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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 10.06.2008
Aktenzeichen: 6 C 10255/08.OVG
Rechtsgebiete: KAG, BauGB


Vorschriften:

KAG § 10a
KAG § 10a Abs. 1
KAG § 10a Abs. 5
BauGB § 154
BauGB § 154 Abs. 1
Ein Verteilungsmaßstab zur Erhebung wiederkehrender Beiträge nach § 10a KAG, der das Nutzungsmaß unter Berücksichtigung der Bebaubarkeit mit Vollgeschossen bestimmt, muss regelmäßig (auch) zwischen ein- und zweigeschossig bebaubaren Grundstücken sowie danach unterscheiden, ob lediglich Stellplätze bzw. Garagen errichtet werden dürfen oder das Grundstück nur gewerblich nutzbar ist, aber nicht bebaut werden darf. Eine nicht hinreichend differenzierende Maßstabsregelung ist nicht zu beanstanden, wenn die zu Beiträgen zu veranlagenden Grundstücke mit geringerer Nutzbarkeit nicht mehr als 10 v. H. ausmachen (im Anschluss an OVG RP, 12 A 11979/00.OVG, AS 29, 97, ESOVGRP; 6 A 10938/05.OVG, ESOVGRP).

Grundstücke im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet, die gleichzeitig innerhalb der einheitlichen öffentlichen Einrichtung sämtlicher zum Anbau bestimmter Verkehrsanlagen i. S. d. § 10a Abs. 1 KAG liegen, werden grundsätzlich zu wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Straßen außerhalb des Sanierungsgebiets veranlagt, zumal vom Gesetzgeber die rechtliche Grundlage für ihre Verschonung in § 10a Abs. 5 KAG geschaffen wurde.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 C 10255/08.OVG

In dem Normenkontrollverfahren

wegen Gültigkeit einer Satzung über die Erhebung von wiederkehrenden Straßenausbaubeiträgen (Normenkontrolle)

hat der 6. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. Juni 2008, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Hehner Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Frey Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Beuscher

für Recht erkannt:

Tenor:

§ 6 Abs. 6 der Satzung der Ortsgemeinde Daaden zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen - Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge - vom 6. Dezember 2007 ist unwirksam.

§ 7 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 2 Satz 2 der Satzung der Ortsgemeinde Daaden zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen - Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge - vom 6. Dezember 2007 sind insoweit unwirksam, als es dort heißt: "oder zu erheben sind".

§ 7 Abs. 3 der Satzung der Ortsgemeinde Daaden zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen - Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge - vom 6. Dezember 2007 ist unwirksam.

§ 13 Abs. 3 Satz 1 der Satzung der Ortsgemeinde Daaden zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen - Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge - vom 6. Dezember 2007 ist insofern unwirksam, als die Regelung unter dem Vorbehalt des § 7 Absätze 1, 2 und 3 dieser Satzung steht.

§ 13 Abs. 3 Satz 2 der Satzung der Ortsgemeinde Daaden zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen - Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge -vom 6. Dezember 2007 ist insofern unwirksam, als es am Ende dieser Regelung heißt: "oder abgelöst wurde".

Im Übrigen wird der Normenkontrollantrag abgelehnt.

