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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 11.05.2004
Aktenzeichen: 12 A 10307/04.OVG
Rechtsgebiete: LAbwAG


Vorschriften:

LAbwAG F. 1993 § 6
LAbwAG F. 1993 § 6 Abs. 4
LAbwAG F. 1993 § 7
LAbwAG F. 1993 § 7 Abs. 4
LAbwAG F. 1993 § 11
LAbwAG F. 1993 § 11 Abs. 1
LAbwAG F. 1993 § 13
LAbwAG F. 1993 § 13 Abs. 4
LAbwAG F. 1993 § 13 Abs. 4 S. 1
LAbwAG F. 1993 § 13 Abs. 4 S. 2
LAbwAG F. 1993 § 13 Abs. 4 S. 2 Hs. 1
LAbwAG F. 1993 § 13 Abs. 4 S. 2 Hs. 2
LAbwAG F. 1980 § 12
Die dreijährige Festsetzungsfrist des § 13 Abs. 4 Satz 1 LAbwAG beginnt in den Fällen der Abgabeerklärung nach § 11 Abs. 1 LAbwAG gemäß § 13 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz LAbwAG mit der Vorlage einer den Anforderungen des § 11 Abs. 3 LAbwAG entsprechenden Abgabeerklärung.
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ BESCHLUSS

12 A 10307/04.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Abwasserabgabe

hier: Zulassung der Berufung

hat der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 11. Mai 2004, an der teilgenommen haben Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Wünsch Richter am Oberverwaltungsgericht Geis Richter am Verwaltungsgericht Müller-Rentschler beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Beklagten, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 17. Dezember 2003 - 1 K 1632/03.NW - zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 156.999,00 € festgesetzt.

Gründe:

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist nicht begründet.

Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Festsetzungen anteiliger Abwasserabgaben für Niederschlagswassereinleitungen aus öffentlicher Kanalisation sowie für Schmutzwasser aus Kleineinleitungen wegen Ablaufs der dreijährigen Festsetzungsfrist des § 13 Abs. 4 Satz 1 des Landesgesetzes zur Ausführung des Abwasserabgabengesetzes - AbwAG - (Landesabwasserabgabengesetz - LAbwAG -) vom 22. Dezember 1980 (GVBl. S. 258) rechtswidrig sind. Die hiergegen gerichteten Angriffe im Zulassungsantrag greifen nicht durch.

a) Nach § 13 Abs. 4 Satz 2 LAbwAG beginnt die Festsetzungsfrist mit dem Ablauf des Veranlagungszeitraums, im Falle der Abgabeerklärung nach § 11 mit der Vorlage der Erklärung. Eine teleologische Ergänzung des § 13 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz LAbwAG - etwa dahin, dass die Festsetzungsfrist nur dann mit der Vorlage der Abgabeerklärung nach § 11 LAbwAG beginnt, wenn diese nach Ablauf des Veranlagungsjahres vorgelegt wird - kommt nicht in Betracht. Dafür, dass der Gesetzgeber es anlässlich der Ersetzung der Vorlagefrist des früheren § 12 Abs. 2 LAbwAG durch die heutige Regelung in § 11 Abs. 1 LAbwAG im Änderungsgesetz vom 24. September 1993 (GVBl. S. 473) versehentlich unterlassen haben könnte, die Regelung des Beginns der Festsetzungsfrist in der von der Beklagten für notwendig erachteten Weise zu ändern, ist nichts ersichtlich. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 13 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz LAbwAG hat der Gesetzgeber für die Fälle der Abgabeerklärung nach § 11 LAbwAG eine von der Grundregel des Beginns der Festsetzungsfrist mit Ablauf des Veranlagungszeitraums abweichende Sonderregelung getroffen, die notwendig dazu führt, dass die Festsetzungsfrist in diesen Fällen mindestens drei Monate vor Ablauf des Veranlagungsjahres zu laufen beginnt. Wie sich aus § 11 Abs. 1 LAbwAG und unter Berücksichtigung der Stichtagsregelungen in den §§ 6 Abs. 4 und 7 Abs. 4 LAbwAG ergibt, steht den Abgabepflichtigen für die Vorlage der Abgabeerklärung nur ein "Zeitfenster" von drei Monaten - nämlich der Zeitraum zwischen dem 30. Juni und dem 30. September des jeweiligen Veranlagungsjahres - zur Verfügung. Hieran knüpft die Sonderregelung des § 13 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz LAbwAG an, indem sie mit der entsprechend früher in Lauf gesetzten dreijährigen Festsetzungsfrist den Abgabepflichtigen größere Planungs- und Investitionssicherheit verschafft: Sie können darauf vertrauen, dass die Festsetzung der - in der Regel sehr hohe Beträge umfassenden - Abwasserabgabe in diesen Fällen innerhalb von drei Jahren nach Vorlage ihrer Abgabeerklärung erfolgen muss. Wegen des relativ engen Zeitfensters für die Vorlage der Abgabeerklärung erscheint auch die Befürchtung des Beklagten, die Abgabepflichtigen hätten es in der Hand, durch früh abgegebene Abgabeerklärungen den Verjährungszeitpunkt "unter Umständen erheblich nach vorne zu verschieben", nicht nachvollziehbar. Ebenso wenig vermag der Senat es nachzuvollziehen, inwiefern dem Willen des Gesetzgebers, eine "Mindestverjährung" von drei Jahren einzuführen, nur durch eine teleologische Ergänzung des § 13 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz LAbwAG Rechnung getragen werden könnte. Die Festsetzungsfrist beträgt auch in diesen Fällen grundsätzlich drei Jahre und wird weder durch eine fristgemäße noch durch eine verspätete Vorlage der Abgabeerklärung "abgekürzt".

