Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 02.07.2004
Aktenzeichen: 6 A 10578/04.OVG
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 123
BauGB § 123 Abs. 2
BauGB § 131
BauGB § 131 Abs. 1
BauGB § 131 Abs. 1 S. 1
Schmale, aber gewerblich nutzbare Grundstücke (Wegeparzellen) sind in die Verteilung des Erschließungsaufwands einzubeziehen, wenn es sich dabei nicht um Grundflächen einer selbständigen oder unselbständigen Erschließungsanlage handelt.

Hinterliegergrundstücke, denen ein Anliegergrundstück die Erreichbarkeit in dem baurechtlich erforderlichen Umfang und damit die wegemäßige Erschließung vermittelt, können auch dann i.S.d. § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB erschlossen sein, wenn die Eigentümer von Anlieger- und Hinterliegergrundstücken verschieden sind.

Hat es der Eigentümer der Hinterliegergrundstücke in der Hand, die baurechtlichen Erreichbarkeitserfordernisse unter Inanspruchnahme des Anliegergrundstücks zu erfüllen, sind (auch) die Hinterliegergrundstücke in die Aufwandsverteilung einzustellen.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 A 10578/04.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Vorausleistung auf einen Erschließungsbeitrag

hat der 6. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2004, an der teilgenommen haben

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 23. September 2003 - 3 K 392/03.MZ - teilweise abgeändert und dessen Tenor wie folgt neu gefasst:

Die Vorausleistungsbescheide der Beklagten vom 9. November 2001 und der dazu ergangene Widerspruchsbescheid vom 13. März 2002 werden insoweit aufgehoben, als für das Grundstück Gemarkung A., Flur 20, Parzelle 251 ein höherer Betrag als 48.347,10 DM (= 24.719,48 €) und für das Grundstück Gemarkung A., Flur 20, Parzelle 252/1 ein höherer Betrag als 13.652,71 DM (= 6.980,52 €) festgesetzt wurde.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen der Kläger zu 15 vom Hundert, die Beklagte zu 85 vom Hundert.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu Vorausleistungen auf Erschließungsbeiträge für die Grundstücke Gemarkung A., Flur 20, Parzelle 251 in Höhe von 84.070,- DM (= 42.984,31 €) und Parzelle 252/1 in Höhe von 23.740,- DM (= 12.138,07 €), und zwar im Wesentlichen mit der Begründung, nicht alle vom erstmalig hergestellten G.-Weg erschlossenen Grundstücke seien bei der Aufwandsverteilung berücksichtigt worden.

Hinsichtlich des seinem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalts nimmt der Senat gemäß § 130 b Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellungen er sich in vollem Umfang zu Eigen macht.

Das Verwaltungsgericht hat die angefochtenen Bescheide teilweise aufgehoben, weil es eine Vorausleistung in Höhe von (nur) 29.152,46 € für die Parzelle 251 und von (nur) 8.232,65 € hinsichtlich der Parzelle 252/1 für rechtmäßig hielt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Klage sei stattzugeben, soweit der Kläger die Einbeziehung der Parzellen 249/2 und 249/3 in die Verteilung des zu erwartenden Erschließungsaufwands begehre. Dagegen habe die Beklagte die Grundstücke 250/1 und 250/2 zu Recht nicht in die Beitragsverteilung einbezogen. Denn die beiden zuletzt genannten Parzellen, die im Eigentum des Herrn F. stünden, würden lediglich als Zufahrt genutzt zu dem nicht unmittelbar an den G.-Weg angrenzenden Gewerbekomplex der F. GmbH & Co. Bauunternehmung KG, zu dem auch die Flurstücke 249/ 1, 249/2 und 249/3 gehörten. Die Parzellen 250/1 und 250/2 könnten als "Handtuchgrundstücke" weder uneingeschränkt gewerblich genutzt werden noch bildeten sie mit den Betriebsgrundstücken der F. GmbH & Co. Bauunternehmung KG eine wirtschaftliche Einheit. Über sie würden allerdings die Flurstücke 249/2 und 249/3 als Hinterliegergrundstücke vom G.-Weg erschlossen. Diese seien deshalb bei der Aufwandsverteilung zu berücksichtigen, obwohl die Flurstücke 249/2 und 249/3 einerseits und die Parzellen 250/1 und 250/2 andererseits nicht im Eigentum derselben Person stünden. Sie würden nämlich insgesamt einheitlich gewerblich genutzt. Außerdem solle sich nach der erkennbaren Zielsetzung der Bebauungsplanung die Erschließungswirkung des G.-Wegs auch auf die Grundstücke 249/2 und 249/3 erstrecken. Soweit es noch an der rechtlichen Sicherung der Zuwegung fehle, sei dieses Hindernis ausräumbar.