Der Antragsteller und die Antragsgegnerin tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung des Antragstellers durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsteller vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Mit seinem Normenkontrollantrag wendet sich der Antragsteller als Eigentümer eines im Geltungsbereich der Satzung der Antragsgegnerin zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen - Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge - vom 6. Dezember 2007 (ABS) gelegenen Grundstücks gegen diese Satzung. Sie wurde von der Antragsgegnerin auf der Grundlage des § 10a des Kommunalabgabengesetzes vom 20. Juni 1995 in der Fassung der Änderung vom 12. Dezember 2006 - KAG - erlassen. Nach § 10a Abs. 1 KAG können die Gemeinden durch Satzung bestimmen, dass an Stelle der Erhebung einmaliger Beiträge (§ 10) die jährlichen Investitionsaufwendungen für Verkehrsanlagen nach Abzug des Gemeindeanteils als wiederkehrender Beitrag auf die beitragspflichtigen Grundstücke verteilt werden. Dabei kann in der Satzung geregelt werden, dass sämtliche zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen des gesamten Gebiets oder einzelner, voneinander abgrenzbarer Gebietsteile der Gemeinde eine einheitliche öffentliche Einrichtung bilden, für deren Ausbau vorteilbezogene Beiträge von Grundstücken erhoben werden können, welche die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs zu einer dieser Verkehrsanlagen haben. Diese Bestimmung löste die bisherigen Regelungen über die Erhebung wiederkehrender Beiträge für Verkehrsanlagen ab, die voraussetzten, dass die Verkehrsanlagen des gesamten Gebietes oder einzelner Gebietsteile der Gemeinde in einem räumlichen und funktionalen Zusammenhang standen.

Mit seinem am 13. März 2008 eingegangenen Normenkontrollantrag begehrt der Antragsteller, die ABS für nichtig zu erklären. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, es fehle bereits an einem räumlichen und funktionalen Zusammenhang der Verkehrsanlagen, die zu einer Abrechnungseinheit zusammengefasst worden seien. Das gelte insbesondere für die Straßen einerseits in Daaden und andererseits in Biersdorf; hier habe die Bildung von zwei Einheiten nahegelegen, statt sämtliche Verkehrsanlagen des Gemeindegebiets zu einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung zu machen. Rechtswidrig sei auch die Regelung der ABS über das Auf- und Abrunden der maßgeblichen Grundstücksfläche. Auch der Beitragsmaßstab sei zu kritisieren. Denn der an sich zulässige Vollgeschossmaßstab behandele ein- und zweigeschossig bebaubare Grundstücke ebenso wie Grundstücke, auf denen nur Garagen bzw. Stellplätze errichtet werden dürften oder die nur gewerblich nutzbar, nicht aber bebaubar seien. Die ABS sei außerdem hinsichtlich der Abweichung vom sogenannten Buchgrundstücksbegriff bei der Eckgrundstücksregelung und wegen der getroffenen Verschonungsregelung mit höherrangigem Recht unvereinbar.

Der Antragsteller beantragt,

festzustellen, dass die Satzung der Antragsgegnerin zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen - Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge - vom 6. Dezember 2007 unwirksam ist.

Die Antragsgegnerin tritt diesem Begehren entgegen und erwidert, die Neuregelung des § 10a KAG setze keinen räumlichen und funktionalen Zusammenhang der Verkehrsanlagen (mehr) voraus. Die Aufteilung des Gemeindegebiets in mehrere Abrechnungseinheiten sei nach der gesetzlichen Regelung des § 10a KAG die Ausnahme, von der die Antragsgegnerin angesichts der örtlichen Verhältnisse keinen Gebrauch gemacht habe, da die Ortslagen von Daaden und Biersdorf ineinander übergingen. Die Beitragsgerechtigkeit habe die gewählte Eckgrundstücksvergünstigung von Grundstücken, die zum Teil in einem Sanierungsgebiet lägen, erforderlich gemacht. Nicht zu beanstanden seien auch die Überleitungs- bzw. Verschonungsregelungen der ABS. Sie hielten sich im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des § 10 a KAG und differenzierten in hinreichendem Umfang nach den erbrachten "Vorleistungen" der Beitragspflichtigen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Der rechtzeitig innerhalb der Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - gestellte und auch im Übrigen zulässige Normenkontrollantrag ist nur teilweise begründet.

