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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 07.07.2009
Aktenzeichen: 6 A 11163/08.OVG
Rechtsgebiete: KAG, LWG


Vorschriften:

KAG § 7 Abs. 2
KAG § 7 Abs. 5
LWG § 2 Abs. 2
LWG § 2 Abs. 2 Satz 3
LWG § 52 Abs. 5
LWG § 52 Abs. 5 Satz 1
Zum beitragsrechtlich relevanten Vorteil durch die Anschlussmöglichkeit an einen Niederschlagswasserkanal.

Bei der Planung eines Niederschlagswasserkanals hat die abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaft einen Einschätzungsspielraum hinsichtlich der Notwendigkeit einer Abwasseranlage.

Die Frage, ob wenigstens ein Grundstück zur ordnungsgemäßen Beseitigung des dort anfallenden Oberflächenwassers auf einen solchen Kanal angewiesen ist, muss auch unter Einbeziehung der vorhandenen Verwertungs-, Versickerungs- bzw. Ableitungsmöglichkeiten beantwortet werden (§ 52 Abs. 5 Satz 1 LWG i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 3 LWG). Dabei sind nicht lediglich die Umstände im Zeitpunkt der Planung zu berücksichtigen, sondern auch zulässige und zukünftig mögliche Nutzungsänderungen der Grundstücke.

Darüber hinaus besteht im Rahmen der Planung nur insoweit Veranlassung, vorhandene Verwertungs-, Versickerungs- bzw. Ableitungsmöglichkeiten der Grundstücke im Einzelnen aufzuklären, als konkrete Anhaltspunkte für solche Möglichkeiten in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vorliegen.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 A 11163/08.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Abwasserbeseitigungsbeitrags

hat der 6. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2009, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Mildner Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Beuscher Richterin am Oberverwaltungsgericht Brink ehrenamtlicher Richter Elektroinstallationsmeister Benzmüller ehrenamtliche Richterin Hausfrau Büchler

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2008 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Der Beklagten wird nachgelassen, eine Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Als Eigentümer des bebauten Grundstücks H...straße 16 in der Ortsgemeinde N ... wendet sich der Kläger gegen die Erhebung von Vorausleistungen auf einmalige Beiträge für die erstmalige Herstellung eines Niederschlagswasser-Teilkanals durch Bescheid der Beklagten vom 1. Juni 2007 in Höhe von 5.909,00 €.

Das Grundstück des Klägers liegt südlich der Landesstraße 174 (L 174) und grenzt an diese an. Es weist ein Gefälle von Norden nach Süden auf. Im Süden hat das Grundstück eine gemeinsame Grenze mit dem unterhalb gelegenen H... . Die dem Kläger unter dem 18. Juni 1998 erteilte Baugenehmigung für den Umbau des früher landwirtschaftlich genutzten Gebäudes zu einem Einfamilienwohnhaus mit Garage ist mit der Nebenbestimmung versehen, gesammeltes Oberflächenwasser nicht der L 174 zuzuführen.

Hinsichtlich des seinem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalts im Übrigen nimmt der Senat gemäß § 130b Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellungen er sich zu eigen macht.

Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens hat der Kläger gegen den Vorausleistungsbescheid Klage erhoben, mit der er geltend gemacht hat, er könne das auf seinem Grundstück anfallende Niederschlagswasser an Ort und Stelle versickern und bedürfe daher des in der L 174 verlegten Niederschlagswasser-Teilkanals zur Entwässerung seines Grundstücks nicht. Da die meisten Grundstücke in der H...straße über Versickerungsmöglichkeiten verfügten, sei die Planung der Beklagten in wasserrechtlicher Hinsicht fehlerhaft, weil der Niederschlagswasser-Teilkanal nicht erforderlich sei. Schon bisher habe eine ordnungsgemäße Oberflächenentwässerung in die im Eigentum der Landesstraßenverwaltung stehenden Kanäle bestanden. Ungeachtet dessen könne die Beitragspflicht wegen der Lage seines Grundstücks im Außenbereich nicht entstehen.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage nach Durchführung einer Ortsbesichtigung stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, zwar liege das Grundstück des Klägers in einem Bebauungszusammenhang, also nicht im Außenbereich. Allerdings seien die Kosten der Niederschlagsentwässerung nicht beitragsfähig, da die Aufwendungen zur Errichtung eines Niederschlagswasser-Entsorgungskanals nicht als erforderlich angesehen werden könnten. Niederschlagswasser solle nach den Bestimmungen des Landeswassergesetzes nur in dafür zugelassene Anlagen eingeleitet werden, soweit es nicht bei demjenigen, bei dem es anfalle, mit vertretbarem Aufwand verwertet oder versickert werden könne. Dementsprechend hätten die beseitigungspflichtigen Körperschaften nur die notwendigen Abwasseranlagen zu errichten und ggf. zu erweitern. Zwar bestehe insoweit ein Einschätzungsspielraum der Beklagten. Diese habe jedoch nicht nachzuweisen vermocht, dass in dem fraglichen örtlichen Bereich das anfallende Niederschlagswasser nicht versickert werden könne. Ohne eine konkrete Untersuchung der Bodenverhältnisse auf eine Versickerungsmöglichkeit sämtlicher Grundstücke, die die Beklagte jedoch nicht durchgeführt habe, könne die Notwendigkeit eines Niederschlagswasser-Beseitigungskanals nicht belegt werden. Solche Untersuchungen seien insbesondere veranlasst gewesen, nachdem sich eine Oberflächenentwässerung des Nachbargrundstücks durch Versickerung aufgrund des Konzepts der Landschaftsarchitekten G... vom 15. Februar 2007 und der Fachtechnischen Stellungnahme des ingenieurgeologischen Büros Dr. W... vom 14. Juli 2007 als möglich herausgestellt gehabt habe. Da die Beklagte im Verlauf der L 174 mehrere jeweils separate Niederschlagswasser-Teilkanäle errichtet habe, müsse für jeden dieser Kanäle die Erforderlichkeit gegeben sein. Zudem sei weder die Möglichkeit einer Verwertung des Niederschlagswassers noch dessen unmittelbare Ableitung in ein oberirdisches Gewässer geprüft worden.

Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung trägt die Beklagte insbesondere vor, bisher seien innerhalb der Ortsdurchfahrt der L 174 lediglich provisorische Regenwasserkanäle vorhanden gewesen. Im Zuge der Erneuerung der Landesstraße sei eine Niederschlagsentwässerung geplant und umgesetzt worden. Diese trage sowohl dem Umstand Rechnung, dass die Beklagte innerhalb des Bebauungszusammenhangs für die Fahrbahnentwässerung zuständig sei, als auch der Notwendigkeit, insbesondere die nördlich der L 174 liegenden Grundstücke, die teilweise in erheblichem Umfang bebaut bzw. befestigt seien, zu entwässern. Zwar bedürften große Teile der südlich der L 174 gelegenen Grundstücke, zumal wenn sie ein deutliches Gefälle nach Süden zum H... hin aufwiesen, einer Niederschlagswasserbeseitigung an sich nicht. Sie könnten aber insbesondere ihre Dachflächen und die straßennahen Einfahrten bzw. Hofbefestigungen in einen der Niederschlagswasser-Teilkanäle entwässern und würden dadurch von dieser Einrichtung bevorteilt. Im Übrigen verbiete der Grundsatz der Solidargemeinschaft, lediglich die nördlichen Anlieger der L 174 an den Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung zu beteiligen, die südlich der Straße gelegenen jedoch zu verschonen. Die Erforderlichkeit einer Niederschlagswasser-Beseitigungseinrichtung sei - anders als das Verwaltungsgericht angenommen habe - schon dann gegeben, wenn nur ein Grundstück sie mangels Versickerungs- bzw. Verwertungsmöglichkeit in Anspruch nehmen müsse. Dabei sei auf die bereits verwirklichten und die darüber hinaus zulässigen Versiegelungen abzustellen. Auch jene Grundstückseigentümer, die große Teile ihrer Grundstücksfläche zur Versickerung des Niederschlagswassers einsetzen oder dieses unmittelbar in den H... einleiten könnten, hätten ein satzungsrechtliches Benutzungsrecht.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und bekräftigt sein Vorbringen, sein Grundstück liege im Außenbereich. Er hält daran fest, die Planung der Beklagten sei schon deshalb zu beanstanden, weil weder die Versickerungs- noch die Verwertungsmöglichkeiten anfallenden Niederschlagswassers geprüft worden seien. Das auf seinem Grundstück anfallende Niederschlagswasser könne an Ort und Stelle versickert werden.

