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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 15.09.2009
Aktenzeichen: 6 A 10199/09.OVG
Rechtsgebiete: LGlüG, GlüStV, StGB, GewO, GG


Vorschriften:

LGlüG § 11 Abs. 1
LGlüG § 11 Abs. 2
GlüStV § 3 Abs. 1 S. 1
GlüStV § 3 Abs. 1 S. 2
GlüStV § 5 Abs. 4
StGB § 284
GewO § 33d Abs. 1 S. 1
GewO § 33e Abs. 1 S. 2
GewO § 33h Nr. 3
GG Art. 74 Abs. 1 Nr. 11
Ein Glücksspiel i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV - liegt nur dann vor, wenn die Spielteilnehmer einen Einsatz leisten, den sie bei günstigem Spielausgang - möglicherweise vermehrt um einen Gewinn - zurückerhalten. Insoweit sind die Legaldefinition des Glücksspiels in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV und der strafrechtliche Glücksspielbegriff des § 284 StGB deckungsgleich.
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 A 10199/09.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Lotterierechts

hat der 6. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 15. September 2009, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Mildner Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Beuscher Richterin am Oberverwaltungsgericht Brink ehrenamtlicher Richter Landwirt Gerdon ehrenamtlicher Richter Pensionär Kehl

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 3. Februar 2009 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Trier wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, eine Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin, die in den letzten Jahren Pokerturniere u.a. in Rheinland-Pfalz entweder im eigenen Namen oder für die D. veranstaltete, wendet sich gegen die Untersagung der Veranstaltung von Pokerturnieren.

Für die Teilnahme an diesen Turnieren wurde in der Vergangenheit von den Teilnehmern kein Einsatz, sondern ein Kostendeckungsbeitrag von bis zu 15,00 € erhoben. Als Gewinne wurden Sachpreise ausgespielt, die von Drittfirmen gesponsert wurden.

Mit Verfügung vom 11. April 2008 untersagte der Beklagte der Klägerin die Veranstaltung eines von dieser für den 12. April 2008 geplanten derartigen Pokerturniers (Ziffer 1) sowie die zukünftige Veranstaltung von entgeltlichen Pokerturnieren im gesamten Gebiet des Beklagten (Ziffer 2). Des Weiteren forderte der Beklagte die Klägerin auf, jegliche Werbung für die genannten Pokerturniere einzustellen (Ziffer 3). Für den Fall der Nichtbefolgung der vorgenannten Verpflichtungen drohte er der Klägerin Zwangsgelder an (Ziffern 4 - 6). Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, die geplante Pokerveranstaltung unterfalle dem Glücksspielbegriff des Glücksspielstaatsvertrages, weil die Entscheidung über Gewinn und Verlust bei Poker überwiegend vom Zufall abhänge und für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt werde. Sie sei daher außerhalb des legalisierten Bereichs von Spielbanken nicht erlaubnisfähig. Eine landesweite Untersagung der Veranstaltung von entgeltlichen Pokerturnieren sei als einzige Maßnahme geeignet, unerlaubtes Glücksspiel in Form von entgeltlichen Pokerturnieren in Rheinland-Pfalz zu unterbinden und damit den von diesen Glücksspielen ausgehenden Gefahren entgegenzuwirken.

Nachdem bereits das Verwaltungsgericht Neustadt/Wstr. auf Antrag der Klägerin die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Ziffern 2, 3, 5 und 6 der streitgegenständlichen Verfügung des Beklagten unter im Einzelnen bestimmten Maßgaben angeordnet hatte (Az.: 5 L 592/08.NW), fasste der erkennende Senat mit Beschluss vom 21. Oktober 2008 die Auflagen des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses in Anlehnung an die in der Anlage zu § 5a der Spieleverordnung für erlaubnisfreie Geschicklichkeitsspiele festgelegten Höchstgrenzen neu. Die Klägerin darf hiernach Pokerturniere nur in der Weise veranstalten, dass von den Teilnehmern kein Einsatz, also keine Geldleistung verlangt wird, die in die Gewinne fließt. Pro Turnier und Teilnehmer darf die Klägerin lediglich einen Unkostenbeitrag in Höhe von max. 15,00 € erheben. Eine Erhöhung während des Spiels ("re-buy") ist nicht zulässig. Die Klägerin darf darüber hinaus keine Geldpreise, sondern nur Sachpreise im Wert von höchstens 60,00 € je Sachpreis ausschreiben, die auch nicht teilweise aus den Unkostenbeiträgen der Teilnehmer finanziert werden dürfen. Schließlich hat die Klägerin bei den Ankündigungen der Pokerturniere - auch im Internet - an gut sichtbarer Stelle darauf hinzuweisen, dass nur Sachpreise im Wert von höchstens 60,00 € je Sachpreis gewonnen werden können (Az.: 6 B 10778/08.OVG).