Der Antrag hat insoweit Erfolg, als § 6 Abs. 6, § 7 Abs. 1 Satz 2, § 7 Abs. 2 Satz 2, § 7 Abs. 3 und § 13 Abs. 3 ABS gegen das Kommunalabgabengesetz - KAG -verstoßen (unten 4., 5., 6., 8. und 9); im Übrigen sind die Bestimmungen der ABS mit höherrangigem Recht vereinbar (unten 1., 2., 3. und 7). Da die rechtswidrigen Satzungsvorschriften lediglich eine Rundungsregelung (§ 6 Abs. 6 ABS), Teile der Eckgrundstücksermäßigung (§ 7 Abs. 1 Satz 2 ABS, § 7 Abs. 2 Satz 2 ABS) bzw. Einzelheiten der Heranziehung bzw. Verschonung von Grundstücken in Sanierungsgebieten enthalten (§§ 7 Abs. 3, 13 Abs. 3 ABS), führt ihre Unwirksamkeit nicht zur Gesamtnichtigkeit der ABS. Nur wenn die übrigen Satzungsregelungen ohne die beanstandeten vom Satzungsgeber nicht getroffen worden wären oder aber durch die Beanstandung bedeutungslos würden, müsste die ABS insgesamt als nichtig angesehen werden (vgl. OVG R-P, 6 C 10292/01.OVG, ESOVGRP).

1.

Der Senat hält an seiner im Urteil vom 20. November 2007 (6 C 10601/07.OVG, AS 35, 209, DVBl 2008, 135, ESOVGRP) ausführlich begründeten Auffassung fest, dass durchschlagende Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung des § 10a KAG nicht bestehen, insbesondere weil der Gesetzgeber dem § 10a KAG einen neuen Anlagen- und Vorteilsbegriff zugrunde gelegt hat, der vom bisherigen in wesentlicher Hinsicht abweicht und nicht mehr vom Vorliegen eines räumlichen und funktionalen Zusammenhangs der Verkehrsanlagen in der Abrechnungseinheit abhängt.

2.

Die Bildung einer einzigen Abrechnungseinheit aus sämtlichen zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen des Gemeindegebiets durch § 3 Abs. 1 ABS steht mit § 10a KAG im Einklang. § 10a Abs. 1 Satz 2 KAG erlaubt der Gemeinde darüber hinaus in Wahrnehmung ihres Selbstverwaltungsrechts unter Beachtung der örtlichen Gegebenheiten (§ 10a Abs. 1 Satz 3 KAG) eine Satzungsregelung, mit der sämtliche zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen einzelner, voneinander abgrenzbarer Gebietsteile der Gemeinde zu einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung verbunden werden können. Der Gesetzgeber, der den Gemeinden schon mit Rücksicht auf deren Selbstverwaltungsrecht einen Spielraum bei der Bildung kommunaler öffentlicher Einrichtungen einräumen durfte (vgl. BVerwG, 11 CN 1/00, NVwZ 2001, 689; BVerwG, 10 C 3/04, NVwZ 2005, 332), hat diese Möglichkeit der Aufteilung des Gemeindegebiets als Ausnahme von der Regel ausgestaltet und wollte damit besonderen örtlichen Gegebenheiten Rechnung tragen (LTDrucks. 15/318, S 8). Da die Antragsgegnerin von dieser Ausnahmebestimmung keinen Gebrauch gemacht hat, musste sie ihre Entscheidung, nur eine einzige Abrechnungseinheit aus sämtlichen zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen des Gemeindegebiets zu bilden, also ihre Entscheidung für den "Normalfall", nicht gesondert begründen. Nach § 10a Abs. 1 Satz 4 KAG bedarf lediglich die "Aufteilung" des gesamten Gemeindegebiets in mehrere öffentliche Einrichtungen einer weitergehenden Begründung, die der Satzung beizufügen ist (§ 10a Abs. 1 Satz 5 KAG). Ungeachtet dessen hat die Antragsgegnerin überzeugend dargelegt, dass die Ortslagen von Daaden und Biersdorf gleichsam "zusammengewachsen" seien, so dass es unter räumlich-tatsächlichen Gesichtspunkten (vgl. OVG R-P, 6 C 10601/07.OVG, AS 35, 209, DVBl 2008, 135, ESOVGRP) keine Veranlassung zur Bildung mehrerer öffentlicher Einrichtungen bzw. Abrechnungseinheiten gab.

