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Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 19.03.2003
Aktenzeichen: 2 A 10045/03.OVG
Rechtsgebiete: Richtlinie 93/104/EG, BBesG, MVergV, LBG
Vorschriften:
Richtlinie 93/104/EG | |
BBesG § 1 Abs. 2 Nr. 5 | |
BBesG § 48 Abs. 1 | |
MVergV § 1 | |
MVergV § 2 Abs. 2 Nr. 1 | |
MVergV § 5 Abs. 1 Satz 2 | |
LBG § 80 Abs. 2 |
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ URTEIL IM NAMEN DES VOLKES
In dem Verwaltungsrechtsstreit
wegen Beamtenrechts (Arbeitszeit)
hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 19. März 2003, an der teilgenommen haben
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 13. November 2002 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger, der als Justizvollzugshauptsekretär im Dienst des beklagten Landes steht, ist bei der Jugendarrestanstalt in W. eingesetzt. Dort versieht er u.a. (nächtlichen) Bereitschaftsdienst in Form persönlicher Anwesenheit, dessen Gesamtdauer er nicht nur zu 50 v.H., sondern in vollem Umfang finanziell abgegolten haben möchte.
Zur Begründung dieses unter dem 12. Juli 2001 vorgebrachten Begehrens führte er das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 3. Oktober - 303/98 - an, wonach der in persönlicher Anwesenheit in der Einrichtung des Dienstherrn erbrachte Bereitschaftsdienst insgesamt als Arbeitszeit und gegebenenfalls als Überstunden im Sinne der Richtlinie 93/104/EG anzusehen sei.
Mit Schreiben vom 7. September 2001 vertrat der Beklagte den Standpunkt, dass er bei Beamten nach wie vor auf der Grundlage der Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zur Bemessung der Mehrarbeitsentschädigung für Beamte vom 6. August 1974 Bereitschaftsdienst nach dem Umfang der erfahrungsgemäß durchschnittlich anfallenden Inanspruchnahme mit mindestens 15 v.H., höchstens 50 v.H. seiner Zeitdauer anzurechnen habe.
Der dagegen gerichtete Widerspruch des Klägers wurde durch Widerspruchsbescheid vom 11. März 2002 mit der Begründung zurückgewiesen, dass weder die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 3. Oktober 2000 - C 303/98 - zur Bewertung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes in Spanien noch die Richtlinie 93/104/EG unmittelbar geltendes Recht in der Bundesrepublik Deutschland setzten. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs sei im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EG-Vertrag ergangen und binde daher nur die Beteiligten des nationalen Rechtsstreits. Ihm komme mangels Vergleichbarkeit der betroffenen Sachverhalte in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auch keine präjudizierende Wirkung zu. Ein Rückgriff auf die Richtlinie scheide aus, weil der in deren Art. 2 Abs. 1 umschriebene Begriff der Arbeitszeit nicht hinreichend bestimmt sei.
Mit der Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 7. September 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2002 zu verpflichten, ihm für die Jahre 1996 bis 2001 Mehrarbeitsvergütung nach der geltenden Mehrarbeitsvergütungsverordnung nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basissatz ab Rechtshängigkeit zu gewähren.
Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat gebeten,
die Klage abzuweisen.
Durch Urteil vom 13. November 2002 hat das Verwaltungsgericht die Klage auf volle Vergütung der in den Jahren 1996 bis 2001 als Bereitschaftsdienst geleisteten Mehrarbeit abgewiesen. Nach dem Grundsatz der Gesetzesbindung der Besoldung könne Mehrarbeit nur vergütet werden, soweit dies gesetzlich vorgesehen sei. Ein unmittelbarer Anspruch im Sinne des Klagebegehrens lasse sich auch nicht aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Bewertung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes in Spanien ableiten. Im Vorabentscheidungsverfahren ergangen binde es mit Ausnahme des hier nicht relevanten Falles der Ungültigkeitserklärung von Gemeinschaftsrecht lediglich die im Ausgangsstreitverfahren entscheidenden Gerichte und dortigen Beteiligten. Der behauptete Anspruch ergebe sich ferner nicht aus Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 93/104/EG. Unabhängig davon, ob die Voraussetzungen erfüllt seien, unter denen sich der einzelne Bürger ausnahmsweise unmittelbar auf eine Richtlinie der EG/EU berufen könne, beinhalte die in Rede stehende Richtlinie keine Rechtsgrundlage für einen Vergütungsanspruch. Sie habe ausschließlich die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer und daher die Begrenzung der Arbeitszeit zum Ziel, ohne die Berechnung von Entgelten zu regeln.
