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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 18.09.2006
Aktenzeichen: 2 B 10840/06.OVG
Rechtsgebiete: GG, LBG, VwVfG


Vorschriften:

GG Art. 33
GG Art. 33 Abs. 2
LBG § 10
LBG § 10 Abs. 1
LBG § 10 Abs. 1 Satz 1
VwVfG § 35
VwVfG § 35 Abs. 1
VwVfG § 39
VwVfG § 39 Abs. 1
1. Die Mitteilung vom Ausgang eines beamtenrechtlichen Auswahlverfahrens an den unterlegenen Bewerber (sog. Negativmitteilung) bedarf keiner Begründung. Im Hinblick auf die Offenlegung der beabsichtigten Ernennung des Mitbewerbers fehlt ihr der Regelungscharakter. In Bezug auf die gleichzeitige Ablehnung der Bewerbung des unterlegenen Beamten liegt zwar ein Verwaltungsakt vor. Dem Begründungserfordernis nach § 39 VwVfG ist aber Genüge getan, wenn nach ständiger Verwaltungspraxis bekannt und gewährleistet ist, dass dem abgelehnten Bewerber die Gründe für die getroffene Auswahlentscheidung durch Auskünfte und/oder Einsichtnahme in den Besetzungsvorgang bekannt gemacht werden.

2. Der Dienstherr verstößt nicht gegen das Gebot der Bestenauslese, wenn er bei der Besetzung einer Schulleiterstelle einem Bewerber den Vorzug gibt, der im Vergleich zu anderen Mitbewerbern die bessere Gewähr für die Umsetzung seiner schulpolitischen Grundsatzentscheidungen bietet (hier: Programm der Landesregierung zur "ganzheitlichen Qualitätssicherung" an Schulen in Rheinland-Pfalz).


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ BESCHLUSS

2 B 10840/06.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Dienstpostenbesetzung

hier: einstweilige Anordnung

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 18. September 2006, an der teilgenommen haben

Präsident des Oberverwaltungsgerichts Prof. Dr. Meyer Richter am Oberverwaltungsgericht Bonikowski Richterin am Oberverwaltungsgericht Stengelhofen

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz vom 4. Juli 2006 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 11.301,03 € festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass der begehrten Sicherungsanordnung (§ 123 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -), mit dem die Antragstellerin ihren Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über ihre Bewerbung auf die im Gemeinsamen Amtsblatt Nr. 1/2005 der Ministerien für Bildung, Frauen und Jugend und für Wissenschaft, Weiterbildung Forschung und Kultur ausgeschriebene Stelle der Rektorin bzw. des Rektors der Grund- und Hauptschule G. zu sichern sucht, zu Recht abgelehnt. Denn sie hat zwar einen Anordnungsgrund, jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Bei seiner Entscheidung über die Besetzung dieser Stelle hat der Antragsgegner den in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz und § 10 Abs. 1 Satz 1 Landesbeamtengesetz niedergelegten Leistungsgrundsatz, der bei der Übertragung eines solchen Beförderungsdienstpostens zu beachten ist, nicht verletzt. Die von der Antragstellerin gegen dieses, schon von der Vorinstanz mit im Wesentlichen zutreffenden Erwägungen herausgearbeitete Ergebnis erhobenen Rügen, auf die sich die Überprüfung im Rahmen der Beschwerde zu beschränken hat (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine andere Entscheidung.

In formeller Hinsicht liegen weder Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berücksichtigung der Einwände von Schulträger und Schulausschuss im Rahmen der Benehmensherstellung nach § 26 Abs. 5 Satz 1 Schulgesetz noch ein Verfahrensfehler in Bezug auf die - unzweifelhaft erfolgte - Zustimmung der Gleichstellungsbeauftragten vor. Dies hat bereits das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss mit eingehender und zutreffender Begründung dargestellt. Hierauf kann zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden.

Im Ergebnis gilt das auch für die Frage einer Fehlerhaftigkeit der Mitteilung vom Ausgang des Auswahlverfahrens (sog. Negativmitteilung), der nach Auffassung der Antragstellerin die gemäß § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz i.V.m. § 39 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - erforderliche schriftliche Begründung fehle. Die Offenlegung der beabsichtigte Ernennung des Beigeladenen braucht in einer solchen "Negativmitteilung" schon deshalb nicht begründet zu werden, weil sie kein Verwaltungsakt im Sinne von § 35 VwVfG ist. Die bloße Mitteilung von der beabsichtigten Übertragung eines Beförderungsdienstpostens auf den ausgewählten Bewerber erfüllt nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt nicht die begrifflichen Anforderungen eines Verwaltungsaktes, weil damit noch keine unmittelbare außenverbindliche Rechtsfolge gesetzt, sondern lediglich die Absicht einer Ernennung mitgeteilt wird (vgl. Beschluss des Senats vom 9. August 1995 - 2 B 11957/95.OVG -, veröffentlicht in ESOVGRP). Soweit jedoch zugleich die Ablehnung der Bewerbung der Antragstellerin angesprochen ist, liegt zwar eine Regelung vor (vgl. BVerwGE 80, 127). Insofern ist jedoch der Hinweis auf weitere Auskünfte und die - in Anspruch genommene - Möglichkeit der Einsichtnahme in den Besetzungsbericht ausreichend, um dem Begründungserfordernis Genüge zu leisten. Auf die Erwägungen der Vorinstanz zu etwaigen Heilungsmöglichkeiten im Widerspruchsverfahren kommt es von daher ebenso wenig an wie auf die von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang erhobenen Einwände.

