Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 29.03.2007
Aktenzeichen: 2 B 10167/07.OVG
Rechtsgebiete: GG, LBG, BeurteilungsVV 2005


Vorschriften:

GG Art. 33
GG Art. 33 Abs. 2
LBG § 10
LBG § 10 Abs. 1
BeurteilungsVV 2005 Nr. 2.3
BeurteilungsVV 2005 Nr. 3.1.4
1. In beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren sind die dienstlichen Beurteilungen der Mitbewerber mit ihrem jeweils erzielten Ergebnis zugrunde zu legen. Der unterlegene Bewerber ist zur Anfechtung dieser Beurteilungen mangels eigener Rechtsverletzung grundsätzlich nicht befugt.

2. Es ist in der Regel unschädlich, wenn sich die aus Anlass eines Bewerbungsverfahrens erstellten Beurteilungen auf unterschiedlich lange Beurteilungszeiträume erstrecken, sofern sichergestellt ist, dass die Auswahlentscheidung im Ergebnis aufgrund eines den gesamten Zeitraum abdeckenden Eignungs- und Leistungsbildes aller Bewerber ergeht. Dies kann es allerdings erforderlich machen, frühere dienstliche Beurteilungen ergänzend heranzuziehen.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ BESCHLUSS

2 B 10167/07.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Bewerbung um eine Beförderungsstelle hier: einstweilige Anordnung

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 29. März 2007, an der teilgenommen haben Präsident des Oberverwaltungsgerichts Prof. Dr. Meyer Richter am Oberverwaltungsgericht Bonikowski Richterin am Oberverwaltungsgericht Stengelhofen

beschlossen:

Tenor:

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 24. Januar 2007 wird der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 11.447,31 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte dem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im Sicherungsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - nicht entsprechen dürfen. Bei der - im einstweiligen Anordnungsverfahren nur summarisch möglichen - gerichtlichen Überprüfung ist nicht erkennbar, dass die Entscheidung der Antragsgegnerin, den nach der Besoldungsgruppe A 13 BBesO bewerteten Dienstposten des Abteilungsleiters im Geschäftsbereich 1 ("Organisation und Finanzen") innerhalb der Verbandsgemeindeverwaltung P. dem Beigeladenen zu übertragen, ein Recht der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert.

Dahinstehen kann, ob - wie die Antragsgegnerin meint - einer einstweiligen Anordnung bereits der fehlende Anordnungsgrund (wegen der bislang nicht ergangenen Negativmitteilung an die Antragstellerin) bzw. ein nicht erkennbares Rechtsschutzbedürfnis (wegen der auch nach einer Beförderung des Beigeladenen vorhandenen Planstelle nach A 12 BBesO) entgegensteht. Ob der Antragstellerin aufgrund dieser Umstände ein weiteres Zuwarten bzw. die Verfolgung ihrer Rechte im Hauptsacheverfahren zuzumuten ist, bedarf keiner weiteren Vertiefung. Denn für die von ihr im gerichtlichen Eilrechtsschutz begehrte Verhinderung der Übertragung des vorgenannten Dienstpostens auf den Beigeladenen sowie seiner auf dieser Stelle vorgesehenen Beförderung fehlt es jedenfalls an dem erforderlichen Anordnungsanspruch.

Bei überschlägiger Kontrolle der Sach- und Rechtslage hält die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin im Hinblick auf den ausgeschriebenen Dienstposten einer rechtlichen Überprüfung stand. Der Anspruch der Antragstellerin auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über ihre Bewerbung wird nicht in rechtswidriger Weise verkürzt, weil die Auswahl zwischen den beiden Beamten unter Beachtung des Eignungs- und Leistungsgrundsatzes (Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz, § 10 Abs. 1 Landesbeamtengesetz) ergangen ist. Denn die über die Bewerber erstellten dienstlichen Beurteilungen, auf die zur Ermittlung des für die Wahrnehmung des Dienstpostens am besten geeigneten Beamten vorrangig abzustellen ist, weisen einen deutlichen Leistungs- und Eignungsvorsprung des Beigeladenen aus. Während ihm in der zusammenfassenden Bewertung der Leistungs- und Befähigungsmerkmale sowie der Befähigungsmerkmale für Vorgesetzte mit besonderer Führungsverantwortung von Erst- und Zweitbeurteiler übereinstimmend das Prädikat "A" (Übertrifft die Anforderungen erheblich) zuerkannt wurde, erhielt die Antragstellerin lediglich das zweitbeste Gesamturteil "B" (Übertrifft die Anforderungen). Der Beigeladene wurde somit im Vergleich zur Antragstellerin um eine ganze Notenstufe besser dienstlich beurteilt, wobei seine Leistungsbeurteilung in sämtlichen Einzelnoten die höchste der überhaupt möglichen Bewertungen ("A") aufweist. Auch bei den einzelnen Befähigungsmerkmalen erhielt er - von wenigen Ausnahmen abgesehen - jeweils die Spitzenbewertung zuerkannt. Demgegenüber erreichte die Antragstellerin in ihrer aktuellen Leistungsbeurteilung zweimal die zweithöchste und zweimal sogar nur die dritthöchste Notenstufe. Ein ähnliches Bild findet sich bei den Einzelmerkmalen der Befähigungsbeurteilung, von denen lediglich vier im Bereich der höchsten Notenstufe liegen. Demgegenüber weisen sieben Befähigungsmerkmale die zweithöchste und weitere fünf sogar nur die dritthöchste Bewertung ("Normal ausgeprägt") auf. Aufgrund dieser, sich in ihrem Leistungs- und Befähigungsbild deutlich unterscheidenden, dienstlichen Beurteilungen ist die Entscheidung der Antragsgegnerin, den Beigeladenen als den zur Wahrnehmung des Dienstpostens am besten geeigneten Bewerber auszuwählen, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Diese Einschätzung deckt sich im Übrigen mit dem im Verlauf des Besetzungsverfahrens von Dienstvorgesetzten sowie den beteiligten Gremien (Fraktionsvorsitzende, Vertreter der Ortsgemeinden und Personalrat) geäußerten Eignungsvorsprung des Beigeladenen.