Mit der zugelassenen Berufung hat der Kläger daran festgehalten, das die nur hälftige Berücksichtigung des Bereitschaftsdienstes bei der Vergütung zu einem Verstoß der Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte (MVergV) vom 3. Dezember 1998 gegen höherrangiges Recht führe.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Mainz vom 13. November 2002 nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Der Beklagte verteidigt das ergangene Urteil und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungsvorgänge (eine Akte) verwiesen, die sämtlich Gegenstand der Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Kläger hat keinen Rechtsanspruch darauf, dass ihm für die Gesamtdauer des Dienstes in Bereitschaft, den er in den Jahren 1996 bis 2001 in der Jugendarrestanstalt W. zugebracht hat, Mehrarbeitsvergütung über den vom Beklagten geleisteten Umfang hinaus gezahlt wird.
Dies ist freilich nicht schon deshalb der Fall, weil der Kläger für seine volle dienstliche Hingabe von dem Beklagten als Gegenleistung eine seine gesamten Lebensbedürfnisse grundsätzlich abdeckende Alimentation erhält. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung, welcher der Senat folgt, ist nämlich schon seit geraumer Zeit anerkannt (vgl. BVerwG, ZBR 1971, 88), dass die Zahlung von Mehrarbeitsvergütung und die Gewährung von Alimentation sich weder begrifflich noch rechtssystematisch ausschließen, wenn Mehrarbeitsvergütung nur als ein Ausnahmetatbestand (vgl. BVerwGE 80, 60 [64]) begriffen wird, dessen Anwendungsbereich durch das Alimentationsgebot weder beschränk- noch erweiterbar ist.
Die Klageabweisung rechtfertigt sich jedoch daraus, dass die streitgegenständliche Beschränkung der Anrechnungsfähigkeit von Zeiten des Bereitschaftsdienstes auf die zu vergütende Mehrarbeitszeit den insoweit abschließenden besoldungsrechtlichen Vorgaben des nationalen Rechtes entspricht (1.) und deren eingeschränkter Regelungsgehalt auch mit den Anforderungen des supranationalen Rechtes in Einklang steht (2.).
1. Für Zeiten, die ein Beamter mit Dienstbezügen in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern im Rahmen eines Dienstes in Bereitschaft zubringt, wird in § 48 Abs. 1 BBesG i.V.m. den §§ 1, 2 Abs. 2 Nr. 1, 5 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte (MVergV) in der Fassung ihrer Bekanntmachung vom 3. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3494) bestimmt, dass diese bei der Berechnung der abgeltungsfähigen Mehrarbeit nur insoweit zu berücksichtigen sind, als in ihrem Rahmen eine amtsgemäße dienstliche Inanspruchnahme durchschnittlich anfällt. Zum Zweck der Bemessung dieser durchschnittlichen dienstlichen Inanspruchnahme begründet die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsentschädigung für Beamte (MArbEVwV) vom 6. August 1974 (GMBl. S. 386) in ihrer Nr. 1 zu § 5 Abs. 1 eine Verwaltungspraxis des Inhaltes, dass mindestens 15 v.H. und höchstens 50 v.H. der Zeitdauer des Bereitschaftsdienstes als Mehrarbeit anrechnungsfähig ist.
Hinter diesem rechtlichen Maßstab, der nach § 1 Abs. 2 Nr. 5 BBesG i.V.m. mit § 1 MVergV die besoldungsgesetzlichen Voraussetzungen für die Zahlung von Mehrarbeitsvergütung abschließend regelt, stehen neben besoldungs- auch statusrechtliche Wertungen. Darin kommt zunächst zum Ausdruck, dass Bereitschaftsdienst als Dienst und nicht als Freizeit zu werten ist. In Bereitschaft kann nämlich der Beamte über die Gestaltung seines Zeit nicht frei entscheiden, sondern er ist verpflichtet, sich an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort aufzuhalten, um dort, soweit erforderlich, jederzeit seine dienstlichen Obliegenheiten aufnehmen zu können. Zeiten einer solchen Heranziehung haben deshalb die Rechtsqualität von Arbeitszeit.
Diese Form der Arbeitszeit kann freilich unter Effektivitätsgesichtspunkten nicht ohne weiteres mit der vollen Arbeitszeit (vgl. dazu BVerwG, ZBR 1967, 317 f.; BVerwG, Buchholz 237.0, § 80 LBG Baden-Württemberg Nr. 2) gleichgesetzt werden, weil der Grad der dienstlichen Inanspruchnahme hier erfahrungsgemäß herabgesetzt ist. Aus dieser Gegebenheit leitet der Verordnungsgeber seine Berechtigung zur Differenzierung bei der Mehrarbeitsvergütung ab, indem er die in Bereitschaft zugebrachten Zeiten nicht in gleicher Weise wie volle Arbeitszeit, sondern bestenfalls mit der Hälfte ihres zeitlichen Umfanges auf dem "Überstundenkonto" des Beamten verbucht.
