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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 15.04.2005
Aktenzeichen: 3 A 12224/04.OVG
Rechtsgebiete: LBG, LDG, AO, StraBEG


Vorschriften:

LBG § 64 Abs. 1 Satz 3
LBG § 85 Abs. 1
LDG § 7 Abs. 1
LDG § 11 Abs. 1 Satz 2
LDG § 11 Abs. 2 Satz 1
AO § 370
AO § 371
AO § 371 Abs. 1
AO § 371 Abs. 2
StraBEG § 7 Satz 1 Nr. 1
StraBEG § 7 Satz 1 Nr. 2
Zum Disziplinarmaß bei Steuerhinterziehungen eines Finanzbeamten (hier: Nichterklärung von Zinseinkünften aus ausländischem Kapitalvermögen) im Falle einer strafbefreienden Selbstanzeige nach § 371 AO.
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND/PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 A 12188/04.OVG 3 A 12224/04.OVG

In der Disziplinarsache

wegen Disziplinarklage

hat der 3. Senat - Senat für Landesdisziplinarsachen - des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. April 2005, an der teilgenommen haben

Präsident des Oberverwaltungsgerichts Prof. Dr. Meyer Richter am Oberverwaltungsgericht Bonikowski Richterin am Oberverwaltungsgericht Stengelhofen ehrenamtliche Richterin Steueramtsrätin Reuter ehrenamtlicher Richter Kriminalhauptkommissar Bender

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers und die Berufung des Beklagten gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. November 2004 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Trier werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Tatbestand:

Der Kläger betreibt die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst.

Der 1942 geborene Beklagte ist mit der Beklagten der Verfahren 3 A 12185/04.OVG und 3 A 12187/04.OVG verheiratet. Im Jahre 1965 trat er in den Dienst der Steuerverwaltung des Landes Rheinland-Pfalz. Seine Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit erfolgte im Dezember 1969. In sein derzeitiges Laufbahnamt als Amtsinspektor (Besoldungsgruppe A 9) wurde er im Dezember 1985 berufen. Seit Februar 1987 war er als Sachbearbeiter einer Bewertungsstelle eingesetzt. Im Dezember 2000 bewilligte der Kläger dem Beklagten antragsgemäß Altersteilzeit im sog. Blockmodell ab Februar 2001 bis Ende Dezember 2007. In der ersten Hälfte des Bewilligungszeitraums sollte der Beklagte die volle Arbeitszeit Dienst leisten und ab Mitte Juli 2004 vom Dienst freigestellt werden. Seit Anfang August 2002 ist der Beklagte ununterbrochen dienstunfähig erkrankt. Die Laufbahnprüfung für den mittleren Dienst im Jahre 1968 schloss der Beklagte mit der Gesamtnote "ausreichend" ab. In der letzten Regelbeurteilung zum 1. Juli 1998 wurde er mit der Gesamtbewertung "4 Punkte" (= Leistung und Befähigung übertreffen deutlich die Anforderungen) beurteilt. Der Beklagte ist disziplinar- und strafrechtlich nicht vorbelastet.

Im Mai 1993 eröffneten der Beklagte und seine Ehefrau bei der Banque Générale du Luxembourg, Zweigstelle Wasserbillig, ein Konto, über das sie beide einzeln zeichnungsberechtigt waren. Im September 1993 überwies der Beklagte auf dieses Konto einen Betrag von rund 400.000 DM, welchen er anschließend anlegte. Im September 1995 erfolgte die Überweisung eines zweiten Teilbetrages in Höhe von 490.000 DM und dessen Anlage.

Ab Mai 2001 unterzog die Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes T. die bankeigenen Wertpapierkonten der Sparkasse T., auf denen in anonymisierter Form An- und Verkäufe von Wertpapieren unter genauer Angabe der Uhrzeit der Transaktion verbucht werden, einer Überprüfung zur Ermittlung außergewöhnlicher und nicht nachvollziehbarer Geldtransaktionen im Umfeld der 1993 eingeführten Kapitalertragssteuer. Im März 2002 geriet die Mutter des Beklagten wegen des Erwerbs von Tafelpapieren im Wert von 142.000 DM im August 1990 in den Blick der Ermittler. Diese Papiere waren zunächst im Banksafe der Mutter des Beklagten aufbewahrt worden, bevor der Beklagte einen Teil davon 1993 nach Luxemburg brachte. Der Rest wurde 1995 über ein bankinternes Sammelkonto in anonymisierter Form nach Luxemburg überwiesen. Die Mutter des Beklagten wurde von der Sparkasse T. über die gegen sie gerichteten Ermittlungen der Steuerfahndung informiert.