Diesem Ergebnis stehen die von Antragsstellerin und Vorinstanz gerügten angeblichen Fehler in der über den Beigeladenen erstellten dienstlichen Beurteilung nicht entgegen. Auf eine Fehlerhaftigkeit der Beurteilung kommt es schon deshalb nicht entscheidungserheblich an, weil der in einem beamtenrechtlichen Auswahlverfahren unterlegene Bewerber um eine Beförderungsstelle grundsätzlich nicht befugt ist, die Beurteilung seines Konkurrenten anzufechten. Insofern ist er nämlich nicht in eigenen Rechten verletzt. Dies gilt selbst dann, wenn hierdurch sein eigener Beförderungsanspruch im Ergebnis nicht durchgesetzt werden kann. Denn dies stellt lediglich eine mittelbare Folge der vom Dienstherrn in Bezug auf den Konkurrenten erfolgten Beurteilung von Leistung und Eignung dar. Da eine dienstliche Beurteilung nur von dem betroffenen Beamten selbst angefochten werden kann, sind in einem beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren die über die Mitbewerber erstellten Beurteilungen - von evidenten Missbrauchsfällen abgesehen - regelmäßig mit ihrem jeweils erzielten Ergebnis zugrunde zu legen.

Unabhängig hiervon teilt der Senat die von Antragsstellerin und Vorinstanz erhobenen Bedenken im Hinblick auf die unterschiedlichen Beurteilungszeiträume der beiden maßgeblichen Beurteilungen nicht. Zwar ist nach Nr. 2.3 der von der Antragsgegnerin für die Beurteilungen ihrer Beamten entsprechend herangezogenen Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Innern und für Sport vom 14. Januar 2005 (MinBl. S. 146 ff.) für die Beurteilung aus Anlass der Bewerbung um ein Beförderungsamt einheitlich ein Zeitraum von drei Jahren zugrunde zu legen. Abgesehen davon, dass die Verwaltungsvorschrift für Kommunalbeamte nicht unmittelbar gilt, sondern von der Antragsgegnerin im Rahmen ihrer eigenständigen Beurteilungsermächtigung lediglich entsprechend angewendet wird (mit der Folge der grundsätzlich bestehenden Möglichkeit einer - dann allerdings einheitlich zu handhabenden - Abweichung) ist ein über den genannten Rahmen von drei Jahren hinausgehender Beurteilungszeitraum unschädlich. Denn hierdurch wird nicht nur in sachgerechter Weise die Auswahlentscheidung auf eine breitere und damit tragfähigere Grundlage gestellt, sondern zugleich - wie gerade der hier zu entscheidende Fall zeigt - der Bildung einer Beurteilungslücke entgegengewirkt. Dies ist vor dem Hintergrund der Erfassung des gesamten seit seinem Eintritt in die Verbandsgemeindeverwaltung P. gezeigten Leistungs- und Befähigungsbildes des Beigeladenen nicht nur nicht fehlerhaft, sondern - im Gegenteil - sogar zu begrüßen.

