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Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 15.03.2004
Aktenzeichen: 12 A 11962/03.OVG
Rechtsgebiete: GG, KAG, 1. LAbfWAG, KrW-/AbfG


Vorschriften:

GG Art. 20
GG Art. 20 Abs. 3
KAG § 2
KAG § 2 Abs. 1
KAG § 2 Abs. 1 Satz 2
KAG § 7
KAG § 7 Abs. 1
1. LAbfWAG § 5
KrW-/AbfG § 5
KrW-/AbfG § 5 Abs. 2
KrW-/AbfG § 11
KrW-/AbfG § 11 Abs. 1
KrW-/AbfG § 13
KrW-/AbfG § 13 Abs. 1
KrW-/AbfG § 13 Abs. 1 Satz 1
KrW-/AbfG § 13 Abs. 1 Satz 2
KrW-/AbfG § 14
KrW-/AbfG § 15
Satzungsrechtliche Bestimmungen zur Erhebung von Abfallentsorgungsgebühren, die an die in § 13 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG normierte Überlassungspflicht anknüpfen, verstoßen nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz.

Die Erhebung einer Mindestgebühr ist, unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme der Entsorgungseinrichtung, bereits dann zulässig, wenn die Voraussetzungen der in § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG begründeten Pflicht zur Überlassung von Abfällen zur Beseitigung an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vorliegen.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

12 A 11962/03.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Abfallbeseitigungsgebühren

hat der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. März 2004, an der teilgenommen haben

Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Wünsch Richter am Oberverwaltungsgericht Geis Richterin am Verwaltungsgericht Verheul ehrenamtlicher Richter Winzer Sauer ehrenamtliche Richterin Hausfrau Vögler

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 16. Juli 2003 - 1 K 3398/02.NW - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Abfallbeseitigungsgebühren für das Jahr 1999.

Die Klägerin vertreibt Backwaren. Die Verkaufsfiliale der Klägerin in S. wird von ihrer Produktionsstelle in L. mit vorgefertigten Backwaren aller Art beliefert. Diese werden mit Hilfe von Plastikkörben und Kartonagen mit Folieneinlagen jeweils zu der Filiale gebracht. Die anfallenden Abfälle werden in der Verkaufsfiliale getrennt sortiert. Unter anderem wird dort auch ein so genannter Restabfallsack mit Kehricht, Putzutensilien, Pausenresten der Verkäuferinnen, fettbeschmutztem Backpapier sowie von den Kunden zurückgelassenen Abfällen befüllt. Sämtliche täglich anfallenden Abfälle werden zunächst zur Produktionsstätte nach L. verbracht und von einer Entsorgungsfirma außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Beklagten entsorgt.

Seit dem Jahr 1998 stellt der Beklagte der Klägerin in S. ein 60 l - Restmüllgefäß zur Verfügung, welches von dieser nicht genutzt wird.

Mit Bescheid vom 2. Februar 2000 zog der Beklagte die Klägerin für das Jahr 1999 zu einer Gebühr für die Abfallentsorgung in Höhe von 114,00 DM heran. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein und machte geltend, dass eine Abfallbeseitigungsgebühr ohne Inanspruchnahme von kommunalen Entsorgungsleistungen nicht erhoben werden dürfe. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2002 wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten den Widerspruch zurück und führte im Wesentlichen aus: Durch die Zurverfügungstellung des Abfallbehältnisses sei die Filiale der Klägerin an die öffentliche Abfallentsorgungseinrichtung angeschlossen mit der Folge, dass der Beklagte für die Vorhaltung der entsprechenden Entsorgungseinrichtungen eine Grundgebühr erheben dürfe. Hinsichtlich des so genannten Restmüllsackes bestehe auch eine Überlassungspflicht der Klägerin. Darüber hinaus sei die gebührenrechtliche Inanspruchnahme durch das Bereitstellen des Abfallgefäßes und das jeweilige Anfahren des Grundstückes durch ein Entsorgungsfahrzeug erfolgt.

