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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 01.02.2005
Aktenzeichen: 6 A 11716/04.OVG
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 127
BauGB § 133
BauGB § 133 Abs. 2
BauGB § 134
BauGB § 134 Abs. 1
BauGB § 134 Abs. 1 S. 1
Die sachliche Erschließungsbeitragspflicht entsteht auch dann erst mit der Berechenbarkeit des Aufwands, wenn die Gemeinde es versäumt, ihre Gläubiger zur zügigen Rechnungstellung zu veranlassen.

Für die Berechenbarkeit des Erschließungsaufwands kommt es nicht darauf an, ob die letzte Rechnung mit einer Restforderung oder - etwa aufgrund überhöhter Abschlagszahlungen - mit einem Guthaben endet.

Der Aufwand für die Baubetreuungsleistung steht grundsätzlich erst nach Ablauf der Verjährungsfrist fest. Wird nach deren Ablauf eine Honorarrechnung gestellt, ist eine Gemeinde zwar nicht gehindert, die verjährte Forderung zu begleichen. Dadurch entstehende Aufwendungen sind jedoch im beitragsrechtlichen Sinn nicht erforderlich, so dass sie nicht in den beitragsfähigen Aufwand einfließen.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 A 11716/04.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Erschließungsbeitrags

hat der 6. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. Februar 2005, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Hehner Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Frey Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Beuscher ehrenamtlicher Richter Beamter a. D. Adams ehrenamtlicher Richter Dipl.-Ing. (FH) Becker

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 1. März 2004 - 8 K 1977/03.KO - abgeändert und dessen Tenor wie folgt neu gefasst:

Der Bescheid der Beklagten vom 14. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Juli 2003 wird insoweit aufgehoben, als ein höherer Erschließungsbeitrag als 49.011,81 € festgesetzt worden ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen hat die Klägerin 93 %, die Beklagte 7 % zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich als Eigentümerin des Grundstücks Gemarkung L. Flur 5, Flurstück 56/9, gegen ihre Heranziehung zu Erschließungsbeiträgen für die erstmalige Herstellung der Straße "A.". Das veranlagte Grundstück hat eine Größe von 21.549 m²; es entstand im Jahre 2001 durch Aufteilung des im Jahre 1997 in einer Gesamtgröße von 26.187 m² gebildeten Flurstücks 56/5, zu dem die Altparzellen 56/3, 43/10, 43/13, 43/16 und 43/4 vereinigt worden waren. Es liegt in einem mit Bebauungsplan festgesetzten Gewerbe- und Industriegebiet und grenzt an die abgerechnete Straße "A.", an die Straße "N." sowie an die zum Anbau nicht bestimmte "B. Straße".

Die bautechnische Herstellung der Straße "A." erfolgte in der Zeit zwischen Mai 1993 und Sommer 1995. Mit dem Bau der B. Straße wurde 1993/1994 begonnen; ihre Abnahme erfolgte am 26. Januar 1995. Im Kreuzungsbereich mit der Straße "A." ist die B. Straße mit Linksabbiegespuren versehen worden.

Für die Erschließung des Industrie- und Gewerbegebiets L. wurden der Beklagten seitens des Ministeriums für Wirtschaft und Verkehr Zuweisungen bewilligt, die in vollem Umfang zur Verminderung der von den Unternehmen im geförderten Gelände zu tragenden Anschlussbeiträge und Anliegerleistungen zu verwenden waren.

Die Widmung der Straße "A." wurde am 16. August 1996 öffentlich bekannt gemacht. Nach Eingang der Rechnung des Ingenieurbüros Dipl.-Ing. R. L. GmbH vom 23. Februar 2000 über das Bauleitungshonorar erließ die Verbandsgemeindeverwaltung L. den Erschließungsbeitragsbescheid vom 14. Februar 2002, mit welchem die Klägerin zu einem Beitrag in Höhe von 52.802,80 € herangezogen wurde, gegen den sie Widerspruch einlegte und - nach dessen Zurückweisung - Klage erhob.

