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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 21.01.2003
Aktenzeichen: 6 A 11210/02
Rechtsgebiete: RöV 1987


Vorschriften:

RöV 1987 § 3
RöV 1987 § 3 Abs. 2
RöV 1987 § 3 Abs. 2 Nr. 3
RöV 1987 § 3 Abs. 2 Nr. 1
RöV 1987 § 3 Abs. 2 Nr. 8
RöV 1987 § 4
RöV 1987 § 4 Abs. 4
RöV 1987 § 14 Abs. 1
RöV 1987 § 15 Abs. 2
RöV 1987 § 14
RöV 1987 § 15
RöV 1987 § 45
RöV 1987 § 45 Abs. 1
RöV 1987 § 45 Abs. 2
Die Röntgenverordnung 1987 setzt für den teleradiologischen Betrieb einer Computertomographieanlage die Bestellung eines fachkundigen Strahlenschutzbeauftragten am Ort der Untersuchung nicht voraus, wenn der strahlenschutzverantwortliche Radiologe, der die rechtfertigende Indikation zur Anfertigung eines Computertomogramms stellt und die Untersuchungsparameter festlegt, über die erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz verfügt.

Zur Auslegung der Übergangsvorschrift des § 45 Abs. 2 RöV 1987.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 A 11210/02.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Gewerberechts

hat der 6. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. Januar 2003, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Hehner Richter am Oberverwaltungsgericht Stamm Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Beuscher ehrenamtlicher Richter Industriekaufmann Glatter ehrenamtliche Richterin Hausfrau Hirsch

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 24. Juni 2002 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens im zweiten Rechtszug.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, eine Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Verfügung des Beklagten vom 13. Juli 2001, mit welcher ihr der Betrieb einer Computertomographieanlage im M....krankenhaus C.... mit Ausnahme der medizinisch notwendigen Anwendung auf Notfallpatienten untersagt wurde. Diese Anlage soll ausschließlich teleradiologisch in der Weise betrieben werden, dass der Krankenhausarzt, der ein Computertomogramm für notwendig hält, einem Radiologen der Klägerin über eine Telekommunikationsverbindung seine Gründe für eine computertomographische Untersuchung sowie die bereits erhobenen Befunde mitteilt, damit der Radiologe über die sogenannte rechtfertigende Indikation für eine solche Untersuchung entscheiden und auch die Einzelheiten der Durchführung der Untersuchung festlegen kann. Dieser Radiologe der Klägerin befundet schließlich die ihm elektronisch übermittelten Untersuchungsergebnisse.

Da die von der Klägerin als Strahlenschutzbeauftragte bestellten Ärzte des M....krankenhauses C.... ihre Erfahrungen mit der Anwendung von Röntgenstrahlen bereits vor dem 1. Januar 1988 erworben haben und damit nach Ansicht des Beklagten nicht über die erforderliche Fachkunde verfügen, hat er den Betrieb des Computertomographen bis auf Notfälle untersagt. Der dagegen von der Klägerin eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord vom 16. Januar 2002 zurückgewiesen. Daraufhin hat sie Klage erhoben.

Hinsichtlich des seinem Urteil im Übrigen zugrundeliegenden Sachverhalts nimmt der Senat gemäß § 130 b Satz 1 VwGO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellungen er sich in vollem Umfang zu Eigen macht.

Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Untersagungsverfügung mit der Begründung aufgehoben, die von der Klägerin benannten Strahlenschutzbeauftragten verfügten über die erforderliche Fachkunde. Zwar könnten sie keine Bescheinigung über deren Erwerb vorlegen. Sie kämen jedoch in den Genuss der Übergangsvorschrift des § 45 Abs. 2 Satz 1 der Röntgenverordnung, da sie bereits vor dem 1. Januar 1988 als Ärzte Röntgenstrahlen auf Menschen angewandt und die vor diesem Zeitpunkt für den Betrieb erforderliche Fachkunde besessen hätten. Dies gelte unabhängig davon, ob sie bereits in der Vergangenheit mit Computertomographen gearbeitet hätten oder lediglich Erfahrungen mit herkömmlichen Röntgengeräten aufweisen könnten. Denn die erwähnte Übergangsbestimmung hebe lediglich darauf ab, ob der Arzt vor dem maßgeblichen Stichtag überhaupt Röntgenstrahlen angewendet habe. Diese Auslegung sei auch mit dem Strahlenminimierungsgebot, dem Zweck der Röntgenverordnung, zu vereinbaren. Diesem Gebot genüge insbesondere die Teleradiologie, die dadurch gekennzeichnet sei, dass der die Untersuchung letztverantwortlich anordnende Arzt die erforderlichen Informationen zur Stellung der sogenannten rechtfertigenden Indikation von dem Krankenhausarzt übermittelt erhalte, so dass er auch ohne persönliche Inaugenscheinnahme des Patienten in der Regel die Frage der Notwendigkeit einer computertomographischen Untersuchung fachgerecht beurteilen könne. Unter solchen Umständen brauche der am Ort der technischen Durchführung der Untersuchung anwesende Arzt nicht über die volle Fachkunde zu verfügen. Aus den Überlegungen zur Änderung der Röntgenverordnung ergebe sich, dass im Falle der Teleradiologie der volle Fachkundenachweis nicht mehr verlangt werde, sondern ausreichen solle, dass der am Ort der Untersuchung anwesende Arzt die erforderlichen Kenntnisse im Strahlenschutz besitze. Selbst wenn man mit dem Beklagten davon ausgehe, ein Strahlenschutzbeauftragter müsse die Fachkunde im Umgang mit Computertomographen haben, sei eine konkrete Betrachtungsweise angezeigt, die danach frage, ob die tatsächlich eingesetzten Ärzte hinsichtlich der im Einzelfall angewandten Technologie in dem erforderlichen Umfang fachkundig seien. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass die Strahlenschutzbeauftragten im M....krankenhaus C.... neben den ihnen nach den Vorschriften obliegenden Aufgaben lediglich die Untersuchung des jeweiligen Patienten durchzuführen und den Ärzten der Klägerin die erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen hätten.

Mit seiner Berufung bekräftigt der Beklagte seinen Rechtsstandpunkt, dass die Übergangsvorschrift des § 45 Abs. 2 der Röntgenverordnung lediglich einen Bestandsschutz für eine bisher bereits ausgeübte Tätigkeit im Zusammenhang mit der Anwendung von Röntgenstrahlen auf Menschen gewähre. Die Bestimmung des § 45 Abs. 3 Satz 1 der Röntgenverordnung spreche davon, dass eine Tätigkeit fortgesetzt werden dürfe. Dies bedeute, dass sie schon zuvor ausgeübt worden sei. Der Begriff "Tätigkeit" beziehe sich nicht auf die Anwendung von Röntgenstrahlen auf Menschen generell, sondern auf den konkreten Betrieb, mit welchem der jeweilige Arzt Erfahrungen erworben habe. Die Fachkunde für den Betrieb eines Computertomographen sei auch nach den maßgeblichen Richtlinien von anderen Arten der Fachkunde im Strahlenschutz zu unterscheiden. Nur diese enge Auslegung werde dem Strahlenminimierungsgebot gerecht. Denn Untersuchungen mit dem Computertomographen bedeuteten gegenüber herkömmlichen Röntgenuntersuchungen erheblich höhere Strahlenbelastungen.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und bekräftigt ihre Auffassung, eine vor 1988 erworbene Fachkunde im Strahlenschutz sei umfassend, nicht aber von der jeweils eingesetzten Technik abhängig.