Die daraufhin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 16. Juli 2003 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Heranziehung zu der festgesetzten Grundgebühr sei nach den satzungsrechtlichen Grundlagen des Beklagten nicht zu beanstanden. Insbesondere sei die Klägerin gebührenpflichtig, da die Erhebung einer Grundgebühr bereits dann gerechtfertigt sei, wenn - wie im Fall der Klägerin - der Träger der Entsorgungseinrichtung eine konkrete Vorhalteleistung tatsächlich anbiete und der Gebührenschuldner an die Abfallentsorgungseinrichtung angeschlossen oder zur Überlassung der Abfälle verpflichtet sei. Ferner handele es sich bei dem in dem so genannten Restabfallsack gesammelten Abfall um solchen zur Beseitigung. Der Rechtmäßigkeit des Bescheides stehe auch nicht entgegen, dass mit der festgesetzten Grundgebühr gleichzeitig zwölf Entleerungen des zur Verfügung gestellten Abfallbehältnisses abgegolten seien. Letztlich verstoße die festgesetzte Gebühr nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz oder das Äquivalenzprinzip.

Die Klägerin hat dagegen die vom Senat zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Die satzungsrechtlichen Gebührentatbestände verstießen gegen den Grundsatz der Bestimmtheit und damit gegen das Rechtsstaatsprinzip. Dies sei insbesondere hinsichtlich der Entstehung der Gebührenschuld der Fall, da weder der Abfallgebührensatzung noch der Abfallwirtschaftssatzung des Beklagten zu entnehmen sei, wann und unter welchen Voraussetzungen ein Anschluss an die Abfallentsorgung vorliege. Die Gebührensatzung berücksichtige mit der Mindestgebühr nicht die im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz vorgesehene Entsorgungsreihenfolge, wonach Abfälle in erster Linie zu verwerten seien. Ohne eine tatsächliche Inanspruchnahme könne eine Grund- und Mindestgebühr nicht erhoben werden. Die satzungsrechtlichen Gebührenregelungen seien auch wegen des Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Äquivalenzprinzip nichtig. Schließlich sei sie im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Juni 2000 - 3 C 4.00 - nicht zur Überlassung des Abfalls verpflichtet, und zwar auch dann nicht, wenn man davon ausginge, dass es sich bei dem Inhalt des Restabfallsackes um Abfall zur Beseitigung i.S.v. § 13 Abs. 1 Satz 2 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz handele.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 16. Juli 2003 den Gebührenbescheid des Beklagten vom 2. Februar 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2002 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung vertieft er sein bisheriges Vorbringen und verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid des Beklagten vom 2. Februar 2000 zur Erhebung von Abfallentsorgungsgebühren für das Jahr 1999 in Höhe von 114,00 DM und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid vom 19. November 2002 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Erhebung der Abfallentsorgungsgebühr sind § 7 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes - KAG - vom 20. Juni 1995 (GVBl. S. 175) sowie § 5 des Landesabfallwirtschafts- und Altlastengesetzes - LAbfWAG - vom 2. April 1998 (GVBl. S. 97) i.V.m. § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1, 2 und 4, § 4 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 und 2 der Satzung des Landkreises L. am Rhein (jetzt: R.-Kreis) über die Erhebung von Benutzungsgebühren für die Abfallentsorgung - AGS - vom 20. November 1997, zuletzt geändert durch Satzung vom 23. Februar 1999. Danach ist der Beklagte berechtigt, eine Jahresgrundgebühr in Höhe von 114,00 DM für die Entsorgung von Abfällen aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen, die zu überlassen sind (Restabfall), bei Zurverfügungstellung eines Abfallbehältnisses von 60 l zu erheben. Die satzungsrechtlichen Grundlagen der Gebührenerhebung sind mit höherrangigem Recht vereinbar (1.) und unter gebührenrechtlichen Grundsätzen nicht zu beanstanden (2.). Schließlich ist die Klägerin hinsichtlich des in ihrer Filiale in S. anfallenden Restabfallsackes auch tatsächlich überlassungspflichtig und deshalb Gebührenschuldnerin (3.).

1. Die satzungsrechtlichen Bestimmungen zur Gebührenerhebung durch den Beklagten entsprechen den Grundlagen der Abgabenerhebung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG und sind auch sonst mit höherrangigem Recht vereinbar.