3.

Der Beitragsmaßstab des § 6 Abs. 1 ABS ist mit dem Vorteilsprinzip, das in § 7 Abs. 2 KAG für die Beitragserhebung allgemein und in § 10 a Abs. 1 Satz 2 KAG speziell für wiederkehrende Verkehrsanlagen-Beiträge normiert ist, vereinbar.

Dieser Maßstab des § 6 Abs. 1 ABS, der von der Grundstücksfläche ausgeht und diese mit Zuschlägen für Vollgeschosse versieht, bestimmt das unterschiedliche Nutzungsmaß unter Berücksichtigung der Bebaubarkeit mit Vollgeschossen und ist damit im Beitragsrecht grundsätzlich vorteilsgerecht (vgl. OVG R-P, 6 A 11252/01.OVG, KStZ 2002, 157, ESOVGRP; 6 A 10938/05.OVG, ESOVGRP). Die Gleichbehandlung aller bis zu zweigeschossig bebaubaren Grundstücke, also die zweigeschossig bebaubaren Grundstücke, die eingeschossig bebaubaren Grundstücke, die nur mit einer Garage bzw. einem Stellplatz bebaubaren Grundstücke und die Grundstücke, die nur gewerblich nutzbar, aber nicht bebaubar sind, differenziert zwar nicht hinreichend nach den ersichtlich unterschiedlichen Vorteilen, die diese Grundstücke von der Zugänglichkeit zu einer Verkehrsanlage innerhalb der Abrechnungseinheit haben. Nach der Rechtsprechung des Senats (6 A 10938/05.OVG, ESOVGRP) muss der Beitragsmaßstab grundsätzlich (auch) zwischen ein- und zweigeschossig bebaubaren Grundstücken unterscheiden. Darüber hinaus hat der Senat (6 A 11252/01.OVG, KStZ 2002, 157, ESOVGRP) entschieden, dass die wahrscheinliche Inanspruchnahme einer Verkehrsanlage von Grundstücken aus, die gewerblich und damit beitragsrechtlich relevant nutzbar sind, aber nicht bebaut werden können, bei typisierender Betrachtungsweise geringer ist als von Grundstücken aus, auf denen eine zweigeschossige Bebauung zulässig ist. Diese Wertung des Senats, an der festgehalten wird, lässt sich auf lediglich mit einer Garage bzw. einem Stellplatz bebaubare Grundstücke ausdehnen. Denn diese Grundstücke bieten - anders als qualifiziert ein- oder zweigeschossig bebaubare Grundstücke - im Allgemeinen nicht die Möglichkeit, dass sich Menschen auf dem Grundstück regelmäßig und für längere Zeit zum Wohnen, Arbeiten oder Einkaufen aufhalten. Solche Nutzungen vergrößern aber den Umfang möglicher Inanspruchnahme einer Verkehrsanlage von Grundstücken aus.

