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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 24.05.2004
Aktenzeichen: 2 B 10467/04.OVG
Rechtsgebiete: LBG, UrlVO, POG


Vorschriften:

LBG § 80 a Abs. 1
LBG § 80 c
LBG § 87 a
UrlVO § 19 a
POG § 76 Abs. 2
1. Personalmangel (hier: im Polizeivollzugsdienst) kann als dienstlicher Belang der voraus-setzungslosen Antragsteilzeit nach § 80 a LBG entgegenstehen, wenn zu befürchten ist, dass es bei Zulassung der beantragten Arbeitszeitreduzierung zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Dienststelle kommen wird.

2. Dienststelle im Sinne der beamtenrechtlichen Teilzeitregelung ist die Behörde (hier: das Polizeipräsidium).

3. Die auf der Tatbestandsebene eine Ablehnung des Antrags auf Teilzeitbeschäftigung rechtfertigenden dienstlichen Belange unterliegen der vollen gerichtlichen Überprüfung.

4. Die das dienstliche Bedürfnis (vor)prägende Entscheidung über die zur effektiven Aufgabenwahrnehmung erforderliche Personalstärke und den Einsatz des vorhandenen Personals ist dagegen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nur eingeschränkt überprüfbar.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ BESCHLUSS

2 B 10467/04.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Recht der Landesbeamten

hier: einstweilige Anordnung

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 24. Mai 2004, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Held Richter am Oberverwaltungsgericht Bonikowski Richterin am Oberverwaltungsgericht Stengelhofen

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz vom 3. März 2004 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000,-- € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde, mit der der Antragsteller seinen erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt, ist zulässig, aber nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - zu Recht abgelehnt. Der Antragsteller hat den Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Zivilprozessordnung - ZPO -). Nach der im Verfahren des Eilrechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung zeichnet sich nicht mit der - für die hier begehrte Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung - notwendigen Deutlichkeit ab, dass das Begehren des Antragstellers, ihm mit sofortiger Wirkung zunächst befristet auf ein Jahr Teilzeitbeschäftigung mit der Hälfte seiner regelmäßigen Arbeitszeit zur Vorbereitung auf das Erste Juristische Staatsexamen und Teilnahme daran zu bewilligen, zumindest aber über seinen diesbezüglichen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, derzeit sachlich gerechtfertigt ist. Vielmehr spricht in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht mehr dafür, dass bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 80 a Abs. 1 Landesbeamtengesetz - LBG - für die in das Ermessen des Dienstherrn gestellte Bewilligung von Teilzeitbeschäftigung auf Antrag wegen entgegenstehender dienstlicher Belange nicht vorliegen. Die dienstlichen Belange im Sinne des § 80 a Abs. 1 LBG bezeichnen das Interesse des Dienstherrn an einer sachgemäßen und reibungslosen Aufgabenerfüllung. Sie gelten als entgegenstehend, wenn zu befürchten ist, dass sich die Zulassung der beantragten Arbeitszeitreduzierung erheblich auf die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung oder des Berufsbeamtentums auswirkt (vgl. amtliche Begründung, LTDrs. 13/2989, S. 34). Maßgeblich für die dahingehende Bewertung ist der Bezugsrahmen der Dienststelle. Dies folgt aus § 80 c LBG, der die Pflicht zur Schaffung eines ausreichenden Angebots an Teilzeitarbeitsplätzen ausdrücklich der einzelnen Dienststelle zuordnet. Als maßgebliche Dienststelle ist vorliegend - abweichend von der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auf das Polizeipräsidium Mainz abzustellen.

