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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 07.02.2007
Aktenzeichen: 2 B 10031/07.OVG
Rechtsgebiete: LV, GemO


Vorschriften:

LV Art. 50
LV Art. 74 Abs. 1
LV Art. 74 Abs. 2
LV Art. 74
GemO § 17 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
GemO § 17 a Abs. 1 Satz 2 Satz
GemO § 17 a Abs. 1
GemO § 17 a Abs. 3 Abs. 3 Satz 2
GemO § 17 a Abs. 3 Abs. 3 Satz 3
GemO § 17 a Abs. 3 Abs. 3 Satz 5
GemO § 17 a Abs. 3
GemO § 17 a
Der Ausbau von Gemeindestraßen nach dem Kommunalabgabengesetz kann nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens im Sinne des § 17 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GemO sein.
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ BESCHLUSS

2 B 10031/07.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Kommunalverfassungsrechts (Bürgerbegehren) hier: einstweilige Anordnung

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 7. Februar 2007, an der teilgenommen haben Präsident des Oberverwaltungsgerichts Prof. Dr. Meyer Richter am Oberverwaltungsgericht Stamm Richterin am Oberverwaltungsgericht Stengelhofen

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Trier vom 19. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500,-- € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag, den Antragsgegnerinnen im Wege einer einstweiligen Anordnung aufzugeben, bis zur endgültigen Entscheidung über die von der Antragstellerin erhobene Klage auf Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens "In der Träf" und "Auf der Buhs" keine Maßnahmen zur Umsetzung der Beschlüsse des Ortsgemeinderates Malborn vom 13. Juli 2006 über den Ausbau der genannten Straßen zu ergreifen, zu Recht abgelehnt. Zum einen bezieht sich das Bürgerbegehren nicht auf eine wichtige Angelegenheit der Gemeinde im Sinne des § 17 a Abs. 1 Gemeindeordnung - GemO -, zum anderen erfüllt es nicht die in § 17 a Abs. 3 GemO festgelegten formellen Anforderungen. Es ist deshalb unzulässig.

Gemäß § 17 a Abs. 1 Satz 1 GemO können die Bürger einer Gemeinde über eine wichtige Angelegenheit der Gemeinde einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren). Nach Satz 2 Nr. 1 dieser Bestimmung gilt als wichtige Angelegenheit die Errichtung, wesentliche Erweiterung und Aufhebung einer öffentlichen Einrichtung, die der Gesamtheit der Einwohner zu dienen bestimmt ist. Um welche Einrichtungen es sich dabei handelt, ergibt sich aus § 14 Abs. 2 GemO. Danach sind die Einwohner einer Gemeinde im Rahmen des geltenden Rechts berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu benutzen. Aus diesem kommunalrechtlichen Benutzungsanspruch folgt, dass öffentliche Einrichtungen im Sinne des § 14 Abs. 2 GemO und damit auch des § 17 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GemO nur solche sind, die gerade von den Einwohnern einer Gemeinde beim Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen genutzt werden dürfen. Hierzu gehören öffentliche Straßen, wie die Verkehrsanlagen "In der Träf" und "Auf der Buhs" nicht. Denn sie sind nach den unwidersprochenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts dem Gemeingebrauch gewidmet und stehen deshalb nicht nur den Einwohnern der Gemeinde, sondern kraft ihrer Widmung jedermann ungefragt und unentgeltlich zur Nutzung offen (vgl. Stubenrauch, in: Gabler u.a., Gemeindeordnung, Stand: 6/06, § 14 Nr. 3.3).

Diese sich bereits aus dem Wortlaut des § 17 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 2 GemO ergebende Beschränkung des Anwendungsbereichs des Bürgerbegehrens entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers. Nach der amtlichen Begründung gehören zu den in § 17 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GemO genannten Einrichtungen die öffentlichen Einrichtungen nach § 14 Abs. 2 GemO, nicht aber die Sachen im Verwaltungs- und Gemeingebrauch (zitiert nach Stubenrauch, a.a.O., § 17 a GemO). Handelt es sich somit bei den Straßen "In der Träf" und "Auf der Buhs" nicht um öffentliche Einrichtungen im Sinne der Gemeindeordnung, stellt ihr Ausbau auch keine Errichtung, wesentliche Erweiterung oder Aufhebung einer solchen im Sinne des § 17 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GemO dar.

Weiterhin erfüllt das von der Antragstellerin eingereichte Bürgerbegehren vom 21. August 2006 nicht sämtliche formellen Voraussetzungen, die das Gesetz fordert. Gemäß § 17 a Abs. 3 Satz 2 GemO muss ein Bürgerbegehren die zu entscheidende Gemeindeangelegenheit in Form einer mit "Ja" oder "Nein" zu beantwortenden Frage, eine Begründung und einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der begehrten Maßnahme enthalten sowie bis zu drei Personen benennen, die berechtigt sind, das Bürgerbegehren zu vertreten.

