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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 06.04.2006
Aktenzeichen: 6 D 10151/06.OVG
Rechtsgebiete: HSchulG, VergVOZVS, StPVVO, KapVO, HLehrVO


Vorschriften:

HSchulG § 67
HSchulG § 67 Abs. 1
HSchulG § 67 Abs. 1 Satz 3
VergVOZVS § 6
VergVOZVS § 6 Abs. 1
VergVOZVS § 6 Abs. 1 Nr. 1
StPVVO § 19
KapVO § 10
HLehrVO § 4
Auf die festgesetzte Kapazität sind auch die Zulassungen von Studierenden anzurechnen, die in einem Fach, das ins zentrale Vergabeverfahren einbezogen ist, als ihrem zweiten Studiengang eingeschrieben sind; dies gilt allerdings nur, sofern ihr erster Studiengang nicht zulassungsbeschränkt ist.

Zur Frage, ob ein Studierender, der im Rahmen des zentralen Vergabeverfahrens einen Studienplatz für das erste Fachsemester im Studiengang Medizin erhalten hat, mit Rücksicht auf Studienleistungen, die er in einem anderen Studiengang erbracht hat, in ein höheres Fachsemester eingestuft werden darf, obwohl die Vergabe von Studienplätzen der Humanmedizin für ein höheres Fachsemester völlig anderen rechtlichen Regelungen unterliegt als die Zulassung für das erste Fachsemester.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ BESCHLUSS

6 D 10151/06.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Zulassung zum Studium der Medizin

hier: einstweilige Anordnung

hat der 6. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 6. April 2006, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Hehner Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Frey Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Beuscher

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz vom 17. Januar 2006 - 15 M 668/05.MZ - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2500,- € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die mit ihr dargelegten Gründe, auf die sich gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - die Prüfung beschränkt, führen nicht zu einem von dem angefochtenen Beschluss abweichenden Ergebnis. Der Antragsteller kann im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Zuweisung eines Studienplatzes weder innerhalb (1.) noch außerhalb (2.) der festgesetzten Kapazität verlangen.

1. Soweit mit der Beschwerde gerügt wird, die Antragsgegnerin habe im Wintersemester 2005/2006 weniger Studienanfänger der Humanmedizin eingeschrieben als 192, also weniger als mit der Hochschul-Zulassungszahl-Verordnung II/2005 festgesetzt wurden, ist die Antragsgegnerin dem mit ihrem Schriftsatz vom 30. März 2006 sowie der diesem beigefügten Immatrikulationsliste entgegen getreten. Danach beträgt die tatsächliche Belegung des 1. Fachsemesters Medizin 192 Studierende. Darunter befinden sich zwei Studierende, die aufgrund von Entscheidungen des VG Mainz eingeschrieben wurden. Von den übrigen 190 Studienanfängern studieren 188 Personen Medizin im A-Fach, also als ersten Studiengang, und zwei Studierende im D-Fach, nämlich neben einem Physikstudium bzw. neben einem Studium der Filmwissenschaft in jeweils nicht (mehr) zulassungsbeschränktem Semester (a). Dreizehn von 192 Studienplätzen sind mit ausländischen Staatsangehörigen oder staatenlosen Bewerbern i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1 VergabeverordnungZVS - VergVOZVS - besetzt (b). Etliche Studienanfänger der Humanmedizin waren bereits vor dem Wintersemester 2005/2006 bei der Antragsgegnerin immatrikuliert (c). Sämtliche dieser Zulassungen sind auf die festgesetzte Kapazität anzurechnen, weil sie nicht ohne die erforderliche Rechtsgrundlage erfolgt sind, deren sie als Eingriffe in die grundrechtlich geschützte Rechtssphäre der nicht zugelassenen Studienbewerber bedürfen (OVG RP, B. v. 27.09.2005 - 6 D 11152/05.OVG - ESOVGRP, juris.de). Damit sind alle innerhalb der festgesetzten Kapazität verfügbaren Studienplätze besetzt.