Hinsichtlich des seinem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalts im Übrigen nimmt der Senat gemäß § 130 b Satz 1 VwGO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellungen er sich in vollem Umfang zu Eigen macht.

Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Erschließungsbeitragsbescheid wegen Verjährung der Beitragsforderung aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Erschließungsbeitrag entstehe - die übrigen Voraussetzungen unterstellt - mit der Abrechenbarkeit der Maßnahme. Dies sei zwei Wochen nach der Veröffentlichung der Widmung der Fall gewesen. Mit der Abrechnung habe die Beklagte insbesondere nicht bis zum Eingang der Rechnung vom 23. Februar 2000 warten müssen. Denn sie sei aufgrund der maßgebenden Vorschriften selbst in der Lage gewesen, das Honorar für die Bauleitung zu ermitteln. Außerdem komme es auf die Schlussrechnung vom 23. Februar 2000 auch deshalb nicht an, weil das anteilige Honorar für die Bauleitung hinsichtlich der Abbiegespuren in der B. Straße nicht zu dem beitragsfähigen Aufwand der Straße "A." gehöre. Schließlich beinhalte die Honorarrechnung vom 23. Februar 2000 keine Aufwendungen, die die Beklagte habe erbringen müssen. Denn die Forderung des Ingenieurbüros Dipl.-Ing. R. L. GmbH sei nach zivilrechtlichen Grundsätzen verjährt gewesen, nachdem die Baukosten dem Ingenieurbüro bereits im Jahre 1996 vollständig bekannt gewesen seien, so dass die Bauleitungskosten hätten berechnet werden können.

Nach Zulassung der Berufung durch den Senat trägt die Beklagte zur Begründung ihrer Berufung vor, der Aufwand sei erst aufgrund der Rechnung vom 23. Februar 2000 zu ermitteln gewesen, die sich neben den Ingenieurleistungen im Zusammenhang mit den Abbiegespuren der B. Straße auch auf die Aufweitung der Erschließungsanlage "A." und deren endgültigen Anschluss an die B. Straße bezogen habe. Die Linksabbiegespuren seien durch die Straße "A." erforderlich geworden, nachdem die B. Straße zuvor bereits endgültig hergestellt gewesen sei. Der Aufwand für die Abbiegespuren und die Aufweitung der Erschließungsanlage "A." sei demnach dieser Anlage zuzurechnen. Daher sei die Festsetzungsverjährungsfrist noch nicht abgelaufen gewesen, als die Klägerin mit dem Bescheid vom 14. Februar 2002 herangezogen worden sei.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und bekräftigt ihre Auffassung, dass die Abbiegespuren in der B. Straße ausschließlich zu dieser, nicht aber zu der Erschließungsanlage "A." gehören. Beide Straßen seien zeitgleich hergestellt worden, so dass die Abbiegespuren nicht zum Anschluss der Straße "A." an die B. Straße erforderlich gewesen seien. Die Abbiegespuren dienten vielmehr der Erhaltung der Entlastungsfunktion, die die B. Straße gegenüber der innerorts verlaufenden Bundesstraße 48 habe. Dem Verwaltungsgericht sei auch darin zuzustimmen, dass die Erschließungsbeitragspflicht nach der im Jahre 1996 erfolgten Widmung entstanden sei. Die Abrechenbarkeit habe sich nicht erst aufgrund der Rechnung vom 23. Februar 2000 ergeben, weil die Beklagte anhand der maßgebenden Vorschriften schon zuvor in der Lage gewesen sei, das Bauleitungshonorar zu ermitteln. Im Übrigen müsse eine Gemeinde alles ihr Zumutbare unternehmen, um die für die Berechenbarkeit des Aufwands erforderlichen Unterlagen zu erhalten, und dürfe die Entstehung der Beitragspflicht nicht unnötig hinauszögern. Andernfalls entstehe diese bereits vorher und setze die Verjährungsfrist in Gang. Da die Beklagte den seit Eingang der letzten Unternehmerrechnung im Jahre 1996 verstrichenen Zeitraum nicht genutzt habe, um den beitragsfähigen Aufwand zu ermitteln, müsse sie sich entgegenhalten lassen, dass die Beitragsforderung verjährt sei.

