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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 27.08.2007
Aktenzeichen: 2 A 10364/07.OVG
Rechtsgebiete: GG, BBesG


Vorschriften:

GG Art. 33
GG Art. 33 Abs. 5
BBesG § 12
BBesG § 12 Abs. 1
BBesG § 12 Abs. 2
BBesG § 12 Abs. 2 S. 3
BBesG § 49
BBesG § 49 Abs. 3
BBesG § 49 Abs. 3 S. 1
Das Land Rheinland-Pfalz ist nicht verpflichtet, die Abgeltung der Bürokosten der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher für die Jahre 2001 bis 2003 zu erhöhen.
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 A 10364/07.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Besoldung und Versorgung

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. August 2007, an der teilgenommen haben

Präsident des Oberverwaltungsgerichts Prof. Dr. Meyer Richter am Oberverwaltungsgericht Stamm Richter am Oberverwaltungsgericht Bonikowski ehrenamtlicher Richter Buchhändler Hoffstadt ehrenamtliche Richterin VWA-Betriebswirtin Neu

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 1. März 2007 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die nachträglich zum 1. Januar 2001 reduzierte Bürokostenentschädigung für Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher sowie die Nachforderung von Gebührenanteilen für das Jahr 2002 und die ersten beiden Quartale des Jahres 2003.

Nach § 2 der auf Grund des § 49 Abs. 3 Bundesbesoldungsgesetz - BBesG -erlassenen Landesverordnung zur Abgeltung der Bürokosten der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher vom 3. Juli 1998 - im folgendem BKE-VO -(GVBl. 227) erhalten Gerichtsvollzieher als Entschädigung für die Verpflichtung zur Errichtung und Unterhaltung eines Büros die erhobenen Schreibauslagen und einen Anteil der für die Erledigung der Aufträge eingenommenen Gebühren. Der Gebührenanteil darf den in § 3 Abs. 2 Satz 1 BKE-VO festgelegten Höchstbetrag nicht überschreiten. Gebührenanteil und Jahreshöchstbetrag orientieren sich an den 1975 festgelegten und bis heute fortgeschriebenen Sach- und Personalkosten eines durchschnittlich ausgelasteten rheinland-pfälzischen Gerichtsvollzieherbüros (bereinigter Jahreshöchstbetrag). Sie werden nach §§ 2 Satz 2, 3 Abs. 2 Satz 3 1. Halbsatz BKE-VO für jedes Kalenderjahr vom Minister der Justiz festgesetzt. Solange für ein Kalenderjahr noch keine Festsetzungen erfolgt sind, gelten die des vorangegangenen Kalenderjahres gemäß §§ 2 Satz 3, 3 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz BKE-VO vorläufig weiter.

Nach der 3. Änderungsverordnung vom 11. Oktober 2000 (GVBl. S. 442) standen den Gerichtsvollziehern im Jahr 2000 71,5 % der Gebühren, höchstens 61.700,--DM (31.546,71 €) als Entschädigung für ihre Bürokosten zu. Gebührenanteil und Höchstbetrag wurden für das Kalenderjahr 2001 auf 60,30 % und 55.400,-- DM (28.325,57 €), für 2002 auf 47,10 % und 23.450,-- € sowie für 2003 auf 45,90 % und 24.100,-- € vermindert. Im Vorgriff auf die später erlassenen Änderungsverordnungen senkte das Ministerium der Justiz durch Verfügungen vom 31. Juli 2001 und 20. Februar 2002 Gebührenanteil und Jahreshöchstbetrag für 2001 auf 60 % und 57.700,-- DM (29.501,54 €) sowie für 2002 auf 50 % und 23.100,-- €.

Durch Bescheide vom 23. Mai, 12. Juni und 21. Juli 2003 stellte das Amtsgericht Koblenz fest, dass die Klägerin im Jahre 2002 sowie im 1. und 2. Quartal 2003 Gebührenanteile in Höhe von insgesamt 1.412,68 € zu Unrecht nicht an den Beklagten abgeführt habe. Den hiergegen eingelegten Widerspruch, den die Klägerin im Wesentlichen damit begründet hat, die Entschädigung bleibe hinter ihren Kosten zurück, wies der Präsident des Oberlandesgerichts Koblenz mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2003 zurück.