a) Der Kapazitätswirksamkeit der beiden Zulassungen im D-Fach kann nicht die Bestimmung des § 67 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 Hochschulgesetz - HSchulG - entgegen gehalten werden, wonach die Einschreibung für mehr als einen Studiengang nur zulässig ist, wenn das gleichzeitige Studium in den verschiedenen Studiengängen für eine angestrebte berufliche Qualifikation oder aus wissenschaftlichen oder künstlerischen Gründen zwingend erforderlich ist. Diese Einschränkung kann vor dem Hintergrund der durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz gewährleisteten Freiheit der Wahl der Ausbildungsstätte nur gelten, wenn beide Studiengänge, die gleichzeitig (parallel) absolviert werden sollen, zulassungsbeschränkt sind (vgl. hierzu OVG RP, B. v. 23.03.1987, KMK-HSchR 1987, 682). Dies folgt auch aus § 67 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 HSchulG, der bestimmt, dass sich die Einschreibung nach dem Zulassungsbescheid richtet, soweit Zulassungszahlen festgesetzt sind. Der Zusammenhang dieser beiden Halbsätze des § 67 Abs. 1 Satz 3 HSchulG lässt deutlich werden, dass die in § 67 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 HSchulG normierte Beschränkung einer Einschreibung nur für den in § 67 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 HSchulG geregelten Fall von Zulassungsbeschränkungen Anwendung findet.

b) Aus der vorgelegten Immatrikulationsliste ergibt sich des Weiteren, dass auch die in § 6 Abs. 1 Nr. 1 VergVOZVS festgelegte Quote von 8% für die Zulassung von ausländischen Staatsangehörigen oder Staatenlosen nicht überschritten ist. Dieser Quote entsprechen 15 Studienplätze. Nur 13 von 192 Studienplätzen sind mit Bewerbern i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1 VergVOZVS besetzt. Soweit die Beschwerde zu der unterschiedlichen zahlenmäßigen Repräsentanz der vertretenen Herkunftsländer Ausführungen macht, sind sie schon deshalb ohne jede rechtliche Bedeutung, weil dadurch Rechte des Antragstellers nicht verletzt sein können.

c) Zum Erfolg verhilft der Beschwerde auch nicht der Hinweis, etliche Studienanfänger der Humanmedizin seien bereits vor dem Wintersemester 2005/2006 bei der Antragsgegnerin immatrikuliert gewesen, so dass zumindest einige "aufgrund anrechenbarer Studienleistungen und entsprechend ihres Antrages höhergestuft" sein dürften. Diese Vermutung entbehrt der tatsächlichen Grundlage. Der Mitteilung des Leiters des Studierendensekretariats der Antragsgegnerin zufolge ist kein einziger der in der Immatrikulationsliste aufgeführten, vor dem 1. Oktober 2005 eingeschriebenen Studierenden aufgrund der Anrechnung anderweitig erbrachter Studienleistungen in ein höheres Fachsemester eingestuft worden; vielmehr seien alle für das Sommersemester 2006 im 2. Fachsemester Medizin zurückgemeldet.

Angesichts dessen muss nicht entschieden werden, ob ein Studierender, der im Rahmen des zentralen Vergabeverfahrens (§ 1 VergVOZVS) einen Studienplatz für das erste Fachsemester im Studiengang Medizin erhalten hat, mit Rücksicht auf Studienleistungen, die er in einem anderen Studiengang erbracht hat, in ein höheres Fachsemester eingestuft werden könnte. Es darf allerdings nicht übersehen werden, dass die Vergabe von Studienplätzen des ersten Fachsemesters der Humanmedizin bei der Antragsgegnerin völlig anderen rechtlichen Regelungen unterliegt als die Zulassung für ein höheres Fachsemester. Zwar sind auch die Studienplätze höherer Fachsemester im Studiengang Humanmedizin zulassungsbeschränkt; sie werden aber auf der Grundlage des § 19 Studienplatzvergabeverordnung - StPVVO - bewirtschaftet, der die Regelungen der §§ 1 bis 7, 8a, 9 sowie 13 bis 18 StPVVO für entsprechend anwendbar erklärt. Freie Studienplätze werden demgemäß nur auf entsprechenden, fristgemäß gestellten Antrag (§ 2 StPVVO), unter Berücksichtigung bestimmter Quoten (§§ 5, 6 StPVVO) und Härtegesichtspunkte (§ 9 StPVVO) nach der Qualifikation (§ 7 StPVVO) vergeben. Diese Bestimmungen würden unterlaufen, wenn auf dem Weg der Anrechnung anderweitig erbrachter Studienleistungen "Quereinsteiger" aus dem ersten Fachsemester noch während dieses Semesters, für das sie im zentralen Vergabeverfahren nach der VergVOZVS zugelassen wurden, "höhergestuft" werden könnten.