Der Senat hat durch Vernehmung des Herrn Dipl.-Ing. R. L. als Zeugen Beweis darüber erhoben, ob es sich bei den Teilabschnitten 7.1 und 7.2 (Anschluss an naheseitigen bzw. ortsseitigen Ausbau Fa. B.) der Zusammenstellung der Baukosten für die Ortsrandstraße L., die der Teil-Endrechnung Nr. 067/92/0 der IBU Dipl.-Ing. R. L. GmbH vom 23. Februar 2000 beigefügt war, um Baumaßnahmen an der Straße "A." handelt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus der Gerichtsakte, der Widerspruchsakte sowie den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgängen einschließlich Plänen und Fotos. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und im Wesentlichen begründet. Deshalb ist das angefochtene Urteil abzuändern. Anders als das Verwaltungsgericht kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass der Bescheid der Beklagten vom 14. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Juli 2003 die Klägerin nur insoweit in ihren Rechten verletzt und aufzuheben ist, als ein höherer Erschließungsbeitrag als 49.011,81 € festgesetzt worden ist. Im Übrigen muss die Klage abgewiesen werden.

Der angefochtene Erschließungsbeitragsbescheid findet seine Rechtsgrundlage in §§ 127 ff. Baugesetzbuch - BauGB - in Verbindung mit der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Beiträgen für die erstmalige Herstellung von Erschließungsanlagen (Erschließungsbeiträge) - EBS - vom 15. Februar 1989.

Die Straße "A." stellt eine Erschließungsanlage im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB dar. Sie ist dem öffentlichen Verkehr gewidmet, zum Anbau bestimmt, plankonform hergestellt und bietet dem Grundstück der Klägerin auch die erforderliche Zufahrtsmöglichkeit.

Die Beklagte hat jedoch den beitragsfähigen Aufwand sowie die Größe der insgesamt erschlossenen Grundstücke nicht fehlerfrei ermittelt. Dafür und für den Beginn der Festsetzungsfrist, der zwischen den Beteiligten ebenfalls im Streit steht, ist der Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Erschließungsbeitragspflicht maßgebend. Die Erschließungsbeitragspflicht entsteht gemäß § 133 Abs. 2 BauGB mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, also mit der tatsächlichen Verwirklichung der satzungsmäßigen Herstellungsmerkmale bzw. des Bauprogramms und mit der Abrechenbarkeit der Maßnahme. Diese setzt im Allgemeinen voraus, dass sämtliche beitragsfähigen Aufwendungen ermittelt werden können, was mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung regelmäßig der Fall ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. August 1975, BVerwGE 49, 131 <134 f.>).

Damit ist zugleich gesagt, dass die Erschließungsbeitragspflicht nicht unabhängig von der Berechenbarkeit des Aufwands allein dadurch eintreten kann, dass die Gemeinde es versäumt, ihre Gläubiger zur zügigen Rechnungsstellung zu veranlassen (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Aufl. 2004, § 19 Rz 9; a.A. wohl Quaas in: Schrödter, BauGB, Komm., 6. Aufl. 1998, § 133 Rz 19). Verzögert die Gemeinde nach endgültiger Feststellung einer Erschließungsanlage den Eintritt der noch fehlenden Voraussetzungen für deren Abrechenbarkeit ohne jeden sachlich vertretbaren Grund jahrelang, hat dies allerdings zur Folge, dass Fremdfinanzierungskosten, die allein wegen dieser Verzögerung entstanden sind, nicht zum erforderlichen Erschließungsaufwand gehören (BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2000, BVerwGE 110, 344 = NVwZ 2001, 686).