Die danach in formeller Hinsicht rechtsfehlerfrei zustande gekommene Auswahlentscheidung hält auch inhaltlich einer rechtlichen Überprüfung stand. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats stellt die Besetzung von Beförderungsdienstposten ein dem Dienstherrn vorbehaltener Akt wertender Erkenntnis dar, der nur einer eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle unterliegt. Die gerichtliche Überprüfung der Auswahlentscheidung ist wegen des ihm insofern zukommenden Beurteilungsspielraums darauf beschränkt, ob der Dienstherr die Grenzen der eingeräumten Beurteilungsermächtigung überschritten, insbesondere allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt, gegen wesentliche Verfahrensvorschriften verstoßen oder seiner Entscheidung einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat. Sind ihm derartige Fehler nicht unterlaufen, ist seine Besetzungsentscheidung rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. Beschluss vom 22. April 2004 - 2 A 10160/04.OVG - m.w.N.). Entgegen der Auffassung der Antragstellerin, die mit ihrer Beschwerde im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und vertieft, ist im vorliegenden Fall keiner dieser Mängel feststellbar.

Bei der Besetzung der ausgeschriebenen Funktionsstelle war der Antragsgegner berechtigt, den Ergebnissen der über die beiden Bewerber erstellten schulfachlichen Überprüfungen eine ausschlaggebende Bedeutung zukommen zu lassen. Zwar sind bei der Vergabe von Beförderungsdienstposten regelmäßig zunächst die zuletzt über die Konkurrenten erstellten Beurteilungen heranzuziehen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nach ständiger Rechtsprechung des Senats aber dann, wenn es um die Besetzung von Schulleiterstellen geht. Wegen des hierbei regelmäßig vorausgesetzten besonderen Anforderungsprofils dieser Funktionen ermöglicht das Ergebnis einer mehrteiligen funktionsbezogenen Überprüfung in besonderem Maße eine verlässliche Eignungsprognose, die demgemäß nicht in Widerspruch zum Leistungsgrundsatz steht (vgl. Beschluss des Senats vom 22. April 2004 - 2 A 10160/04.OVG - veröffentlicht in ESOVGRP, m.w.N). Dies gilt umso mehr, wenn die letzten dienstlichen Beurteilungen der Bewerber - die insoweit lediglich ergänzend heranzuziehen sind - im Wesentlichen gleich ausfallen (hier haben beide Beamte jeweils die Spitzennote erzielt). Insofern ist die von der Antragstellerin wiederholt - und so auch nochmals mit ihrer Beschwerde - bekräftigte Auffassung, sie habe nach dem Ergebnis ihrer letzten dienstlichen Beurteilungen einen Eignungsvorsprung gegenüber dem Beigeladenen, nicht zutreffend.

Die danach auf der Grundlage des allgemeinen Stellen- und Anforderungsprofils für Schulleiterinnen und Schulleiter, der sich hieran orientierenden schulfachlichen Gutachten sowie der ergänzend herangezogenen aktuellen dienstlichen Beurteilungen erfolgte Auswahlentscheidung des Antragsgegners hält einer, nach den oben dargelegten Grundsätzen allerdings eingeschränkten, gerichtlichen Überprüfung stand. In dem Besetzungsbericht des Präsidenten der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion an das Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend wird nachvollziehbar dargelegt, warum zwischen der Antragstellerin und dem Beigeladenen im Hinblick auf das Ergebnis der funktionsbezogenen Überprüfung ein wesentlicher Eignungs- und Leistungsvorsprung des letztgenannten Bewerbers besteht. Danach hat die Antragstellerin zwar ihre generelle Eignung für die Übernahme einer Schulleitungsstelle an einer Grundschule nachgewiesen. In ihrem Kolloquium sei jedoch deutlich geworden, dass sie den Schritt von der Konrektorin mit Teilverantwortung für den Primarbereich hin zur Rektorin mit Gesamtverantwortung für die Grund- und Hauptschule bisher nicht umfassend gedanklich vollzogen habe. Demgegenüber habe der Beigeladene bei seiner schul- und funktionsbezogenen Überprüfung nachweisen können, dass er über die erforderliche Führungs-, Kommunikations- und Steuerungskompetenz verfüge. Er habe als Mentor, Fachseminarleiter und Konrektor vielfältige Erfahrungen im Hinblick auf die Übernahme einer Schulleiterstelle sammeln können. Er kenne die Kriterien guten Unterrichts und habe Konzepte der Unterrichtsentwicklung, die einseitige Festlegungen vermieden und dem Rahmenkonzept "Qualitätsentwicklung in Rheinland-Pfalz" angemessen Rechnung trage.