Unter dem 2. April 2002 erstattete der Beklagte Selbstanzeige gemäß § 371 Abgabenordnung - AO - und offenbarte, Kapitalvermögen im Ausland angelegt, jedoch in den Einkommensteuererklärungen bis zum Jahre 1997 keine Angaben über Einkünfte daraus gemacht und für die nachfolgenden Veranlagungszeiträume keine Steuererklärungen abgegeben zu haben. Bei dem im Ausland unter seinem Namen angelegten Kapitalvermögen handele es sich um eigene Ersparnisse sowie die Ersparnisse seiner Mutter. Daraufhin leitete die Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamtes T. unter dem 18. April 2002 gegen den Beklagten ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung durch Abgabe unrichtiger Einkommensteuererklärungen sowie Nichtabgabe von Einkommen- und Vermögensteuererklärungen für im Einzelnen genau bezeichnete Veranlagungsjahre und -zeitpunkte ein. Daneben leitete das Finanzamt T. gegen den Beklagten wegen des Verdachts eines Dienstvergehens ein Disziplinarverfahren ein, das mit Rücksicht auf das Strafverfahren zunächst ausgesetzt wurde. Das Strafverfahren wurde mit Verfügung vom 14. November 2002 unter Bezugnahme auf die Selbstanzeige nach § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung eingestellt. Das Disziplinarverfahren wurde nach Vorlage des Berichtes der Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes T. vom 31. Juli 2002 fortgesetzt.

Mit Verfügung vom 22. August 2002 enthob der Kläger den Beklagten vorläufig des Dienstes und kürzte seine monatlichen Dienstbezüge um die Hälfte. Der hiergegen gerichtete Antrag des Beklagten auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes war in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht Trier erfolgreich. Auf die Beschwerde des Klägers änderte der Senat den Beschluss des Verwaltungsgerichts im Wesentlichen mangels Freiwilligkeit der Selbstanzeige ab und lehnte den Aussetzungsantrag ab.

Mit Bescheiden vom 21., 22. und 28. August 2002 setzte der Kläger die Einkommensteuer für die Veranlagungszeiträume von 1989 bis 2001 sowie die Vermögensteuer auf den 1. Januar 1989, 1. Januar 1990, 1. Januar 1993, 1. Januar 1994, 1. Januar 1995 und 1. Januar 1996 unter Berücksichtigung der Einkünfte aus Kapitalvermögen auf Mehrsteuern in Höhe von insgesamt 154.397 DM fest. Davon entfielen auf die vor der Heirat des Beklagten liegenden Veranlagungszeiträume von 1989 bis 1991 insgesamt 14.288 DM und auf die Zeit danach insgesamt 140.109 DM Einkommen- und Vermögensteuer. Gegen diese Bescheide legten der Beklagte und seine Ehefrau in Höhe von 88.291 DM Einspruch ein. Insoweit beträfen die Mehrsteuern Einkünfte aus dem der Mutter des Beklagten zuzurechnenden Kapitalvermögen. Im Übrigen wurde die Forderung anerkannt. Das Finanzamt T. wies den Einspruch mit Bescheid vom 22. November 2002 zurück. Die gegen die das Jahr 1993 und die Folgejahre betreffenden Bescheide erhobene Klage wurde vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 17. März 2004 - 1 K 2783/02 - abgewiesen. Das in Luxemburg angelegte Kapitalvermögen und die daraus erzielten Einkünfte seien vollumfänglich dem Beklagten und seiner Ehefrau zuzurechnen. Ein steuerlich zu beachtendes Treuhandverhältnis zwischen dem Beklagten und seiner Mutter, das eine teilweise Zurechnung von Kapital und Einnahmen daraus auf die Mutter des Beklagten rechtfertigen würde, liege nicht vor. Auch sei die Ehefrau des Beklagten nicht nur im Notfall befugt gewesen, über die ausländischen Kapitalanlagen zu verfügen. Der Beklagte und sie seien vielmehr gleichberechtigte Inhaber des in Luxemburg angelegten Kontos gewesen. Die Art der Kontoführung entspreche einem sog. "Oder-Konto", über das jeder der Berechtigten alleine verfügen konnte. Die Beschwerde des Beklagten und seiner Ehefrau gegen die Nichtzulassung der Revision in dem finanzgerichtlichen Urteil wurde noch nicht entschieden.