Dem Begriff der Dienststelle im Sinne der §§ 80 a und 80 c LBG ist der gleiche Inhalt beizulegen wie dem Begriff der Behörde (so auch Bauschke in GKÖD, Stand: Mai 2004, K § 72 a BBG Rdnr. 12). Denn die Teilzeitbeschäftigung berührt den Beamten in seiner persönlichen dienstrechtlichen Stellung; namentlich ihre Bewilligung wirkt gestaltend auf die rechtliche Beziehung des Beamten zu seinem Dienstherrn ein. Dementsprechend muss es sich bei der Dienststelle um ein Organ des Dienstherrn handeln. Dafür ist ein Mindestmaß an rechtlicher Verselbständigung erforderlich. Diese Voraussetzung erfüllen im Bereich der Polizeiverwaltung - abgesehen von dem vorliegend nicht interessierenden Landeskriminal- und Wasserschutzpolizeiamt - allein die Polizeipräsidien (vgl. § 76 Abs. 2 Polizei- und Ordnungsbehördengesetz - POG -), nicht aber die ihnen nachgeordneten Polizeiinspektionen als Untergliederungen der regionalen Polizeidirektionen (vgl. zum Behördenbegriff OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 13. Mai 1991 - 2 B 10714/91.OVG - m.w.N.). Hinzu kommt, dass dem Dienstherrn mit der Möglichkeit der (innerbehördlichen) Umsetzung ein - gegenüber der Versetzung oder Abordnung - vergleichsweise einfaches und gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbares Mittel (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 18. Juni 1993 - 2 B 11362/93.OVG -) zur Verfügung steht, um gerade auch im Falle der Zulassung von Teilzeitbeschäftigung eine funktionsfähige Verwaltung und damit eine ordnungsgemäße Aufgabenerledigung zu gewährleisten. Im Hinblick darauf ist es sachgerecht, bei den im Rahmen des Antrags auf Teilzeitbeschäftigung zu prüfenden entgegenstehenden dienstlichen Belangen und der Umsetzung auf einen identischen Bezugsrahmen abzustellen.

Die Beurteilung, ob vernünftige Gründe für die Annahme bestehen, dass es bei Zulassung der Teilzeitbeschäftigung zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Behörde kommen wird, hat sich an dem gesetzlichen Auftrag der Behörde und den dort vorhandenen personalwirtschaftlichen und organisatorischen Möglichkeiten zu orientieren. Hierbei sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag maßgeblich. Es ist anerkannt, dass Personalmangel in der betroffenen Behörde dem Begehren nach voraussetzungsloser Teilzeit als dienstlicher Belang entgegenstehen kann (vgl. Plog/Wiedow/Beck/ Lemhöfer, BBG, Stand: März 2004, § 72 a Rdnr. 8). Während das Tatbestandsmerkmal der entgegenstehenden dienstlichen Belange als unbestimmter Rechtsbegriff grundsätzlich der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ohne dass dem Dienstherrn insoweit ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, kommt ihm hinsichtlich der, die dienstlichen Belange maßgeblich (vor)prägenden verwaltungspolitischen Entscheidungen über die zur effektiven Aufgabenerfüllung erforderliche Personalstärke und den Einsatz des vorhandenen Personals eine Entscheidungsprärogative und eine organisatorische Gestaltungsfreiheit zu mit der Folge, dass diese Entscheidungen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar sind.