Die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten ergeben sich aus den zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätzen, den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgängen sowie den Ausführungen des Herrn Dipl.-Ing. H..., des Herrn Bauoberamtsrats M... und der Beteiligten im Erörterungstermin vom 12. Mai 2009. Sie waren ebenso Gegenstand der mündlichen Verhandlung wie die von der Beklagten vorgelegte gutachterliche Stellungnahme des Herrn Dipl.-Ing. H... vom 22. Juni 2009.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Vorausleistungsbescheid vom 1. Juni 2007 und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2008 im Ergebnis zutreffend aufgehoben. Durch diese Heranziehung zu Vorausleistungen wird der Kläger in seinen Rechten verletzt.

Die Heranziehung des Klägers kann nicht auf § 7 Abs. 5 Satz 1 Kommunalabgabengesetz - KAG - i.V.m. § 8 Abs. 1 der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Entgelten für die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage vom 25. Januar 1996 i.d.F. vom 22. Oktober 2001 - ESA - gestützt werden. Nach diesen Vorschriften können ab Beginn einer Maßnahme Vorausleistungen auf einmalige Beiträge bis zur voraussichtlichen Höhe des Beitrags festgesetzt werden. Dies setzt voraus, dass eine Beitragspflicht - prognostisch betrachtet - überhaupt entstehen kann. Davon ist nach § 7 Abs. 2 Satz 1 KAG allerdings nicht auszugehen, wenn ein Grundstückseigentümer durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung voraussichtlich keinen beitragsrechtlich relevanten Vorteil hat. Ein solcher Vorteil kann einem Grundstückseigentümer nur durch eine öffentliche Einrichtung vermittelt werden, die in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht den Anschluss des Grundstücks an die Einrichtung auf Dauer ermöglicht. Eine (Entwässerungs-)Beitragspflicht entsteht nicht schon dann, wenn entlang dem betreffenden Grundstück eine Entwässerungsleitung verlegt ist, an die das Grundstück tatsächlich angeschlossen werden kann. Vielmehr muss darüber hinaus die Möglichkeit gegeben sein, das auf dem Grundstück aufkommende Abwasser in einer Weise abzuleiten, wie sie in der der Entwässerungseinrichtung zugrunde liegenden ordnungsgemäßen Planung vorgesehen ist (OVG RP, 12 A 12381/92.OVG, ESOVGRP; 12 A 11112/00.OVG, ESOVGRP). Dies ist hier aufgrund einer speziellen baurechtlichen Genehmigungssituation im Zeitpunkt der maßgeblichen Planung nicht der Fall. Deshalb kann eine Beitragspflicht für die Beseitigung des Niederschlagswassers hinsichtlich des Grundstücks des Klägers nicht entstehen.

Von einer ordnungsgemäßen Planung in dem vorgenannten Sinn kann in Bezug auf das Grundstück des Klägers und den dafür geplanten (und mittlerweile errichteten) Teilkanal nicht gesprochen werden, weil die Einrichtung insoweit und die von der Beklagten vorgesehene Ableitungsmöglichkeit mit § 52 Abs. 5 Satz 1 Landeswassergesetz - LWG - unvereinbar sind. Danach haben die abwasserbeseitigungspflichtigen Körperschaften (nur) die notwendigen Abwasseranlagen unter Beachtung des Planungsleitsatzes des § 2 Abs. 2 LWG (vgl. OVG RP, 8 A 11981/03.OVG, ESOVGRP) zu errichten, zu erweitern oder anzupassen. Als Abwasseranlage in diesem Sinn ist der Niederschlagswasser-Teilkanal zu betrachten, in den das Grundstück des Klägers entwässern könnte (1.). Die Notwendigkeit von Einrichtungen für die Beseitigung von Niederschlagswasser muss bei Beachtung der genannten Bestimmungen auch danach beurteilt werden, ob das Niederschlagswasser nicht bei denjenigen, bei denen es anfällt und denen durch die Abwasseranlage eine Ableitungsmöglichkeit vermittelt werden soll, mit vertretbarem Aufwand verwertet oder versickert werden kann, und nicht die Möglichkeit besteht, es mit vertretbarem Aufwand in ein oberirdisches Gewässer mittelbar oder unmittelbar abfließen zu lassen. Für diese Beurteilung können auch besondere baurechtliche Vorgaben von Bedeutung sein (2.).