a) Es liegt kein Verstoß gegen das auf dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) beruhende und insbesondere im Abgabenrecht bedeutsame verfassungsrechtliche Gebot der Normenklarheit und den Grundsatz der Bestimmtheit vor. Danach müssen Abgaben begründende Tatbestände so geregelt sein, dass der Abgabenpflichtige die auf ihn entfallende Abgabenlast im Voraus bestimmen kann. Die Festlegung eines Abgabentatbestandes muss mit einem Mindestmaß an Bestimmtheit und Klarheit geschehen, und zwar in einer Weise, dass die Norm von dem Normunterworfenen ohne weiteres verstanden und von den Verwaltungsbehörden und Gerichten ohne Willkür gehandhabt werden kann. Der Norminhalt hat eine eindeutige, unmissverständliche und ohne weiteres nachvollziehbare Regelungsaussage zu treffen, die insbesondere nicht in sich widersprüchlich ist (Urteil des Senats vom 20. November 2003 - 12 A 10961/03.OVG -, veröffentlicht in ESOVGRP). Die bloße Auslegungsbedürftigkeit einer Vorschrift nimmt dieser nicht die rechtsstaatlich notwendige Bestimmtheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. März 1967 - 1 BvR 334/64 -, BVerfGE 21, 209, 215; Beschluss vom 18. Mai 1988 - 2 BvR 579/84 -, BVerfGE 78, 205, 212; Beschluss vom 9. November 1988 - 1 BvR 243/86 -, BVerfGE 79, 106, 120). Zwar stellt § 2 Abs. 1 AGS darauf ab, dass die Gebührenschuld mit dem Beginn des auf den Anschluss an die Abfallentsorgung folgenden Monats und danach mit Beginn eines jeden folgenden Kalenderjahres entsteht. Jedoch knüpft der Satzungsgeber hinsichtlich des Beginns der Gebührenschuld insgesamt an die in § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz) - KrW-/AbfG - normierte Überlassungspflicht an. Dies ist aus dem Wortlaut und dem Zusammenhang der einschlägigen satzungsrechtlichen Vorschriften (§§ 4 Abs. 2, 6 Abs. 1 und 2 AGS) eindeutig erkennbar. Gleiches gilt bezüglich der Vorschriften zur näheren Ausgestaltung des Umfangs der Verwertungs- und Beseitigungspflicht sowie des Anschlusszwanges in der Satzung über die Vermeidung, Verwertung und sonstige Entsorgung von Abfällen im Landkreis L. (jetzt: R.-Kreis), Abfallwirtschaftssatzung, - AWS -, vom 20. November 1997, zuletzt geändert durch Satzung vom 23. Februar 1999 (vgl. §§ 6 Abs. 1, 8 Abs. 2 und 11 Abs. 3 AWS; bei der letztgenannten Vorschrift handelt es sich lediglich um eine grundsätzlich zulässige deklaratorische Gesetzeswiedergabe des § 14 KrW-/AbfG [vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 1974 - 2 BvL 17/73 -, BVerfGE 37, 191, 200]).

§ 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG beschränkt für Abfälle aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen die für diesen Bereich insgesamt auferlegte Überlassungspflicht auf Abfälle zur Beseitigung (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Juni 2000 - 3 C 4.00 -, NVwZ 2000, 1178, 1179). Dieser vorgegebene Rahmen der Überlassungspflicht, von dem die Bestimmung des Gebührentatbestandes und folglich auch der Kreis der Gebührenschuldner abhängt, mag zwar hinsichtlich der Frage, ob Abfälle überhaupt und gegebenenfalls welche Abfälle von ihren Erzeugern bzw. Besitzern nach § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu überlassen sind, zu Rechtsanwendungsproblemen führen. Dies allein begründet jedoch noch keine Unbestimmtheit der Gebührentatbestände. Die Beantwortung der Frage ist nämlich im Einzelfall durch die für die Wahrnehmung der Aufgaben nach diesem Gesetz ausschließlich zuständigen Abfallbehörden möglich, wenn auch die Konkretisierung dessen, was Abfall zur Beseitigung ist, hohe Anforderungen insbesondere an die Sachaufklärung im konkreten, durch die Gerichte im Einzelfall überprüfbaren Satzungsvollzug stellen mag (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. März 2001 - 2 S 2043/00 -, NVwZ 2002, 211, 214).