Von Geist und Buchstaben des soeben gekennzeichneten rechtlichen Maßstabes hat sich der Beklagte bei seiner Entscheidung des Streitfalles zweifelsfrei leiten lassen. In tatsächlicher Hinsicht ergibt sich dies daraus, dass beide Beteiligte darin übereinstimmen, dass die Zeit, um deren Anrechnung gestritten wird, im Rahmen eines Dienstes in Bereitschaft angefallen ist. Der Kläger hat nämlich nach den vom Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung getroffenen Feststellungen die Möglichkeit, insbesondere bei Unterbelegung der Jugendarrestanstalt, aber auch sonst je nach den Umständen, sich während des Bereitschaftsdienstes in den Ruheraum zu begeben, um gegebenenfalls dort zu schlafen. Dies verdeutlicht, dass die hier in Rede stehende dienstliche Belastung, insbesondere während der nächtlichen Bereitschaft des Beamten, nach Inhalt, Umfang und Intensität nicht mit der dienstlichen Inanspruchnahme auf eine Stufe gestellt werden kann, welcher der Kläger während seiner vollen Arbeitszeit zu entsprechen hat. Zwischen den Beteiligten steht schließlich außer Frage, dass der Beklagte an die Grenze des besoldungsrechtlich Zulässigen herangegangen ist, indem er die Zeitdauer des Bereitschaftsdienstes zu 50 v.H. auf die abgeltungsfähige Mehrarbeit angerechnet hat.
2. Als kontrovers stellt sich indessen dar, ob nicht der Einfluss des supranationalen Rechtes eine Überwindung dieser Grenzziehung, möglicherweise sogar die volle Anrechnung des Bereitschaftsdienstes zu Vergütungszwecken fordert. Zu einer solchen Annahme besteht auf der Grundlage der vom Kläger als Stütze seiner Rechtsansicht herangezogenen Richtlinie 93/104/EG des Rates der Europäischen Union vom 23. November 1993 (geändert durch die Richtlinie 2000/34/EG vom 22. Juni 2000, ABl. L 195/41) in der Auslegung, die sie in der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 3. Oktober 2000 - C 303/98 - erfahren hat, aber keine Veranlassung.
Ob dies schon deshalb anzunehmen ist, weil die Richtlinie nach ihrem persönlichen Anwendungsbereich Beamte im Justizvollzugsdienst nicht erfasst, kann offen bleiben. Immerhin wird in Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 93/104/EG auf die in Art. 2 der Rahmenrichtlinie 89/391/EWG angesprochenen Tätigkeitsbereiche Bezug genommen. Hiernach findet die Rahmenrichtlinie keine Anwendung, soweit dem Besonderheiten bestimmter spezifischer Tätigkeiten im öffentlichen Dienst, zum Beispiel bei den Streitkräften oder der Polizei oder bestimmter spezifischer Tätigkeiten bei den Katastrophenschutzdiensten, zwingend entgegenstehen. Mithin liegt es keineswegs fern die Beschränkung des Anwendungsbereiches der Richtlinie auch in Bezug auf Beamte in Erwägung zu ziehen, die im Justizvollzug oder im Jugendarrest eingesetzt werden (vgl. dazu Nr. 36 der Entscheidung des EuGH vom 3. Oktober 2000). Gleichwohl bedarf die Frage keiner abschließenden Klärung, ob die Funktion des Klägers als Vollzugsbeamter von dem in Rede stehenden sekundären Gemeinschaftsrecht erfasst wird. Denn selbst wenn dies der Fall sein sollte, steht das hier einschlägige nationale Recht, in dessen Regelungsgehalt Elemente des Besoldungs- und des Arbeitszeitrechtes sich in einer Gemengelage befinden, mit europäischem Recht, soweit es sich für den nationalen Rechtskreis überhaupt Geltung beimisst, in keinem normativen Widerspruch.
Hinsichtlich des besoldungsrechtlichen Regelungsgegenstandes folgt es schon daraus, dass sich das Gemeinschaftsrecht von keiner vergütungsrechtlichen Regelungsabsicht leiten lässt. Dies stellt die Richtlinie 93/104/EG in Abs. 2 ihres Vorspruches durch die In-Bezugnahme ihrer Ermächtigungsgrundlage in Art. 118 a des EG-Vertrages (nunmehr aufgenommen in Art. 137 Abs. 1 a EG-Vertrag) klar. Hieraus geht hervor, dass Richtlinien, die auf dieser primärrechtlichen Grundlage erlassen worden sind, sich grundsätzlich einer Anordnung von finanzwirtschaftlichen Auflagen in Bezug auf die nationalen Rechtsordnungen enthalten sollen. In gleicher Weise unterstreicht Art. 137 Abs. 5 EG-Vertrag, dass Unterstützungs- und Ergänzungsmaßnahmen der Gemeinschaft im Bereich des Arbeitsnehmerschutzes nicht das Arbeitsentgelt betreffen dürfen (vgl. dazu Calliess/Ruffert, Kommentar zum EU-Vertrag und EG-Vertrag, 2. Auflage 2002, Art. 137 Rz. 8).
