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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 22.09.2006
Aktenzeichen: 2 B 11072/06.OVG
Rechtsgebiete: VwGO, GemO, LFAG


Vorschriften:

VwGO § 123
VwGO § 123 Abs. 1
VwGO § 123 Abs. 1 Satz 1
GemO § 72
LFAG § 26
Macht eine Ortsgemeinde geltend, der Haushaltsplan einer Verbandsgemeinde enthalte Ausgaben für verbandsgemeindefremde Aufgaben und das dem Verbandsgemeindeumlagesatz zugrunde liegende Umlagesoll sei deshalb rechtsfehlerhaft festgesetzt, so stehen ihr die Rechtsschutzalternativen eines Normenkontrollverfahrens gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO gegen den in der Haushaltssatzung festgesetzten Umlagesatz sowie einer Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO gegen den Bescheid zur Festsetzung der auf die Ortsgemeinde entfallenden Verbandsgemeindeumlage zur Verfügung. Darüber hinaus kann sie jeweils um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 47 Abs. 6 bzw. § 80 Abs. 5 VwGO nachsuchen. Es fehlt hingegen an einem erforderlichen qualifizierten Rechtsschutzinteresse für die Gewährung zusätzlichen vorbeugenden Rechtsschutzes im Wege einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO.
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ BESCHLUSS

2 B 11072/06.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Umlage nach dem Finanzausgleichsgesetz hier: einstweilige Anordnung

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 22. September 2006, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Mildner Richter am Oberverwaltungsgericht Stamm Richterin am Oberverwaltungsgericht Stengelhofen

beschlossen:

Tenor:

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 4. August 2006 wird der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Die Antragstellerin hat die Kosten der Verfahren beider Rechtszüge zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kann keinen Erfolg haben, weil es an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin fehlt.

Durchgreifende Bedenken gegen die vom Verwaltungsgericht getroffene Anordnung, die Antragsgegnerin dürfe bis zur Unanfechtbarkeit der Bescheide zur Umlageerhebung für 2005 und 2006 keine weiteren Gelder zur Förderung der Sanierung der Naturschutz-Jugendherberge A. ... auszahlen, bestehen schon deshalb, weil die Antragstellerin ihr Rechtsschutzbegehren in zeitlicher Hinsicht ausdrücklich auf den Zeitraum bis zu einer abschließenden Entscheidung über ihren Widerspruch gegen den Bescheid über die Festsetzung der Verbandsgemeindeumlage für das Jahr 2005 begrenzt hatte. Hieran war das Verwaltungsgericht gemäß § 122 Abs. 1 in Verbindung mit § 88 VwGO grundsätzlich gebunden. Allenfalls die Bezugnahme der Antragsbegründung auf Festsetzungen der Antragsgegnerin in ihrem Haushaltsplan für das Jahr 2006 könnte dazu veranlassen, das Begehren der Antragstellerin dahingehend zu verstehen, sie strebe auch eine einstweilige Sicherung ihrer Rechte hinsichtlich der noch ausstehenden Festsetzung der Verbandsgemeindeumlage für das Jahr 2006 an. Hierzu bedarf es aber keiner abschließenden Entscheidung, da sich die Antragstellerin jedenfalls nicht auf ein rechtsschutzwürdiges Interesse am Erlass einer entsprechenden Anordnung berufen kann.

Hinsichtlich der Festsetzung der Verbandsgemeindeumlage für das Jahr 2005 durch den Bescheid der Antragsgegnerin vom 22. Dezember 2005 gilt dies schon deshalb, weil dieser Bescheid nach dem Inhalt der dem erkennenden Senat vorliegenden Verwaltungsvorgänge zwischenzeitlich bestandskräftig geworden ist. In ihm hat die Antragsgegnerin eine Neufestsetzung der Verbandsgemeindeumlage vorgenommen und zugleich den hierzu ergangenen früheren Bescheid vom 19. September 2005 ausdrücklich aufgehoben. Lediglich gegen diesen Erstbescheid hatte die Antragstellerin mit Schreiben vom 18. Oktober 2005 Widerspruch eingelegt. Ein Widerspruch gegen den Zweitbescheid vom 22. Dezember 2005, der den Erstbescheid ersetzte und der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehen war, ist hingegen unterblieben. Die Antragstellerin muss daher die rechtlichen Wirkungen dieses Bescheids gegen sich gelten lassen.

Darüber hinaus ist ohnehin nicht erkennbar, dass Zahlungen von Fördermitteln durch die Antragsgegnerin an Dritte im laufenden Haushaltsjahr 2006 geeignet sein können, die Höhe der von der Antragstellerin für das Haushaltsjahr 2005 zu entrichtende Verbandsgemeindeumlage zu beeinflussen. Auswirkungen sind insoweit nur auf die Höhe der Verbandsgemeindeumlage für das Jahr 2006 denkbar.