Die vorbezeichneten Anschuldigungsgründe hat der Kläger auch zum Gegenstand der am 24. März 2003 erhobenen Disziplinarklage gemacht und beantragt,

den Beklagten aus dem Dienst zu entfernen.

Dem ist der Beklagte entgegengetreten und hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten in das Amt eines Steuerobersekretärs (Besoldungsgruppe A 7) versetzt. Der Beklagte habe für die Veranlagungszeiträume von 1989 bis 1991 keine Einkommen- und Vermögensteuererklärungen abgegeben. Für die Jahre 1992 bis 1997 hätten er und seine Ehefrau zwar gemeinsame Einkommensteuererklärungen beim Finanzamt eingereicht, in denen sie außer im Jahr 1992 jedoch keine Einkünfte aus Kapitalvermögen deklariert hätten. Für diese Jahre seien ihnen jeweils Steuern erstattet worden. Vermögensteuererklärungen seien für diese Zeiträume nicht abgegeben worden. Für die Jahre 1998 bis 2000 hätten der Beklagte und seine Ehefrau es pflichtwidrig unterlassen, die Steuerbehörden über ihre tatsächlichen Einkommensverhältnisse aufzuklären, um so eine ordnungsgemäße Festsetzung der Einkommen- und Vermögensteuer zu ermöglichen. Lediglich für das Jahr 2001 sei ein pflichtwidriges Verhalten zu verneinen, weil die Frist zur Abgabe der Steuererklärungen erst zum 31. Mai 2002 abgelaufen wäre, die Selbstanzeige jedoch bereits im April 2002 erfolgt sei. In Würdigung des so festgestellten Sachverhalts hat das Verwaltungsgericht auf ein schuldhaft begangenes schwerwiegendes Dienstvergehen erkannt. Der Beklagte habe durch sein Fehlverhalten in schwerer Weise die ihm obliegende Pflicht, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordere, verletzt. Dies gelte auch, wenn man der Einlassung des Beklagten folge, wonach ein Teil der Kapitalanlagen nicht seinem, sondern dem Vermögen seiner Mutter zuzurechnen sei. Denn in diesem Fall habe er aktiv an der Verschleierung der Einkommensverhältnisse eines Dritten mitgewirkt und damit dessen Steuerstraftaten verantwortlich gefördert. Nach Abwägung der Erschwernis- und Milderungsgründe sei die Zurückstufung in ein um zwei Besoldungsstufen niedrigeres Amt zur Ahndung des Dienstvergehens unerlässlich, aber auch ausreichend. Zwar falle zu Lasten des Beklagten der enge dienstliche Bezug des außerdienstlichen Dienstvergehens ins Gewicht. Auch habe der Beklagte hinsichtlich des eingestandenen Mehrbetrages eigennützig gehandelt. Es sei seine Absicht gewesen, geringere als die gesetzlich vorgesehenen Steuern zu zahlen, um auf diese Weise seine finanziellen Mittel zu schonen. Belastend wirkten zudem die Dauer der Steuerhinterziehung und die Gesamtgrößenordnung der Hinterziehungsbeträge. Ferner spreche gegen den Beklagten, dass er Kapital eigenhändig ins Ausland verbracht und dort angelegt habe, um es der Besteuerung durch die deutschen Finanzbehörden zu entziehen. Außerdem habe er zum Beleg des von ihm behaupteten Treuhandverhältnisses eine rückdatierte Bescheinigung seiner Mutter vorlegt und die Tatsache der Rückdatierung zunächst verschwiegen. Allerdings sei zugunsten des Beklagten - neben der fehlenden disziplinar- und strafrechtlichen Vorbelastung und der zuvor unbeanstandeten Verrichtung seines Dienstes - vor allem seine Selbstanzeige zu berücksichtigen. Dieser komme im vorliegenden Fall ein so großes Gewicht zu, dass trotz der aufgezeigten Erschwernisgründe ein endgültiger, die Entfernung aus dem Dienst rechtfertigender Vertrauensverlust (noch) nicht festzustellen sei. Denn die Selbstanzeige sei freiwillig erfolgt. Es fehle jeglicher Anhalt für die Annahme, der Beklagte habe die Selbstanzeige nur unter dem Eindruck eines gegen ihn konkret verdichteten Verdachts erstattet. Konkrete Ermittlungen in Richtung des Beklagten seien auch nach Angabe der Vertreterin des Klägers in der mündlichen Verhandlung erst nach Abgabe der Selbstanzeige erfolgt. Die bloße abstrakte Möglichkeit, das außerdienstliche Dienstvergehen würde etwa vor dem Hintergrund allgemein durchgeführter Kontrollen im Bereich der Sparkasse T. bzw. im Zuge der weiteren Ermittlungen gegen die Mutter des Beklagten alsbald entdeckt werden, reiche nicht aus, um den Entschluss als unfreiwillig erscheinen zu lassen. Schließlich könne der hinterzogene Gesamtbetrag zwar nicht als unbedeutend vernachlässigt werden. Er sei aber auch nicht so außergewöhnlich hoch, dass er das Gewicht der freiwilligen Selbstanzeige mindere.