Ist aber entscheidend, dass die Aufwendungen zahlenmäßig beziffert werden können, hängt die Berechenbarkeit nicht davon ab, ob die letzte Rechnung mit einer Restforderung oder - etwa aufgrund überhöhter Abschlagszahlungen - mit einem Guthaben, also einem an die Gemeinde zurückzuzahlenden Betrag, endet. In beiden Fällen erlaubt grundsätzlich erst die Schlussrechnung, den Aufwand exakt zu ermitteln.

Der Senat folgt dem Verwaltungsgericht nicht in der Auffassung, die bloße Möglichkeit, ein Baubetreuungshonorar aufgrund der maßgeblichen Vorschriften der Verordnung über die Honorare für Leistungen der Architekten und der Ingenieure - HOAI - zu errechnen, sei ausreichend, um den beitragsfähigen Aufwand festzustellen. Denn nach § 8 Abs. 1 HOAI wird das Honorar (erst) fällig, wenn die Leistung vertragsgemäß erbracht und eine prüffähige Honorarabschlussrechnung überreicht worden ist. Solange eine Schlussrechnung mithin nicht gestellt ist, fehlt es an der Fälligkeit der Honorarforderung. Der Aufwand für die Baubetreuungsleistung steht - ohne Rechnung - zudem nicht vor Ablauf der Verjährungsfrist fest. Wird nämlich erst nach deren Ablauf eine Honorarrechnung gestellt, kann ein Leistungsverweigerungsrecht geltend gemacht werden, so dass das Honorar nicht zum beitragsfähigen Aufwand rechnet. Zwar ist eine Gemeinde grundsätzlich nicht gehindert, eine verjährte Forderung zu begleichen. Dadurch entstehende Aufwendungen sind jedoch im beitragsrechtlichen Sinn nicht erforderlich, so dass eine verjährte Forderung nicht in den beitragsfähigen Aufwand einfließt. Insoweit hat die Gemeinde keinen Entscheidungsspielraum, wie er ihr bei der Beurteilung der Angemessenheit der Kosten von beitragsfinanzierten öffentlichen Anlagen nach der Rechtsprechung zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1979, BVerwGE 59, 249 <253> = KStZ 1980, 68; und Urteil des Senats vom 9. April 1997, NVwZ-RR 1998, 327, auch veröffentlicht in ESOVGRP). Spätestens nach Ablauf der Verjährungsfrist für die letzte noch offene Forderung steht mithin der Aufwand berechenbar fest.

Nach diesem Maßstab ist die sachliche Erschließungsbeitragspflicht am 1. Januar 1999 entstanden, nachdem das Baubetreuungshonorar des Ingenieurbüros Dipl.-Ing. R. L. GmbH mit Ablauf des 31. Dezember 1998 verjährt war. Dieses Honorar, das unter dem 23. Februar 2000 in Rechnung gestellt wurde, ist für die Berechenbarkeit des Aufwands der Erschließungsanlage "A." von Bedeutung, weil es (zumindest auch) die Baubetreuung dieser Anlage betrifft. Wie der Zeuge L. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat glaubhaft bekundet hat, handelt es sich bei den Positionen 7.1 "Anschluss an naheseitigen Ausbau Fa. B." und 7.2 "Anschluss an ortsseitigen Ausbau Fa. B.", die in der der Rechnung vom 23. Februar 2000 beigefügten Zusammenstellung der Baukosten aufgeführt sind, um Arbeiten, die erforderlich waren, um die Erschließungsanlage "A." an die B. Straße anzuschließen. Die Baubetreuung für die in der Rechnung vom 23. Februar 2000 erwähnten Abbiegespuren der "Ortsrandstraße", der heutigen B. Straße, bezieht sich jedoch nicht auf die Erschließungsanlage "A.", wie noch auszuführen ist.