b) Ein Verstoß der Satzungsregelungen des Beklagten gegen bundesgesetzliche Bestimmungen, insbesondere gegen die Rechtsvorschriften des KrW-/AbfG, ist auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Beklagte in § 6 Abs. 1 AGS von zwölf Mindestentleerungen ausgeht, nicht erkennbar. Bei der Ausgestaltung des Gebührensystems hat die abfallentsorgungspflichtige Körperschaft ein weites Ermessen, innerhalb dessen sie auf unterschiedliche Maßstäbe zurückgreifen und auf verschiedene Gesichtspunkte abstellen kann. Sie hat dabei neben dem Erfordernis, zur Abfallvermeidung und Abfallverwertung anzuhalten, auch zahlreiche andere Kriterien (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 4 KAG) zu berücksichtigen, die einer Gebührendifferenzierung je nach Menge der tatsächlich anfallenden Abfälle entgegenstehen können. Daher ist es sachgerecht, durch die Festlegung von Mindestentleerungen sicherzustellen, dass der Abfall in regelmäßigen Zeitabständen abgefahren und der Gebührenpflichtige nicht verleitet wird, sich seines Abfalls verbotswidrig zu entledigen. Insoweit widerspricht die Einbeziehung von zwölf Entleerungen eines nur 60 l großen Abfallbehältnisses nicht dem seitens des KrW-/AbfG vorgegebenen Lenkungszweck, da bei der Berechnung der anfallenden Gebühren durchaus eine bestimmte Mindestinanspruchnahme unterstellt werden darf. In ihrer Gesamtheit bietet die Gebührengestaltung des Beklagten hinreichend Anreize zur Abfallvermeidung und Abfallverwertung, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass die Höhe der zu zahlenden Gebühr vom Gebührenpflichtigen durch die Wahl der vorzuhaltenden Behältervolumen und durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Zusatzentleerungen beeinflusst werden kann.

2. Die Erhebung der Gebühr ist aus abgabenrechtlichen Grundsätzen nicht zu beanstanden.

a) Die Überlassungspflicht hinsichtlich der Abfälle zur Beseitigung rechtfertigt die Erhebung einer Grund- und Mindestgebühr, ohne dass es auf die tatsächliche Inanspruchnahme ankommt.

Die in § 6 Abs. 2 AGS festgesetzte Jahresgrundgebühr in Höhe von 114,00 DM beinhaltet, wie die Klägerin zutreffend angeführt hat, sowohl Elemente einer Grund- als auch einer Mindestgebühr. In Bezug auf den Anteil der Gebühr, der sich auf das Vorhalten des tatsächlich bereit gestellten 60 l - Abfallgefäßes bezieht, handelt es sich um eine so genannte Grundgebühr, mit der die durch das Bereitstellen und ständige Vorhalten der Abfallentsorgungseinrichtung des Beklagten entstehenden Betriebskosten abgegolten werden sollen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. August 1986 - 8 C 112.84 -, KStZ 1987, 11, 12; Urteil vom 20. Dezember 2000 - 11 C 7.00 -, DVBl. 2001, 488, 490). Durch das Zur-Verfügung-Stellen des 60 l - Abfallgefäßes (seit 1998) hält der Beklagte die Lieferungs- und Betriebsbereitschaft seiner Abfallentsorgungseinrichtung auch tatsächlich vor. Darüber hinaus wird durch die Abgeltung der ebenfalls in der Gebühr enthaltenen zwölf Entleerungen eine Mindestgebühr erhoben. Üblicherweise wird nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. August 1986 (a.a.O.) unter einer Mindestgebühr allerdings eine Benutzungsgebühr verstanden, die für die (wenn auch nur geringfügige) tatsächliche uneingeschränkte Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung zur Deckung sämtlicher mit der Leistungserstellung verbundenen Kosten erhoben wird. Dennoch ist vorliegend nach Auffassung des Senats die Erhebung einer Mindestgebühr auch ohne eine tatsächliche Inanspruchnahme zulässig, wenn der Abfall als Abfall zur Beseitigung dem Beklagten als zuständigem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger überlassen werden muss. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:

Die satzungsrechtlichen Bestimmungen des Beklagten setzen für die Annahme eines gebührenrechtlich relevanten Benutzungsverhältnisses das Vorliegen von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG voraus. Sobald die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt werden, entsteht eine Verpflichtung zur Überlassung der anfallenden Abfälle zur Beseitigung an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Diese bundesgesetzliche Überlassungspflicht, die sich insoweit nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht von der in § 13 Abs. 1 S. 1 KrW-/AbfG normierten Überlassungspflicht von Erzeugern oder Besitzern von Abfällen aus privaten Haushaltungen unterscheidet, begründet bereits die Pflicht zur Nutzung der öffentlichen Einrichtung der Abfallentsorgung des Beklagten. Unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG wandelt sich die nach dem KrW-/AbfG bei dem Anfall von Abfällen bestehende Grundpflicht, Abfälle entweder gemäß § 5 Abs. 2 KrW-/AbfG zu verwerten oder aber gemäß § 11 Abs. 1 KrW-/AbfG zu beseitigen, in eine Überlassungsverpflichtung um. Daraus folgt, dass derjenige, der zur Überlassung der Abfälle verpflichtet ist, eine Eigenentsorgung nicht mehr vornehmen muss und dies auch nicht mehr darf, da in diesem Fall bereits von einer rechtswidrigen Beseitigung auszugehen ist. Es entsteht vielmehr ein Anspruch gegenüber dem Entsorgungsträger auf Übernahme der von der Überlassungspflicht erfassten Abfälle nach § 15 KrW-/AbfG. In diesem bundesgesetzlich begründeten Zwang zur Inanspruchnahme liegt der wesentliche Unterschied zu der im Rahmen der Erhebung von Wassergebühren möglichen freiwilligen Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung, die dem o.g. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. August 1986 (a.a.O.) zugrunde lag. Das im Begriff der Inanspruchnahme vorhandene subjektive Element wird durch die objektiv-rechtliche Verpflichtung zur Überlassung ersetzt. Daher ist auf die "Freiwilligkeit der Inanspruchnahme" nicht abzustellen. Für die Erhebung der Gebühr bedarf es auch keines weiteren Vollzugsaktes zur Durchsetzung der Überlassungspflicht durch die entsorgungspflichtige Körperschaft. Dieses Ergebnis wird auch dadurch bestätigt, dass andernfalls diejenigen Gebührenschuldner, die ihrer gesetzlich normierten Überlassungspflicht Folge leisten, schlechter gestellt würden als diejenigen, die ihrer Überlassungspflicht rechtswidrig nicht nachkommen.