Nach Zulassung der Berufung durch Beschluss des Senats vom 30. März 2004, der dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten - dem Empfangsbekenntnis zufolge - am 5. April 2004 zugestellt wurde, begründete dieser mit Schriftsatz vom 13. Mai 2004 die Berufung. Gleichzeitig versicherte er anwaltlich, von dem Zulassungsbeschluss erst am 11. Mai 2004 Kenntnis erlangt zu haben, und legte eine eidesstattliche Versicherung seiner Rechtsanwaltsfachangestellten vor, wonach diese das Empfangsbekenntnis erst nach anwaltlicher Unterzeichnung am 11. Mai 2004 mit dem Datumsstempel "5. April 2004" versehen habe. Zu Begründung der Berufung macht die Beklagte geltend, die Grundstücke 249/2 und 249/3 seien nicht vom G.-Weg erschlossen, sondern - wie das gesamte Betriebsgrundstück der F. GmbH & Co. Bauunternehmung KG - von der A. Straße. Als Hinterliegergrundstücke dürften sie in die Verteilung des Aufwands nur einbezogen werden, wenn sie mit dem Anliegergrundstück einheitlich genutzt würden und im Eigentum derselben Person stünden. Daran fehle es hier.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und im Wege der Anschlussberufung unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Erschließungsbeitragsvorausleistungsbescheide der Beklagten vom 9. November 2001 betreffend die Grundstücke in A. Flur 20, Parzellen 251 und 252/1 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. März 2003 insoweit aufzuheben, als die dort insgesamt festgesetzten Beiträge einen Gesamtbetrag von 31.700,-- € überschreiten.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Der Kläger bekräftigt seine Auffassung, sowohl die Grundstücke 249/2 und 249/3 als auch die Parzellen 250/1 und 250/2 seien Teile eines einheitlich gewerblich genutzten Betriebsgrundstücks, das über eine Zufahrt zum G.-Weg verfüge. Die bestehende Eigentümerverschiedenheit sei nicht von Bedeutung, weil der Eigentümer der Anliegerparzelle 250/1 Mehrheitsgesellschafter und Prokurist sowie Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Eigentümerin der Grundstücke 249/2 und 249/3 sei.