Allerdings ist diese nicht hinreichend differenzierende Maßstabsregelung des § 6 Abs. 1 Satz 1 ABS nicht zu beanstanden, weil die zu Beiträgen zu veranlagenden Grundstücke, auf denen nur eine eingeschossige Bebauung oder nur Garagen bzw. Stellplätze oder nur eine gewerbliche Nutzung zulässig sind, zahlenmäßig nicht ins Gewicht fallen (vgl. OVG R-P, 6 A 10938/05.OVG, ESOVGRP). Die im Abgabenrecht aus Gründen der Praktikabilität allgemein eröffnete Möglichkeit, bei der Bemessung einer Abgabe zu typisieren und pauschalieren, lässt auch die Anwendung von Beitragsmaßstäben zu, die nicht in allen Anwendungsfällen eine den abgabenrechtlichen Anforderungen entsprechende Bemessung der jeweiligen Abgabe gewährleisten, wenn die Zahl dieser Fälle gering ist, was angenommen werden kann, wenn sie nicht mehr als 10 v.H. ausmachen (OVG R-P, 12 A 11979/00.OVG, AS 29, 97, ESOVGRP; 6 C 10601/07.OVG, AS 35, 209, DVBl 2008, 135, ESOVGRP). So liegen die Dinge hier nach der zu der Gerichtsakte gereichten Aufstellung der Antragsgegnerin. Danach stehen 1.834 zweigeschossig bebaubaren Grundstücken lediglich 12 Grundstücke mit eingeschossiger Bebaubarkeit und 46 Parkplatz- und Stellplatzgrundstücke gegenüber. Grundstücke, die nicht bebaubar, aber gewerblich nutzbar sind, finden sich nach dieser Aufstellung im Gebiet der Antragsgegnerin nicht. Innerhalb der nach § 6 Abs. 1 Satz 2 ABS zuschlagfreien Grundstücke "bis zu zwei Vollgeschossen" beträgt der Anteil der weniger als zweigeschossig bebaubaren Grundstücke ca. 3 v.H. (58 von 1.892), so dass aus Gründen der Veranlagungsvereinfachung insoweit "pauschaliert" werden durfte.

Sprachlich missglückt ist § 6 Abs. 1 ABS gleichwohl. § 6 Abs. 1 Satz 2 ABS bestimmt, dass für "unbebaute und bebaute Grundstücke bis zu zwei Vollgeschossen" kein Zuschlag für Vollgeschosse erhoben wird. Nach § 6 Abs. 1 Satz 3 ABS erfolgt bei Grundstücken mit drei oder mehr Vollgeschossen die Berechnung des Zuschlags erst ab dem dritten Vollgeschoss. Diese Formulierungen deuten zunächst darauf hin, nicht die Nutzbarkeit, also die zulässige Nutzung, sondern die tatsächliche Bebauung sei entscheidend für die Berechnung des Zuschlags. § 6 Abs. 3 ABS sorgt allerdings in diesem Zusammenhang für die nötige Klarheit, indem er "die Zahl der Vollgeschosse nach Abs. 1" als die höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse bzw., soweit es an einer solchen Festlegung fehlt, andere Kriterien bestimmt, die auf die zulässige Nutzung schließen lassen. Zum besseren und rascheren Verständnis sollte die Antragsgegnerin die Wortwahl des § 6 Abs. 3 ABS auch in § 6 Abs. 1 ABS verwenden.

4.

Mangels hinreichender gesetzlicher Grundlage kann die Bestimmung des § 6 Abs. 6 ABS keinen Bestand haben, wonach Bruchzahlen, die sich bei der Ermittlung der errechneten, der Beitragsveranlagung zugrunde zu legenden Fläche ergeben, auf volle Zahlen auf- und abgerundet werden. Dass eine solche Regelung weder auf § 2 Abs. 1 KAG noch auf eine andere Vorschrift des Kommunalabgabengesetzes gestützt werden kann, hat der Senat im Urteil vom 20. November 2007 (6 C 10601/07.OVG, AS 35, 209, DVBl 2008, 135, ESOVGRP) bereits entschieden, an dem festgehalten wird.

5.

Ebenfalls zu beanstanden sind die Regelungen der § 7 Abs. 1 ABS und § 7 Abs. 2 ABS.