Am 29. August 2003 beantragte die Klägerin die Heraufsetzung des Gebührenanteils mit Wirkung vom 1. Januar 2001 auf mindestens 71,5 % und des Jahreshöchstbetrages auf 31.450,-- €. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 18. September 2003 ab und wies den hiergegen eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. November 2003 zurück.

Ihre sodann erhobene Klage hat die Klägerin im Wesentlichen damit begründet, dass die Entschädigungsverordnung gegen § 49 Abs. 3 BBesG in Verbindung mit Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz - GG - verstoße. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien die den Gerichtsvollziehern im Durchschnitt tatsächlich entstandenen Bürokosten für die Höhe der Entschädigung maßgebend. Dabei müsse der Beklagte die Richtigkeit der Festsetzung des Gebührenanteils und des Höchstbetrages anhand repräsentativer und aktueller Kostenermittlungen belegen. Diesen Anforderungen werde die Erhebung der im Jahre 2000 entstandenen Bürokosten nicht gerecht. Sie enthalte überwiegend geschätzte und keine tatsächlichen Kosten. Es fehle auf der Tatbestandsseite eine ausreichende Differenzierung zwischen den deutlich unterschiedlichen Strukturen der Gerichtsvollzieherbüros. Ebenso wenig seien regionale Unterschiede berücksichtigt worden. Im Hinblick auf Hilfskräfte, die ohne oder gegen geringes Entgelt beschäftigt würden, sei die Erhebung nicht bereinigt worden. Darüber hinaus habe der Beklagte die gestiegenen Anforderungen an ein Gerichtsvollzieherbüro nicht beachtet.

Die rückwirkende Verringerung der Bürokostenentschädigung verstoße gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot. Wegen des im Jahre 2001 vorläufig weiter geltenden Gebührenanteils von 71,5 % und des Jahreshöchstbetrages von 61.700,-- DM sei schutzwürdiges Vertrauen in die Fortgeltung der bisherigen Regelung geschaffen worden. Jedenfalls schließe § 2 BKE-VO nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres eine rückwirkende Absenkung der Bürokostenentschädigung aus.

Die Klägerin hat beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides vom 18. September 2003 und des Widerspruchsbescheids vom 26. November 2003 festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den in den §§ 2, 3 BKE-VO in der Fassung der 5. Änderungsverordnung vom 8. Mai 2003 festgesetzten Gebührenanteil und Höchstbetrag der Bürokostenentschädigung rückwirkend zum 1. Januar 2001 zu erhöhen, sowie die Bescheide des Amtsgerichts Koblenz vom 23. Mai, 12. Juni und 21. Juli 2003, jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Oberlandesgerichts Koblenz vom 16. Oktober 2003, aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen: An der in Rheinland-Pfalz durchgeführten Erhebung der im Jahre 2000 tatsächlich entstandenen Bürokosten seien 14 nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Gerichtsvollzieher aus beiden OLG-Bezirken sowie aus städtischen und ländlichen Bereichen beteiligt worden. Die Kostenermittlung beruhe somit auf einer ausreichend breiten Grundlage. Sie habe ergeben, dass die durchschnittlich entstandenen Bürokosten um 36.000,--DM niedriger gewesen seien als die im Durchschnitt gewährte Entschädigung. Ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot liege nicht vor. Wegen der lediglich vorläufigen Weitergeltung des Gebührenanteils und Höchstbetrages des vorangegangenen Jahres sei mit einer rückwirkenden Festsetzung zu rechnen gewesen.

Mit Urteil vom 1. März 2007 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe für die Jahre 2001 bis 2003 keinen Anspruch auf eine Erhöhung des Gebührenanteils und des Höchstbetrages zur Abgeltung ihrer Bürokosten. Deshalb seien auch die angefochtenen Bescheide rechtlich nicht zu beanstanden.