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus der Gerichtsakte und den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgängen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten führt nicht zum Erfolg. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 23. September 2003 teilweise abgeändert und die Bescheide der Beklagten vom 9. November 2001 sowie der Widerspruchsbescheid vom 13. März 2003 insoweit aufgehoben, als für die Parzelle Flur 20 Flurstück 251 ein höherer Vorausleistungsbetrag als 48.347,10 DM (= 24.719,48 €) und für die Parzelle Flur 20 Flurstück 252/1 ein höherer Betrag als 13.652,71 DM (= 6.980,52 €) festgesetzt wurde.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Insbesondere ist sie innerhalb der gesetzlichen Frist des § 124 a Abs. 6 VwGO begründet worden. Die am 14. Mai 2004 eingegangene Berufungsbegründungsschrift wahrt diese Monatsfrist. Zwar hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten ein Empfangsbekenntnis vorgelegt, demzufolge er den Beschluss des Senats über die Zulassung der Berufung am 5. April 2004 entgegengenommen hat. Dieses Datum ist jedoch falsch und deshalb hier nicht entscheidend. Für den Zeitpunkt der wirksamen Zustellung an einen Rechtsanwalt kommt es auf den Tag an, an dem dieser das Schriftstück mit dem Willen angenommen hat, es als zugestellt anzusehen; stimmt das im Empfangsbekenntnis eingetragene Datum mit dem Tag des tatsächlichen Zugangs nicht überein, so ist nach § 98 VwGO in Verbindung mit § 418 Abs. 2 ZPO der Beweis der Unrichtigkeit der durch das Empfangsbekenntnis seinem Wortlaut nach bezeugten Tatsache zulässig (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. November 1981, BVerwGE 64, 224; Beschluss vom 1. November 1994, Buchholz 442.40 § 22 LuftVG Nr. 1). Der Beweis, dass das Zustellungsdatum "5. April 2004" unrichtig ist, wurde seitens der Beklagten geführt. Wie die Beweisaufnahme durch Vernehmung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten als Zeugen ergeben hat, erlangte er erst am 11. Mai 2004 Kenntnis von dem Zulassungsbeschluss des Senats; erst am 11. Mai 2004 nahm er den Zulassungsbeschluss mit dem Willen an, ihn als zugestellt anzusehen. Ob das Empfangsbekenntnis im Zeitpunkt der Unterschriftsleistung bereits mit dem Datumsstempel "5. April 2004" versehen war - wofür einiges spricht und was der Prozessbevollmächtigte der Beklagten bei seiner Vernehmung für möglich hielt - oder ob das Datum später eingestempelt wurde, braucht nicht näher aufgeklärt zu werden, weil es letztlich nicht von entscheidender Bedeutung ist.

In der Sache bleibt die Berufung der Beklagten jedoch erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die der F. GmbH & Co. Bauunternehmung KG gehörenden Grundstücke Gemarkung A., Flur 20 Flurstücke 249/2 und 249/3 als im Sinne des § 131 Abs. 2 Baugesetzbuch - BauGB - von der abgerechneten Erschließungsanlage "G.-Weg" erschlossen anzusehen sind. Der Senat folgt dem Verwaltungsgericht allerdings nicht in der Auffassung, die Grundstücke Gemarkung A., Flur 20 Parzellen 250/1 und 250/2, deren Eigentümer Herr F. ist, seien bei der Verteilung des Erschließungsaufwands unberücksichtigt zu lassen. Auch die Flurstücke Gemarkung A. Flur 20 Parzellen 249/4 und 249/5, die durch Aufteilung der früheren Parzelle 249/1 entstanden, sind vom G.-Weg erschlossen und in die Aufwandsverteilung einzustellen. Dementsprechend ist die vom Kläger eingelegte Anschlussberufung begründet. Dies ergibt sich im Einzelnen aus folgenden Überlegungen:

Bei dem Flurstück 250/1 handelt es sich um eine Anliegerparzelle des G.-Wegs, die ebenso wie ihre Verlängerung, das Flurstück 250/2, in erschließungsbeitragsrechtlich relevanter Weise nutzbar ist. Obwohl das Flurstück 250/2 ein Hinterliegergrundstück ist, was das Erschlossensein vom G.-Weg aus betrifft, müssen die Parzellen 250/1 und 250/2 als einheitliches Grundstück angesehen werden. Das Flurstück 250/2 verfügt nämlich selbst über keine Verbindung zum öffentlichen Straßennetz, sondern ist auf die Zufahrt über die Parzelle 250/1 angewiesen, die ebenso wie das Flurstück 250/2 im Eigentum Herrn F. steht. Dieser hat es mithin in der Hand, durch geeignete Maßnahmen die Erreichbarkeitsvoraussetzungen zu erfüllen, unter denen das einschlägige Bauordnungsrecht eine erschließungsbeitragsrechtlich relevante Nutzung (auch) des Hinterliegergrundstücks gestattet (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1993, BVerwGE 92, 157 = NVwZ 1993, 1206), beispielsweise durch Vereinigung des Hinterliegergrundstücks mit dem Anliegergrundstück, hier also des Flurstücks 250/1. Eine solche rechtliche Gestaltungsmöglichkeit ist dem Eigentümer dieser Parzellen auch dann nicht verschlossen, wenn er die Parzelle 250/1 mit dem Flurstück 175 vereinigen sollte. Ungeachtet dessen "verwischt" die einheitliche Nutzung der beiden Flurstücke 250/1 und 250/2 angesichts der Eigentümeridentität die Grenze zwischen Anlieger- und Hinterliegergrundstück (BVerwG, Urteil vom 15. Januar 1988, BVerwGE 79, 1 = NVwZ 1988, 630). Beide Grundstücke werden nämlich als Zufahrt zum Betriebsgelände der F. GmbH & Co. Bauunternehmung KG bzw. als Lagerplatz zulässigerweise gewerblich genutzt.

An einer erschließungsbeitragsrechtlich relevanten Nutzbarkeit der Flurstücke 250/1 und 250/2 würde es allerdings fehlen, wenn es sich um Grundflächen einer selbständigen oder unselbständigen Erschließungsanlage handeln würde. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 23. Oktober 1996, BVerwGE 102, 159 [161 f.] = NVwZ 1998, 72) zählen Grundflächen von Erschließungsanlagen im Sinne des § 123 Abs. 2 BauGB nicht zu den durch beitragsfähige Erschließungsanlagen erschlossenen Grundstücken, sofern sie entweder kraft einer entsprechenden Festsetzung im Bebauungsplan oder infolge ihrer Widmung für eine öffentliche Nutzung nicht bebaubar und auch nicht in vergleichbarer Weise qualifiziert nutzbar sind. Der Bebauungsplan Nr. 24 B "Östlich der A. Straße" der Beklagten lässt zwar auf den Flurstücken 250/1 und 250/2 die Errichtung von Gebäuden nicht zu, indem er entsprechende Baugrenzen (§ 23 Abs. 3 Baunutzungsverordnung) festsetzt. Eine gewerbliche Nutzung der Flurstücke als Lagerplatz beispielsweise ist damit aber nicht ausgeschlossen. Da von einem solchen Lagerplatz typischerweise Ziel- und Quellverkehr in einem vergleichbaren Umfang wie von anderen qualifiziert nutzbaren Grundstücken ausgeht, sind die Parzellen 250/1 und 250/2 im erschließungsbeitragsrechtlichen Sinn als "Bauland" zu qualifizieren (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1983, NVwZ 1983, 669).