Widersprüchlich ist bereits, dass in § 7 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 ABS von "Abrechnungseinheiten" die Rede ist, obwohl durch § 3 Abs. 1 ABS nur eine einzige gebildet wird, nämlich die einheitliche öffentliche Einrichtung sämtlicher zum Anbau bestimmter Verkehrsanlagen. Die Vorschriften des § 7 Abs. 1 Satz 1 ABS und des § 7 Abs. 2 Satz 1 ABS, die eine sogenannte Eckgrundstücksvergünstigung für Grundstücke enthalten, die zu zwei bzw. zu mehr als zwei "Abrechnungseinheiten nach dieser Satzung Zufahrt oder Zugang nehmen können", laufen ins Leere, weil es solche Grundstücke nach § 3 Abs. 1 ABS nicht gibt. Weil aber § 7 Abs. 1 Satz 2 ABS und § 7 Abs. 2 Satz 2 ABS die entsprechende Anwendung der Vergünstigungen für andere mehrfach erschlossene Grundstücke gewähren, sind die Regelungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 ABS und des § 7 Abs. 2 Satz 1 ABS nicht überflüssig und verzichtbar, weil nur ihnen die Maßstäbe der Vergünstigungen entnommen werden können. Ebenfalls ohne Anwendungsbereich ist die Bestimmung des § 7 Abs. 4 ABS, die das Vorliegen "unterschiedlicher Abrechnungseinheiten" voraussetzt. Der Antragsgegnerin ist jedoch im Interesse der Normenklarheit dringend zu empfehlen, diese textlichen Unzulänglichkeiten zu bereinigen.

Unwirksam sind allerdings die Regelungen der § 7 Abs. 1 Satz 2 ABS und § 7 Abs. 2 Satz 2 ABS insoweit, als es dort heißt: "oder zu erheben sind". Diese Bestimmungen gewähren Eckgrundstücksvergünstigungen für Grundstücke, die zur einheitlichen öffentlichen Einrichtung sämtlicher zum Anbau bestimmter Verkehrsanlagen und zu einer bzw. zu mehreren Erschließungsanlagen i.S.d. § 127 Abs. 2 Nr. 1 des Baugesetzbuchs - BauGB - Zufahrt oder Zugang nehmen können und "für die Erschließungsbeiträge nach dem BauGB erhoben wurden oder zu erheben sind". Die Vergünstigung gilt ausdrücklich "innerhalb des Befreiungszeitraums nach § 13 dieser Satzung", der allerdings erst mit der Festsetzung des Beitrags beginnt (§ 13 Abs. 1 Satz 3 ABS). Innerhalb des Befreiungszeitraums nach § 13 ABS können deshalb Erschließungsbeiträge nicht "zu erheben" sein. Die Formulierung "oder zu erheben sind" steht damit im Widerspruch zu § 13 Abs. 1 ABS.

6.

Durchgreifenden Bedenken begegnet auch die Bestimmung des § 7 Abs. 3 ABS, wonach für Grundstücke, die sowohl Zugang zu einer Verkehrsanlage der Abrechnungseinheit haben als auch in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet liegen, bei der Ermittlung des Beitragssatzes und der Beitragsveranlagung nur der Teil der Grundstücksfläche angesetzt wird, der sich außerhalb des förmlich festgelegten Sanierungsgebiets befindet. Damit hat die Antragsgegnerin Grundstücke, die sowohl Zugang zu einer Verkehrsanlage der Abrechnungseinheit, also zur einheitlichen öffentlichen Einrichtung sämtlicher zum Anbau bestimmter Verkehrsanlagen, haben als auch mit einem Teil ihrer Fläche in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet liegen, in einer mit Sachgründen nicht zu rechtfertigenden Weise gegenüber solchen Grundstücken privilegiert, die vollständig in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet liegen. Denn letztere werden regelmäßig mit ihrer Gesamtfläche zu wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen außerhalb des Sanierungsgebiets herangezogen. Der Ausschluss der Erhebung auch wiederkehrender Beiträge in § 154 Abs. 1 Satz 3 BauGB gilt nach dem Wortlaut der Vorschrift für Ausbaumaßnahmen "im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet". Die Privilegierung des § 154 Abs. 1 Satz 3 BauGB bezweckt (nur), eine Doppelbelastung der Eigentümer von Grundstücken im Sanierungsgebiet zu vermeiden, die sich aus einer Beitragserhebung und einer Heranziehung zu Ausgleichsbeträgen für ein und dieselbe Maßnahme ergeben würde (vgl. BVerwG, 8 C 40/83, BVerwGE 68, 130 unter Hinweis auf Bundestags-Drucks. VI/510, S. 30). Grundstücke im Sanierungsgebiet sind danach beitragspflichtig für alle Maßnahmen an Straßen der Abrechnungseinheit, sofern die Maßnahmen nicht zu einer Erhöhung des Bodenwerts im Sanierungsgebiet führen, die gemäß § 154 Abs. 1 Satz 1 BauGB als Ausgleichsbetrag abgeschöpft wird (vgl. OVG R-P, 6 A 10656/05.OVG, AS 32, 312, KStZ 2005, 232, ESOVGRP). Das bedeutet, dass Grundstücke im Sanierungsgebiet, die gleichzeitig innerhalb der einheitlichen öffentlichen Einrichtung sämtlicher zum Anbau bestimmter Verkehrsanlagen i.S.d. § 10a Abs. 1 KAG liegen, grundsätzlich zu wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Straßen außerhalb des Sanierungsgebiets veranlagt werden.