2. Auch mit ihren Einwänden gegen die Kapazitätsermittlung dringt die Beschwerde nicht durch.

a) Das Verwaltungsgericht hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (B. v. 11.03.2005 - 6 D 10132/05.OVG -, ESOVGRP) die Lehrveranstaltungen nebenberuflich an der Universität tätiger habilitierter Wissenschaftler, denen die Lehrbefugnis (venia legendi) verliehen wurde (insbesondere Privatdozenten und außerplanmäßige Professoren), nicht als Lehrauftragsstunden i.S.d. § 10 Kapazitätsverordnung - KapVO - in die Kapazitätsermittlung einbezogen. Die Beschwerde missversteht diese Entscheidung und den angefochtenen Beschluss, wenn sie - unter Hinweis auf die Diskussion um die Berücksichtigung von im Berechnungszeitraum oder später wegfallenden Stellen - meint, diese Rechtsprechung beziehe sich auf habilitierte Inhaber einer Stelle. In dem Beschluss des Senats vom 11. März 2005 heißt es u.a.:

"Da es sich dabei um nebenberuflich wissenschaftlich Tätige handelt, die keine "Stelle" innehaben, wird ihre Pflicht zur Lehre nicht von der Landesverordnung über die Lehrverpflichtung an den Hochschulen - HLehrVO - erfasst (vgl. § 47 HochSchG, § 1 HLehrVO, § 8 Abs. 1 KapVO). Ihre Lehrveranstaltungen könnten daher allenfalls als Lehrauftragsstunden i.S.d. § 10 KapVO in die Kapazitätsermittlung einbezogen werden. Das setzte voraus, dass die sich aus der Verleihung der Lehrbefugnis ergebende Lehrverpflichtung eine plan- und berechenbare Größe darstellte, die einigermaßen kontinuierlich und inhaltlich hinreichend konkretisiert zu erfüllen ist. Davon kann indessen nicht gesprochen werden. Die Inhaber der venia legendi haben das Recht, Lehrveranstaltungen auf denjenigen Gebieten abzuhalten, für die ihnen die Lehrbefugnis erteilt worden ist; an Vorgaben der Studienordnungen oder an die Verteilung der Pflichtlehrveranstaltungen auf die übrigen Lehrpersonen sind sie nicht gebunden (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juni 1994, DVBl. 1994, 1359 = DÖV 1995, 112; Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 3. Aufl. 2004, Rz 800). Ohne dass ihnen ein Lehrauftrag erteilt wird, haben sie weder eine dienstrechtliche Verpflichtung, überhaupt eine bestimmte Veranstaltung abzuhalten, noch die Pflicht, dies in jedem Semester oder sonst wie regelmäßig zu tun. Das Bundesverwaltungsgericht spricht deshalb lediglich von einer Obliegenheit (Urteil vom 22. Juni 1994, a.a.O.). Der Senat hält diese "Titellehre" für vergleichbar mit den freiwilligen und unentgeltlichen Lehrleistungen des Personals außeruniversitärer Forschungseinrichtungen, die gemäß § 10 Satz 3 KapVO bei der Kapazitätsermittlung unberücksichtigt bleiben. Dieser Auffassung steht das Kapazitätserschöpfungsgebot nicht entgegen. Denn es bezieht sich (lediglich) auf die mit öffentlichen Mitteln geschaffene Ausbildungskapazität (vgl. BVerfG, Entscheidung vom 18. Juli 1972, BVerfGE 33, 303 (338 ff.) = NJW 1972, 1561; Urteil vom 8. Februar 1977, BVerfGE 43, 291 (325 ff.); Beschluss vom 3. Juni 1980, BVerfGE 54, 173 (191), Beschluss vom 8. Februar 1984, BVerfGE 66, 155 = DVBl 1984, 556 = NVwZ 1984, 571). Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 23. Juli 1987, NVwZ 1989, 360 = DVBl 1988, 393) entschieden, dass das Kapazitätserschöpfungsgebot dem Kapazitätsnormgeber freistellt, wie er sein Regelungsermessen in der Frage betätigt, ob und wieweit im Pflichtlehrbereich erbrachte Titellehre in die Lehrangebotsberechnung eingehen soll."

Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass ein auf die Ausschöpfung der vorhandenen Ausbildungsressourcen zielender Normgeber gute Gründe haben kann, die Titellehre im Pflichtlehrbereich anders zu behandeln als die von Lehrbeauftragten erbrachte Lehre (a.A. Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl. 2003, § 10 KapVO, Rzn 9 f.; Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht, 2003, Rz 174 ff. m.w.N.). Dem kann die Auffassung des früher für das Hochschulzulassungsrecht zuständigen 1. Senats des Oberverwaltungsgerichts (B. v. 31.10.1983 - NC 1 B 772/82), wonach auch unentgeltlich erbrachte Lehrleistungen im Bereich der Pflichtlehre in die Kapazitätsberechnung einzubeziehen sind, schon deshalb nicht entgegen gehalten werden, weil seinerzeit die bereits erwähnte Regelung des § 10 Satz 3 KapVO über die freiwilligen und unentgeltlichen Lehrleistungen außeruniversitärer Forscher noch nicht bestand.

Diese Erwägungen ändern nichts an der Regelung des § 4 HLehrVO, wonach die Lehrverpflichtung eines angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiters in ihrem sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenden Umfang in die Kapazitätsberechnung einzubeziehen ist, und zwar auch dann, wenn dieser habilitiert ist und mit Rücksicht darauf eine weitergehende Rechts- und Pflichtenstellung innehat.

b) Bei der Berechnung des Lehrangebots ist auch nicht - wie die Beschwerde meint - von unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen auszugehen, soweit die abgeschlossenen Verträge "auf die Übergangsbestimmung des § 57 f Abs. 2 HRG in der Zeit zwischen dem 08.08.2002 und dem 30.12.2004 gestützt sind". Das Verwaltungsgericht hat vielmehr zutreffend entschieden, dass eine Erhöhung des Lehrdeputats nicht wegen Unwirksamkeit der Befristungen von Arbeitsverträgen mit wissenschaftlichen Mitarbeitern vorzunehmen ist, und sich dabei auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. Februar 2005 (NZA-RR 2005, 444) bezogen. In dieser Entscheidung hat das LAG u.a. ausgeführt:

"Die in Streit stehende Vertragsbefristung ist durch den Rechtsgrund des § 57 f Abs. 2 HRG i. d. F. des 6. HRGÄndG vom 8. August 2002 (BGBl. I, 3138) gedeckt. Nach dieser Vorschrift ist der Abschluss befristeter Arbeitsverträge nach § 57 b Abs. 1 Satz 1 und 2 HRG n. F. mit Personen, die bereits vor dem 23.02.2002 in einem befristeten Arbeitsverhältnis zu einer Hochschule standen, auch nach Ablauf der in § 57 b Abs. 1 Satz 1 und 2 geregelten jeweils zulässigen Befristungsdauer mit einer Laufzeit bis zum 28.02.2005 zulässig. § 57 f Abs. 2 HRG war von der Aufhebung durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27.07.2004 (a. a. O.) nicht betroffen. Es kann dahin stehen, ob die Norm zwischenzeitlich durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts "obsolet" geworden war (so: Löwisch, NZA 2004, 1065 [1069]), denn mit der rückwirkenden Wiederinkraftsetzung der Befristungsregeln des 5. HRGÄndG durch das HdaVÄndG vom 27.12.2004 wurde jener Regelungsrahmen wiederhergestellt, der dem § 57 f Abs. 2 HRG i. d. F. des 6. HRGÄndG seinen Sinn verleiht."