Ausweislich der für das Jahr 2000 durchgeführten Erhebung sei die Erstattung erheblich höher gewesen als die tatsächlich angefallenen Kosten. Hieran habe die stufenweise Absenkung des im Jahre 2000 geltenden Gebührenanteils von 71,5 % und des Höchstbetrages von 61.700,-- DM (31.546,71 €) auf 45,9 % und 24.100,-- € im Jahre 2003 nichts geändert. Die gegen die Erhebung vorgebrachten Einwände der Klägerin griffen nicht durch. Die Angaben der Gerichtsvollzieher seien durch Prüfbeamte kontrolliert worden. Ob eine Verpflichtung zur Staffelung der Kostenerstattung bestanden habe, könne offen bleiben, da die Kostenerstattung jedenfalls nicht zu niedrig gewesen sei. Der Beklagte habe die durchschnittlichen Bürokosten der rheinland-pfälzischen Gerichtsvollzieher auch zeitnah ermittelt. Insoweit genüge es, zwischen zwei Evaluationen Kontrollen anhand gesamtwirtschaftlicher Indizes vorzunehmen.

Das Inkrafttreten der jeweiligen Änderungen des Gebührenanteils und Höchstbetrages vor dem Erlass der Änderungsverordnung verstoße weder gegen einfaches Recht noch gegen Verfassungsrecht. Die BKE-VO schreibe nicht vor, dass die Anpassung der Abgeltungsregelung nur bis zum Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres erfolgen dürfe. Außerdem seien die strengeren Anforderungen an eine echte Rückwirkung erfüllt. Angesichts der nur vorläufig fortgeltenden Regelung des vorangegangenen Jahres habe mit einer Neufestsetzung und folglich mit einer Änderung gerechnet werden müssen. Hinzu komme, dass der Beklagte 2001 und 2002 für das jeweils laufende Kalenderjahr den Gebührenanteil und den Höchstbetrag vorab auf Werte abgesenkt habe, die in etwa denjenigen entsprochen hätten, die nachfolgend durch die Änderungsverordnungen endgültig festgesetzt worden seien.

Mit ihrer Berufung verweist die Klägerin auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und macht ergänzend im Wesentlichen geltend: Der Normänderungsantrag sei begründet. Die Entschädigungsregelungen für 2001 und die nachfolgenden Jahre verstießen gegen § 49 Abs. 3 Satz 1 BBesG und Art. 3 Abs. 1 GG. In der Erhebung der im Jahr 2000 entstandenen Kosten seien die Büros in ländlichen Bezirken überrepräsentiert. Die Festsetzungen der Gebührenanteile und der Höchstbeträge lasse eine Differenzierung hinsichtlich der Struktur der Gerichtsvollzieherbüros und wegen wesentlicher regionaler Unterschiede vermissen. Insbesondere dürfe keine Nivellierung der Erstattung wegen des unentgeltlichen Einsatzes von Bürokräften erfolgen. In Anlehnung an den Begriff der "Abgabengerechtigkeit" sei zudem eine Entschädigungsregelung nur dann rechtlich unbedenklich, wenn lediglich 10 % der Gerichtsvollzieherbüros durch die Typisierung ungleich behandelt würden. Schließlich werde daran festgehalten, dass die Rückwirkung der ab 1. Januar 2001 geltenden Entschädigungsregelungen einen unzulässigen Eingriff in einen abgeschlossenen Tatbestand darstelle.

