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Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 28.05.2004
Aktenzeichen: 2 A 10239/04.OVG
Rechtsgebiete: GG, LBG


Vorschriften:

GG Art. 2
GG Art. 2 Abs. 1
LBG § 65
LBG § 84
LBG § 214
1. Das für uniformierte Polizeibeamte durch Verwaltungsvorschrift angeordnete Verbot einer "deutlich über den Hemdkragen reichenden Haarlänge" ist auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung rechtmäßig (Bestätigung des Beschlusses des OVG Rh-Pf vom 22. September 2003, NJW 2003, 3793).

2. Der Anspruch des Beamten auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit ist von vornherein begrenzt durch die Sachnotwendigkeiten des ihm anvertrauten Amtes.

3. Die Einschätzung des Dienstherrn, überlange Haare bei uniformierten Polizeibeamten stießen in weiten Kreisen der Bevölkerung auf geringe Akzeptanz oder gar Ablehnung und erschwerten deshalb die effektive Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben, ist rechtlich nicht zu beanstanden.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 A 10239/04.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Beamtenrechts (dienstliche Anordnung betreffend die Haartracht)

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. Mai 2004, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Held Richter am Oberverwaltungsgericht Bonikowski Richterin am Oberverwaltungsgericht Stengelhofen ehrenamtliche Richterin pharm.-techn. Assistentin Balthasar ehrenamtlicher Richter Winzer Bosch

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 18. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen eine dienstliche Anordnung betreffend die Länge seiner Haare.

Er steht als Polizeiobermeister im Dienst des Landes Rheinland-Pfalz und ist als uniformierter Polizeivollzugsbeamter bei der Polizeiinspektion S. im Schichtdienst eingesetzt. Bis Ende September 2003 trug er seine Haare stirnfrei in Form eines am Hinterkopf tief angesetzten Pferdeschwanzes, wobei die Haarenden auch im zusammengebundenen Zustand weit (ca. 15 cm) über den Hemdkragen bis etwa zur Mitte der Schulterblätter reichten.

Mit dienstlicher Anordnung vom 12. Juni 2003 wurde der Kläger aufgefordert, seine Haartracht den Vorgaben im Rundschreiben des Ministeriums des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz vom 26. Mai 2003 anzupassen. Darin heißt es, eine deutlich über den Hemdkragen reichende Haarlänge sei bei uniformierten Polizeibeamten mit den im Rundschreiben niedergelegten Grundsätzen über das äußere Erscheinungsbild der Beamten nicht vereinbar.

Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2003 im Wesentlichen mit der Begründung zurück, dass der Dienstherr von Gesetzes wegen bestimmen dürfe, wie er sich durch seine Polizeibeamten repräsentiert sehen wolle. Dies gelte auch für eine Regelung der Haartracht. Die in dem Rundschreiben getroffene Festlegung stelle aus Gründen der sachgerechten Aufgabenerfüllung der Polizei einen verhältnismäßigen Eingriff in das Recht der Beamten auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit dar.

Zur Begründung der daraufhin erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen geltend gemacht, die Anordnung zur Haarlänge stelle einen nicht gerechtfertigten und unverhältnismäßigen Eingriff in seine Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG dar. Ein solcher Eingriff bedürfe nach den vom Bundesverfassungsgericht im "Kopftuch-Urteil" entwickelten Grundsätzen der ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung. Hieran fehle es bereits. Der Eingriff sei im Übrigen auch in der Sache nicht gerechtfertigt. Die von dem Beklagten zum Beleg für die Einstellung der Bevölkerung angeführte Projektstudie sei nicht aussagekräftig, weil lediglich 244 Bürger in nur zwei Städten in Rheinland-Pfalz befragt worden seien; insbesondere hätte die Gruppe der 15- bis 25-Jährigen wegen ihres häufigen Kontakts mit Polizisten stärker befragt werden müssen. Er selbst habe bislang wegen seiner langen Haare noch keinerlei Durchsetzungsprobleme im Polizeidienst gehabt. Die in dem Rundschreiben vorgeschriebene Haartracht entspreche nicht seinem Lebens- und Identitätsgefühl. Er trage seit seinem 14. Lebensjahr die Haare lange. Privat sei er in der Heavy-Metal-Musikszene verwurzelt und Mitglied einer Band. Nachdem ein Freund, der Schlagzeuger der Band, 2001 bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen sei, habe er sich an dessen Grab entschlossen, seine Haare ebenso lang zu tragen.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid vom 12. Juni 2003 und den Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2003 aufzuheben.