1. Bei der nach Maßgabe des § 52 Abs. 5 Satz 1 LWG vorzunehmenden Prüfung der Notwendigkeit der Niederschlagswasserbeseitigung, die der im Streit befindlichen Vorausleistungserhebung zugrunde liegt, ist ausnahmsweise nicht auf die Abwasserbeseitigungseinrichtung der Beklagten insgesamt oder auf die Gesamtheit der zur Niederschlagswasserbeseitigung geplanten bzw. errichteten Einrichtungsteile abzustellen. Vielmehr ist in einer speziellen Fallgestaltung wie der vorliegenden nur nach der Erforderlichkeit des Niederschlagswasser-Teilkanals zu fragen, in den das Grundstück des Klägers entwässern könnte. Denn dieser Teilkanal bildet nur in rechtlicher Hinsicht einen unselbständigen Bestandteil der Gesamtentwässerungseinrichtung der Beklagten. In technischer Hinsicht ist er von den übrigen Niederschlagswasser-Teilkanälen und erst recht von den anderen Komponenten der Gesamtentwässerungseinrichtung der Beklagten unabhängig.

Er stellt gerade keinen Teil eines abwassertechnischen Gesamtsystems dar, wie dies beispielsweise bei Grundstücksanschlüssen, Straßenleitungen, Sammlern, Pumpwerken und Kläranlagen in der Schmutzwasserbeseitigung regelmäßig der Fall ist. Der vor dem Grundstück des Klägers errichtete Niederschlagswasser-Teilkanal ist demgegenüber technisch selbständig: Er sammelt das von einigen wenigen Grundstücken einzuleitende Niederschlagswasser sowie das Straßenoberflächenwasser in dem fraglichen Bereich der L 174 und leitet es - ohne dass es in irgendeiner Weise behandelt worden ist - unmittelbar in den H... ein, der selbst kein Bestandteil der öffentlichen Niederschlagswasser-Beseitigungseinrichtung der Beklagten ist.

2. Dieser Niederschlagswasser-Teilkanal, in den das Grundstück des Klägers entwässern könnte, durfte von der Beklagten nicht bis zur Höhe dieses Grundstücks als notwendig im Sinne des § 52 Abs. 5 Satz 1 LWG angesehen werden. Insofern besteht zwar ein Einschätzungsspielraum der Beklagten, wie er beispielsweise auch bei (anderen) Erschließungs- bzw. Ausbaumaßnahmen anerkannt ist (vgl. OVG RP, 6 A 10820/92.OVG, ESOVGRP; 6 B 12252/94.OVG, ESOVGRP; 6 A 10145/06.OVG, AS 33, 194 [197], ESOVGRP). Allein das Bedürfnis, die Straßenoberfläche zu entwässern, reicht allerdings zur Begründung einer Beitragspflicht nicht aus (a). In Bezug auf die Planung, den Niederschlagswasser-Teilkanal bis zur Höhe des Grundstücks des Klägers zu führen, hat die Beklagte von ihrem Einschätzungsspielraum einen fehlerhaften Gebrauch gemacht (b).

