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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 28.11.2008
Aktenzeichen: 2 A 10495/08.OVG
Rechtsgebiete: GG, WRV, VwGO


Vorschriften:

GG Art. 3
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 19
GG Art. 19 Abs. 4
GG Art. 140
WRV Art. 137
WRV Art. 137 Abs. 3
WRV Art. 137 Abs. 3 Satz 1
VwGO § 40
VwGO § 40 Abs. 1
Gegenüber Maßnahmen von Kirchen und Religionsgemeinschaften auf dem Gebiet des kirchlichen Dienstrechts ist gemäß § 40 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit dem staatlichen Justizgewährleistungsanspruch der Rechtsweg zu den staatlichen Verwaltungsgerichten gegeben. Lediglich der Umfang der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung ist durch das kirchliche Selbstbestimmungsrecht beschränkt (im Anschluss an BGHZ 154, 306).
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 A 10495/08.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Ruhegehaltfähigkeit einer Stellenzulage

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2008, an der teilgenommen haben

Präsident des Oberverwaltungsgerichts Prof. Dr. Meyer Richter am Oberverwaltungsgericht Stamm Richter am Oberverwaltungsgericht Steinkühler ehrenamtlicher Richter Landrat a.D. Schrader ehrenamtliche Richterin Schönheitspflegerin Stoffel

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 18. März 2008 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der im Jahre 1946 geborene Kläger, der als Pfarrer im Dienst der Beklagten steht, wendet sich gegen den Wegfall der Ruhegehaltfähigkeit einer in der Vergangenheit bezogenen Stellenzulage.

Vom 1. Januar 1987 bis zum 31. Dezember 1994 erhielt der Kläger als Direktor der Evangelischen Akademie gemäß § 8 Abs. 3 des Pfarrbesoldungsgesetzes in seiner damaligen Fassung - PfBesG a. F. - eine Stellenzulage zunächst in vierfacher, ab 1. August 1988 in fünffacher Höhe der Zulage zwischen den Stufen 11 und 12 der Besoldungsgruppe A 15. Nach § 7 Abs. 3 PfBesG a. F. wurde die Stellenzulage nach einer Bezugsdauer von sechs Jahren ruhegehaltfähig. Seit Januar 1995 nimmt der Kläger beim Landeskirchenrat die Aufgabe des Beauftragten für Weltanschauungsfragen wahr.

Durch Gesetz zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 18. Mai 2001 wurde das Pfarrbesoldungsrecht der Beklagten zum 1. Januar 2002 neu geregelt. Dabei wurde die Ruhegehaltfähigkeit von Zulagen grundsätzlich ausgeschlossen. Zur Besitzstandswahrung sieht Art. 4 § 2 des Änderungsgesetzes eine Überleitungszulage für Fälle vor, in denen sich die Dienstbezüge durch die Neuregelung vermindern. Sie unterliegt der teilweisen Abschmelzung und ist im verbleibenden Umfang ruhegehaltfähig.

Mit Bescheid vom 20. Februar 2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die in der Zeit vom 1. August 1988 bis zum 31. Dezember 1994 bezogene Stellenzulage aufgrund des am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Pfarrbesoldungsgesetzes - PfBesG n. F. - im Versorgungsfall nicht als ruhegehaltfähig anzuerkennen sei. Die hiergegen eingelegte Beschwerde und die Klage vor den kirchlichen Verwaltungsgerichten hatten keinen Erfolg.

Die sodann beim Verwaltungsgericht erhobene Feststellungsklage wurde durch Urteil vom 18. März 2008 als unzulässig abgewiesen. Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten sei nicht gemäß § 40 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit dem allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch eröffnet. Das Verhältnis zwischen dem verfassungsrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften und der staatlichen Justizgewährleistungspflicht sei in der Rechtsprechung streitig. Das Bundesverwaltungsgericht schließe im Bereich des Dienstrechts der Geistlichen Rechtsschutz durch staatliche Gerichte auch insoweit aus, als die Einhaltung der fundamentalen Grundsätze staatlicher Rechtsordnung geltend gemacht werde. Demgegenüber sei der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten nach Auffassung des Bundesgerichtshofs auch gegenüber kirchenrechtlichen Maßnahmen eröffnet. Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen sei erst bei der Prüfung des geltend gemachten Anspruchs zu berücksichtigen. Deshalb beschränke sich die Kontrolle der staatlichen Gerichte darauf, ob die kirchliche Maßnahme gegen Grundprinzipien der Rechtsordnung verstoße.