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus der Gerichtsakte in diesem Verfahren sowie im Verfahren 3 L 1708/01.KO - 6 B 11817/01.OVG - und den vorgelegten Verwaltungsvorgängen des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Untersagungsverfügung vom 13. Juli 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2002 im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Denn sie verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

Als Rechtsgrundlage für die erfolgte Untersagung des Betriebs eines Computertomographen im M....krankenhaus C.... kommt nur die Bestimmung des § 4 Abs. 4 der Röntgenverordnung vom 8. Januar 1987 (BGBl. I S. 114 - RöV -) in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde den nach § 4 Abs. 1, Abs. 1 a oder Abs. 2 RöV angezeigten Betrieb einer Röntgeneinrichtung binnen zwei Wochen nach Eingang der Anzeige untersagen, wenn eine Genehmigung nach § 3 Abs. 2 RöV nicht erteilt werden könnte.

Ob diese Zwei-Wochen-Frist im vorliegenden Zusammenhang eingehalten worden ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Denn die angefochtene Untersagungsverfügung ist jedenfalls deshalb zu beanstanden, weil Gründe für die Versagung einer Genehmigung nach § 3 Abs. 2 RöV nicht vorliegen. Insbesondere stünde einer Genehmigung die Bestimmung des § 3 Abs. 2 Nr. 3 RöV nicht entgegen, wonach jeder Strahlenschutzbeauftragte oder, falls ein Strahlenschutzbeauftragter nicht notwendig ist, eine der in Nr. 1 Buchst. a) genannten Personen die für den Strahlenschutz erforderliche Fachkunde besitzen muss. Die zur Vertretung der Klägerin berechtigten Radiologen besitzen als Personen im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) RöV auch nach der Auffassung des Beklagten die für den Strahlenschutz erforderliche Fachkunde, und zwar auch für den Betrieb eines Computertomographen. Dies ist ausreichend, weil Strahlenschutzbeauftragte für den sicheren Betrieb der Röntgeneinrichtung im M....krankenhaus C.... nicht notwendig sind. Strahlenschutzbeauftragte sollen die Aufgaben, die in §§ 14 Abs. 1, 15 Abs. 2 RöV im Einzelnen geregelt sind, erfüllen, also insbesondere die Einhaltung der Schutzvorschriften und behördlicher Anordnungen überwachen, den Strahlenschutzverantwortlichen über alle strahlenschutzrelevanten Mängel informieren sowie Abhilfemöglichkeiten vorschlagen. Der Strahlenschutzbeauftragte ist eine betriebsinterne Institution der Selbstüberwachung (Steinmark, BB 1983, 867; Reinhardt, AöR 118 (1993), 617 <636>); er ist nur nötig, wenn der Betreiber den notwendigen Strahlenschutz nicht selbst gewährleisten kann (vgl. Winters, DVBl. 1977, 331 <336>; Szelinski, WiVerw 1980, 266 <280>). Dabei lässt sich der Formulierung des § 13 Abs. 2 Satz 1 RöV nicht entnehmen, dass der Betrieb einer Röntgeneinrichtung generell durch einen Strahlenschutzbeauftragten zu beaufsichtigen ist. Das ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 13 Abs. 2 Satz 1 RöV vielmehr nur der Fall, "soweit dies für den sicheren Betrieb notwendig ist". Gemessen daran sind bei dem hier beabsichtigten teleradiologischen Betrieb eines Computertomographen Strahlenschutzbeauftragte nicht erforderlich. Vielmehr reicht es gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 3 RöV aus, dass die Gesellschafter der Klägerin als Radiologen im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) RöV die für den Strahlenschutz erforderliche Fachkunde, und zwar auch für den Betrieb eines Computertomographen, besitzen, was selbst nach der Auffassung des Beklagten der Fall ist. Der Radiologe der Klägerin, der auf dem Telekommunikationsweg vor jeder computertomographischen Untersuchung von den Krankenhausärzten in C.... über alle notwendigen Einzelheiten informiert wird, die er für die Stellung der sogenannten rechtfertigenden Indikation braucht, der die einzuhaltenden Untersuchungsparameter gegenüber dem nichtärztlichen Personal festlegt, soweit diese nicht standardisiert sind, und der anschließend auch das Ergebnis beurteilt, bedarf keiner Überwachung hinsichtlich der Einhaltung von Strahlenschutzvorschriften durch einen vor Ort anwesenden Krankenhausarzt. Insbesondere braucht ein umfassend fachkundiger Radiologe zur Sicherstellung des Strahlenminimierungsgebots keine Hinweise durch einen im Strahlenschutz allenfalls gleich qualifizierten Arzt. Das bedeutet nicht, dass darauf verzichtet werden kann zu kontrollieren, ob das mit der praktischen Durchführung der Computertomographieuntersuchung betraute nichtärztliche Personal die Anweisungen des vor Ort nicht anwesenden Radiologen befolgt.