Gemessen an diesen rechtlichen Vorgaben fehlt es bislang an hinreichenden Anhaltspunkten, die vom Antragsgegner angeführten dienstlichen Belange könnten der rechtlichen Prüfung nicht standhalten oder dem Antragsteller stünde gar ein zwingender Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung zu. Der Antragsgegner hat seine ablehnende Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die angespannte Personalsituation im Bereich der Schutzpolizei z u r z e i t eine weitere Reduzierung der Personalstärke auf freiwilliger Grundlage nicht erlaube. Er hat hierzu im Beschwerdeverfahren eine nachvollziehbare und vom Antragsteller für den hier maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung über das Eilrechtsschutzbegehren auch nicht bestrittene Personalübersicht für das Polizeipräsidium Mainz, und zwar speziell für den Bereich der Schutzpolizei vorgelegt (vgl. Schriftsatz vom 23. April 2004, Bl. 132 der Gerichtsakte). Hiernach besteht eine (gegenwärtige) Unterbesetzung von erheblichem Umfang. Bereits der Vergleich der im Haushaltsplan ausgewiesenen Stellen ("Soll-Stärke") mit der Zahl der tatsächlich zugewiesenen Beamten ("Ist-Stärke") ergibt ein deutliches personelles Defizit. Dieses wird - wie der Vergleich der "Ist-" mit der "Real-Stärke" zeigt - noch dadurch verstärkt, dass von den zugewiesenen Beamten ein beträchtlicher Teil zurzeit tatsächlich nicht zur Verfügung steht, um die anstehenden Aufgaben zu bewältigen. Die reduzierte "Real-Stärke" ist nach den Angaben des Antragsgegners zum Teil auf die Erfüllung zwingender gesetzlicher Verpflichtungen (Elternzeit nach § 19 a Urlaubsverordnung - UrlVO - sowie Teilzeit aus familiären Gründen nach § 87 a LBG), zum Teil auf die Teilnahme an den im dienstlichen Interesse liegenden Lehrgängen und Fortbildungsmaßnahmen oder auf Krankheitsfälle zurückzuführen. Angesichts der Größenordnung der Differenz ist bei der im vorliegenden Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung nicht zu erkennen, dass das Polizeipräsidium Mainz im Anschluss an die inhaltsgleiche personalwirtschaftliche Bewertung des zuständigen Ministeriums des Innern und für Sport (vgl. dessen Schreiben an den Antragsteller vom 8. Oktober 2003, Bl. 13 f. der Verwaltungsakte) für die in seine Zuständigkeit fallende Schutzpolizei zu Unrecht von einer besonders, d.h. über das allgemeine Maß hinausgehenden, angespannten personellen Situation ausgegangen ist, die derzeit gebiete, jede verfügbare Planstelle (in vollem Umfange) zu besetzen. Dies ist insbesondere mit Blick auf die vom Antragsgegner im Rahmen seiner Personal- und Organisationsgewalt zu treffende Entscheidung über Ausbringung und Zuordnung der Teilzeitarbeitsplätze zu bestimmten Dienstposten rechtlich nicht zu beanstanden. Der Umfang der gerichtlichen Kontrolle dieser Entscheidung ist - wie oben dargelegt - auf die Prüfung beschränkt, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in zweckwidriger Weise Gebrauch gemacht worden ist. Derartige Rechtsfehler sind nach summarischer Prüfung nicht erkennbar. Ein Ermessensfehler ist - entgegen der Ansicht des Antragstellers - vor allem nicht daraus herleitbar, dass bislang nur einem Beamten der Verwaltung Teilzeitbeschäftigung nach § 80 a Abs. 1 LBG bewilligt wurde. Der Antragsgegner hat zur Überzeugung des Senats dargelegt, dass er im Bereich des Polizeipräsidiums Mainz eine Vielzahl von Teilzeitarbeitsverhältnissen unterhält. Es kann zudem ein legitimes Anliegen sein, die infolge der bestehenden Personalknappheit im Bereich der Schutzpolizei gegebenen organisatorischen und personalwirtschaftlichen Probleme im Wechselschichtdienst nicht noch durch eine weitere Reduzierung der Personalstärke auf freiwilliger Basis zu verschärfen. Es erscheint nachvollziehbar, wenn sich der Antragsgegner im Sinne einer vorausschauenden Personalplanung insoweit vielmehr um die Erhaltung einer personellen Ausstattung bemüht, die es ihm ermöglicht, auch in Zukunft unvorhersehbare personelle Ausfälle aus den oben aufgezeigten und von ihm kaum steuerbaren Gründen abzudecken. Dies gilt umso mehr, als ein Beamter des Polizeivollzugsdienstes nur durch einen entsprechend qualifizierten Beamten ersetzt werden kann. Denn der Polizeivollzugsdienst stellt spezielle Anforderungen an die allgemeinen und fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten, die in der Regel nur in einer mehrjährigen Ausbildung vermittelt werden.

Die im Zulassungsverfahren unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens erhobenen sonstigen Einwände des Antragstellers rechtfertigten keine andere Entscheidung. Insoweit kann wegen der weiteren Einzelheiten entsprechend § 130 b Satz 2 VwGO auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 3. März 2004 verwiesen werden. Das Beschwerdevorbringen gibt keine Veranlassungen zu weiterführenden Darlegungen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 2 Gerichtskostengesetz - GKG -. Mit Blick auf die begehrte Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache sieht der Senat dabei von einer Reduzierung des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwertes ab.

Ende der Entscheidung

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