Soweit der Senat im Verfahren 6 A 10656/05.OVG (AS 32, 312, KStZ 2005, 232, ESOVGRP) entschieden hat, ein förmlich festgelegtes Sanierungsgebiet könne nicht Teil einer Abrechnungseinheit zur Erhebung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge sein, lag dem die Schlechterstellung der Grundstücke im Sanierungsgebiet gegenüber den außerhalb des Sanierungsgebiets liegenden übrigen Grundstücken der Abrechnungseinheit nach dem früheren Recht zugrunde. Dieser Ungleichbehandlung konnte weder durch eine satzungsrechtliche Verschonung der Grundstücke im Sanierungsgebiet noch durch Abschnittsbildung abgeholfen werden. Für die Verschonung der Grundstücke im Sanierungsgebiet von wiederkehrenden Beiträgen fehlte seinerzeit die rechtliche Grundlage, die nunmehr vom Gesetzgeber in § 10a Abs. 5 KAG geschaffen wurde.

Falls die Antragsgegnerin im Rahmen einer Überarbeitung der ABS eine Vergünstigung für auch durch die Abrechnungseinheit erschlossene Grundstücke in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet treffen möchte, bietet sich eine Regelung an, die derjenigen für Eckgrundstücke an einer Erschließungsanlage mit den oben unter 5. aufgezeigten Modifizierungen entspricht.

7.

Die Übergangsregelung des § 13 Abs. 1 ABS, die Grundstücke, für die Erschließungsbeiträge oder Ausbaubeiträge entstanden und festgesetzt sind, vom wiederkehrenden Beitrag für im einzelnen geregelte Zeiträume "verschont", setzt die gesetzliche Ermächtigung des § 10a Abs. 5 KAG in nicht zu beanstandender Weise um.

Nach § 10a Abs. 5 Satz 4 KAG sollen bei der Bestimmung des Verschonungszeitraums die übliche Nutzungsdauer der Verkehrsanlagen und der Umfang der einmaligen Belastung berücksichtigt werden. Dies ist von der Antragsgegnerin beachtet worden. § 13 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) bis d) ABS differenziert - ausgehend von der üblichen Nutzungsdauer - dadurch (auch) nach dem Umfang der einmaligen Belastung, dass unterschiedlich lange Verschonungszeiträume für die einzelnen dort bezeichneten und unterschiedlich aufwändigen Maßnahmen festgelegt werden. Der vom Gesetzgeber den Gemeinden insoweit eingeräumte Spielraum (vgl. auch Begründung zum Gesetzentwurf, Landtags-Drucks. 15/318, S. 9) und das Gebot der Abgabengleichheit erfordern eine weitere Differenzierung, wie sie der Antragsteller befürwortet, nicht.