Nach im Wesentlichen erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens hat die Klägerin Klage erhoben, mit welcher sie die Aufhebung des Ausgangsbescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides begehrt hat, soweit davon auch Pokerturniere erfasst sind, die den Auflagen im vorgenannten Beschluss des Oberverwaltungsgerichts entsprechen.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, die angefochtene Verfügung sei formell rechtswidrig, weil es an der sachlichen Zuständigkeit der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion für den Erlass des angefochtenen Bescheides fehle. Die in Rede stehende Veranstaltung von Pokerturnieren mit einem Startgeld von 15,00 € als Unkostenbeitrag unterliege nämlich nicht dem Glücksspielstaatsvertrag, sondern dem gewerblichen Spielrecht. Wie der strafrechtliche Glücksspielbegriff setze auch der staatsvertragliche Begriff des Glücksspiels einen Einsatz voraus.

Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung trägt der Beklagte insbesondere vor, der staatsvertragliche und der strafrechtliche Glücksspielbegriff seien entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht deckungsgleich. Das für den Erwerb einer Gewinnchance geleistete "Entgelt" i.S.d. § 3 Abs. 1 Glücksspielstaatsvertrag müsse kein "Einsatz" im Sinne der strafrechtlichen Begriffsbestimmung des Glücksspiels sein. Die aus § 33h Nr. 3 Gewerbeordnung - GewO - folgende grundsätzliche kompetenzrechtliche Abgrenzung zwischen dem materiellen Glücksspielrecht einerseits und dem gewerblichen Spielrecht andererseits bleibe auch dann gewahrt, wenn der staatsvertragliche Glücksspielbegriff von dem strafrechtlichen Glücksspielbegriff abweiche. Eine Überschneidung mit dem Gewerberecht sei nämlich ausgeschlossen, weil § 33d GewO ausweislich der Gesetzesmaterialien nur Geschicklichkeitsspiele erfasse. Im Übrigen seien Pokerturniere gegen Unkostenbeitrag regelmäßig Werbeveranstaltungen für unerlaubte Glücksspiele im Internet, so dass nicht wirtschaftliche, sondern ordnungsrechtliche Belange im Vordergrund stünden.

Der Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 3. Februar 2009 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und weist darauf hin, dass die von ihr veranstalteten Pokerturniere der Regelung des § 33d GewO unterfielen. Die Gesetzgebungskompetenz der Länder für den Bereich der Glücksspiele beschränke sich dagegen auf Glücksspiele im Sinne des § 284 StGB.

Die weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten ergeben sich aus den zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätzen, den von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgängen und der Gerichtsakte 5 L 592/08.OVG - 6 B 10778/08.OVG. Sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat die Verfügung des Beklagten vom 11. April 2008 zu Recht im angefochtenen Umfang aufgehoben. Die Untersagung von Pokerturnieren, die den Auflagen im Beschluss des erkennenden Senats vom 21. Oktober 2008 - 6 B 10778/08.OVG - entsprechen, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Gleiches gilt für das Werbeverbot und die Zwangsgeldandrohung.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Untersagung der Pokerturniere nach Maßgabe des § 11 Abs. 2, Abs. 1 des Landesgesetzes zu dem Glücksspielstaatsvertrag (Landesglücksspielgesetz - LGlüG -) vom 3. Dezember 2007 und den Vorschriften des Staatvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV -) (GVBl 2007, S. 240) durch den Beklagten liegen nicht vor. Bei den in Rede stehenden Pokerturnieren handelt es sich nicht um Glücksspiele im Sinne der vorgenannten Bestimmungen.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird (2.) und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt (1.).