Nach dem gesamten Sach- und Streitstand, wie er sich aus Gerichts- und Verwaltungsverfahren sowie der mehrfach, u. a. durch Presseveröffentlichungen, dokumentierten "Vorgeschichte" darstellt, bewertet der Antragsgegner dies als den entscheidenden Eignungsvorsprung des Beigeladenen gegenüber der Antragstellerin. Diese sieht in der Montessoripädagogik die größere Steigerung der Unterrichtsqualität und ist ausweislich ihres Bewerbungsschreibens "hoch motiviert", Elemente dieser Pädagogik zur Qualitätssteigerung des Unterrichts einzusetzen. Wenn der Antragsgegner die Einstellung der Beamtin zu dieser Form der Pädagogik als zu einseitig und mit dem ganzheitlichen Ansatz des Ministeriums nicht in Einklang stehend ansieht, ist hiergegen aus rechtlicher Sicht nichts zu erinnern.

Der Dienstherr verstößt nicht gegen das Gebot der Bestenauslese, wenn er bei der Besetzung einer Schulleiterstelle einem Bewerber den Vorzug gibt, der im Vergleich zu Mitbewerbern die bessere Gewähr für die Umsetzung seiner schulpolitischen Leitlinien bietet. Nach dem bereits dargestellten allgemeinen Stellen- und Anforderungsprofil gehört es zu den Kernaufgaben der Schulleiter, mit der Schulaufsicht zu kooperieren und in engem Zusammenwirken Maßnahmen zur Schulentwicklung mit zu tragen und zu verwirklichen. Dies gilt gerade auch für die Grundvorstellungen der Schulaufsicht zur Verbesserung der Qualität des Schulunterrichts, für deren Umsetzung der Dienstherr ganz besonders auf eine enge, nicht mit unterschiedlichen konzeptionellen Vorstellungen belastete Zusammenarbeit zwischen Schulleitung und Schulaufsicht angewiesen ist. Die Prognose über diese Zusammenarbeit darf der Dienstherr zu einem wichtigen Maßstab für die Übertragung von Leitungsaufgaben machen. Wenn der Antragsgegner nach Auswertung der schulfachlichen Überprüfung in der Person des Beigeladenen die größere Gewähr für die Umsetzung seiner schulischen Qualitätsvorstellungen sieht, so überdehnt er seinen Prognose- und Einschätzungsspielraum bei der Beurteilung von Leistung und Eignung des Bewerberfeldes nicht.

Hinsichtlich der den erstinstanzlichen Vortrag weitgehend nur wiederholenden Einwände der Antragstellerin, die sie gegen das Ergebnis der übrigen Teile der schulfachlichen Überprüfung (Unterrichtshospitation bzw. Leitung einer Gesamtkonferenz) erhebt, setzt sie nahezu durchweg lediglich ihre eigene Einschätzung an die Stelle der sich hiervon unterscheidenden Wertung der hiermit beauftragten Schulaufsichtsbeamten. Diese unterschiedlichen Bewertungen und Ansichten in Bezug auf die fachliche Eignung der Antragstellerin berühren indessen den Kernbereich des Beurteilungsspielraumes des Dienstherrn. Rechtsfehler im dargestellten Sinne sind damit nicht dargetan, so dass es auch unter diesem Blickwinkel mit den bereits von der Vorinstanz eingehend und zutreffend dargestellten Ausführungen im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des Auswahlvorgangs sein Bewenden haben muss.

Schließlich können alle weiteren mit der Beschwerde geltend gemachten Gesichtspunkte, wie ihr höheres Dienst- und Lebensalter, ihre Eigenschaft als "Hausbewerberin" (aus dem sich - wie sie meint - ein Bewährungsvorsprung ergebe), ihre Schwerbehinderung sowie Gesichtspunkte der Gleichstellung von Männern und Frauen ihrem Begehren nicht zum Erfolg verhelfen. Derartige Hilfskriterien kommen erst bei einem sich nach Durchführung der schulfachlichen Überprüfung, ggf. ergänzt unter Berücksichtigung der letzten dienstlichen Beurteilungen, ergebenen Leistungs- und Eignungsgleichstand der Bewerber zum Tragen. Hiervon ist aus den vorstehend genannten Gründen jedoch gerade nicht auszugehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes folgt aus §§ 47 Abs. 2 Satz 1, 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 analog Gerichtskostengesetz. Maßgebend ist danach 4/5 des Hauptsachestreitwertes, des 6,5-fachen des monatlichen Endgrundgehaltes der Besoldungsgruppe A 14 BBesO (4.346,55 €). Der sich danach errechnende Betrag ist für das Eilverfahren gemäß den Empfehlungen in Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (DVBl. 2004, 1526) um die Hälfte zu reduzieren.

Ende der Entscheidung

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