b) Die erhobene Jahresgrundgebühr verstößt auch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz oder das Äquivalenzprinzip. Diesbezüglich hat das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt, dass eine Gleichstellung der Abfallerzeuger aus sonstigen Herkunftsbereichen mit den Privathaushalten und gemischt genutzten Grundstücken rechtlich unbedenklich ist. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Beklagte bei der Berechnung der Gebühr für die Entsorgung von Abfällen aus anderen Herkunftsbereichen das mit 60 l Fassungsvermögen kleinste Abfallbehältnis berücksichtigt hat und auch die Leerungsfrequenz der eines privaten Kleinsthaushaltes entspricht. Schließlich sind Gesichtspunkte, die Anlass zu einem Verstoß gegen den Typisierungsgrundsatz geben könnten, weder vorgetragen noch ersichtlich.

3. Der Beklagte war auch berechtigt, die Klägerin zu der veranlagten Jahresgrundgebühr heranzuziehen, denn sie ist hinsichtlich des Restabfallsackes nach § 13 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG überlassungspflichtig. Bei dem Inhalt des Restabfallsackes, in dem sich nach dem unwidersprochen gebliebenen Vermerk des Beklagten vom 5. Februar 1997 (Bl. 182 GA) Kehricht, Putzutensilien, Pausenreste der Verkäuferinnen, fettbeschmutztes Backpapier sowie von den Kunden der Klägerin in der Filiale zurückgelassene Abfälle befinden, handelt es sich nach Auffassung des Senats insgesamt um Abfall zur Beseitigung. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 15. Juni 2000 - 3 C 4.00 - (NVwZ 2000, 1178, 1179) ausgeführt, dass Abfälle, die ohne Verstoß gegen Trennungsgebote vermischt worden sind, dann nicht als Abfälle zur Beseitigung gelten, wenn sie sowohl überwiegend verwertbar sind als auch einer Verwertung zugeführt werden. Dabei lag dieser Entscheidung die Frage der zulässigen Entsorgung eines hausmüllähnlichen Gewerbeabfallgemisches zugrunde, welches unstreitig in einem Anteil von ca. 75 % für eine stoffliche Verwertung geeignet war. Diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist im vorliegenden Rechtsstreit jedoch nicht anwendbar, da der Restabfallsack der Klägerin tatsächlich kein Abfallgemisch in diesem Sinne enthält. Dies folgt bereits aus dem von der Klägerin in allen ihren Filialen verfolgten Abfallkonzept. Sie sortiert und trennt den anfallenden Abfall vor Ort und verbringt diesen, ebenfalls getrennt, täglich zur Produktionsstätte nach L.. Eine Vermischung von Abfällen wird gerade vermieden. Der Restabfallsack enthält - wenn überhaupt - nur einen verschwindend geringen Anteil von Abfall zur Verwertung. Dies allein rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, der Inhalt des Restabfallsackes der Klägerin sei insgesamt als Abfall zur Verwertung einzustufen. Dem steht auch nicht das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. März 2003 - 7 C 1.02 - (DVBl. 2003, 743) zu Fragen der inner-gemeinschaftlichen Abfallverbringung entgegen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 58,29 € (114,00 DM) festgesetzt (§§ 13, 14 GKG).

Ende der Entscheidung

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