Ausgehend von den gegensätzlichen Auffassungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichtshofs, zu denen das Bundesverfassungsgericht noch nicht abschließend Stellung genommen habe, sei einer vermittelnden Meinung zu folgen: Der Verwaltungsrechtsweg sei in vermögensrechtlichen Streitigkeiten der Kirchenbeamten dann nicht gegeben, wenn der Rechtsweg zu einem kirchlichen Verwaltungsgericht eröffnet sei, das die Merkmale eines Gerichts im rechtsstaatlichen Sinne aufweise. Diese Voraussetzungen seien bei dem vom Kläger beschrittenen kirchlichen Rechtsweg erfüllt. Die Richter seien sachlich und persönlich unabhängig, die Anwendbarkeit der Verwaltungsgerichtsordnung sei gewährleistet und es werde die Einhaltung der Grundprinzipien staatlicher Rechtsordnung geprüft. Deshalb sei im vorliegenden Fall die Klage zum staatlichen Verwaltungsgericht unzulässig.

Die hiergegen eingelegte Berufung begründet der Kläger im Wesentlichen damit, dass dienst- und arbeitsrechtliche Maßnahmen der Kirchen aufgrund des Justizgewährleistungsanspruchs der vollständigen Überprüfung durch staatliche Gerichte unterlägen. Der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dem Kläger habe der Rechtsweg zu einem kirchlichen Verwaltungsgericht offen gestanden, das die Merkmale eines Gerichts im rechtsstaatlichen Sinne aufweise, könne nicht gefolgt werden. Die Mitglieder der Kirchengerichte seien aufgrund der ihnen abverlangten Bindung an die kirchliche Ordnung nicht unabhängig.

Die Aberkennung der Ruhegehaltfähigkeit der erdienten Stellenzulage sei rechtswidrig. Sie verstoße gegen das Rückwirkungsverbot, weil das schutzwürdige Vertrauen des Klägers in den Fortbestand der bisherigen Regelung verletzt sei. Wegen des Fehlens einer ihn betreffenden Übergangsregelung werde der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt. Darüber hinaus liege eine willkürliche Ungleichbehandlung durch ein Einzelfallgesetz vor. Außerdem werde er im Vergleich zu anderen Pfarrern ohne sachliche Rechtfertigung benachteiligt. Schließlich sei die Pfarrvertretung beim Zustandekommen des Gesetzes nicht beteiligt worden.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 18. März 2008 und des Bescheides der Beklagten vom 20. Februar 2003 in der Fassung der Beschwerdebescheide vom 13. Juni und 1. Juli 2003 festzustellen, dass eine Stellenzulage in der fünffachen Höhe der Stufe 11/12 der Besoldungsgruppe A 15 Bestandteil seiner ruhegehaltfähigen Dienstbezüge ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie schließt sich der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an, wonach für die Überprüfung kirchenrechtlicher Maßnahmen bereits der Rechtsweg zu den staatlichen Verwaltungsgerichten nicht eröffnet sei. Dies gelte nicht nur in Statusangelegenheiten von Geistlichen, sondern ganz allgemein im Pfarrdienstrecht. Im Übrigen habe das Verwaltungsgericht die Inanspruchnahme kirchlichen Rechtsschutzes im vorliegenden Fall zu Recht als ausreichend angesehen. Die Klage wäre auch unbegründet, da die Voraussetzungen, unter denen der Bundesgerichtshof ausnahmsweise die Möglichkeit einer Korrektur innerkirchlicher Rechtsakte durch staatliche Gerichte bejaht habe, hier nicht erfüllt seien. Weder die vom Kläger beanstandeten Änderungen des Pfarrbesoldungsrechts noch die dazu vorliegenden kirchengerichtlichen Urteile widersprächen dem Willkürverbot, den guten Sitten oder dem ordre public.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze der Beteiligten und die Verwaltungs- und Widerspruchsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg, da das Verwaltungsgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat.

Zwar ist im vorliegenden Fall der Verwaltungsrechtsweg eröffnet (I.). Jedoch ist die Abschaffung der Ruhegehaltfähigkeit der vom Kläger zwischen dem 1. August 1988 und 31. Dezember 1994 bezogenen Zulage materiell-rechtlich nicht zu beanstanden (II.).