a) Die Notwendigkeit der Errichtung eines Niederschlagswasserkanals, der einen beitragsrechtlichen Vorteil mit sich bringt, kann nicht allein wegen der Erforderlichkeit entstehen, die Fahrbahn und ggf. die Gehwege zu entwässern. Zwar lässt sich aus der Bestimmung des § 53 Abs. 1 LWG, wonach der Träger der Verkehrsanlage zur Beseitigung von Niederschlagswasser verpflichtet ist, das von öffentlichen Verkehrsanlagen außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile anfällt, schließen, dass innerhalb der Bebauungszusammenhänge die Straßenoberflächenentwässerung zur Abwasserbeseitigungspflicht der in § 52 Abs. 1 LWG genannten Körperschaften zählt. Die Erforderlichkeit der Errichtung eines Niederschlagswasserkanals zur Entwässerung der Straßenoberfläche ergibt sich daraus für die in § 52 Abs. 1 LWG genannten Körperschaften, also auch für die Beklagte, noch nicht. Dies lässt sich der Bestimmung des § 12 Abs. 10 Landesstraßengesetz - LStrG - entnehmen. Danach hat sich der Träger der Straßenbaulast vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung mit dem Träger der Kanalisation an den Kosten der Herstellung, den laufenden Kosten und den Kosten einer Erneuerung der Kanalisation entsprechend den Mengen des Oberflächenwassers von der Fahrbahn zu beteiligen, wenn die Fahrbahnentwässerung nicht in eine straßeneigene Kanalisation erfolgt. Diese Regelung lässt deutlich werden, dass auch innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile - also in dem räumlichen Bereich, in dem der Straßenbaulastträger nicht gemäß § 53 Abs. 1 LWG zur Beseitigung des Straßenoberflächenwassers verpflichtet ist - sowohl eine straßeneigene Kanalisation als auch eine Entwässerungseinrichtung in Betracht kommt, die in der Trägerschaft der nach § 52 Abs. 1 LWG verpflichteten Körperschaft, hier der Verbandsgemeinde, steht. Es liegt in der Entscheidung des Straßenbaulastträgers, ob er sich einer eigenen Anlage zur Oberflächenwasserbeseitigung bedient; wenn er das Niederschlagswasser, das von der Fahrbahn abfließt, in die gemeindliche Kanalisation einleiten möchte, verfügt er allerdings nicht über einen diesbezüglichen Rechtsanspruch (vgl. Bogner/Bitterwolfde Boer, Landesstraßengesetz Rheinland-Pfalz, Loseblattkommentar, Stand: 10/08, § 12 Anm. 3). Errichtet die nach § 52 Abs. 1 LWG zur Abwasserbeseitigung verpflichtete Körperschaft einen Kanal allein wegen der Notwendigkeit der Beseitigung des Straßenoberflächenwassers, muss der Straßenbaulastträger, soweit keine anderweitige Vereinbarung mit dem Träger der Kanalisation getroffen wird, die Kosten der Herstellung des Kanals übernehmen.

b) Die Beklagte durfte den Niederschlagswasser-Teilkanal, in den das Grundstück des Klägers entwässern könnte, im Rahmen ihres Einschätzungsspielraums nicht bis zur Höhe dieses Grundstücks als notwendig erachten.

Zunächst kann von der Notwendigkeit eines Niederschlagswasser-Teilkanals nur gesprochen werden, wenn wenigstens ein Grundstück zur ordnungsgemäßen Beseitigung des dort anfallenden Oberflächenwassers, das der Beseitigungspflicht der nach § 52 Abs. 1 LWG zuständigen Körperschaft unterliegt, auf den Kanal angewiesen ist. Das ist beispielsweise insoweit nicht der Fall, als durch Satzung im Sinne des § 51 Abs. 4 Satz 1 LWG oder durch Bebauungsplan (§ 51 Abs. 4 Satz 2 LWG) festgesetzt wurde, dass Niederschlagswasser auf dem Grundstück, auf dem es angefallen ist, zu verwerten oder zu versickern ist. Auf eine Einrichtung zur Niederschlagswasserbeseitigung ist auch ein Grundstückseigentümer nicht angewiesen, der das Niederschlagswasser gemäß § 36 Abs. 1 und 4 LWG im Rahmen des Gemeingebrauchs ortsnah schadlos in ein natürliches oberirdisches Gewässer einleiten darf (vgl. OVG RP, 6 A 11160/08.OVG, ESOVGRP).

Im Übrigen muss die Frage, ob wenigstens ein Grundstück zur ordnungsgemäßen Beseitigung des dort anfallenden Oberflächenwassers auf den Kanal angewiesen ist, anhand der Anforderungen und Zielsetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 3 LWG beurteilt werden. Nach dieser Vorschrift soll Niederschlagswasser nur in dafür zugelassene Anlagen eingeleitet werden, soweit es nicht bei demjenigen, bei dem es anfällt, mit vertretbarem Aufwand verwertet oder versickert werden kann, und die Möglichkeit nicht besteht, es mit vertretbarem Aufwand in ein oberirdisches Gewässer mittelbar oder unmittelbar abfließen zu lassen. Die Bestimmung des § 2 Abs. 2 Satz 3 LWG stellt einen Planungsleitsatz für die kommunale Entwässerungsplanung dar (vgl. OVG RP, 8 A 11981/03.OVG, ESOVGRP), also eine normative Vorgabe, auf deren Grundlage die beseitigungspflichtige Körperschaft den erwähnten Einschätzungsspielraum bei der Planung der Neuerrichtung oder der Erweiterung von Anlagen zur Niederschlagswasserbeseitigung wahrzunehmen hat. Diese aus Wortlaut und Systematik folgende Auslegung der Vorschrift wird durch ihre Entstehungsgeschichte bestätigt, die der seinerzeit zuständige 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts im Verfahren 8 A 11981/03.OVG (ESOVGRP) wie folgt zusammengefasst hat:

"Der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen (LT-Drs. 12/4767 S. 3) enthielt zunächst in § 2 Abs. 2 Satz 2 ein unter Gemeinwohlvorbehalt stehendes Versickerungs- und Verwertungsgebot für den Grundstückseigentümer; nach § 51 Abs. 2 Nr. 2 des Entwurfs sollte die Kommune bei bestehenden Versickerungs-, Verwertungs- und Einleitungsmöglichkeiten von der Abwasserbeseitigungspflicht befreit sein. Nach der Begründung des Entwurfs (aaO. S. 2) sollte durch diese Regelung eine Entgeltspflicht des Bürgers, auch für Vorhalteeinrichtungen der Abwasserbeseitigung, künftig im Hinblick auf das unverschmutzte Oberflächenwasser im Regelfall ausgeschlossen werden. Dieser Gesetzentwurf ist indessen im Gesetzgebungsverfahren nachhaltig umgestaltet worden. Die schließlich Gesetz gewordene Fassung (LT-Drs. 12/6331) hat ausdrücklich zum Ziel, den Gemeinden im Hinblick auf bestehende Entwässerungseinrichtungen weiterhin die Beitragserhebung zu ermöglichen. Dies folgt aus den Erläuterungen in der Zweiten Beratung am 22. März 1995 (104. Sitzung, Plenarprotokolle S. 8105). So führte etwa der Abgeordnete Schäfer aus:

Gesetzestechnisch werden wir dies in § 51 Abs. 2 verankern, in dem wir die Kommunen von der Niederschlagswasserbeseitigungspflicht entbinden, wenn zu dessen Beseitigung keine zugelassenen öffentlichen Anlagen zur Verfügung stehen und das Niederschlagswasser am Ort des Anfalls verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit versickert werden kann. Damit trägt der Gesetzentwurf auch dem berechtigten Anliegen der Innenpolitiker Rechnung, dass nämlich überall dort, wo sich bisher Kanäle befinden, auch weiterhin die Möglichkeit besteht, die Grundstücksnutzer zu den entsprechenden Beiträgen heranzuziehen Im Landeswassergesetz haben wir allerdings verankert, dass sich die Kommunen in Zukunft bei der Erneuerung der Kanalisation an die Grundsätze des § 2 Abs. 2 des Landeswassergesetzes zu halten haben. Sie müssen also bei der Sanierung prüfen, inwieweit dem Grundsatz der Regenwasserversickerung Rechnung getragen wird" (Hervorhebungen durch den Senat).

Demnach werfen §§ 2 Abs. 2 Satz 2, 52 Abs. 5 LWG in beitragsrechtlicher Hinsicht allenfalls die Frage auf, ob Kosten für (auch) der Oberflächenentwässerung dienende, nach Inkrafttreten dieser Vorschriften erfolgte Kanalbau- oder -sanierungsmaßnahmen beitragsfähig sind, wenn in dem hierdurch erschlossenen Baugebiet eine vollständige Versickerung und/oder sonstige Verwertung des gesamten Oberflächenwassers möglich ist."