Das Fehlen der Genehmigungsvoraussetzungen lässt sich auch nicht unter Hinweis auf § 3 Abs. 2 Nr. 8 RöV begründen. Danach ist die Genehmigung (nur dann) zu erteilen, wenn dem Betrieb sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegen stehen. Dazu zählen etwa Bestimmungen des Baurechts und des Arzneimittelrechts (vgl. Amtliche Begründung zu § 3, abgedruckt bei Hinrichs/Peinsipp, RöV, 4. Aufl. 1997, S. 76), aber auch des Berufsrechts. Weder im Heilberufsgesetz vom 20. Oktober 1978 (GVBl. S. 649, - HeilBG -) noch in der Ärztlichen Berufsordnung sind jedoch Regelungen getroffen, die die beabsichtigte teleradiologische Computertomographie-Untersuchung verbieten. Es ist keine ärztliche Berufspflicht ersichtlich, derzufolge ein Radiologe, der auf teleradiologischem Weg die rechtfertigende Indikation zur Anwendung von Röntgenstrahlen stellt, die Untersuchungsparameter festlegt und die Ergebnisse befundet, den Patienten, der bereits vom Krankenhausarzt vor Ort persönlich untersucht wurde, ebenfalls "gesehen" haben muss. Die Vorschrift des § 1 Abs. 8 der Musterberufsordnung verbietet dem Arzt lediglich die ärztliche Behandlung oder Beratung in brieflicher Form und in den Massenmedien (vgl. hierzu auch Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 2. Aufl. 1999, § 49 Rz. 2). Nach § 7 Abs. 3 der Berufsordnung für die Ärztinnen und Ärzte in Rheinland-Pfalz vom 29. November 1997 - und auch nach § 7 Abs. 3 Satz 2 der Berufsordnung für die Ärztinnen und Ärzte des Saarlandes vom 16. Mai 2001 - darf der Arzt zwar die individuelle Behandlung, insbesondere die Beratung des Patienten nicht ausschließlich über Kommunikationsmedien oder Computerkommunikationsnetze durchführen. Die Teleradiologie kann aber vor diesem Hintergrund nicht als unzulässig betrachtet werden. Einerseits stellt sie keine selbständige Behandlung oder Beratung dar, sondern nur ein Element, ein Hilfsmittel der Diagnose, dessen Aussagekraft zudem nicht von dem Eindruck einer persönlichen Untersuchung des Patienten bestimmt wird. Der diagnostische Wert eines Computertomogramms hängt vielmehr von technischen Gegebenheiten (wie der Bildqualität), deren Beherrschung und der Erfahrung des befundenden Radiologen ab. Andererseits kann man die Teleradiologie deshalb nicht als berufsrechtlich bedenkliche Fernuntersuchung bezeichnen, weil der die rechtfertigende Indikation stellende Radiologe sich neben den ihm elektronisch übermittelten Informationen über den Patienten auf dessen körperliche Untersuchung durch den vor Ort anwesenden Facharzt stützen kann. Auch den §§ 15 Abs. 1, 28 Abs. 1 des 5. Buchs des Sozialgesetzbuchs - SGB V - ist nichts hiervon Abweichendes zu entnehmen. Dort heißt es lediglich, dass ärztliche Leistungen von Ärzten erbracht oder angeordnet und verantwortet werden.