I. Gegenüber Maßnahmen von Kirchen und Religionsgemeinschaften auf dem Gebiet des Dienstrechts ist gemäß § 40 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit dem staatlichen Justizgewährleistungsanspruch, der seine verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 19 Abs. 4 GG findet, der Rechtsweg zu den staatlichen Verwaltungsgerichten gegeben. Zur Begründung hat der erkennende Senat im Urteil vom 1. Juni 2001 - 2 A 12125/00.OVG -, veröffentlicht in ESOVGRP, ausgeführt, dass die staatliche Verpflichtung zur Justizgewähr grundsätzlich umfassend ist. Allerdings ist sie gegenüber Maßnahmen von Religionsgemeinschaften gemäß Art. 140 Grundgesetz - GG - in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 Satz 1 Weimarer Reichsverfassung - WRV - insofern zurückgenommen, als Kirchen und Religionsgemeinschaften ihre Angelegenheiten aus eigener Rechtsmacht ordnen und verwalten. Dieser Autonomiebereich ist im Allgemeinen jeder Art von staatlicher Einflussnahme, wozu auch eine Überprüfung durch die Gerichte gehört, entzogen. Das damit verfassungsrechtlich eingeräumte religionsgemeinschaftliche Selbstbestimmungsrecht besteht jedoch nur innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Deshalb bestimmt sich die Reichweite der staatlichen Justizgewährleistung nach der sich aus dem Vorbehalt des Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV ergebenden Wechselbeziehung zwischen der Bindung der Kirchen an das für alle geltende Recht und dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht. Danach darf einem Betroffenen die Überprüfung der Einhaltung der fundamentalen Grundsätze der staatlichen Rechtsordnung durch staatliche Gerichte nicht verwehrt werden. Für die insoweit verfassungsrechtlich gebotene gerichtliche Kontrolle sind die allgemeinen Verwaltungsgerichte berufen, da eine spezielle Rechtswegzuweisung im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht gegeben ist.

Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung zur Eröffnung des staatlichen Rechtswegs in kirchlichen Angelegenheiten fest, obwohl das Bundesverwaltungsgericht in diesem Bereich staatlichen Rechtsschutz ausnahmslos für unzulässig ansieht (BVerwGE 117, 145). Soweit dies auch für die Überprüfung kirchlicher Maßnahmen auf die Einhaltung der fundamentalen Grundsätze der staatlichen Rechtsordnung gelten soll, vermag der Senat dem - insbesondere unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 154, 306) - nicht zu folgen. Zwar hebt das Bundesverwaltungsgericht zu Recht hervor, dass Kirchen und Religionsgemeinschaften keine staatliche Gewalt ausüben. Jedoch ändert dieser Umstand nichts an ihrer sich aus Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV ergebenden Bindung an die fundamentalen Grundsätze der staatlichen Rechtsordnung. Deshalb schränkt das kirchliche Selbstbestimmungsrecht nicht den Zugang zu den staatlichen Gerichten ein. Denn für die Überprüfung der Einhaltung staatlichen Rechts sind die staatlichen Gerichte berufen. Lediglich das Maß der Justiziabilität ist durch das kirchliche Selbstbestimmungsrecht beschränkt. Folglich stellt sich die Frage, ob und inwieweit eine innerkirchliche Angelegenheit der Kontrolle durch staatliche Gerichte unterfällt, nicht im Rahmen der Zulässigkeit des Rechtswegs, sondern innerhalb der Begründetheit des geltend gemachten Anspruchs (BGHZ 154, 306 [310f]).

Ist der Verwaltungsrechtsweg im vorliegenden Fall eröffnet, besteht für die vom Kläger erhobene Feststellungsklage das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Er hat den gegenüber dem staatlichen Rechtsschutz vorrangigen kirchlichen Rechtsschutz (BGHZ 154, 306 [311 f.]) erschöpft.

II. Die danach zulässige Feststellungsklage ist indessen unbegründet. Die Abschaffung der Ruhegehaltfähigkeit der dem Kläger vom 1. August 1988 bis 31. Dezember 1994 gewährten Stellenzulage durch das Gesetz zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 18. Mai 2001 unterliegt dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht und kann deshalb vom Senat nur auf die Einhaltung des für alle geltenden Gesetzes im Sinne des Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV überprüft werden (1.) Hiervon ausgehend verstößt das Änderungsgesetz nicht gegen das Willkürverbot (2.), den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (3.) und das Rückwirkungsverbot (4.).