Die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig. Ihnen stehe § 12 Abs. 1 BBesG entgegen. Außerdem fehle es an der gemäß § 97 a Landesbeamtengesetz - LBG - in Verbindung mit § 12 Abs. 3 Satz 3 BBesG zwingend vorgeschriebene Billigkeitsentscheidung.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Bescheide des Amtsgerichtsgerichts Koblenz vom 23. Mai, 12. Juni und 21. Juli 2003, jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Oberlandesgerichts Koblenz vom 16. Oktober 2003, aufzuheben, sowie unter Aufhebung des Bescheides vom 18. September 2003 und des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2003 festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den in den §§ 2, 3 BKE-VO in der Fassung der 5. Änderungsverordnung vom 8. Mai 2003 festgesetzten Gebührenanteil und Höchstbetrag der Bürokostenentschädigung rückwirkend zum 1. Januar 2001 zu erhöhen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt er ergänzend zu seinem erstinstanzlichen Vorbringen zusätzlich vor: Die Klägerin könne sich bereits angesichts der Höhe der Nachforderungsbeträge nicht auf das Fehlen einer Billigkeitsentscheidung im Sinne des § 97 a LBG in Verbindung mit § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG berufen. Außerdem würden mit den angefochtenen Bescheiden keine Bezüge zurückgefordert, sondern Gebühren, die die Klägerin vereinnahmt habe und die ihr nicht zustünden, nachgefordert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten, die Gerichtsakten im Verfahren 6 K 1678/06.KO und die Verwaltungs- und Widerspruchsakten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Feststellung der Verpflichtung des Beklagten, den in §§ 2, 3 BKE-VO in der Fassung der 5. Änderungsverordnung vom 8. Mai 2003 festgesetzten Gebührenanteil und Höchstbetrag der Bürokostenentschädigung rückwirkend zum 1. Januar 2001 zu erhöhen, ebenso zu Recht abgewiesen wie die Anfechtungsklage gegen die Bescheide des Amtsgerichts Koblenz vom 23. Mai, 12. Juni und 21. Juli 2003.

Der Antrag auf Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zur Änderung der §§ 2, 3 BKE-VO rückwirkend zum 1. Januar 2001 ist zulässig (BVerwG, NVwZ 2002, 1505), in der Sache jedoch unbegründet. Denn die in den Jahren 2001 bis 2003 gewährte Bürokostenentschädigung steht mit § 49 Abs. 3 Satz 1 BBesG in Einklang. Danach sind die Landesregierungen ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Abgeltung der den Gerichtsvollziehern für die Verpflichtung zur Errichtung und Unterhaltung eines Büros entstehenden Kosten zu regeln. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts enthält § 49 Abs. 3 Satz 1 BBesG nicht nur eine bloße Ermächtigung zum Erlass einer Abgeltungsregelung, sondern verpflichtet den Dienstherrn zugleich zum regelmäßigen Ersatz der angefallenen Bürokosten. Dies folgt aus dem verfassungsrechtlichen Gebot amtsangemessener Alimentation im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG. Den Gerichtsvollziehern soll nicht zugemutet werden, Kosten selbst zu übernehmen, die ihnen zwangsläufig aufgrund dienstlicher Verpflichtungen entstehen und die andere Beamte gleichen Amtes nicht zu tragen haben.

Nach dem Wortlaut des § 49 Abs. 3 Satz 1 BBesG werden die Landesregierungen zur Regelung einer Abgeltung für die "den Gerichtsvollziehern" und nicht für die "dem Gerichtsvollzieher" entstehenden Kosten ermächtigt. Aus der Verwendung der Mehrzahl folgt, dass Abgeltungsmaßstab nicht die bei dem einzelnen Beamten, hier der Klägerin, konkret anfallenden Kosten sind, sondern die im Durchschnitt sämtlichen Gerichtsvollziehern im Geltungsbereich einer landesrechtlichen Abgeltungsregelung entstehenden Kosten. Damit erlaubt die bundesrechtliche Ermächtigung die Normierung einer typisierenden und pauschalierenden Aufwandsentschädigung, die sich jedoch realitätsnah an den tatsächlich entstehenden Kosten zu orientieren hat. Dies wiederum bedeutet, dass der Dienstherr im Falle großer regionaler Unterschiede verpflichtet ist, die Abgeltungssätze entsprechend zu staffeln oder diesen Umstand im Rahmen seiner Durchschnittsberechnung auf andere Weise zu berücksichtigen. Eine arbeitnehmergleiche Beschäftigung von Angehörigen, die ohne Entgelt und ohne die Entrichtung von Sozialbeiträgen erfolgt, hat der Dienstherr bei der Auswertung seiner Kostenerhebung außer Betracht zu lassen (BVerwG, NVwZ-RR 2005, 214).