Bezogen auf die noch ausstehende Festsetzung der Verbandsgemeindeumlage für das Jahr 2006 bedarf es grundsätzlich keiner vorbeugenden Sicherungsanordnung im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Antragstellerin wird nach Erlass eines entsprechenden Bescheids die Möglichkeit zur Verfügung stehen, um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 VwGO nachzusuchen bzw. in der Hauptsache Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zu erheben. Des Weiteren steht der Antragstellerin die Möglichkeit offen, hinsichtlich der Festsetzung des Verbandsgemeindeumlagesatzes in § 3 der Haushaltssatzung vom 19. Januar 2006 auf 41,2 v.H. ein Normenkontrollverfahren bei dem Oberverwaltungsgericht gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO einzuleiten, das gegebenenfalls auch zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 47 Abs. 6 VwGO führen kann. Auch im Rahmen dieses Verfahrens könnte die Antragstellerin die von ihr behauptete Unzuständigkeit der Antragsgegnerin für von ihr im Haushaltsplan 2006 vorgesehene Ausgaben rügen, die die Höhe der Verbandsgemeindeumlage beeinflussen (vgl. OVG RP, AS 27, 279 ff.).

Die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Anordnung eines einstweiligen Auszahlungsverbots stellt demgegenüber die zusätzliche Gewährung vorbeugenden Rechtsschutzes gegen ein bevorstehendes Handeln der Antragsgegnerin dar, das den Vollzug ihres Haushaltsplans für das Jahr 2006 betrifft. Die aufgezeigten Rechtsschutzmöglichkeiten sind jedoch ausreichend und machen die Einräumung einer solchen zusätzlichen Rechtsschutzmöglichkeit gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die ein besonderes qualifiziertes Rechtsschutzinteresse voraussetzen würde (vgl. BVerwG, NVwZ 1986, 1011 [1012]), entbehrlich. Obsiegt nämlich die Antragstellerin in einem zukünftigen Hauptsacheverfahren, das die noch ausstehende Festsetzung der von ihr zu entrichtenden Verbandsgemeindeumlage für das Jahr 2006 betrifft, weil das dem Umlagesatz zugrunde gelegte Umlagesoll Ausgaben für verbandsgemeindefremde Ausgaben enthält, würde dies zu einer Verminderung des Umlagesatzes und einer entsprechenden Reduzierung der auf sie entfallenden Umlage führen. Die Antragsgegnerin wäre unter diesen Umständen rechtlich gehindert, den eintretenden Einnahmeausfall erneut in das Umlagesoll einzustellen und so doch über die Verbandsgemeindeumlage zu finanzieren, wie es das Verwaltungsgericht angenommen hat (S. 5 des Beschlussabdrucks).

Außer aus diesen rechtlichen kann auch aus tatsächlichen Gründen nicht angenommen werden, eine im laufenden Jahr erfolgende Auszahlung der im Haushaltsplan der Antragsgegnerin vorgesehenen Mittel zur Sanierung der Naturschutz-Jugendherberge in A. würde einen späteren Rechtsschutz der Antragstellerin gegen die noch ausstehende Verbandsgemeindeumlagefestset-zung ins Leere laufen lassen. Die fraglichen Ausgaben sind nämlich im Vermögenshaushalt der Antragsgegnerin veranschlagt und nicht im Verwaltungshaushalt. Da die Verbandsgemeindeumlage aber nur zur Deckung des Verwaltungshaushalts dient, können die fraglichen Zuwendungen jedenfalls nicht direkt, sondern allenfalls mittelbar über im Verwaltungshaushalt veranschlagte Zuführungen zum Vermögenshaushalt in die Ermittlung des Verbandsgemeindeumlagesatzes einfließen (vgl. OVG RP, AS 20, 58 [61]). Unmittelbar bestimmt wird der Verbandsgemeindeumlagesatz mithin nur durch die Höhe des in den Verwaltungshaushalt eingestellten Schuldendienstes in Bezug auf die fraglichen Zuschüsse. Dessen Höhe pro Haushaltsjahr beträgt jedoch nur einen Bruchteil der maximalen Zuschusshöhe für das Jahr 2006 in Höhe von 200.000,-- €. Zudem ist zu berücksichtigen, dass sich die Höhe des auf die Antragstellerin entfallenden Anteils an der gesamten Verbandsgemeindeumlage als einer von zwölf Ortsgemeinden ausweislich der endgültigen Verbandsgemeindeumlage für das Haushaltsjahr 2005 auf ca. 8 % beläuft. Ein entsprechender Einnahmeausfall im Rahmen der Verbandsgemeindeumlage für das Jahr 2006 - bezogen auf den Schuldendienst für die fraglichen Zuschüsse und nicht das gesamte Umlagesoll - dürfte aber von der Antragsgegnerin gegebenenfalls ohne weiteres aufgefangen werden können. Es sind keine durchgreifenden Gründe erkennbar, die insoweit die Annahme rechtfertigten, letztlich müsse die Antragstellerin für einen solchen begrenzten Einnahmeausfall mit einstehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 Gerichtskostengesetz in Verbindung mit Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (DVBl. 2004, 1525).

Ende der Entscheidung

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