Selbst wenn man solche berufsrechtlichen Bedenken teilt oder die Bestellung von Strahlenschutzbeauftragten auch bei teleradiologischem Betrieb eines Computertomographen für erforderlich hält, kann die angefochtene Untersagungsverfügung keinen Bestand haben. Allerdings darf - wie erwähnt - der Betrieb gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 3 RöV untersagt werden, wenn ein Strahlenschutzbeauftragter, der notwendig ist, die für den Strahlenschutz erforderliche Fachkunde nicht besitzt. Einen Nachweis der für den Strahlenschutz erforderlichen Fachkunde durch Bescheinigung der zuständigen Stelle nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 a) RöV vermögen die zu Strahlenschutzbeauftragten bestellten Krankenhausärzte des M....krankenhauses C.... nicht zu erbringen. Obwohl sie ihre Fachkunde im Strahlenschutz vor dem 1. Januar 1988 erworben haben, kommen sie wohl auch nicht in den Genuss der Übergangsvorschrift des § 45 Abs. 2 Satz 1 RöV. Danach braucht derjenige einem Genehmigungsantrag nach § 3 RöV oder einer Anzeige nach § 4 RöV einen Nachweis nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 RöV nicht beizufügen, der vor dem In-Kraft-Treten dieser Verordnung als Arzt, Zahnarzt oder Tierarzt Röntgenstrahlen angewendet hat und die vor dem In-Kraft-Treten dieser Verordnung für den Betrieb erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz besitzt. Unter dieser Fachkunde ist nicht jede praktische Erfahrung mit Röntgengeräten zu verstehen, sondern - wie das Bundesverwaltungsgericht (NJW 1996, 798) für den Anwendungsbereich des vergleichbaren § 6 Abs. 2 Satz 1 der Strahlenschutzverordnung entschieden hat - eine "umgangsspezifische" Fachkunde, die von Art und Gefährlichkeit des beabsichtigten Umgangs abhängt und die Einhaltung des Strahlenminimierungsgebots sicherstellen soll. Da die Computertomographie mit einer wesentlich höheren Strahlenbelastung für die Patienten verbunden ist als herkömmliche Röntgeneinrichtungen, spricht viel dafür, dass § 45 Abs. 2 Satz 1 RöV eine vor dem In-Kraft-Treten dieser Verordnung für den Betrieb eines Computertomographen erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz voraussetzt. Ein mit der Technik und den diagnostischen Möglichkeiten eines Computertomographen vertrauter Arzt wird eher als ein lediglich mit herkömmlichen Röntgengeräten erfahrener Arzt vermeiden können, dass es zu überflüssigen Untersuchungen oder zu unbrauchbaren Ergebnissen und damit vermeidbaren Strahlenbelastungen kommt. Diese Auslegung wird durch die Formulierung des § 45 Abs. 1 Satz 1 RöV bestätigt, wonach derjenige, der beim In-Kraft-Treten der RöV "eine Röntgeneinrichtung" befugt betrieben hat, "die Röntgeneinrichtung" unter bestimmten Voraussetzungen weiter betreiben darf. Eine weitere Stütze findet diese Auffassung im Wortlaut § 45 Abs. 2 Satz 1 RöV, wonach diese Übergangsvorschrift lediglich dazu berechtigt, "die Tätigkeit" fortzusetzen. Da nicht von einer Fortsetzung der Anwendung schlechthin die Rede ist, wird mit der gewählten Formulierung an eine (konkrete) Vortätigkeit angeknüpft (a.A. Kamps, DMW 1987, 1955 <1957>; vgl. auch Stieve/Bischof, MedR 1992, 79 <87>). Zwar sichert § 45 Abs. 2 Satz 1 RöV - so verstanden - nur den status quo eines ärztlichen Anwenders von Röntgenstrahlen auf Menschen. Eine Übergangsvorschrift kann sich aber in einem solchen Zweck erschöpfen; sie muss den bisherigen Berechtigungsumfang der Betroffenen nicht notwendig erweitern, ihnen nicht unter erleichterten Bedingungen den Zugang zu einer umfassenderen Befugnis verleihen. Diese enge Auslegung des § 45 Abs. 2 Satz 1 RöV wird zudem in besonderer Weise dem Anliegen der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften gerecht, zu deren Umsetzung seinerzeit die Röntgenverordnung novelliert wurde. Nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 97/43/Euratom des Rates vom 30. Juni 1997 über den Gesundheitsschutz von Personen gegen die Gefahren ionisierender Strahlung bei medizinischer Exposition und zur Aufhebung der Richtlinie 84/466/Euratom (Amtsblatt L 180 vom 9.7.1997 S. 22 - EGRL 97/43 -) haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass die anwendenden Fachkräfte eine angemessene theoretische und praktische Aus- und Weiterbildung für radiologische Anwendungen erhalten und über einschlägige Fachkenntnisse im Strahlenschutz verfügen. Zu diesem Zweck sorgen die Mitgliedstaaten nach Art. 7 Abs. 3 EGRL 97/43 dafür, dass Weiter- und Fortbildungsmöglichkeiten nach dem Erwerb der Qualifikation angeboten werden und dass - im Sonderfall der klinischen Anwendung neuer Techniken - eine Ausbildung in diesen Techniken und den entsprechenden Strahlenschutzvorschriften organisiert wird.