Gegen dieses Urteil haben beide Beteiligte Berufung eingelegt.

Der Kläger wiederholt und vertieft zur Begründung seiner auf das Disziplinarmaß beschränkten Berufung im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. Die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst sei aus seiner Sicht die allein schuld- und persönlichkeitsangemessene Disziplinarmaßnahme. Insbesondere sei der Selbstanzeige keine strafmildernde Wirkung beizumessen, da sie nicht freiwillig abgegeben worden sei.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts aus dem Dienst zu entfernen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen und unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts die Klage abzuweisen; hilfsweise auf eine Kürzung der Dienstbezüge zu erkennen; äußerst hilfsweise, eine Versetzung in das Amt eines Steuerhauptsekretärs (Besoldungsgruppe A 8) auszusprechen.

Er ist der Ansicht, die Selbstanzeige sei freiwillig erfolgt. Die freiwillige Selbstanzeige schließe eine disziplinarrechtliche Ahndung seines Fehlverhaltens aus; zumindest rechtfertige sie eine mildere als die vom Verwaltungsgericht erkannte Disziplinarmaßnahme. Das Angebot der Straffreiheit bei einer Selbstanzeige nach § 371 AO solle zur Vermehrung des Steueraufkommens beitragen. Diese gesetzgeberische Zielsetzung genieße absoluten Vorrang vor einer Verfolgung etwaiger straf- und disziplinarrechtlicher Verstöße. Im Übrigen hält der Beklagte daran fest, dass er das Vermögen seiner Mutter treuhänderisch verwaltet habe, sodass ihm und seiner Ehefrau lediglich Mehrsteuern in Höhe von 66.106 DM zuzurechnen seien.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die Gerichtsakten 3 A 12185/04.OVG, 3 A 12187/04.OVG, 3 L 1229/02.TR und 3 L 1233/02.TR, die Personal- und Disziplinarakten der Oberfinanzdirektion Koblenz (11 Hefter) und die Steuerakten des Finanzamtes T. (6 Hefter) verwiesen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers und die Berufung des Beklagten bleiben ohne Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat das beim Beklagten festgestellte Dienstvergehen tat- und schuldangemessen geahndet. Die seitens des Klägers mit dem Rechtsmittel der Berufung begehrte Entfernung des Beklagten aus dem Dienst als schärfste Disziplinarmaßnahme ist ebenso wenig gerechtfertigt, wie das vom Beklagten im Berufungsverfahren verfolgte Ziel, von disziplinarer Ahndung abzusehen oder die verhängte Disziplinarmaßnahme abzumildern. Der Beklagte hat sich durch sein Verhalten eines so schweren Dienstvergehens im Sinne des § 85 Abs. 1 Landesbeamtengesetz - LBG - schuldig gemacht, dass gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 Landesdisziplinargesetz - LDG - die Zurückstufung um zwei Besoldungsstufen erforderlich, aber auch ausreichend ist, um der Schwere des Dienstvergehens und dem dadurch bewirkten Vertrauensverlust sowohl des Dienstherrn als auch der Allgemeinheit in den Beklagten angemessen Rechnung zu tragen.