1. Hiervon ausgehend hat der Senat zunächst keine durchgreifenden Zweifel, dass bei den von der Klägerin geplanten Pokerturnieren für die Entscheidung über Gewinn oder Verlust der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 2 GlüStV), die Entscheidung mithin zufallsabhängig ist. Beim Pokerspiel erhält jeder der Mitspieler Karten, aus welchen er - eventuell durch Tausch - eine möglichst günstige Kombination zu bilden versucht. Es gewinnt derjenige mit der günstigsten Kombination oder, wenn alle anderen Mitspieler vor Spielende gepasst haben, der übrig bleibende Spieler. Das Zufallselement des Spiels überwiegt, weil nicht alle Karten im Spiel sind und jeder Spieler bei der Bildung seiner Kombination davon abhängig ist, welche Karten er erhalten hat. Außerdem kann der Spieler nur äußerst vage abschätzen, welche Karten die Gegner haben könnten (vgl. Fischhaber/Manz, Grenzen der Zulässigkeit von Pokerturnieren, GewArch 2007, 405; so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. Juni 2008 - 4 B 606/08 -, juris).

2. Bei den Pokerspielen, so wie die Klägerin sie entsprechend den Auflagen im bereits zitierten Beschluss des erkennenden Senats (a.a.O.) und damit in Anlehnung an die in der Anlage zu § 5a der Spieleverordnung für erlaubnisfreie Geschicklichkeitsspiele festgelegten Höchstgrenzen durchführen will, fehlt es aber an dem nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV für die Einordnung eines Spiels als Glücksspiel außerdem erforderlichen Erwerb einer Gewinnchance "gegen Entgelt". Unter "Entgelt" im Sinne dieser Vorschrift ist nämlich nicht jede geldwerte Gegenleistung zu verstehen, die für die Teilnahme am Spiel erbracht wird; Voraussetzung ist vielmehr, dass gerade aus diesem Entgelt die Gewinnchance des Einzelnen erwächst. Nur dann erfüllt ein zufallsabhängiges Spiel den Glücksspielbegriff des § 284 StGB (a), welcher deckungsgleich ist mit dem Begriff des Glücksspiels in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV (b).

a) Der Gesetzgeber hat den Begriff des Glücksspiels in § 284 StGB nicht definiert. Er geht also von einer typischen, allgemein bekannten und daher nicht umschreibungsbedürftigen Erscheinung des täglichen Lebens aus. Zu diesem vom Gesetzgeber vorausgesetzten Glücksspielbegriff, gehört nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHSt 31, 171), schon immer, dass durch die Leistung eines Einsatzes die Aussicht auf einen von einem Zufall abhängigen Vorteil erlangt wird. Es geht bei einem Glücksspiel hiernach um die Erzielung eines Gewinns oder um den Verlust des Einsatzes. Ein solcher Einsatz wird nicht geleistet, wenn ein in jedem Fall verlorener Beitrag gezahlt wird, der nur der Mitspielberechtigung dient. Es sei, so der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung aus dem Jahre 1986, nicht vorstellbar, wie ein Glücksspiel durchgeführt werden sollte, wenn die Spieler keine Einsätze tätigten.

Die von der Klägerin geplanten Pokerturniere unterfallen, sofern den gerichtlichen Auflagen Rechnung getragen wird, nicht dem dargelegten strafrechtlichen Glücksspielbegriff. Wenn die Klägerin lediglich einen vom Spielerfolg unabhängigen Unkostenbeitrag in Höhe von maximal 15,00 € pro Turnier und Teilnehmer für die bloße Durchführung der Veranstaltung erhebt, eine Erhöhung während des Spiels ("re-buy") nicht zulässig ist und sie nur Sachpreise im Wert von höchstens 60,00 € je Sachpreis ausschreibt, welche auch nicht teilweise aus den Unkostenbeiträgen der Teilnehmer finanziert werden, hat der Teilnahmebeitrag nämlich mit dem eigentlichen Spiel nichts zu tun. Die Aussicht auf den begrenzten und von Spieleinsätzen unabhängigen Gewinn ist vielmehr von der eigenen Zahlung unabhängig; die Gewinnhoffnung besteht nicht darin, bei günstigem Ausgang des Spiels seinen Einsatz - möglicherweise vermehrt um die Einsätze anderer Mitspieler - zurückzuerhalten.