Im Übrigen zeigt der Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens, dass der Gesetzgeber es keineswegs versehentlich unterlassen hat, § 13 Abs. 4 Satz 2 LAbwAG in der Fassung vom 24. September 1993 gegenüber der inhaltsgleichen Vorgängerregelung in § 14 Abs. 4 Satz 2 LAbwAG in der Fassung vom 22. Dezember 1980 inhaltlich abzuändern. Die heutige Fassung beruht auf der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung (vgl. Nr. 13 c der Landtagsdrucksache 12/3512 vom 2. September 1993). Darin wurde aufgrund einer Änderung der Paragraphenreihenfolge des Gesetzes empfohlen, dass der bisherige § 14 zu § 13 wird und gleichzeitig in dessen Absatz 4 Satz 2 die bisherige Verweisung "§ 12" durch die Verweisung "§ 11" ersetzt werden soll. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber die Regelung des Laufs der Festsetzungsfrist in § 13 Abs. 4 Satz 2 LAbwAG anlässlich der Änderung der Frist für die Vorlage der Abgabeerklärung noch einmal in den Blick genommen hat, ohne jedoch insoweit ein Bedürfnis für eine inhaltliche Änderung zu sehen.

b) Ebenso wenig begegnet die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Vorlage der Abgabeerklärung der Stadt Z. vom 6. September 1999 die Festsetzungsfrist des § 13 Abs. 4 Satz 1 LAbwAG in Lauf gesetzt hat, ernstlichen Richtigkeitsbedenken. Das Verwaltungsgericht hat überzeugend dargelegt, dass die formal und inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Erklärung vom 6. September 1999 nicht etwa deshalb einer zur Fristauslösung ungeeigneten "Nichterklärung" gleichgesetzt werden kann, weil der Beklagte es für erforderlich hielt, mit Schreiben vom 12. März 2002 "zur Erleichterung der Bearbeitung" ein geändertes Fließschema anzufordern. Auf die entsprechenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts wird gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO verwiesen. Der Beklagte hat auch im Zulassungsantrag nicht nachvollziehbar darzulegen vermocht, weshalb die Abgabeerklärung vom 6. September 1999 ohne das auf die Anforderung vom 12. März 2002 mit Schreiben vom 25. März 2002 vorgelegte überarbeitete Fließschema nicht in zumutbarer Weise zu bearbeiten gewesen sein soll. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der früheren Bezirksregierung R. das mit der Abgabeerklärung für 1998 vorgelegte Fließschema, auf das die Erklärung für 1999 ausdrücklich Bezug nahm, offenbar zur Bearbeitung der Abgabeerklärung ohne weiteres ausgereicht hatte. Insofern kann auch keine Rede davon sein, dass es einer "ständigen Verwaltungspraxis" des Beklagten entspricht, ein Fließschema mit weiteren Angaben zu verlangen. Im Übrigen ist die Stadt Z. der Bitte des Beklagten um Vorlage eines überarbeiteten Fließschemas umgehend, nämlich fast sechs Monate vor Ablauf der Festsetzungsfrist nachgekommen, so dass es auch an der Kausalität der Nachreichung des Fließschemas für den Eintritt der Festsetzungsverjährung fehlt.

c) Das angefochtene Urteil begegnet auch nicht deshalb ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit, weil sich die Festsetzungsfrist vorliegend gemäß § 13 Abs. 4 Satz 3 LAbwAG - etwa wegen leichtfertiger Verkürzung der Abgabe - auf fünf oder zehn Jahre verlängert haben könnte. Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Urteil überzeugend dargelegt, dass die Rechtsvorgängerin des Klägers mit dem Schreiben vom 6. September 1999 umfassende abgabenrechtliche Erklärungen abgegeben und Unterlagen vorgelegt hatte, die eine Überprüfung der streitigen Abgabenfreiheit ermöglichten, und dass die Vorlage des überarbeiteten Fließschemas vom 25. März 2002 nur zur Ergänzung der früheren Unterlagen diente. Da der Bezirksregierung R. das mit der Erklärung 1998 vorgelegte Fließschema offenbar zur Antragsbearbeitung ausgereicht hatte, ist nicht nachvollziehbar, inwiefern es den Tatbestand einer leichtfertigen Abgabeverkürzung erfüllt, dass die Stadt Z. ihrem Schreiben vom 6. September 1999 nicht bereits ein den Wünschen der St. entsprechendes Fließschema beigefügt hatte. Ebenso wenig kann in der nachträglichen Vorlage eines überarbeiteten Fließschemas auf Anforderung der Behörde eine Selbstanzeige der Rechtsvorgängerin des Klägers i.S.v. § 14 Abs. 1 Nr. 4 c LAbwAG i.V.m. §§ 171 Abs. 9, 153, 371, 378 Abs. 3 AO gesehen werden.

2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf und ihr kommt keine grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu. Wie dargelegt, ergibt sich die richtige Berechnung der Festsetzungsfrist des § 13 Abs. 4 Satz 1 LAbwAG im vorliegenden Fall ohne weiteres aus dem Gesetz.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §§ 13 Abs. 2, 14 GKG.



Ende der Entscheidung

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