Der Beklagte hat unter Vertiefung der Ausführungen im Widerspruchsbescheid beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 18. Dezember 2003 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen auf die gerichtlichen Entscheidungen im Eilrechtsschutzverfahren verwiesen. Ergänzend hat es ausgeführt, dass sich aus den Grundsätzen des sogenannten "Kopftuch-Urteils" des Bundesverfassungsgerichts vom 24. September 2003 im vorliegenden Fall kein Vorbehalt einer gesetzlichen Regelung herleiten lasse. Im Übrigen sei die Einschätzung des Dienstherrn zu der in der Bevölkerung vorhandenen Anschauung über uniformierte Polizeibeamte mit langen Haaren rechtlich nicht zu beanstanden. Schließlich stelle der vom Kläger mitgeteilte persönliche Hintergrund keinen Umstand dar, der eine Ausnahme gemäß Nr. 7 des Rundschreibens rechtfertige.

Zur Begründung der - von dem Verwaltungsgericht zugelassenen - Berufung trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bedürfe der hier in Frage stehende erhebliche Grundrechtseingriff einer ausdrücklichen gesetzgeberischen Grundlage. Die Befugnis, das äußere Erscheinungsbild von Uniformträgern durch Verwaltungsvorschriften zu regeln, sei auf Einschränkungen der Persönlichkeitsentfaltung während der Dienstzeit beschränkt. Einschränkungen, die sich auch auf die Privatsphäre außerhalb des Dienstes auswirken könnten, bedürften einer ausdrücklichen gesetzgeberischen Entscheidung auf der Grundlage einer in der Öffentlichkeit geführten Diskussion. Allein der Wunsch des Dienstherrn, wie er sich repräsentiert sehen wolle, rechtfertige nicht einen solchen Grundrechtseingriff. Das Bundesverwaltungsgericht habe bereits im Urteil vom 15. Januar 1999 (NJW 1999, 1985) entschieden, dass die Befugnis des Dienstherrn, das äußere Erscheinungsbild der Träger von Dienstkleidung zu regeln, insbesondere die Gestaltung der Haartracht einzuschränken, eng begrenzt sei. Die hier von dem Dienstherrn geäußerte Einschätzung über die Akzeptanz von langen Haaren in der Bevölkerung sei nicht hinreichend abgesichert. Die zitierte Studie sei nicht repräsentativ. Die persönlichen Erfahrungen von ihm und von Kollegen mit langen Haaren hätten ebenfalls berücksichtigt werden müssen. Das Verwaltungsgericht habe es versäumt, einem möglichen Wandel in der Anschauung der Bevölkerung nachzugehen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 18. Dezember 2003 abzuändern und den Bescheid des Polizeipräsidiums Rheinpfalz vom 12. Juni 2003 und den Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2003 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hierzu ergänzt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen und weist insbesondere auf die behördliche Einschätzungsprärogative hinsichtlich der Bedeutung der Dienstkleidung und des äußeren Erscheinungsbildes von Uniformträgern für eine effektive Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben hin. Die Erhebung eines exakten Meinungsbildes in der Bevölkerung sei insofern nicht erforderlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die zu den Akten gereichten Verwaltungsvorgänge sowie auf die Gerichtsakte im Eilrechtsschutzverfahren 2 L 1819/03.NW, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann gemäß § 130 b Satz 2 VwGO auf die zutreffenden Gründe in dessen Urteil vom 18. Dezember 2003 sowie auf den bereits ausführlich begründeten Beschluss des Senats im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vom 22. September 2003 (NJW 2003, 3793) verwiesen werden. Lediglich im Hinblick auf das Vorbringen im Berufungsverfahren führt der Senat ergänzend aus:

Entgegen der Auffassung des Klägers findet die dienstliche Anordnung vom 12. Juni 2003 in den §§ 65 Satz 2, 214 und 84 des Landesbeamtengesetzes - LBG - in Verbindung mit den Vorgaben des Ministeriums des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz in seinem Rundschreiben vom 26. Mai 2003 eine ausreichende rechtliche Grundlage. Für die Regelung der Haarlänge entsprechend Nr. 3.1.1 Satz 3 des Rundschreibens bedurfte es nicht einer ausdrücklichen gesetzgeberischen Festlegung. Ein solcher Parlamentsvorbehalt lässt sich auch nicht den Grundsätzen entnehmen, die das Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 24. September 2003 zu dem Verbot für Lehrkräfte, in Schule und Unterricht ein Kopftuch zu tragen, aufgestellt hat (vgl. NJW 2003, 3111). Das Bundesverfassungsgericht hat das Erfordernis einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage in diesem Urteil damit begründet, dass mit dem Kopftuchverbot die Einschränkung eines vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechts verbunden und die Lösung des unvermeidlichen Spannungsverhältnisses zwischen positiver Glaubensfreiheit eines Lehrers einerseits und der staatlichen Pflicht zu weltanschaulich-religiöser Neutralität, dem Erziehungsrecht der Eltern sowie der negativen Glaubensfreiheit der Schüler andererseits dem demokratischen Landesgesetzgeber obliege und in einem öffentlichen Willensbildungsprozess zu suchen sei (a.a.O., S. 3112 und 3113 a.E.). Das Bundesverfassungsgericht hat sodann verdeutlicht, dass in dem für den Rechtsstreit maßgeblichen Beamtenrecht eine hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage für das Verbot des Kopftuchtragens in Schule und Unterricht nicht vorhanden sei. Insbesondere könne dieses Verbot nicht aus den allgemeinen beamtenrechtlichen Pflichten wie etwa derjenigen zum achtungs- und vertrauensgerechten Verhalten (§ 73 Satz 3 LBG BW [entsprechend § 64 Abs. 1 Satz 3 LBG]) hergeleitet werden. Schließlich, so betont das Bundesverfassungsgericht (a.a.O., S. 3115), bestehe für Lehrer keine Regelung über eine bestimmte Dienstkleidung nach § 94 LBG BW (entsprechend § 84 LBG).

Damit sind die maßgeblichen Unterschiede zu dem hier zu entscheidenden Fall aufgezeigt. Das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit ist von vornherein nur im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet, kann also nur im Rahmen der Gesamtheit der Normen ausgeübt werden, die formell und materiell mit der Verfassung in Einklang stehen (vgl. BVerfG, Urteil vom 31. Januar 1989, E 79, 256 [269]; Beschluss vom 6. Juni 1989, E 80, 137 [153]). Im Übrigen ist in Rheinland-Pfalz für die Beamtinnen und Beamten der Schutz- und Wasserschutzpolizei unter Inanspruchnahme der Ermächtigung in § 84 LBG eine Dienstkleidungsregelung erfolgt. Durch Nr. 2.2 des Rundschreibens des Ministeriums des Innern und für Sport vom 26. Mai 2003 ist angeordnet, dass diese Beamten im Dienst und bei Ausbildungsveranstaltungen Dienstkleidung tragen müssen. Mit § 84 LBG hat der Gesetzgeber bereits die wesentliche Entscheidung darüber getroffen, dass die Beamten im Falle der Dienstkleidungsanordnung aus Gründen des öffentlichen Wohls Einschränkungen in ihrem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit unterliegen. Die Pflicht zum Tragen einer Uniform schließt die Pflicht des Polizeivollzugsbeamten ein, das durch die Uniform bezweckte einheitliche äußere Erscheinungsbild nicht wieder durch die Gestaltung von Haar- und Barttracht sowie das Tragen persönlicher Accessoires in Frage zu stellen. § 84 LBG ermächtigt die oberste Dienstbehörde deshalb auch insofern, die näheren Einzelheiten festzulegen. Weil es sich um lediglich ergänzende Bestimmungen über die Dienstkleidung und das dadurch angestrebte äußere Erscheinungsbild der Polizeibeamten handelt, können diese Regelungen auch durch Verwaltungsvorschriften erfolgen. Dies ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung allgemein anerkannt; der Senat folgt dieser Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1990, BVerwGE 84, 287; Urteil vom 15. Januar 1999, NJW 1999, 1985; BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Januar 1991, NJW 1991, 1477).