Soweit die Richtlinie 93/104/EG, ihrer Thematik entsprechend, "bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung", namentlich zum Zweck der Verbesserung des Arbeitsschutzes regelt, gibt sie hingegen dem zweckidentischen nationalen Recht den Maßstab vor. Nach ihrem Art. 1 Abs. 1 enthält sie Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeitszeitgestaltung. Diese zielen darauf ab, eine quantitative Überforderung des Arbeitnehmers bei seiner dienstlichen Inanspruchnahme, insbesondere bei der Ableistung von Nachtarbeit, zu verhindern. Zu diesem Zweck bestimmt die Richtlinie die täglichen und wöchentlichen Mindestruhezeiten, den Mindestjahresurlaub, die Ruhepausen und die wöchentliche Höchstarbeit, sowie bestimmte Aspekte der Nacht- und Schichtarbeit. Diese Regelungsgegenstände entfalten ihrem normativen Zuschnitt nach zwangsläufig Einfluss auf die Tatbestandsseite der Normen, die sich im nationalen Rechtskreis mit der Problematik der Mehrarbeit und den damit im Zusammenhang stehenden Rechtsinstituten befassen.
Mit den insoweit einschlägigen Vorgaben des Richtlinienrechtes stehen die arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen für den öffentlichen Dienst indessen in Einklang. Sie haben, wie oben schon dargelegt worden ist, Zeiten des Bereitschaftsdienstes, im Gegensatz zu solchen der Rufbereitschaft, bereits vor dem Erlass der Richtlinie als Arbeitszeit und nicht als Ruhezeit behandelt.
Wie diese für Bereitschaftsdienst aufgewandte Zeit bei der Berechnung der Mehrarbeit in Ansatz zu bringen ist, legt die Richtlinie 93/104/EG indessen nicht fest. Vielmehr ist Rn. 51 zu Tenor 3 der Entscheidung des EuGH vom 3. Oktober 2000 zweifelsfrei zu entnehmen, dass sie in der hier aufgeworfenen Frage das nationale Recht nicht binden soll. Denn in der Entscheidung ist ausdrücklich davon die Rede, dass die im Bereitschaftsdienst zugebrachte Arbeitszeit nur "gegebenenfalls als Überstunden im Dienst der Richtlinie 93/104/EG anzusehen ist." Aus dieser Klausel kann entnommen werden, dass die überstundenrechtliche Relevanz des Bereitschaftsdienstes nicht durch den normativen Gestaltungswillen des Richtliniengebers, sondern durch die Sachgesetzlichkeiten des Arbeitslebens in den Mitgliedsstaaten bestimmt sein soll. Kraft Gemeinschaftsrechtes wird mithin keine Verpflichtung begründet, Zeiten des Bereitschaftsdienstes in vollem Umfang auf das Überstundenkonto des Klägers anzurechnen. Im Übrigen ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Begrenzung der Anrechnungsfähigkeit solcher Zeiten auf höchstens 50 v.H. der Gesamtdauer des Bereitschaftsdienstes den Sachgegebenheiten des deutschen öffentlichen Dienstes im Allgemeinen und denen des Jugendarrestes im Besonderen zuwiderliefe. Der Kläger trägt nämlich selbst vor, dass die Art und Weise seiner dienstlichen Inanspruchnahme bei voller Arbeitszeit sich nachhaltig von der in Zeiten des Bereitschaftsdienstes abhebt.
Da mithin ein Anspruch des Klägers auf weitergehende Zahlung von Mehrarbeitsvergütung schon dem Grunde nach nicht entstanden ist, kann die Frage, ob eine eventuelle Forderung dieses Inhaltes aufgrund von § 105 Satz 1 LBG nicht auch als teilweise verjährt zu betrachten wäre, auf sich beruhen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteil wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Die Revision ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Frage nach der Auslegung vergütungsbegründender Mehrarbeitszeitbestimmungen in der Beamtenbesoldung ist unter dem Blickwinkel von Gemeinschaftsvorschriften über arbeitsschutzrechtlich als Arbeitszeit zu bewertenden Bereitschaftsdienst bisher höchstrichterlich nicht geklärt und - soweit ersichtlich - auch von anderen Obergerichten noch keiner Entscheidung zugeführt worden. Der entscheidungserheblichen Rechtsfrage kommt wesentliche Bedeutung für eine einheitliche Auslegung und Anwendung der betroffenen Rechtsvorschriften zu.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 18.359,96 € festgesetzt (§§ 13 Abs. 2, 14 Abs. 1 GKG).
Ende der Entscheidung
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