1. Die Regelungen über die Besoldung und Versorgung von Pfarrern, und damit die Abschaffung der Ruhegehaltfähigkeit der dem Kläger in der Vergangenheit gewährten Zulage, unterliegt dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht. Hierunter fallen nicht nur die Maßnahmen nach autonomem Kirchenrecht, die von der geistlichen Grundordnung und einem darauf gegründeten Selbstverständnis getragen sind, sondern auch die Bestimmungen über die innere Ordnung der Kirchen. Dazu zählt das kirchliche Dienstrecht einschließlich der besoldungs- und versorgungsrechtlichen Regelungen für Pfarrer und Kirchenbeamte. Denn die Einordnung von Ämtern und die hieran knüpfende Höhe der Besoldung und Versorgung hängen von der Wertigkeit der mit dem jeweiligen Amt verbundenen Funktion ab. Ihre Beurteilung obliegt den kirchlichen Entscheidungsträgern in Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts. Deshalb entzieht sich das Pfarrbesoldungsgesetz der Beklagten einer umfassenden Kontrolle durch die staatlichen Verwaltungsgerichte. Der staatliche Rechtsschutz beschränkt sich vielmehr auf die Prüfung, ob die vom Kläger beanstandete Regelung gegen das für alle geltende Gesetz und damit gegen fundamentale Grundsätze der staatlichen Rechtsordnung wie das Willkürverbot, den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz oder das Rückwirkungsverbot verstößt.

2. Die Abschaffung der dem Kläger vom 1. August 1988 bis 31. Dezember 1994 gewährten Zulage durch das Gesetz zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 18. Mai 2001 verstößt nicht gegen das Willkürverbot.

Soweit der Kläger geltend macht, die Pfarrvertretung sei im Gesetzgebungsverfahren nicht beteiligt worden, kann dem nicht gefolgt werden. Ausweislich des Protokolls der Tagung der Landessynode vom 16. bis 19. Mai 2001 hat die Synode einen Änderungsantrag der Pfarrvertretung zum Gesetzentwurf der Beklagten behandelt. Er wurde von zwei Pfarrern im Auftrag der Vertretung der Pfälzischen Pfarrerinnen und Pfarrer in der Aussprache im Einzelnen erläutert. Deshalb kann die Frage offen bleiben, unter welchen Voraussetzungen ein formell unwirksames Gesetz gegen das Willkürverbot verstoßen würde.

Die Änderung des Pfarrbesoldungsgesetzes ist jedenfalls am Maßstab des Willkürverbots auch nicht deshalb zu beanstanden, weil der Kläger nach seinem Vorbringen über die Auswirkungen auf die ihm später zustehende Versorgung nicht ausreichend informiert wurde. Denn dieser Umstand ist nicht geeignet, den Inhalt des Gesetzes zu beeinflussen.

Materiell-rechtlich ist das Willkürverbot verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für eine gesetzliche Regelung nicht finden lässt (vgl. BVerfGE 1, 14 [52]; 83, 1 [23]). Willkür kann nicht schon dann bejaht werden, wenn der Gesetzgeber unter mehreren möglichen Lösungen nicht die zweckmäßigste oder vernünftigste gewählt hat (vgl. BVerfGE 81, 156 [206]), sondern nur, wenn ein sachgerechter Grund für die gesetzliche Bestimmung nicht erkennbar ist. Was hierbei sachlich vertretbar oder sachfremd ist, lässt sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern stets nur in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachverhalts, der geregelt werden soll (vgl. BVerfGE 17, 122 [133]; 75, 108 [157]). Ein Verstoß gegen das Willkürverbot liegt nur vor, wenn die Unsachlichkeit evident ist (BVerfGE 55, 72 [90]; 89, 132 [141f]). Dies ist bei der Abschaffung der Ruhegehaltfähigkeit der vom Kläger in der Vergangenheit erhaltenen Zulage nicht der Fall.

Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs dient die Änderung des Pfarrbesoldungsgesetzes der Angleichung der Pfarrbesoldung an die Besoldungsgruppen des höheren Dienstes nach dem Bundesbesoldungsgesetz sowie der Einsparung finanzieller Mittel. Diese Erwägungen sind sachlich vertretbar und deshalb willkürfrei. Sie rechtfertigen neben der Änderung der Pfarrbesoldung zugleich die Abschaffung der Ruhegehaltfähigkeit der dem Kläger in der Vergangenheit zeitlich begrenzt gewährten Stellenzulage. Im System der Besoldung und Versorgung des öffentlichen Dienstes bemisst sich das Ruhegehalt grundsätzlich aus dem letzten Amt (vgl. BVerfGE 114, 258 [286]). Die hiervon abweichende Einbeziehung einer lediglich vorübergehend gewährten Zulage als ruhgehaltfähiger Bestandteil der Besoldung stellt eine ungewöhnliche Vergünstigung dar (vgl. BVerwG, ZBR 2001, 411 [412]). Ihre Beschränkung auf die den Dekanen gemäß § 5 Abs. 4 PfBesG n. F. und den Mitgliedern des Landeskirchenrates im Einzelfall durch das Haushaltsgesetz gewährten Zulagen ist angesichts der nicht zu beanstandenden Absicht, die Pfarrbesoldung an die des öffentlichen Dienstes anzugleichen, folgerichtig und auch im Übrigen rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. II. 3.).

Die Einhaltung des Willkürverbots wird im Übrigen auch durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Voraussetzungen für die Kürzung von Versorgungsbezügen im öffentlichen Dienst bestätigt. Danach hat der Beamte grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass die für die Bemessung der Bezüge maßgeblichen Regelungen, unter denen er in das Beamten- und Ruhestandsverhältnis eingetreten ist, unverändert bleiben. Der Gesetzgeber darf sie vielmehr kürzen, wenn dies aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist. Dabei hat er einen weiten Entscheidungsspielraum (BVerfGE 114, 258 [288]). Deshalb liegt ein Verstoß gegen das Willkürverbot nur vor, wenn die beanstandete Regelung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt sachlich gerechtfertigt ist. Dies kann - wie bereits ausgeführt - hinsichtlich der vom Kläger beanstandeten Regelung nicht festgestellt werden.

3. Des Weiteren verletzt die den Kläger betreffende Änderung des Pfarrbesoldungsgesetzes nicht den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

Eine unzulässige Einzelfallregelung ist durch die Streichung des § 7 Abs. 3 PfBesG a. F. nicht getroffen worden. Vielmehr sind hiervon sämtliche Zulagen im Sinne des § 8 PfBesG a. F. erfasst, die Pfarrer in der Vergangenheit mindestens sechs Jahre erhalten haben.

Aus der Ruhegehaltfähigkeit der Zulagen, die zwei vom Kläger erwähnte Pfarrer in der Vergangenheit erhalten haben, kann ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht abgeleitet werden. Die Beklagte hat unwidersprochen darauf hingewiesen, dass diese beiden Pfarrer bereits vor dem Inkrafttreten der Änderung des Pfarrbesoldungsgesetzes in den Ruhestand getreten sind und sich ihre Versorgung deshalb nach altem Recht richtet.

Die Abschaffung der Ruhegehaltfähigkeit von Zulagen, die vor dem Inkrafttreten des Änderungsgesetzes Pfarrern gewährt wurden, ist ferner nicht deshalb gleichheitswidrig, weil im Gegensatz dazu Dekane in kleineren Kirchenbezirken nach § 5 Abs. 4 PfBesG n. F. auch in Zukunft eine ruhegehaltfähige Zulage erhalten. Aufgrund des der Beklagten bei der besoldungs- und versorgungsrechtlichen Einordnung kirchlicher Ämter zustehenden weiten Gestaltungsspielraums ist der kirchliche Gesetzgeber berechtigt, die Unterschiede der jeweiligen Dienstposten wertend zu berücksichtigen. Dabei ist es zulässig, Ämter bestimmten Besoldungsgruppen zuzuordnen oder zum Grundgehalt eine ruhegehaltfähige Zulage zu gewähren, wenn die Einstufung des Amtes in der nächsthöheren Besoldungsgruppe nach Einschätzung der Beklagten nicht gerechtfertigt ist. Hiervon ausgehend ist es am Maßstab des Willkürverbotes nicht zu beanstanden, dass Dekane eines Kirchenbezirks mit bis zu 35.000 Gemeindemitgliedern nach § 5 Abs. 4 Satz 2 PfBesG n. F. unter den dort näher umschriebenen Voraussetzungen Gehalt nach der Besoldungsgruppe A 15 zuzüglich einer ruhegehaltfähigen Dekanatszulage in Höhe der Hälfte des Unterschiedsbetrages der jeweiligen Stufe zwischen den Grundbeträgen der Besoldungsgruppen A 15 und A 16 erhalten, während Dekane in größeren Kirchenbezirken Gehalt nach der Besoldungsgruppe A 16 beziehen.