Diese Parzellen stellen auch keine selbständige Erschließungsanlage in Form eines Privatwegs dar. Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 30. Januar 1970, Buchholz 406.11 § 123 BBauG Nr. 4 = BRS 37 Nr. 2) hat entschieden, dass eine private Straße, die eine Verbindung zwischen der öffentlichen Straße und zahlreichen Grundstücken darstellt und an Breite der öffentlichen Straße nicht nachsteht, als selbständige Erschließungsanlage für die an sie angrenzenden Grundstücke angesehen werden kann. Danach geht es bei der Abgrenzung zwischen erschließungsrechtlich selbständigen und unselbständigen Anlagen um eine Differenzierung zwischen (schon) selbständigen Anbaustraßen und (noch) unselbständigen Zufahrten als "Anhängseln" der selbständigen Anbaustraßen, von denen sie abzweigen (BVerwG, Urteil vom 23. Juni 1995, NVwZ-RR 1995, 695). Angesichts dessen ist für die Beantwortung der Frage, ob im Einzelfall eine befahrbare Verkehrsanlage als "nur" mehr oder weniger große unselbständige Zufahrt oder als "schon" selbständige Anbaustraße zu qualifizieren ist, grundsätzlich ausschlaggebend abzustellen auf den Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter von der zu beurteilenden Anlage vermitteln (BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1985, Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 59 S. 78). Für diesen Gesamteindruck kommt es in erster Linie auf die Ausdehnung der zu beurteilenden Anlage an (BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1983, NVwZ 1983, 669). Ein etwa 170 m langer Privatweg, der im Einmündungsbereich etwa 12 m breit ist und an den mehrere großflächige Grundstücke, auf denen unter anderem ein Großmarkt und ein Speditionsunternehmen betreiben werden, angrenzt, kann danach eine selbständige Erschließungsanlage sein. Ein ca. 280 m langes, befahrbares privates Wegenetz, das der "inneren Erschließung" einer Reihenhausanlage dient und im Miteigentum derjenigen steht, deren Wohngrundstücke an das Wegenetz grenzen, ist regelmäßig eine Erschließungsanlage im Sinne des § 123 Abs. 2 BauGB (BVerwG, Urteil vom 23. März 1984, KStZ 1984, 149). Das trifft für private Zufahrten und Wege auf einem Anliegergrundstück nicht zu, die nur der internen Erreichbarkeit einzelner Teilflächen des Grundstücks oder bestimmter Standorte dienen, nicht aber der Erschließung weiterer Grundstücke (BVerwG, Urteil vom 16. September 1998, Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 109 = NVwZ 1999, 997). Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei den Flurstücken 250/1 und 250/2 nicht um eine selbständige private Erschließungsanlage. Nach dem Gesamteindruck, der sich aus den in den beigezogenen Akten befindlichen Fotografien und den Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung hinreichend sicher gewinnen lässt, stellt sich die Parzelle 250/1 - und zum Teil auch die Parzelle 250/2 - als Zufahrt zum gesamten Betriebsgelände der Firma F. GmbH Co. Bauunternehmung KG dar, welches an der Grenze zwischen den Flurstücken 250/1 und 250/2 mit einem Tor verschlossen ist. Die Parzelle 250/2 ist nur zum Teil als Straße befestigt, zum anderen Teil wird sie als Lagerplatz genutzt. Im Übrigen muss die Qualifizierung dieser Wegeparzellen als selbständige Erschließungsanlagen auch daran scheitern, dass diese Nutzung nicht auf Dauer gesichert ist. Weder legt der Bebauungsplan eine solche Nutzung als Zufahrt fest noch hängt die Erschließung des Betriebsgrundstücks der Firma F. GmbH & Co. Bauunternehmung KG davon ab, dass die beiden Parzellen in ihrer gesamten Ausdehnung als Zuwegung zur Verfügung stehen. Dies macht die tatsächliche Nutzung insbesondere der Parzelle 250/2 anschaulich deutlich.

Auch die Flurstücke 249/2, 249/3, 249/4 und 249/5 sind als Hinterliegergrundstücke vom G.-Weg erschlossen und seinetwegen gewerblich nutzbar. Diese Grundstücke liegen an keiner öffentlichen Straße an. Sie sind, um eine Verbindung zum öffentlichen Verkehrsnetz zu erlangen, auf die Benutzung der Parzelle 250/2 und damit auch der Parzelle 250/1, die - wie gesagt - als ein Grundstück zu betrachten sind, angewiesen. Die gewerbliche Nutzung eines Grundstücks setzt an wegemäßiger Erschließung regelmäßig voraus, dass man mit Kraftfahrzeugen nicht nur an das Grundstück heran-, sondern auf das Grundstück hinauffahren kann. Zur Erfüllung der baurechtlichen Erreichbarkeitsvoraussetzungen bedürfen die Grundstücke 249/2, 249/3, 249/4 und 249/5 einer Zufahrt über die Flurstücke 250/1 und 250/2. Eine solche Zufahrt ist in zulässiger Weise geschaffen worden. Ist aber über das Anliegergrundstück eine Zufahrt von der Erschließungsanlage zum Hinterliegergrundstück angelegt, muss mit Ziel- und Quellverkehr gerechnet werden (BVerwG, Urteil vom 15. Januar 1988, BVerwGE 79, 1 = NVwZ 1988, 630). Dann vermitteln die tatsächlichen Verhältnisse den übrigen Beitragspflichtigen den Eindruck, es könne "mit einer erschließungsbeitragsrechtlich (noch) relevanten Wahrscheinlichkeit typischerweise mit einer Inanspruchnahme der Anbaustraße (auch) durch das Hinterliegergrundstück gerechnet werden, die dessen Belastung mit einem Erschließungsbeitrag rechtfertigt" (BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1997, NVwZ-RR 1998, 67).