Mit den vorgenannten Grundsätzen stehen die für die Jahre 2001 bis 2003 erlassenen Änderungen der BKE-VO in Einklang. Die danach durchschnittlich gewährte Bürokostenentschädigung war trotz der Herabsetzung des Gebührenanteils und des Höchstbetrages jeweils höher als die den rheinland-pfälzischen Gerichtsvollziehern im Durchschnitt tatsächlich entstandenen Kosten. Dies ergibt sich aus einer bundesweiten Erhebung der im Jahre 2000 erforderlichen Personal- und Sachkosten. An ihr haben 8 % der Gerichtsvollzieher, d.h. in Rheinland-Pfalz 14 Gerichtsvollzieher, teilgenommen. Sie hat ergeben, dass den rheinland-pfälzischen Gerichtsvollziehern für die Errichtung und Unterhaltung ihrer Büros im Jahre 2000 im Durchschnitt 16.030,61 € (Personalkosten ohne Privatvorsorge: 7.662,26 €, Sachkosten: 8.368,35 €) entstanden. Die von der Klägerin gegen die Verwertbarkeit der Erhebung geltend gemachten Einwendungen greifen nicht durch. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen verweist der Senat zunächst gemäß § 130 b Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts.

Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen wird ergänzend ausgeführt: Die nach dem Zufallsprinzip erfolgte Auswahl der in die Erhebung einbezogenen Gerichtsvollzieherbüros wurde der Struktur des Landes Rheinland-Pfalz gerecht und war deshalb repräsentativ. Entgegen der Auffassung der Klägerin wurden Büros, die ihren Sitz im ländlichen Raum hatten, bei der Erhebung nicht übergewichtet. Im Jahre 2000 lebten in Rheinland-Pfalz ca. 2/3 der Bevölkerung in Gemeinden mit einer Größe von bis zu 20.000 Einwohnern (vgl. Statistisches Taschenbuch Rheinland-Pfalz 2002, S. 27). Von den an der Erhebung teilnehmenden Büros hatten indessen nur 50 % ihren Sitz in solchen Gemeinden (...). Hieraus folgt auch keine Übergewichtung der Büros in Städten mit mehr als 20.000 Einwohnern. Zwar lebten dort nur ca. 1/3 der Bevölkerung. Jedoch sind die Gerichtsvollzieher mit Dienstsitz in Gemeinden dieser Größe (...) jedenfalls zum Teil auch für den benachbarten ländlichen Raum zuständig.

Die Auswertung der Erhebung der Bürokosten für das Jahr 2000 entsprach auch den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an die Berücksichtigung der ohne Entgelt beschäftigten Angehörigen der Gerichtsvollzieher. Denn das Büro in G., in dem keine Personalkosten entstanden, wurde bei der Ermittlung der durchschnittlichen Personalkosten nicht berücksichtigt.

Aus der Erhebung ergaben sich keine Kostendifferenzen, die auf großen regionalen Unterschieden (z.B. Stadt-Land-Gefälle) beruhten und den Verordnungsgeber deshalb zur Staffelung der Entschädigung verpflichtet hätten (vgl. BVerwG, a.a.O.). Wegen der grundsätzlich zulässigen Kompensation von Sach- und Personalkosten sind zunächst die Gesamtkosten der in die Erhebung einbezogenen Büros zu vergleichen. Danach hatten sowohl die Büros, die unterdurchschnittliche Gesamtkosten verursachten (...) als auch die, deren Kosten über dem Durchschnitt lagen (...), ihren Sitz in großen und kleinen Gemeinden. Das gleiche Ergebnis ergibt sich, wenn man Personal- und Sachkosten getrennt betrachtet. So lagen die Personalkosten der Büros in ... unter dem Durchschnitt, die der Büros in ... darüber. Unterdurchschnittliche Sachkosten verursachten das eine der beiden an der Erhebung beteiligten Gerichtsvollzieherbüros in ... sowie die Büros in .... Überdurchschnittliche Sachkosten entstanden in dem anderen Büro mit Sitz in ... und in denjenigen in ....

Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt aus den Ergebnissen der Kostenerhebung keine Verpflichtung des Beklagten, die Entschädigung aus sonstigen Gründen zu staffeln. Insbesondere sind die Grenzen der Typisierung, die im Abgabenrecht Anwendung finden (vgl. BVerwG, DVBl. 2005, 255), nicht auf die Abgeltung der Kosten eines Gerichtsvollzieherbüros übertragbar. Im Abgabenrecht hat der Zahlungspflichtige grundsätzlich keine Möglichkeiten, nachteilige Folgen einer typisierenden Regelung abzuwenden. Deshalb bedarf es dort aufgrund des Willkürverbotes des Art. 3 Abs. 1 GG unter den von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen einer Korrektur. Bei der Festsetzung der Höhe der Entschädigung von Gerichtsvollziehern für die Einrichtung und Vorhaltung eines Büros besteht ein solches Bedürfnis nicht. Die Bürokosten hängen in starkem Maße von der Disposition des einzelnen Gerichtsvollziehers ab. Es besteht Spielraum zur Kostensenkung, aber auch die Möglichkeit, durch Mehrarbeit die Gebühreneinnahmen zu erhöhen. Somit können die Gerichtsvollzieher, die mit der ihnen gewährten Entschädigung ihre Kosten nicht decken können, zumindest mittelfristig ihre Büroorganisation den durchschnittlichen Kosten anpassen.

Greifen die Einwendungen gegen die Erhebung der im Jahre 2000 entstandenen Bürokosten nicht durch, ergibt sich aus ihr, dass die damals durchschnittlichen Bürokosten deutlich niedriger waren als die im Durchschnitt gewährte Entschädigung. Denn den durchschnittlichen Gesamtkosten von 16.032,-- € stand ein Abgeltungsbetrag von 38.495,-- € gegenüber. Demnach überstieg die Entschädigung die Kosten um 22.463,-- €.

Auch in den Jahren 2001 bis 2003 war die durchschnittliche Entschädigung erheblich höher als die tatsächlich entstandenen Bürokosten. Dies folgt aus einer Fortschreibung der für das Jahre 2000 ermittelten Kosten, ohne dass es einer jährlichen Ermittlung der tatsächlich angefallenen Kosten bedurfte. Insoweit hält der Senat einen Zuschlag von jährlich 5% für die eingetretenen Kostensteigerungen für angemessen. Danach ergaben sich für die Jahre 2001 bis 2003 folgende Überzahlungen:

2001

 Bereinigter Jahreskostenbetrag: 33.742,17 €
abzüglich Kosten 2000 + 5 %: 17.270,40 €
Überzahlung: 16.471,77 €

2002

 Bereinigter Jahreskostenbetrag: 27.438,05 €
abzüglich Kosten 2001 + 5 %: 18.133,92 €
Überzahlung: 9.304,13 €

2003

 Bereinigter Jahreskostenbetrag: 28.303,72 €
abzüglich Kosten 2002 + 5 %: 19.040,61 €
Überzahlung: 9.263,11 €.

Waren die in den Jahren 2001 bis 2003 gewährten durchschnittlichen Entschädigungszahlungen für die Einrichtung und Unterhaltung eines Gerichtsvollzieherbüros angesichts der im Durchschnitt entstandenen Bürokosten somit mehr als auskömmlich, besteht wegen der Höhe des Gebührenanteils und des Höchstbetrages kein Anspruch der Klägerin auf Änderung der BKE-VO.