Der Beklagte hat durch die wahrheitswidrige Nichterklärung von Zinseinkünften in seinen für die Jahre 1992 und 1997 abgegebenen Steuererklärungen und das Unterlassen der Erklärung von Zinseinkünften in den Jahren 1989 bis 1991 sowie 1998 bis 2000 in schwerwiegender Weise und schuldhaft die ihm nach § 64 Abs. 1 Satz 3 LBG obliegende Pflicht verletzt, auch außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf als Finanzbeamter erfordert. An dieser disziplinarrechtlichen Bewertung des außerdienstlichen Fehlverhaltens ändert sich vor allem durch den Einwand des Beklagten nichts, einen Teil der Kapitalanlage für seine Mutter treuhänderisch verwaltet zu haben mit der Folge, dass ihr die daraus erzielten Zinseinkünfte zuzurechnen seien. Dies hat bereits das Verwaltungsgericht umfassend und überzeugend dargelegt. Auf die auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens des Beklagten zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, denen sich der Senat inhaltlich anschließt, wird gemäß § 21 LDG in Verbindung mit § 130 b Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Das Berufungsvorbringen des Beklagten gibt keine Veranlassung zu weitergehenden Ausführungen.

Das außerdienstliche Fehlverhalten des Beklagten bedarf wegen seiner Eigenart und Schwere, auch aus Gründen der Generalprävention, einer eindeutigen und nachhaltigen disziplinarrechtlichen Ahndung. Eine Regeldisziplinarmaßnahme für steuerrechtliche Verfehlungen eines Finanzbeamten gibt es allerdings nicht. Angesichts der Variationsbreite möglicher Verwirklichungsformen entzieht sich das (außerdienstliche) Fehlverhalten eines Finanzbeamten in steuerlichen Belangen einer einheitlichen disziplinarrechtlichen Bewertung. Welche Disziplinarmaßnahme im konkreten Fall als tat- und schuldangemessen anzusehen ist, wird maßgebend von den besonderen Umständen des Einzelfalls bestimmt. Hiernach ist der Senat in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht zu der Überzeugung gelangt, dass der Beklagte unter Würdigung aller Umstände, auch nach dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Gesamteindruck seiner Persönlichkeit, trotz der massiven Pflichtverletzung noch einen Rest an Vertrauen verdient, der es rechtfertigt, ihn im Beamtenverhältnis zu lassen. Gleichwohl ist sowohl dem Beklagten als auch der Beamtenschaft insgesamt eindringlich und nachhaltig vor Augen zu führen, dass sich der Beklagte durch seine Handlungsweise an den Rand der Tragbarkeit für den öffentlichen Dienst gebracht hat. Von daher ist die Zurückstufung nach § 7 Abs. 1 LDG um zwei Besoldungsstufen als nach dem Landesdisziplinargesetz zweitstärkste und auch nach außen erkennbare Sanktion geboten.

Ausschlaggebend dafür, dass der Beklagte nicht aus dem Dienst zu entfernen war, ist seine strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO, die maßgeblicher Auslöser für die Einleitung und Durchführung des Disziplinarverfahrens gewesen ist. Diesem Milderungsgrund ist gegenüber den vorliegenden Erschwernisgründen ein so großes Gewicht beizumessen, dass der von § 11 Abs. 2 Satz 1 LDG geforderte endgültige Vertrauensverlust nicht festzustellen ist. Im Einzelnen hat dies bereits das Verwaltungsgericht zutreffend und überzeugend dargelegt. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann hierauf in vollem Umfang verwiesen werden (§ 21 LDG in Verbindung mit § 130 b Satz 2 VwGO). Lediglich ergänzend führt der Senat im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten aus:

Einer im Steuerstrafrecht als freiwillig angesehenen Selbstanzeige kann entgegen der Auffassung des Klägers im Rahmen der disziplinaren Verfolgung der Charakter der Freiwilligkeit nicht abgesprochen werden. Der Begriff der Freiwilligkeit erfährt im Disziplinarrecht keine bereichsspezifische Konkretisierung. Ihm liegt vielmehr dasselbe Begriffsverständnis wie im Steuerstrafrecht (vgl. § 371 Abs. 2 AO sowie die im Wesentlichen inhaltsgleiche Bestimmung des § 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 Strafbefreiungserklärungsgesetz - StraBEG -) zugrunde. Von einer freiwilligen Selbstanzeige ist danach auszugehen, wenn die dem Beamten konkret zur Last gelegte Tat im Zeitpunkt der Selbstanzeige nicht bereits entdeckt war, also ihretwegen noch keine (gezielten) Ermittlungen stattgefunden haben und der Beamte deshalb mit seiner Überführung (noch) nicht konkret rechnen musste. Entscheidend für die Zubilligung der Freiwilligkeit ist allein die Vorstellung des Beamten, Herr seines Entschlusses zu bleiben und sich für die Beachtung des Rechts auszusprechen, obwohl damit die Offenbarung einer eigenen Rechtsverletzung notwendigerweise verbunden ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. August 2000 - 3 A 10944/00.OVG - veröffentlicht in ESOVGRP). Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Die mündliche Verhandlung hat zur Überzeugung des Senats erwiesen, dass gegen den Beklagten im Zeitpunkt der Selbstanzeige wegen der ihm später vorgeworfenen Steuerhinterziehung durch Nichterklärung von ausländischen Zinseinkünften nicht ermittelt wurde. Bei Abgabe der Selbstanzeige deutete (noch) nichts darauf hin, dass der Beklagte in der Vergangenheit auffällige und nicht nachvollziehbare Geldtransaktionen vorgenommen hat. Ebenso wenig ist der Steuerfahndung bekannt gewesen, dass er und seine Ehefrau seit Mai 1993 in Luxemburg ein Konto unterhielten. Die bis zur Selbstanzeige gegen die Mutter des Beklagten geführten Ermittlungen hatten keinen Hinweis auf das luxemburgische Konto, erst recht nicht auf eine Verbindung zwischen dem der Steuerfahndung aufgefallenen Erwerb von Tafelpapieren durch die Mutter des Beklagten und diesem Konto ergeben. Nach allem erweist sich die Selbstanzeige des Beklagten damit als freiwillig. Die bloße abstrakte, nach Einschätzung der Klägerin allerdings nicht fern liegende Möglichkeit, die steuerrechtlichen Verfehlungen des Beklagten im Zuge der fortschreitenden Ermittlungen gegen seine Mutter zu entdecken, reicht nicht aus, um seinen Entschluss zur Offenbarung der Tat und Wiedergutmachung des Schadens als unfreiwillig erscheinen zu lassen.