Auch für die im Haushaltsgesetz zugunsten eines vom Kläger benannten Oberkirchenrats festgesetzte ruhegehaltfähige Stellenzulage hat die Beklagte sachlich vertretbare Gründe geltend gemacht. Bei diesem Kirchenbeamten handelt es sich nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten um einen bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand von der Landessynode gewählten Stellvertreter des Kirchenpräsidenten. Die Gewährung einer ruhegehaltfähigen Zulage für die Wahrnehmung dieser herausgehobenen Position ist sachgerecht.

4. Entgegen der Auffassung des Klägers stellt die Abschaffung des § 7 Abs. 3 PfBesG a.F. keine unzulässige Rückwirkung dar. Eine solche liegt nur vor, wenn der Beginn des zeitlichen Anwendungsbereichs einer Norm und der Eintritt ihrer Rechtsfolgen auf einen Zeitpunkt festgelegt sind, der vor demjenigen liegt, zu dem die Norm gültig wurde. Nur dann greift der Gesetzgeber nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd ein (BVerfGE 114, 258 [300]).

Das Gesetz zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 18. Mai 2001 trat am 1. Januar 2002, bezogen auf seine Verabschiedung also in der Zukunft, in Kraft. Damit greift die Regelung nicht ändernd in die Rechtslage ein, die vor ihrem Inkrafttreten bestanden hat. Vielmehr wirkt sie auf noch nicht abgeschlossene Rechtsbeziehungen für die Zukunft ein. Eine solche Rückanknüpfung ist zulässig, sofern ihr nicht im Einzelfall das schutzwürdige Vertrauen des Betroffenen entgegensteht (BVerfGE 70, 69 [84]). Insofern sind die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der bestehenden Rechtslage abzuwägen (BVerfGE 114, 258 [300 f].

Diese Abwägung hat die Beklagte willkürfrei vorgenommen. Denn der Zweck des Änderungsgesetzes durfte höher gewichtet werden als die Belange des Klägers.

Bis zum Eintritt in den Ruhestand stand dem Kläger lediglich eine Anwartschaft auf die amtsangemessene Versorgung nach den zum Zeitpunkt des Versorgungsfalls geltenden Regelungen zu. Ein "Eingriff in ein erdientes Ruhegehalt" lag somit nicht vor, weil der Kläger beim Inkrafttreten des Änderungsgesetzes noch nicht in den Ruhestand getreten war (vgl. BVerwGE 120, 154 [161]). Trotz der erheblichen Höhe der vom Kläger hinzunehmenden Einbuße ist sie vor dem Hintergrund des Willkürverbotes mit Blick auf den Gesetzeszweck noch zumutbar und deshalb verhältnismäßig. Der Kläger hat die Zulage, deren Ruhegehaltfähigkeit durch das Änderungsgesetz für die Zukunft abgeschafft wurde, nur vorübergehend, nämlich lediglich acht Jahre erhalten. Außerdem liegt das Ende der entsprechenden Zahlungen bereits nahezu 14 Jahre zurück. Deshalb konnte die Zulage den Lebenszuschnitt des Klägers und seiner Familie nicht nachhaltig mitprägen. Damit ist der Grund für die ausnahmsweise Einbeziehung einer Stellenzulage in die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge (vgl. BVerwG, IÖD 2005, 219 [220]) beim Kläger von nachrangiger Bedeutung. Darüber hinaus werden Härten der Änderung des Pfarrbesoldungsgesetzes, die den Kläger betreffen, durch die Übergangsregelung des Art. 4 § 2 Abs. 2 des Änderungsgesetzes angemessen ausgeglichen. Danach wird eine Überleitungszulage gezahlt, die teilweise ruhegehaltfähig ist. Deshalb ist dem Vertrauen des Klägers in den Erhalt der Ruhegehaltfähigkeit der in der Vergangenheit vorübergehend bezogenen Zulage durch das Änderungsgesetz ausreichend Rechnung getragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision war zuzulassen, weil die Frage, ob gegenüber kirchenrechtlichen Maßnahmen der Rechtsweg zu den staatlichen Verwaltungsgerichten eröffnet ist, im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO grundsätzlich klärungsbedürftig ist.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren in Anlehnung an den Streitwertbeschluss des kirchlichen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Mai 2007 auf 15.628,95 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3, 63 Abs. 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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