b) Der strafrechtliche Glücksspielbegriff des § 284 StGB und die Legaldefinition des Glücksspiels in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV sind deckungsgleich (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. Juni 2008, a.a.O.; a.A. VG München, Beschluss vom 9. Februar 2009 - M 22 S 09.300 -, juris).

aa) Dies folgt allerdings nicht schon allein aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV. Das dort vorausgesetzte "Entgelt" kann nämlich entweder jedwede geldwerte Gegenleistung sein, die notwendige Bedingung für den Erwerb einer Gewinnchance ist - dann würde schon die Zahlung eines Unkostenbeitrags ausreichend sein -, oder nur eine solche Zahlung, die eine hinreichende Bedingung hierfür darstellt - dann müsste die Zahlung in den Gewinn einfließen, mithin ein Einsatz sein. Entgegen der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts München in seinem Beschluss vom 9. Februar 2009 (a.a.O.) kann nicht von einem "klaren Gesetzeswortlaut" im Sinne der erstgenannten Interpretationsmöglichkeit ausgegangen werden. Vielmehr spricht auch einiges für die Erforderlichkeit eines Einsatzes, denn § 3 Abs. 1 Satz GlüStV spricht vom "Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt", nicht vom Erwerb einer Teilnahmemöglichkeit, und stellt damit einen Zusammenhang zwischen der Aufwendung eines Vermögenswertes und dem Gewinn her.

bb) Eine Deckungsgleichheit von staatsvertraglichem und strafrechtlichem Glücksspielbegriff entspricht aber sowohl dem Willen des für die ordnungsrechtlichen Belange des Glücksspielrechts zuständigen Landesgesetzgebers als auch Sinn und Zweck des Glücksspielstaatsvertrages und des Landesglücksspielgesetzes unter Berücksichtigung der getrennten Gesetzgebungszuständigkeiten für gewerbliches Spielrecht und Glücksspielrecht.

Den Erläuterungen zu § 3 GlüStV (LT-Drucks. RP 15/1454, S. 34) ist zur hier zu entscheidenden Frage der Deckungsgleichheit unmittelbar nur zu entnehmen, dass ein Glücksspiel nicht vorliegt, wenn ein Entgelt nicht verlangt wird. Eine Abgrenzung zum strafrechtlichen Glücksspielbegriff lässt sich aus dieser Formulierung, die lediglich den Gesetzeswortlaut wiederholt, nicht herleiten.

Dagegen lässt der weiter zu Tage getretene Wille des Landesgesetzgebers, bundesrechtlich geregelte Aspekte des Glücksspiels unangetastet zu lassen, - wie noch dargelegt werden wird - nur den Schluss zu, dass eine Abkehr vom strafrechtlichen Glücksspielbegriff nicht erfolgen sollte.

Aus den Erläuterungen zu § 3 GlüStV (LT-Drucks. RP, a.a.O., S. 34) ergibt sich hierzu zunächst, § 3 Abs.1 Satz 1 GlüStV sei inhaltsgleich mit der Vorgängerregelung in § 3 Abs. 1 Satz 1 des Staatsvertrages zum Lotteriewesen in Deutschland (Lotteriestaatsvertrag - LoStV -). Der Lotteriestaatsvertrag wiederum hatte, so die Erläuterungen in LT-Drucks. NRW 13/5365, S. 6, zum Ziel, im Rahmen der bundesrechtlichen Vorgaben und der ordnungsrechtlichen Aufgabenstellung der Länder länderübergreifend einheitliche Grundlagen für Glücksspiele zu schaffen. Auf bundesrechtlich geregelte Tatbestände sollte der Staatsvertrag nicht anwendbar sein und insbesondere nicht für die in der Gewerbeordnung abschließend geregelten Spiele mit Gewinnmöglichkeit gelten. Dem folgen die Erläuterungen zu § 2 GlüStV (LT-Drucks. RP, a.a.O., S. 33), wonach die Länder im Glücksspielstaatsvertrag die Veranstaltung, die Durchführung und die Vermittlung von Glücksspiel unter dem Aspekt der Suchtvermeidung und -bekämpfung regeln wollen.