Die freiwillige Selbstanzeige schließt indessen entgegen der Auffassung des Beklagten nicht auch automatisch eine Verfolgung wegen des disziplinaren Unrechtgehalts seiner steuerrechtlichen Verfehlungen aus. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 371 AO verhindert die Selbstanzeige lediglich die strafrechtliche Ahndung von Steuerhinterziehungen nach § 370 AO. Diese Vergünstigung der Verfolgungsbefreiung kann über den Wortlaut hinaus nicht auf eine mit der Straftat der Steuerhinterziehung einhergehende Verletzung von Dienstpflichten erstreckt werden. Das entspräche nicht dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift. Die gesetzlich zugesicherte Straffreiheit findet ihre Rechtfertigung ausschließlich in steuerpolitischen Erwägungen. Der Steuerpflichtige soll durch das Angebot der Straffreiheit dazu veranlasst werden, nachträglich seine steuerrechtlichen Pflichten zu erfüllen, um auf diese Weise das Steueraufkommen des Staates zu vermehren. Die Selbstanzeige kompensiert das strafwürdige Unrecht der Steuerhinterziehung. Deshalb erweist sich die Strafandrohung des § 370 AO als entbehrlich und dem Steuerpflichtigen gegenüber kann strafrechtliche Nachsicht gewährt werden (vgl. Rüping in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 371 Rdnrn. 10 ff.; BGH, Urteil vom 12. August 1987 - 3 StR 10/87 - BGHSt 35, 36 [37]). Das Disziplinarrecht verfolgt demgegenüber eine andere Zielrichtung. Es ist auf die Erhaltung und Sicherung einer gesetzmäßigen, geordneten und glaubwürdigen Verwaltung ausgerichtet. Die disziplinarrechtliche Ahndung von Dienstvergehen soll den Beamten ermahnen, sich künftig pflichtgemäß zu verhalten und damit die Integrität und Funktionsfähigkeit des Berufsbeamtentums im Interesse der Allgemeinheit aufrechterhalten (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10. April 2003 - 3 A 10313/03.OVG - veröffentlicht in ESOVGRP m.w.N.). Vor diesem Hintergrund beschränkt sich die Wirkung des § 371 AO notwendig auf das strafrechtliche Unrecht und die rein strafrechtlichen Folgen der Steuerhinterziehung. Abgesehen davon lässt sich der Vorschrift auch kein Verwertungsverbot entnehmen. Der Gesetzgeber wollte den Steuerpflichtigen durch § 371 AO erkennbar nicht (auch) davor schützen, dass die durch seine Selbstanzeige aufgedeckten Steuerverfehlungen zur Durchführung eines Disziplinarverfahrens verwendet werden. Ob insoweit trotz der unterschiedlichen Zielrichtungen von Disziplinar- und (Steuer)Strafrecht mit Blick auf das durch Art. 1 des Gesetzes zur Förderung der Steuerehrlichkeit vom 23. August 2003 (BGBl. I S. 2928) eingeführte Strafbefreiungserklärungsgesetz eine andere Entscheidung geboten wäre, kann dahinstehen. Denn dieses Gesetz ist auf den hier in Rede stehenden Sachverhalt nicht anwendbar. Es ist erst nach Erstattung der Selbstanzeige durch den Beklagten in Kraft getreten und gilt nur für strafbefreiende Erklärungen, die nach dem 31. Dezember 2003 und vor dem 1. April 2005 abgegeben worden sind (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 6 StraBEG).

Darüber hinaus fällt zugunsten des Beklagten ins Gewicht, dass zwischen dem außerdienstlichen Fehlverhalten und dem konkreten dienstlichen Aufgabenbereich kein enger und unmittelbarer sachlicher Zusammenhang bestanden hat. Die Disziplinarmaßnahme muss der individuellen Schuld angemessen sein. Aus diesem Grund darf der dem Beamten konkret zugewiesene Tätigkeitsbereich bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme nicht außer Acht gelassen werden (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O.). Der Beklagte war in dem in Rede stehenden Zeitraum ausschließlich mit der Bewertung von Grundstücken befasst. Zu seinen dienstlichen Aufgaben zählten hingegen nicht die Bearbeitung von Einkommen- und Vermögensteuererklärungen oder die Veranlagung zur Einkommen- und Vermögensteuer; auch ein mittelbarer Zusammenhang zur Einkommen- und Vermögen-steuererhebung war nicht gegeben. Damit kann dem Beklagten eine Verletzung oder ein Missbrauch der ihm im Rahmen seines konkret-funktionellen Amtes obliegenden Dienstpflichten nicht vorgeworfen werden. Die Dienstverrichtung wurde in der Vergangenheit nicht beanstandet. Die erbrachten Leistungen des Beklagten wurden in der letzten Regelbeurteilung aus dem Jahre 1998 vielmehr als überdurchschnittlich bewertet. Auch dies kann dem Beklagten - ebenso wie die fehlende disziplinar- und strafrechtliche Vorbelastung - zugute gehalten werden.

Schließlich ist mildernd zu berücksichtigen, dass sich der 62jährige Beklagte im Rahmen seiner Altersteilzeit nach dem Blockmodell inzwischen in der Freistellungsphase befindet, wodurch sich zusätzlich das disziplinarrechtliche Bedürfnis nach einer Pflichtenmahnung des Beklagten mindert.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 101 Abs. 1 LDG. Sie berücksichtigt, dass beide Beteiligte mit ihrem Rechtsmittelbegehren unterlegen sind. Gerichtsgebühren werden nicht erhoben (§ 109 Abs. 1 LDG).

Ende der Entscheidung

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