Die Verjährung der Honorarforderung ergibt sich aus dem Folgenden: Nach Eingang der letzten Bauunternehmerrechnung im Jahre 1996 konnte die Firma Dipl.-Ing. R. L. GmbH ihr Honorar berechnen, so dass die seinerzeit zweijährige Verjährungsfrist (§ 196 Abs. 1 Nr. 7 BGB a.F.) gemäß § 201 Satz 1 BGB a.F. mit dem Jahresschluss, also am 31.12.1996, zu laufen begann und mit Ende des Jahres 1998 endete. Eine Verjährungsunterbrechung i.S.d. § 208 BGB a.F. ist nicht eingetreten. Denn in der Zeit vom 31.12.1996 bis zum 31.12.1998 sind keine Abschlagszahlungen der Beklagten an die Firma Dipl.-Ing. R. L. GmbH erfolgt. Am 1. Januar 1999 war die Baubetreuungsforderung mithin verjährt. Durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts hat sich daran nichts geändert, wie Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB zu entnehmen ist.

Daraus folgt gleichzeitig, dass die Ermittlung des Erschließungsaufwands insoweit zu beanstanden ist, als die Beklagte unter dem 23. Februar 2000 in Rechnung gestellte Bauleitungskosten in anteiliger Höhe von 6.785,83 DM berücksichtigt hat. Allerdings gehört der im Jahre 1994 gezahlte Honorarabschlag zum beitragsfähigen Aufwand. Denn nach § 222 Abs. 2 BGB a.F. (§ 214 Abs. 2 BGB n.F.) kann das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete nicht zurückgefordert werden.

Nicht beitragsfähig sind die Kosten für die auf der B. Straße angelegten Linksabbiegespuren (57.903,68 DM). Die Auffassung der Beklagten, dass diese Kosten zum Aufwand der Erschließungsanlage "A." rechnen, findet keine Stütze in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Februar 1990 (BVerwGE 85, 1 = NVwZ 1990, 869). Nach dieser Entscheidung umfasst der beitragsfähige Erschließungsaufwand für die erstmalige Herstellung einer Anbaustraße für den Fall, dass diese Straße in eine bestehende Bundesstraße einmündet, die von der Gemeinde zu tragenden, einmündungsbedingten Kosten einschließlich gegebenenfalls der Kosten für die Anlegung von Abbiegespuren auf der Bundesstraße. In einem solchen Fall ist die Gemeinde nämlich fernstraßenrechtlich als Baulastträgerin der hinzukommenden Straße verpflichtet, die Kosten der Einmündung in die Bundesstraße zu tragen. Zu diesen Kosten - so das Bundesverwaltungsgericht weiter - gehören alle Aufwendungen für die Durchführung derjenigen Maßnahmen an der neuen Anlage wie an der bereits zuvor bestehenden Bundesstraße, die nach den Regeln der Straßenbau- und -verkehrstechnik infolge des Hinzukommens der neuen Straße notwendig werden, damit die Einmündungsanlage unter Berücksichtigung der übersehbaren Verkehrsentwicklung den Anforderungen der Verkehrssicherheit und der Straßenbaugestaltung genügt. Davon sind auch Abbiegespuren auf der Bundesstraße umfasst, die wegen der neuen Einmündung erforderlich werden. Hier liegen die Dinge jedoch anders. Denn die B. Straße und die Straße "A." sind mehr oder weniger zeitgleich errichtet worden, und zwar auf der Grundlage der entsprechenden Festsetzungen im Bebauungsplan "Teilgebiet zwischen der Landesstraße ..., der Eisenbahnlinie und dem Hochwasserschutzdamm der Nahe" der Beklagten. Der Bau der hier abgerechneten Erschließungsanlage "A." hat also nicht etwa nachträglich dazu geführt, dass auf der B. Straße Abbiegespuren angelegt werden mussten. Diese waren vielmehr von vornherein geplant. Sie dienen ersichtlich dazu, ein Abbiegen von der B. Straße nach links in die Straße "A." zu ermöglichen, ohne den auf der B. Straße geradeaus fließenden oder rechts abbiegenden Verkehr zu behindern, etwa weil ein Linksabbieger wegen entgegen kommenden Verkehrs wartepflichtig auf der B. Straße anhalten muss. Dementsprechend können auch die auf die Abbiegespuren der B. Straße entfallenden Bauleitungskosten ungeachtet ihrer bereits erörterten Verjährung nicht als beitragsfähiger Aufwand der hier abgerechneten Erschließungsanlage "A." angesehen werden.