Ihrem Anspruch, sich einer Regelung glücksspielrechtlicher Tatbestände zu enthalten, soweit eine abschließende Normierung durch den Bund erfolgt ist, können die Länder jedoch nur gerecht werden, wenn sie sich auf die Regelung ordnungsrechtlicher Belange von Glücksspielen beschränken, die der Begriffsbestimmung des § 284 StGB unterliegen. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Der Bund besitzt gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für das Gewerberecht und mithin auch für die Veranstaltung von Glücksspielen, sofern diese gewerbsmäßigen Charakter aufweist. Dem steht die Kompetenz der Länder zur Regelung der ordnungsrechtlichen Aspekte der Materie des Glücksspielwesens gegenüber, so dass sich die Notwendigkeit der Abgrenzung der Zuständigkeiten ergibt. Diesen Zweck erfüllt die Regelung des § 33h der Gewerbeordnung - GewO -. Nach dieser Vorschrift finden die §§ 33c bis 33g GewO, also die Vorschriften über die Erlaubnisbedürftigkeit und -fähigkeit der gewerbsmäßigen Veranstaltung von Spielen, keine Anwendung auf (u.a.) die Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33d Abs. 1 Satz 1 GewO, die Glücksspiele im Sinne des § 284 StGB sind (§ 33h Nr. 3 GewO). § 33h Nr.3 GewO hat damit eine "Scharnierfunktion" zwischen dem gewerblichen Spielrecht und dem Glücksspielrecht im engeren Sinn: Zufallsabhängige Gewinnspiele mit offenem Teilnehmerkreis sind nach § 33h Nr. 3 GewO also entweder (entgeltliche) gewerbliche Spiele mit Gewinnmöglichkeit i.S.d. § 33d Abs. 1 Satz 1 GewO oder aber (von einem Einsatz abhängige) Glücksspiele i.S.d. § 284 StGB. Erachtete man daher einen Unkostenbeitrag als Entgelt, das für die Qualifizierung als Glücksspiel gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, nicht aber i.S.d. § 284 StGB ausreichte, wäre die Anwendung der §§ 33c bis 33g GewO auf solche Glücksspiele nicht durch § 33h GewO ausgeschlossen. Sie unterlägen damit sowohl dem bundesrechtlich geregelten gewerblichen Spielrecht als auch dem landesrechtlich ausgestalteten Glücksspielrecht. Die von § 33h GewO gewollte Trennung beider Materien wäre aufgeweicht mit der Folge, dass sich die Genehmigungsvoraussetzungen, die Untersagungsermächtigungen und die behördlichen Zuständigkeiten für eine solche gewerbliche Betätigung (zufallsabhängige Gewinnspiele gegen Unkostenbeitrag) sowohl aus der Gewerbeordnung als auch aus dem Landesglücksspielrecht ergäben (vgl. hierzu den Beschluss des erkennenden Senats vom 21. Oktober 2008, a.a.O.). Dies haben die Länder, wie oben dargelegt, nicht gewollt.

Der Einwand des Beklagten, "andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit" i.S.d. § 33d GewO seien nur Geschicklichkeitsspiele (so auch Landmann/Rohmer, GewO, 52. Ergänzungslieferung 2008, § 33d Rn. 3), so dass es zu der beschriebenen Zuständigkeitskollision nicht komme, greift nicht durch. Denn diese Auslegung widerspricht dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, die - in Abgrenzung zur Regelung der Erlaubnisfähigkeit des gewerbsmäßigen Aufstellens von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit in § 33c GewO - die Veranstaltung "anderer Spiele mit Gewinnmöglichkeit" normiert. § 33c GewO erfasst unstreitig sowohl zufallsabhängige Spiele als auch Geschicklichkeitsspiele, soweit diese mit einer technischen Vorrichtung ausgestattet sind (vgl. Landmann/Rohmer, a.a.O., § 33c Rn. 4). Spiele nach § 33d GewO sind demgegenüber solche, die nicht unter § 33c GewO subsumiert werden können, also nicht technisch ausgerüstet sind, ohne dass der Regelung des § 33d GewO eine Beschränkung auf Geschicklichkeitsspiele entnommen werden könnte. Anderenfalls würde zudem die Vorschrift des § 33 h Nr. 3 GewO obsolet. Wären "andere Spiele i.S.d. § 33d GewO nur Geschicklichkeitsspiele, gäbe es kein Bedürfnis, diese von den Glücksspielen nach § 284 StGB abzugrenzen.