Einen ähnlichen Spielraum der Gemeinden eröffnet auch § 10a Abs. 5 Satz 3 KAG, wonach die Überleitungsregelungen vorsehen sollen, dass die betroffenen Grundstücke für einen Zeitraum von höchstens 20 Jahren "seit der Entstehung des Beitragsanspruchs" bei der Ermittlung des wiederkehrenden Beitrags nicht berücksichtigt und auch nicht beitragspflichtig werden. Angesichts dieses Spielraums kann nicht beanstandet werden, dass § 13 Abs. 1 Satz 3 ABS die Verschonungsfrist nicht schon zu dem Zeitpunkt beginnen lässt, in dem die Erschließungs- bzw. Ausbaubeiträge entstanden sind, sondern zusätzlich voraussetzt, dass der Beitrag festgesetzt wurde.

Für den Fall der Erschließung aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Erschließungsvertrags durfte als Zeitpunkt des Beginns der Verschonungsfrist durch § 13 Abs. 2 ABS die erfolgte Prüfung der Abrechnung der vertraglichen Leistung bestimmt werden, weil die Antragsgegnerin Erschließungsverträge nur mit einzelnen Grundstückseigentümern abgeschlossen hat und nur insoweit ein Regelungsbedürfnis besteht.

8.

Als im Ergebnis teilunwirksam erweist sich jedoch § 13 Abs. 3 ABS, der Grundstücke in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet, in dem Ausgleichsbeträge erhoben werden, für 20 Jahre vom wiederkehrenden Beitrag verschont. Eine solche Regelung, für die bisher die rechtliche Grundlage fehlte (vgl. OVG R-P, 6 A 10656/05.OVG, AS 32, 312, KStZ 2005, 232, ESOVGRP), ist durch § 10a Abs. 5 Sätze 1 und 3 KAG zwar ausdrücklich zugelassen. Dabei ist - wegen des unter 7. bereits erwähnten Spielraums - die nicht nach der Höhe der Sanierungsbeträge differenzierte Verschonung von 20 Jahren für Grundstücke in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet unbedenklich, zumal es sich bei einer Sanierung - gemessen an der Differenzierung durch § 13 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) bis d) ABS - regelmäßig um einen "Vollausbau" sämtlicher Teileinrichtungen der Straße handelt.

Allerdings ist § 13 Abs. 3 Satz 1 ABS insofern unwirksam, als die Regelung unter dem Vorbehalt des § 7 Absätze 1, 2 und 3 ABS steht. Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 ABS werden Grundstücke "vorbehaltlich § 7 Absätze 1, 2 und 3 dieser Satzung" erstmals nach 20 Jahren bei der Ermittlung des wiederkehrenden Beitrags berücksichtigt und beitragspflichtig. Der Vorbehalt zu Gunsten des § 7 Abs. 3 ABS geht ins Leere, da diese Bestimmung unwirksam ist (vgl. oben 6.). Soweit die Bestimmung des § 13 Abs. 3 Satz 1 ABS auch vorbehaltlich § 7 Absätze 1 und 2 ABS gelten soll, beinhalten diese keine Regelung(en) für Grundstücke in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet, die mehrfach erschlossen sind.

9.

Dem Antragsteller ist auch insoweit beizupflichten, als er § 13 Abs. 3 Satz 2 ABS hinsichtlich der Formulierung kritisiert, die Übergangsregelung beginne zu dem Zeitpunkt, in dem Ausgleichsbeträge "entstanden sind und der Betrag festgesetzt oder abgelöst wurde". Denn nach § 154 Abs. 3 Satz 2 BauGB kann die Gemeinde die Ablösung im ganzen vor Abschluss der Sanierung zulassen, also vor Entstehen der Ausgleichbetragspflicht. § 13 Abs. 3 Satz 2 ABS könnte deshalb nur vorsehen, dass die Übergangsregelung zu dem Zeitpunkt beginnt, in dem Ausgleichsbeträge entweder abgelöst wurden oder aber entstanden sind (und der Betrag festgesetzt wurde). § 13 Abs. 3 Satz 2 ABS ist mithin insofern unwirksam, als es am Ende dieser Regelung heißt: "oder abgelöst wurde".

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000 € festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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