Das Bürgerbegehren der Antragstellerin, für dessen Zulässigkeit der Inhalt des Schreibens vom 21. August 2006 maßgeblich ist, enthält bereits keine ausformulierte Frage, die mit "Ja" oder "Nein" beantwortet werden kann. Eine solche Frage lässt sich auch nicht der Begründung des Bürgerbegehrens hinreichend eindeutig entnehmen. Darin werden die Schäden an den Straßen als geringfügig dargestellt und die Verbandsgemeindewerke als Kostenpflichtige bezeichnet. Weiterhin wird u.a. darauf hingewiesen, dass die finanzielle Belastung der Anlieger durch die Ausbaumaßnahmen unzumutbar sei, weil die meisten Beitragspflichtigen nur über ein geringfügiges Einkommen verfügten. Unter Berufung auf das dem Bürgerbegehren beigefügte Gutachten des Planungsbüros S. vom 11. August 2006 verweist die Antragstellerin schließlich auf die ihrer Meinung nach bestehenden Möglichkeiten der Kosteneinsparung. Aus alledem ist nicht ersichtlich, ob die Antragstellerin den Ausbau der Straßen "In der Träf" und "Auf der Buhs" insgesamt verhindern will, ob sie eine sparsame Ausführung oder die Instandsetzung durch die Verbandsgemeindewerke begehrt.

Auch die eingereichten Unterschriftenlisten stehen nicht mit dem Gesetz in Einklang. Gemäß § 17 a Abs. 3 Satz 5 GemO muss jede Unterschriftenliste den vollen Wortlaut des Bürgerbegehrens enthalten. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass die Einwohner vor Unterzeichnung die Gelegenheit hatten, sich mit dem Bürgerbegehren hinreichend vertraut zu machen. Außerdem wird durch die Verbindung zwischen vollständigem Bürgerbegehren und den Unterschriften die Unterstützung durch die vorgeschriebene Mindestanzahl von Einwohnern. nachgewiesen.

Ein vollständiges Bürgerbegehren enthält nach § 17 a Abs. 3 Satz 2 GemO - wie bereits erwähnt - eine mit "Ja" oder "Nein" zu beantwortende Frage, eine Begründung und einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der begehrten Maßnahme sowie die Angabe von drei Personen, die berechtigt sind, das Bürgerbegehren zu vertreten. Deshalb müssen diese Bestandteile (zur Benennung der vertretungsberechtigten Personen allerdings OVG RP, AS 25, 285 [295ff]) auf den Unterschriftenlisten enthalten sein. Dies ist bei den von der Antragstellerin eingereichten Unterschriftenlisten nicht der Fall. Sie enthalten oberhalb der Unterschriften die Formulierung "Ja, für den Ausbau der Straßen - Nein, gegen den Ausbau". Abgesehen davon, dass diese Frage nicht mit dem Inhalt des Schreibens vom 21. August 2006 übereinstimmt, sind in den Unterschriftenlisten die Begründung des Bürgerbegehrens und ein Kostenvoranschlag nicht enthalten. Somit lässt sich nicht zweifelsfrei feststellen, auf welcher inhaltlichen Grundlage die Einwohner das Bürgerbegehren unterzeichnet haben.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hat es auf die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens vom 21. August 2006 keinen Einfluss, dass über seine Ablehnung durch den Ortgemeinderat am 5. September 2006 bisher kein förmlicher Bescheid ergangen ist.

Schließlich verstoßen die gesetzlichen Anforderungen an die Durchführung eines Bürgerbegehrens und ihre Anwendung auf den vorliegenden Fall nicht gegen das Demokratieprinzip des Art. 74 Abs. 1 und 2 der Verfassung für Rheinland-Pfalz - LV -. Nach Art. 50 LV wählen die Bürger in den Gemeinden und Gemeindeverbänden die Vertretungskörperschaften sowie die Bürgermeister und Landräte. Unmittelbare demokratische Mitwirkungsmöglichkeiten sieht die Landesverfassung nicht vor. Bereits deshalb konnte der Gesetzgeber Bürgerbegehren und Bürgerbescheid von der Erfüllung der u. a. in § 17 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Abs. 3 GemO im Einzelnen vorgesehenen Voraussetzungen abhängig machen. Im Übrigen dienen diese Anforderungen in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise der ordnungsgemäßen Wahrnehmung der einfachgesetzlich eingeräumten unmittelbaren Mitwirkungsrechte der Bürger.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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