Gleiches gilt mit Blick auf die Gesetzesmaterialien. Zwar heißt es in der Begründung zu § 33h GewO (BT-Drucks. 8/1863, S. 11), § 33h Nr. 3 GewO stelle "klar, dass andere Spiele (....) Geschicklichkeitsspiele sein müssen, sofern für sie eine Erlaubnis nach § 33d Abs. 1 Satz 1 erteilt werden soll". Dem liegt zugrunde, dass herkömmlicherweise zwischen Glücksspiel und Geschicklichkeitsspiel unterschieden wird zur Abgrenzung der Bundeskompetenz für das Recht der Wirtschaft von den Länderkompetenzen für die ordnungsrechtliche Regelung des Glücksspiel- und Lotteriewesens. In der Gesetzesbegründung wird aber weiter anerkannt, dass es "einen Bereich des Glückspiels im weitesten Sinne gibt, bei dem die wirtschaftliche Bedeutung der Veranstaltungen überwiegt, für dessen Regelung deshalb die Bundeskompetenz bejaht werden kann; dies gilt jedoch nur für die gewerbsmäßige Veranstaltung dieser Glücksspiele" (BT-Drucks. 8/1863, S. 10). "Andere Spiele" i.S. d. § 33d Abs. 1 GewO sind damit nur grundsätzlich, aber nicht notwendigerweise Geschicklichkeitsspiele; maßgeblich ist letztlich, ob wirtschaftliche Aspekte oder der Schutz der Spielleidenschaft vor ausbeuterischen Handlungen im Vordergrund steht. Nur in dieser Auslegung wird die Vorschrift den Anforderungen gerecht, die das Bundesverfassungsgericht für die Abgrenzung der Gesetzgebungszuständigkeiten aufgestellt hat (vgl. BVerfGE 28, 119).

Auch das Bundesverwaltungsgericht geht im Übrigen davon aus, dass zufallsabhängige Spiele (in der dortigen Entscheidung "Brillanten-Bingo") der Regelung des § 33d Abs.1 GewO unterliegen können (BVerwGE 58, 162 <164>). In einer weiteren Entscheidung bestätigt es, dass es sich bei anderen Spielen i.S.d. vorgenannten Vorschrift nicht zwingend um Geschicklichkeitsspiele handeln muss (BVerwGE 115, 179 <185>).

In der Gesamtschau folgt aus dem (landes)gesetzgeberischen Willen, kompetenzielle Überschneidungen zu vermeiden, die Deckungsgleichheit des staatsvertraglichen mit dem strafrechtlichen Glücksspielbegriff. Eine Gewinnchance wird mithin nur dann gegen Entgelt erworben i.S.d. § 3 Abs. 1 GlüStV, wenn für die Teilnahme an einem zufallsabhängigen Spiel ein Einsatz erbracht wird. Dies steht auch in Einklang mit Sinn und Zweck des Glücksspielstaatsvertrags und des Landesglücksspielgesetzes, mit welchen auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (BVerfGE 115, 276) reagiert wurde. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung ein staatliches Wettmonopol nur dann als mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar angesehen, wenn es konsequent am Ziel der Bekämpfung von Spielsucht und problematischem Spielverhalten ausgerichtet ist. Dient das für die Teilnahme an einem Glücksspiel geforderte Entgelt - wie bei den von der Klägerin geplanten Veranstaltungen - nur der Mitspielberechtigung, ist das Gefährdungspotential wesentlich geringer als bei Entrichtung eines Einsatzes, da die Aussicht auf (alternativ) einen Geldgewinn oder einen Vermögensverlust als Spielantrieb ausscheidet. Motiviert wird der Spieler vielmehr im Wesentlichen nur durch die Möglichkeit, sich für ein Spiel auf höherer Ebene zu qualifizieren. Die Gefahren durch betrügerische Machenschaften der Veranstalter und aus mit dem Glücksspiel verbundener Folge- und Begleitkriminalität der Spieler sind ersichtlich geringer.