Soweit der Kläger des Weiteren rügt, die ministerielle Vorgabe zur Haarlänge bei uniformierten Polizeibeamten beruhe auf einer unzureichenden Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere der Akzeptanz von Schutzpolizisten mit langen Haaren in der Bevölkerung, rechtfertigt auch dies keine andere Entscheidung. Wie in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, obliegt es in erster Linie dem Dienstherrn, im Interesse einer sachgerechten Aufgabenerledigung zu bestimmen, wie er sich durch seine Beamten repräsentiert wissen will (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1990, a.a.O., S. 290). Bei der Beurteilung der Eignung und Erforderlichkeit des gewählten Mittels zur Erreichung des erstrebten Ziels sowie bei der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Einschätzung und Prognose steht dem Dienstherrn eine Einschätzungsprärogative zu, die von den Verwaltungsgerichten nur beschränkt nachprüfbar ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Januar 1999, a.a.O.; BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Januar 1991, a.a.O.). Der Beklagte überschreitet den gesetzlichen Rahmen des ihm eingeräumten Entscheidungsspielraums, wenn er hiervon nicht entsprechend dem Zweck der Ermächtigung oder gar missbräuchlich Gebrauch macht. Gemessen an diesen Vorgaben ist die Entscheidung der obersten Dienstbehörde für die Beschränkung der Haarlänge bei uniformierten Polizeibeamten rechtlich nicht zu beanstanden. So ist die Einschätzung nachvollziehbar, dass lange Haare bei uniformierten Polizeibeamten bei einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung auf Ablehnung, jedenfalls auf eine geringe Akzeptanz stoßen. Als Beleg hierfür durfte der Beklagte durchaus auf die Projektstudie "Wirkung des äußeren Erscheinungsbildes von Polizeibeamten auf die Akzeptanz des Einschreitens" der rheinland-pfälzischen Fachhochschule für öffentliche Verwaltung - Fachbereich Polizei - verweisen, wohl wissend, dass für die Studie nur 244 Bürger in zwei Städten von Rheinland-Pfalz befragt wurden (vgl. zu dieser Studie Henrichs, ZBR 2002, 84 [86 f.]; Beschluss des Senats vom 22. September 2003, NJW 2003, 3793 [3795]). Trotz schmaler Erhebungsgrundlage entfaltet die Studie dennoch Aussagekraft in dem Sinne, dass die Annahmen des Beklagten nicht gänzlich fehlerhaft sind. Soweit der Kläger demgegenüber betont, er habe bei manch kritischen Einsätzen in der Vergangenheit gerade durch sein Auftreten als Polizist mit langen Haaren eine Entspannung der Situation erreichen können, hat der Senat keinen Grund, am Wahrheitsgehalt dieser Aussage zu zweifeln. Dennoch ändern diese positiven Erfahrungen des Klägers nichts an der Einschätzungsprärogative des Dienstherrn. Angesichts der gleichfalls in der Bevölkerung vorhandenen Vorbehalte gegenüber Polizeibeamten mit langen Haaren ist es nicht sachwidrig, wenn der Beklagte diese zum Anlass für eine die Persönlichkeitsentfaltung der Beamten stärker einschränkende Regelung genommen hat. Dass hierbei eine pauschalierende Regelung gewählt wurde, ungeachtet der jeweiligen Einsatzorte der Beamten und der möglichen Ansprechpartner, ist aus Gründen der Praktikabilität und des Interesses an einem einheitlichen Erscheinungsbild der Polizei insgesamt rechtlich nicht zu beanstanden.

Im Übrigen hält der Senat an der im Beschluss vom 22. September 2003 dargelegten Auffassung fest, dass die mit dem Verbot des Tragens überlanger Haare verbundene Einschränkung des Grundrechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit auch verhältnismäßig, insbesondere dem Polizeibeamten zumutbar ist. Der Anspruch des Beamten auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit ist nämlich von vornherein durch die Sachnotwendigkeiten des ihm anvertrauten Amts begrenzt. Er unterliegt somit einer besonderen Pflichtenbindung. Hinzu kommt, dass das Beamtenverhältnis freiwillig eingegangen wird. Diese auf Freiwilligkeit beruhende Pflichtenbindung des Beamten berechtigt den Dienstherrn zu einer stärkeren In-pflichtnahme seiner Bediensteten im Interesse der effektiven Wahrnehmung staatlicher (hier polizeilicher) Aufgaben. Ferner lässt das hier zu beurteilende Verbot einer "deutlich über den Hemdkragen reichenden Haarlänge" dem Beamten noch hinreichende Möglichkeiten zu einer individuellen Gestaltung seiner Frisur.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 4.000,-- € festgesetzt (§ 13 Abs. 1 GKG).

Ende der Entscheidung

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