Demgegenüber ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte (lediglich) 945.414,28 DM als anteilige Zuwendung aus dem Strukturhilfeprogramm von den Gesamtbaukosten abgezogen hat. Dieser Betrag entspricht der nach den Bewilligungsbescheiden des Ministeriums für Wirtschaft und Verkehr vom 8. Oktober 1991 und vom 8. November 1994 bewilligten Zuweisung des Landes in Höhe von 60 % der förderfähigen Kosten für den Straßenbau. Hinsichtlich der bereits im Investitionsplan, der durch den Bewilligungsbescheid des Ministeriums für Wirtschaft und Verkehr vom 16. Oktober 1989 für verbindlich erklärt wurde, vorgesehenen Aufwendungen für Entsorgung, Versorgung und für den Grunderwerb hat die Beklagte keine anteilige Landeszuweisung berücksichtigt, weil der dafür gewährte Strukturhilfezuschuss nicht für den Straßenbau bestimmt war.

Danach sind 57.903,68 DM und 6.785,83 DM von den Gesamtbaukosten abzusetzen, so dass 2.206.091,55 DM verbleiben. Dieser Betrag ist um den zehnprozentigen Gemeindeanteil und die anteilige Strukturhilfezuwendung (945.414,28 DM) zu vermindern. Daraus ergeben sich umlagefähige Kosten in Höhe von 1.040.068,11 DM.

Dieser Betrag ist auf die Grundstücke in ihrem Bestand zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Erschließungsbeitragspflicht am 1. Januar 1999 zu verteilen. Das bedeutet, dass nicht lediglich das 21.549 m² große Flurstück 56/9 der Klägerin zu berücksichtigen ist, sondern die im Jahre 1997 entstandene Parzelle 56/5 in einer Gesamtgröße von 26.187 m². Dadurch erhöht sich die maßgebliche Geschossfläche auf 589.193,08 m². Teilt man die umlagefähigen Kosten in Höhe von 1.040.068,11 DM auf diese Geschossfläche auf, beträgt der Beitragssatz 1,765241 DM/m² (entspricht 0,902553 €/m²).

Die Heranziehung der Klägerin durch Bescheid vom 14. Februar 2002 erfolgte gemäß § 134 Abs. 1 Satz 1 BauGB zutreffend auf der Grundlage des Grundstückszuschnitts zu diesem Zeitpunkt, also ausgehend von einer Grundstücksgröße von 21.549 m² bzw. einer beitragspflichtigen Geschossfläche von 54.303,48 m². Dass der Klägerin für ihr im Geltungsbereich eines Bebauungsplans gelegenes Grundstück keine Tiefenbegrenzung zusteht, ergibt sich aus § 5 Abs. 2 EBS. Auch der erhobene Gewerbezuschlag entspricht den maßgebenden Satzungsbestimmungen des § 6 Abs. 1 EBS. Die Klägerin kann auch nicht beanspruchen, dass die von ihr für die Herstellung der Straße "N." entrichteten Beiträge bzw. Vorausleistungen im vorliegenden Zusammenhang zugute gebracht werden. Denn ihr Grundstück ist von zwei zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen erschlossen, ohne dass ihr nach § 6 Abs. 3 Satz 4 EBS für ihr Gewerbegrundstück eine Eckgrundstücksvergünstigung gewährt werden könnte. Multipliziert man die beitragspflichtige Geschossfläche mit dem Beitragssatz, ergibt sich für das Grundstück 56/9 der Klägerin ein Erschließungsbeitrag von 95.858,76 DM (entspricht 49.011,81 €).

Da die sachliche Erschließungsbeitragspflicht - wie ausgeführt - am 1. Januar 1999 entstand, wurde der angefochtene Bescheid 14. Februar 2002 innerhalb der vierjährigen Festsetzungsfrist erlassen, so dass die Beitragsforderung nicht verjährt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe i.S.d. § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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