Der Beklagte ist auch nicht verpflichtet, die Bürokostenentschädigung für die Jahre 2001 bis 2003 deshalb zu erhöhen, weil die Änderungsverordnungen nach Ablauf der jeweiligen Kalenderjahre rückwirkend in Kraft gesetzt wurden. Gemäß §§ 2 Satz 3, 3 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz BKE-VO gelten der Gebührenanteil und der Jahreshöchstbetrag des vorangegangenen Kalenderjahres vorläufig weiter, solange für ein Kalenderjahr noch kein Gebührenanteil und Höchstbetrag festgesetzt sind. Weder Wortlaut noch Sinn und Zweck der Regelung schließen die Neufestsetzung von Gebührenanteil und Höchstbetrag nach Ablauf des jeweiligen Jahres aus. Die gegenteilige Rechtsprechung des OVG Bautzen (DGVZ 2006, 8) ist auf die rheinland-pfälzische Rechtslage nicht übertragbar, weil - worauf das Verwaltungsgericht bereits zutreffend hingewiesen hat - § 2 der sächsischen Landesverordnung über die Abgeltung der Bürokosten der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher vom 14. Dezember 1998 (GVBl. S. 670) einen anderen Wortlaut als § 2 Satz 3 BKE-VO hatte. Außerdem wird der Ausgleich zwischen dem Interesse der Gerichtsvollzieher an finanzieller Planungssicherheit einerseits und dem des Dienstherrn an der Festsetzung der Bürokostenentschädigung aufgrund verlässlicher Daten andererseits durch die verfassungsrechtlichen Grundsätze über die Zulässigkeit der Rückwirkung gewährleistet.

Die für die Jahre 2001 bis 2003 erfolgte rückwirkende Verringerung der Bürokostenentschädigung der Gerichtsvollzieher verstößt auch nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot, das zu den wesentlichen Elementen des Rechtsstaatsprinzips zählt. Danach ist das Vertrauen in den Bestand von Rechtsnormen bis zu ihrer ordnungsgemäßen Aufhebung grundsätzlich geschützt (vgl. BVerfGE 18, 429 [439]; 23, 12 [32]; VGH RP, Beschluss vom 5. Juli 2007 - VHG N 18/06 -). Bei der verfassungsrechtlichen Bewertung rückwirkender Regelungen ist zu unterscheiden, ob es sich um eine echte oder unechte Rückwirkung handelt. Eine - verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässige - echte Rückwirkung setzt voraus, dass eine Rechtsnorm nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift. Eine unechte Rückwirkung hingegen liegt vor, wenn die Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehung für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betreffende Rechtsposition nachträglich entwertet; sie ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig (vgl. BVerfGE 95, 64 [86]).

Es spricht einiges dafür, dass die jeweils im Folgejahr zu Beginn des vorangegangenen Jahres erfolgten Absenkungen des Gebührenanteils und Jahreshöchstbetrages zur Abgeltung der Bürokosten der Gerichtsvollzieher als unechte Rückwirkung anzusehen sind. Dafür spricht die in § 2 Satz 3 BKE-VO angeordnete vorläufige Fortgeltung der Regelung des jeweils vorangegangenen Jahres. Dies hindert die endgültige Entstehung des Anspruchs auf Bürokostenentschädigung vor der Neufestsetzung von Gebührenanteil und Höchstbetrag. Insofern unterscheidet sich die hier zu beurteilende Verordnungsregelung von § 10 der Landesverordnung zur Durchführung des Landeswaldgesetzes auf den sich die Klägerin beruft. Danach werden die Beträge nach § 28 Abs. 2 Landeswaldgesetz (kalender-)jährlich zum 1. April des Folgejahres endgültig abgerechnet (vgl. VGH Rh-Pf, a.a.O.).

Selbst wenn eine echte Rückwirkung gegeben wäre, wären die strengen Voraussetzungen für ihre verfassungsrechtliche Zulässigkeit erfüllt. Das Rückwirkungsverbot gilt dort nicht, wo sich ausnahmsweise kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte. Dies ist u.a. der Fall, wenn die Betroffenen schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird, nicht mit der Weitergeltung der Regelung rechnen konnten (BVerfGE 88, 384 [404] m.w.N.).