Unterstellt man mit diesen Erwägungen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Untersagung des Betriebs des Computertomographen im M....krankenhaus C.... vorliegen, ist die angefochtene Verfügung dennoch zu Recht aufgehoben worden. Denn der Beklagte hat von dem ihm durch § 4 Abs. 4 Satz 1 RöV eingeräumten Ermessen keinen sachgerechten Gebrauch gemacht. Er hat nämlich nicht hinreichend berücksichtigt, dass im hier vorliegenden Fall der Teleradiologie die rechtfertigende Indikation, die Anordnung bzw. Festlegung der Durchführung der Computertomographie und die Befundung in der Hand von unzweifelhaft fachkundigen Radiologen der Klägerin liegen, die allerdings nicht am Ort der Untersuchung anwesend sind. Unter dem maßgeblichen Gesichtspunkt der Strahlenminimierung darf deshalb nicht entscheidend auf die Fachkunde der Krankenhausärzte im Strahlenschutz abgestellt werden. Wesentlich ist vielmehr beispielsweise, ob die teleradiologische Betriebsart möglicherweise in größerem Umfang als andere Betriebsarten zu unbrauchbaren oder überflüssigen Strahlenbelastungen von Patienten führen kann. Dass seitens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf solche Probleme hingewiesen wurde, ist nicht entscheidungserheblich. Zum einen ist die Klägerin den erwähnten Beschwerden zumindest überwiegend entgegen getreten. Andererseits sind sie in der Untersagungsverfügung und im Widerspruchsbescheid unberücksichtigt geblieben und auch nicht gemäß § 114 Satz 2 VwGO zum Bestandteil der hier zu überprüfenden Ermessensbetätigung durch den Beklagten gemacht geworden. Im Übrigen erlaubt diese Vorschrift keine Auswechslung wesentlicher Gründe einer Ermessensentscheidung (vgl. BVerwG, Beschl. vom 14.01.1999, NJW 1999, 2192).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.

Beschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Verfahren im zweiten Rechtszug auf 4000,- € festgesetzt (§§ 13, 14 GKG).

Ende der Entscheidung

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