Der Kritik der Beschwerde an dieser Entscheidung braucht nicht nachgegangen zu werden. Denn der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 17. November 2004 (NVwZ 2005, 605) ausgeführt, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juli 2004 (NJW 2004, 2803), mit welcher das 5. HRGÄndG ex tunc für nichtig erklärt wurde, nicht zur Folge hatte, dass durch sämtliche nach dem 23. Februar 2002 unter (vermeintlicher) Geltung der erleichterten Befristungsmöglichkeiten des 5. HRGÄndG mit wissenschaftlichen Mitarbeitern für einen festgelegten Zeitraum geschlossenen Verträge unbefristete Beschäftigungsverhältnisse begründet wurden. In diesem Beschluss ist u.a. das Folgende ausgeführt worden:

"Selbst wenn man mit der Beschwerdebegründung davon ausgeht, dass die nach dem 23. Februar 2002 unter Geltung der erleichterten Befristungsmöglichkeiten des 5. HRGÄndG geschlossenen Verträge keine wirksame Befristungsabrede enthielten, sind damit keine unbefristeten Beschäftigungsverhältnisse begründet worden. Soweit nämlich ein Sachgrund für die Befristung bei Vertragsabschluss objektiv vorlag, der mit der Befristungsdauer vereinbar war, ist ein befristeter Vertrag zustande gekommen (vgl. hierzu Preis, NJW 2004, 2782 <2784 f.>), zumindest wenn im Arbeitsvertrag der Sachgrund zum Ausdruck kam, auf den die Befristung gestützt wurde (Löwisch, NZA 2004, 1065 <1067>). Diese Voraussetzungen erfüllen sämtliche von der Antragsgegnerin vorgelegten Anträge auf befristete Beschäftigung: Entweder ist die wissenschaftliche Weiterqualifizierung des Mitarbeiters oder die Beschäftigung auf einer haushaltsrechtlich befristeten Stelle erwähnt. Selbst wenn man dennoch Zweifel an der Wirksamkeit der Befristungen hegt, werden diese durch eine ergänzende Vertragsauslegung beseitigt, die unter diesen Umständen notwendig ist, weil die Verträge, die nach dem Willen der Vertragschließenden eine Befristung enthalten sollten, durch die Nichtigerklärung des 5. HRGÄndG lückenhaft geworden sind (vgl. Preis, a.a.O., S. 2785 und Löwisch, a.a.O., S. 1067).

Vertragsauslegung bedeutet nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 13. November 2002, BAGE 103, 364) nicht nur Ermittlung des Sinngehalts der im Vertragstext selbst niedergelegten Parteierklärungen, sondern bezweckt vielmehr die Feststellung des Vertragsinhalts auch in solchen Punkten, zu denen die Parteien keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen haben, deren Regelung aber gleichwohl zur Erreichung des Vertragszwecks erforderlich ist, es sei denn, die Unvollständigkeit der vertraglichen Regelung war gewollt und der Parteiwille kam gerade in der Unvollständigkeit zum Ausdruck. Ob eine Regelungslücke besteht und wie die Vertragspartner sie bei deren Kenntnis unter angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben geschlossen hätten, ist danach durch eine an objektiven Maßstäben orientierte Bewertung des Inhalts der getroffenen Vereinbarungen und der aus ihnen abgeleiteten Rechtsfolgen zu ermitteln. Die ergänzende Vertragsauslegung führt im vorliegenden Zusammenhang nach den Angaben der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 4. November 2004, an denen zu zweifeln der Senat keine Veranlassung hat, zu dem Ergebnis, dass die Befristung des jeweiligen Beschäftigungsverhältnisses von beiden Vertragspartnern zur Weiterqualifikation des jeweiligen Mitarbeiters bzw. wegen der haushaltsrechtlichen Befristung der Stelle gewollt war. Die Befristung hat außerdem im Antrag auf Einstellung ihren Niederschlag gefunden. Bei Kenntnis der Nichtigkeit des 5. HRGÄndG wäre die vereinbarte Befristung nach den unter solchen Umständen zu beachtenden arbeitsrechtlichen Förmlichkeiten dokumentiert und von den erleichterten Befristungsmöglichkeiten des 5. HRGÄndG kein Gebrauch gemacht worden. Ein unbefristetes Vertragsverhältnis zur Weiterbildung eines Mitarbeiters bzw. auf einer haushaltsrechtlich befristeten Stelle wäre nicht abgeschlossen worden."

Angesichts dessen ist die Beschwerde mit der sich aus § 154 Abs. 2 VwGO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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