Die Gerichtsvollzieher durften auf den Fortbestand der Bürokostenentschädigung in der zum 1. Januar 2000 festgesetzten Höhe in den Jahren 2001 bis 2003 nicht vertrauen. Denn § 2 Satz 2 BKE-VO ordnet lediglich eine "vorläufige" Weitergeltung des Gebührenanteils und des Höchstbetrages an, solange für ein Kalenderjahr noch keine Neufestsetzung erfolgt ist. Außerdem erfolgte im Jahre 1999 die Erhöhung des Jahreskostenbetrages um damals 8.000,-- DM wegen der Erweiterung der Zuständigkeiten der Gerichtsvollzieher nur unter dem Vorbehalt einer späteren Nachprüfung, ob hierdurch eine Steigerung der Bürokosten eingetreten war. Zusätzlich hat der Beklagte zur Vermeidung von Nachforderungen für die Jahre 2001 und 2002 im Vorgriff auf die Festsetzungen des Gebührenanteils und Höchstbetrages mit Verfügungen vom 31. Juli 2001 und 20. Februar 2002 den Abrechnungen der Bürokostenentschädigung bereits Gebührenanteile von 60 % bzw. 50 % und Höchstbeträge von 29.143,65 € (57.700,-- DM) bzw. 23.100,-- € zugrunde gelegt.

Nach alledem ist der Beklagte unter keinem Gesichtspunkt verpflichtet, die für die Jahre 2001 bis 2003 festgesetzte Bürokostenentschädigung rückwirkend zum 1. Januar 2001 zu erhöhen.

Das Verwaltungsgericht hat auch die Anfechtungsklage gegen die Bescheide vom 23. Mai, 12. Juni und 21. Juli 2003 zu Recht abgewiesen. Die ihnen zugrunde liegenden Berechnungen der Gebührenteile zur Abgeltung der Bürokosten der Klägerin finden ihre Rechtsgrundlage in den wirksamen BKE-VO für die Jahre 2002 und 2003. Außerdem stehen der Rechtmäßigkeit der Bescheide weder § 12 Abs. 1 BBesG noch das Fehlen von Billigkeitsentscheidungen entgegen.

Gemäß § 12 Abs. 1 BBesG sind Unterschiedsbeträge nicht zu erstatten, wenn ein Beamter durch eine gesetzliche Änderung seiner Bezüge mit rückwirkender Kraft schlechter gestellt wird. Diese Vorschrift ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Zum einen beinhalten die angefochtenen Bescheide nicht die Rückforderung von Zahlungen an die Klägerin. Vielmehr beziehen sie sich auf die Nachzahlung von zu Unrecht einbehaltener Gebührenteile. Zum anderen handelt es sich bei der Bürokostenentschädigung entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Halle (DGVZ 2007, 86 [88]) nicht um Bezüge im Sinne des § 12 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 und 3 BBesG. Denn die Abgeltung der Bürokosten stellt eine Aufwandsentschädigung dar, die nicht Teil der Alimentation ist (BVerwG, a.a.O.).

Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, vor der Nachforderung der Gebührenteile Billigkeitsentscheidungen zu treffen. § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG und § 97 a LBG sehen solche Entscheidungen nur für den Fall der Rückforderung von Bezügen oder sonstigen aus dem Beamtenverhältnis gewährten Leistungen vor. Da die Nachforderung von zu Unrecht einbehaltenen Gebührenteilen mit den in § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG und § 97 a LBG geregelten Fällen nicht vergleichbar ist, scheidet eine analoge Anwendung dieser Vorschriften aus. Im Übrigen sind Billigkeitsgründe nicht ersichtlich. Es ist im System der Entschädigung der im Durchschnitt tatsächlich entstandenen Bürokosten angelegt und deshalb nicht untypisch, dass die gewährte Entschädigung nicht in jedem Fall kostendeckend ist.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.412,68 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 und 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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