Richtig ist allerdings, dass wegen des beim Beigeladenen dann bereits seit dem Jahre 1998 betrachteten Eignungs- und Leistungsbildes insoweit auch die vorletzte über die Antragstellerin gefertigte dienstliche Beurteilung vom 24. Mai 2004 mit in den Blick zu nehmen ist. Doch selbst in diesem Fall könnte sie sowohl nach der Gesamtbewertung ihrer seinerzeit gezeigten Leistungen ("B") als auch den hierbei zugrunde liegenden Leistungsmerkmalen (zweimal "A" und zweimal "B"), mit dem Beigeladenen und dessen über den gesamten Zeitraum erzielten "Spitzenergebnis" (viermal "A") nicht gleichziehen. In der Begründung der ihm zuerkannten Spitzenbewertungen wird zudem hervorgehoben, dass er trotz größter Beanspruchung zielorientierte und qualitativ hervorragende Ergebnisse leistet, die Finanzverwaltung zu einer Abteilung geführt hat, die den Aufgaben einer modernen Verwaltung voll gerecht wird sowie seine Mitarbeiterführung und Führungsverantwortung vorbildlich sind. Dementsprechende Qualifikationen werden der Antragstellerin dagegen weder in ihrer aktuellen noch in der vorletzten dienstlichen Beurteilung bescheinigt. Auf ihre Erwägungen im Hinblick auf ihr besseres Examensergebnis und den von ihr beanspruchten Vorzug aufgrund des Landesgleichstellungsgesetzes kommt es wegen des danach immer noch deutlichen Eignungs- und Leistungsvorsprungs des Beigeladenen nicht weiter an.

Etwas anders folgt auch nicht aus ihren formellen Rügen in Bezug auf ihre letzte dienstliche Beurteilung. Soweit die Bezeichnung als "Regelbeurteilung" und die fehlenden Aufgabengebiete angesprochen werden, handelt es sich - wie nicht zuletzt die Neufassung ihrer Beurteilung vom 14. Februar 2007 deutlich macht - um eine bloße Falschbezeichnung der an sich von der Antragsgegnerin gewollten Anlassbeurteilung bzw. um ein reines Schreibversehen. Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin wegen dieser rein formalen Fehler in einer für die Stellenbesetzung entscheidenden Weise besser beurteilt werden müsste, erscheinen nach den Erkenntnismitteln des vorliegenden Eilverfahrens ausgeschlossen.

Ohne Erfolg bleibt des Weiteren ihre inhaltliche Kritik an der aktuellen Leistungs- und Eignungseinschätzung, die ihrer Auffassung nach ihren - im Vergleich zum Beigeladenen - höher bewerteten Dienstposten als stellvertretende Abteilungsleiterin unberücksichtigt lasse und bei der darüber hinaus die Verschlechterung ihrer Bewertungen nicht plausibel sei. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist der Fehlerhaftigkeit einer dienstlichen Beurteilung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zur Sicherung des Anspruchs auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über die Bewerbung auf eine Beförderungsstelle lediglich dann eine entscheidungserhebliche Bedeutung beizumessen, wenn sie bei der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung offensichtlich ist und die in diesen Fällen zu beanspruchende Abänderung Einfluss auf die Auswahlentscheidung haben kann (vgl. z.B. Beschluss vom 5. August 2004 - 2 B 11042/04.OVG -). Davon ist vorliegend aber nicht auszugehen.

Die unstreitige zusätzliche Bewertung ihres Dienstpostens nach Besoldungsgruppe A 12 BBesO haben die Beurteiler ausweislich der im Widerspruchsbescheid und im Verlauf des weiteren Verwaltungsverfahrens abgegebenen Erklärung des Zweitbeurteilers bei Abfassung der Beurteilung berücksichtigt. Die von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang ins Feld geführte Verwaltungsvorschrift vom 14. Januar 2005 sieht in Nr. 3.1.4 eine unterschiedliche Bewertung von Beamten, die wie hier das gleiche Statusamt innehaben, aber ihren Dienst auf unterschiedlich schwierigen Dienstposten verrichten, dagegen lediglich bei gleich guten Leistungen vor. Von einem derartigen Leistungsgleichstand ist jedoch vorliegend, wie bereits aufgezeigt, gerade nicht auszugehen. Ein offensichtlicher Mangel des Beurteilungsverfahrens mit Einfluss auf die Auswahlentscheidung lässt sich von daher nicht feststellen. Gleiches gilt hinsichtlich der gegenüber der vorletzten Beurteilung eingetretenen Verschlechterung ihrer Leistungen. Ob diese tatsächlich - wie die Antragstellerin meint - nicht plausibel sind oder sogar auf unsachlichen Erwägungen beruhen, kann und muss in einem Beurteilungsrechtstreit geklärt werden. Offensichtlich im Sinne der vorstehend dargestellten Grundsätze sind diese - als solche unterstellten - Fehler jedenfalls nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Eine Kostentragungspflicht hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen entspricht nicht der Billigkeit, weil dieser weder einen Antrag gestellt noch Rechtsmittel eingelegt und sich somit keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes folgt aus §§ 47 Abs. 1 und 2, 52 Abs. 5 Gerichtskostengesetz in Verbindung mit Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327).

Ende der Entscheidung

Zurück