Um die Verwertungs- bzw. Versickerungsmöglichkeiten der zu entwässernden Grundstücke einzuschätzen, sind nicht lediglich die Umstände im Zeitpunkt der Planung zu berücksichtigen, sondern auch zukünftig mögliche Änderungen, insbesondere zulässige Nutzungsänderungen der Grundstücke und die sich daraus ergebenden Einschränkungen der Verwertungs- bzw. Versickerungsmöglichkeiten. In diesem Zusammenhang muss sich die abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaft - anders als bei Erlass einer Satzung im Sinne des § 51 Abs. 4 Satz 1 LWG - auch nicht mit den Verwertungs- bzw. Versickerungsmöglichkeiten jedes einzelnen Grundstücks aufgrund sachverständiger Prüfungen der Bodenbeschaffenheit etc. auseinander setzen, wie dies in dem angefochtenen Urteil anklingt. Vielmehr besteht dafür nur Veranlassung, wenn konkrete Anhaltspunkte für solche Möglichkeiten der Verwertung bzw. der Versickerung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorliegen. Oft wird schon der Grad der Versiegelung bzw. Befestigung eines Grundstücks oder dessen geringe Größe keinen Zweifel daran entstehen lassen, dass das gesamte beseitigungspflichtige Niederschlagswasser nicht verwertet oder versickert werden kann. Auf der anderen Seite können sich hinreichende Verwertungs- bzw. Versickerungsmöglichkeiten aufgrund der ungewöhnlichen Ausdehnung eines Grundstücks, seiner Hangneigung oder seines Angrenzens an ein oberirdisches Gewässer geradezu aufdrängen. Gleiches gilt, wenn aufgrund von bauaufsichtlich genehmigten Anlagen oder gar verpflichtenden Nebenbestimmungen zu Baugenehmigungen das Niederschlagswasser seit langem beanstandungsfrei auf dem Grundstück versickert bzw. verwertet wird oder in ein oberirdisches Gewässer mittelbar oder unmittelbar abfließt.

So liegen die Dinge hier. Der Kläger hat die Hofflächen nicht versiegelt, sondern mit Kies abgedeckt und versickert das von den Dachflächen stammende Regenwasser auf dem Wiesengelände, das zum an der südlichen Grundstücksgrenze vorbeifließenden H... abfällt. Damit hat der Kläger der der Baugenehmigung vom 18. Juni 1998 beigefügten Nebenbestimmung, wonach das gesammelte Oberflächenwasser nicht der L 174 zugeführt werden darf, entsprochen und auf seinem Grundstück ein bauaufsichtsbehördlich genehmigtes Versickerungskonzept verwirklicht, von dem seitens der Beklagten nicht vorgetragen wird, es habe in den vergangenen Jahren zu Beanstandungen geführt. Auch Herr Dipl.-Ing. H... hat im Erörterungstermin vom 12. Mai 2009 ausgeführt, im Falle des Grundstücks des Klägers sei eine einfache Entwässerung ohne Inanspruchnahme des Straßenkanals möglich. Die Anmerkung, der Kläger habe bei Hochwasser durchaus Vorteile von einer öffentlichen Niederschlagswasserbeseitigung, hat Herr Dipl.-Ing. H... in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 22. Juni 2009 bekräftigt, ohne dass sich daraus die Notwendigkeit der Errichtung eines Niederschlagswasser-Teilkanals auch zur Entwässerung des Grundstücks des Klägers entnehmen lässt. Eine solche Notwendigkeit ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass das Grundstück des Klägers im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung möglicherweise als Außenbereichsgrundstück angesehen wurde, nunmehr aber dem Innenbereich zugerechnet wird. Denn es gibt - wie die bereits mehrfach erwähnte Bestimmung des § 2 Abs. 2 Satz 3 LWG deutlich werden lässt - keine Verpflichtung der abwasserbeseitigungspflichtigen Körperschaft, unabhängig von Verwertungs- bzw. Versickerungsmöglichkeiten für jedes Innenbereichsgrundstück einen Niederschlagswasserkanal vorzuhalten. Soweit Herr Dipl.-Ing. H... in seiner Stellungnahme vom 22. Juni 2009 ausgeführt hat, die Dachentwässerung des Grundstücks des Klägers sei an den Niederschlagswasser-Teilkanal angeschlossen, hat er dies in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht aufrecht erhalten.

Mit dieser Einschätzung zur fehlenden Notwendigkeit eines Niederschlagswasserkanals für das Grundstück des Klägers wird der Beklagten auch nicht nachträglich planerisch Unmögliches abverlangt. Denn das fragliche Grundstück befindet sich am westlichen Ende des von der Beklagten verlegten Teilkanals. Das hierauf entfallende Kanalteilstück wäre daher verzichtbar gewesen, ohne eine Anschlussmöglichkeit an diesen Teilkanal für benachbarte Grundstücke entfallen zu lassen.

Da der Niederschlagswasser-Teilkanal, in den das Grundstück des Klägers entwässern könnte, demnach von der Beklagten nicht bis zur Höhe dieses Grundstücks als notwendig im Sinne des § 52 Abs. 5 Satz 1 LWG angesehen werden durfte, sind weitere Ausführungen zur rechtlich dauerhaft gesicherten Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtung durch den Kläger entbehrlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 5.909,00 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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