Soweit außerdem vom Beklagten vorgetragen wird, die in Rede stehenden Pokerturniere könnten keine "anderen Spiele" i.S.d. § 33d GewO sein, weil sie insbesondere wegen der Voraussetzung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 33e Abs. 1 GewO nicht genehmigungsfähig seien, kann dieser Rechtsansicht nicht gefolgt werden. Denn die Frage, ob eine bestimmte Art einer gewerblichen Betätigung vorliegt, kann nicht allein mit dem Argument verneinend beantwortet werden, es fehle an ihrer Genehmigungsfähigkeit.

Darüber hinaus lassen sich aus der Tatsache, dass bei Deckungsgleichheit von strafrechtlichem und staatsvertraglichem Glücksspielbegriff die Ausweisung unerlaubten Glücksspiels als Bußgeldtatbestand in § 13 Abs. 1 Nr. 1 LGlüG wenig Sinn macht, keine zwingenden Schlussfolgerungen zum Entgeltsbegriff herleiten. Dass nicht gewerblich veranstaltete Pokerveranstaltungen ohne Einsatz weder dem Gewerberecht noch dem Glücksspielrecht unterfallen, ist ebenfalls hinnehmbar. Sie unterliegen danach dem allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht. Sofern die Pokerturniere gewerblichen Charakter haben und daher "andere Spiele" i.S.d. § 33d GewO sind, kann im Übrigen die Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 33d Abs.1, 2 GewO i.V.m. § 33e Abs. 1 GewO versagt werden, wenn das Spiel durch Veränderung der Spielbedingungen mit einfachen Mitteln als Glücksspiel i.S.d. § 284 StGB veranstaltet werden kann.

Schließlich lässt auch der Vortrag des Beklagten, bei den in Rede stehenden Pokerveranstaltungen stünden ordnungsrechtliche Gesichtspunkte im Vordergrund, weil diese "terrestrischen" Turniere regelmäßig dem Zweck dienten, die Spieler gezielt für die Teilnahme an Pokerspielen gegen Einsatz - insbesondere im Internet - zu gewinnen und damit für unerlaubte Glücksspiele zu werben, keine andere Betrachtung zu. Pokerturniere als Werbeveranstaltung für unerlaubte Glücksspiele sind zwar in der Tat nach § 5 Abs. 4 GlüStV verboten (vgl. hierzu VG Frankfurt, Beschluss vom 11. Oktober 2007 - 7 G 3111/07 -, NJW 2008, 1096), so dass der Beklagte die Durchführung derselben - aber auch nur dieser - nach § 11 Abs. 2 LGlüG untersagen dürfte. Eine weitergehende Untersagung aller Pokerturniere nur wegen der Befürchtung ihres Werbecharakters erfolgt hingegen "ins Blaue hinein" und ist unzulässig.

Unterliegt hiernach die in Rede stehende Veranstaltung von Pokerturnieren nicht den glücksspielrechtlichen Regelungen, sondern dem gewerblichen Spielrecht, durfte der Beklagte sie nicht nach § 11 Abs. 2 LGlüG untersagen. Möglich wäre bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen lediglich eine Untersagung auf der Grundlage der §§ 15 Abs. 2, 33d Abs.1 und 2, 33e Abs. 1 Satz 2 GewO. Hierfür wären aber nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 der Landesverordnung über Zuständigkeiten im Gewerberecht vom 30. Januar 2001, zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. Dezember 2006 (GVBl. S. 405) die Kommunen - und nicht die Aufsichts- und Dienstleitungsdirektion - zuständig.

Nach alledem fehlt es auch an einer glücksspielrechtlichen Ermächtigung für das Werbeverbot und die Zwangsgeldandrohung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist zuzulassen, da die Rechtssache nach Maßgabe von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO grundsätzliche Bedeutung hat.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 15.000,00 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs.1 GKG).

Ende der Entscheidung

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