelegte erste Frage entschieden, dass dieser Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis vom Heimatstaat nicht berücksichtigt werden dürfe, wenn es sich insoweit um lediglich von ihm selbst herrührende Informationen handele. Sodann hatte der Europäische Gerichtshof auf die ihm damals außerdem vorgelegte zweite Frage weiter entschieden, dass dieser Anerkennungsgrundsatz abweichend von § 28 Abs. 4 Nr. 3 und Abs. 5 FeV auch dann gelte, wenn vom Heimatstaat auf den Inhaber einer solchen EU-Fahrerlaubnis zuvor eine Maßnahme der Entziehung angewandt worden war und aus der Sicht des Heimatstaates die zu dieser Maßnahme führenden Eignungsmängel weiterhin fortbestehen. In seinen nachfolgenden Urteilen vom 6. April 2006 - C 277/05 (Halbritter) - bzw. vom 28. September 2006 - C 340/05 (Kremer) - hatte sich der Gerichtshof gemäß den ihm unterbreiteten Vorlagefragen darauf beschränkt, seine Rechtsauffassung lediglich im Hinblick auf die zweite der beiden Vorlagefragen des Verfahrens "Kapper" weiter zu verdeutlichen. Entsprechend verhält es sich nunmehr auch insoweit als der Gerichtshof in seinen Urteilen vom 26. Juni 2008 - C 329/06 (Wiedemann) - und C-343/06 (Funk) - klargestellt hat, dass der von ihm entwickelte Anerkennungsgrundsatz dann nicht gelte, wenn auf der Grundlage von Angaben in dem EU-Führerschein selbst oder anderen vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststeht, dass sein Inhaber, auf den zuvor eine Maßnahme der Entziehung angewandt worden war, zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Führerscheins seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellungsstaates, sondern im Heimatstaat hatte.
Allerdings ist aus der Sicht des Senates daraus nicht etwa zu folgern, wie der Antragsteller meint, dass diese Klarstellung mithin auch den vorliegenden Sachverhalt, bei dem keine solche Fahrerlaubnisentziehung vorausgegangen war, nicht betrifft. Dies muss schon deshalb gelten, weil sich der Europäische Gerichtshof in den beiden zuletzt genannten Urteilen ersichtlich gerade eben und sogar vorrangig mit den Fragen befasst hat, wie sie im Verfahren "Kapper" Gegenstand der ersten Vorlagefrage waren, indem er nunmehr die von ihm seinerzeit gegebene, sich mit dem Gesichtspunkt der Verletzung des Wohnsitzerfordernisses ergangene Antwort dahin ergänzt hat, dass der Anerkennungsgrundsatz dann allerdings nicht gilt, wenn die diesbezüglichen Erkenntnisse entweder aus Eintragungen in dem Führerschein selbst oder anderen vom Herkunftsstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen beruhen. Demgemäß hat der Senat denn auch bereits entschieden (vgl. Beschlüsse vom 14. November 2008 - 10 B 11065/08.OVG u. a. - m. w. N.), dass die vom Europäischen Gerichtshof nunmehr herausgestellte Nichtanerkennungsbefugnis bedeutet, dass im Bundesgebiet weiterhin die rechtssatzmäßig getroffenen Regelungen nicht nur des § 28 Abs. 4 Nr. 3 i. V. m. Abs. 5 FeV, sondern ebenso die des § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV zur Anwendung kommen, so dass die im Ausstellungsstaat solchermaßen unter offenbarer Verletzung des Wohnsitzerfordernisses erworbene Fahrerlaubnis hier bereits von Gesetzes wegen keine Wirkung entfaltet. Diese Auslegung sieht der Senat zudem dadurch bestätigt, dass der Verordnungsgeber unter dessen mittels der 3. Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 7. Januar 2009 (BGBl. I, S. 29) in Bezug auf gerade diese Bestimmung ausdrücklich klargestellt hat, dass die Berechtigung des § 28 Abs. 1 FeV zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet nicht für solche Inhaber von EU-Fahrerlaubnissen gilt, die "ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland" hatten.
Aus alledem folgt, dass die in Tschechien ausgestellte EU-Fahrerlaubnis dem Antragsteller keine Berechtigung zur Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr verleiht. Ebenso lässt sich vor dem aufgezeigten Hintergrund überdies auch nicht etwa erkennen, dass dem Antragsteller eine solche Berechtigung über ein Antragsverfahren nach Maßgabe des § 28 Abs. 5 FeV zuerkannt werden müsste. Dies muss schon deshalb gelten, weil in Fällen der vorliegenden Art, in denen der Anerkennungsgrundsatz nach Maßgabe des § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV nicht greift, ein solches Antragsverfahren nicht vorgesehen ist, woran überdies auch die erwähnte Neuregelung nichts geändert hat.
Nur am Rande sei erwähnt, dass sich im vorliegenden Zusammenhang auch nicht deshalb eine dem Antragsteller günstigere Betrachtungsweise ergibt, weil das Wohnsitzerfordernis bis zum 30. Juni 2006 noch gar nicht in Tschechien gegolten habe und von daher auch nicht verletzt worden sein könne. Insofern hat der Senat vielmehr in den schon genannten Beschlüssen vom 14. November 2008 a. a. O. ebenfalls bereits entschieden, dass dieses Erfordernis für die mit Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG den Mitgliedstaaten als klare und unbedingte keinen Ermessensspielraum einräumende Verpflichtung auferlegte Anerkennung der EU-Fahrerlaubnis durch die Mitgliedstaaten sich unmittelbar aus Art. 7 Abs. 1 Buchst. b) dieser Richtlinie selbst ergibt sowie dass im Übrigen aber auch die beiden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 26. Juni 2008 - C-329/06 und C-343/06 - ebenfalls tschechische Fahrerlaubnisse aus der Zeit vor dem 1. Juli 2006 betrafen, ohne dass dieser auf die mangelnde Aufnahme des Wohnsitzerfordernisses in das tschechische Fahrerlaubnisrecht im Zeitpunkt deren Erteilung eingegangen war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 und Abs. 2, 47 GKG i. V. m. Nrn. 1.5 und 46 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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