Das Erschlossensein der Grundstücke 249/2, 249/3, 249/4 und 249/5 scheitert auch nicht an der Tatsache, dass diese Flurstücke im Eigentum der F. GmbH & Co. Bauunternehmung KG stehen, während - wie bereits ausgeführt - die Flurstücke 250/1 und 250/2 Herrn F. gehören und damit die Zufahrt nicht ohne weiteres auf Dauer gesichert erscheint. Dennoch sind die Grundstücke 249/2, 249/3, 249/4 und 249/5 vom G.-Weg erschlossen. Denn ihre Eigentümerin hat es - ähnlich wie im Fall der Eigentümeridentität (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1993, BVerwGE 92, 157 = NVwZ 1993, 1206) - in der Hand, die baurechtlichen Erreichbarkeitserfordernisse unter Inanspruchnahme des Anliegergrundstücks zu erfüllen. Die Eigentümerin der Flurstücke 249/2, 249/3, 249/4 und 249/5 ist eine Kommanditgesellschaft, deren Geschäfte gemäß §§ 164, 161 Abs. 2, 114 Handelsgesetzbuch - HGB - durch den persönlich haftenden Gesellschafter geführt werden, der auch zur Vertretung ermächtigt ist (§§ 170, 161 Abs. 2, 125, 126 HGB). Persönlich haftende Gesellschafterin der F. GmbH & Co. Bauunternehmung KG ist die F. GmbH. Gemäß §§ 6, 35 GmbH-Gesetz führt deren Geschäftsführer die Gesellschaft mit beschränkter Haftung und vertritt sie nach außen. Der allein vertretungsberechtigte Geschäftsführer der F. GmbH ist Herr F., der Eigentümer der Parzellen 250/1 und 250/2. Ihm ist es als allein vertretungsberechtigtem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der F. GmbH & Co. Bauunternehmung KG also ohne weiteres möglich, die baurechtlichen Erreichbarkeitserfordernisse hinsichtlich der Flurstücke 250/1 und 250/2, die in seinem persönlichen Eigentum stehen, herbeizuführen, zumal er als Geschäftsführer der F. GmbH ausdrücklich von den Beschränkungen des § 181 BGB, der grundsätzlich sogenannte Insichgeschäfte verbietet, befreit ist.

Was die übrigen - im Berufungsrechtszug von den Beteiligten nicht problematisierten - Voraussetzungen der Erhebung von Vorausleistungen betrifft, nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil. Die Einbeziehung der Grundstücke 250/1, 250/2, 249/2, 249/3, 249/4 und 249/5 in die Aufwandsverteilung führt zu einer Erhöhung der beitragspflichtigen Gesamtfläche auf 259.479 m² und damit zu einem deutlich verminderten Vorausleistungssatz. Damit entfallen auf das Flurstück 251 48.347,10 DM (= 24.719,48 €) und auf die Parzelle 252/1 ein Betrag von 13.652,71 DM (= 6.980,52 €).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Verfahren im zweiten Rechtszug auf 27.561,38 € festgesetzt (§§ 13 Abs. 2, 14 GKG).

Ende der Entscheidung

Zurück