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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 23.05.2008
Aktenzeichen: 6 K 67/07.KO
Rechtsgebiete: GG, LBG, LBVAnpG 2007/2008, BVO


Vorschriften:

GG Art. 3
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 6
GG Art. 6 Abs. 1
GG Art. 20
GG Art. 20 Abs. 1
GG Art. 28
GG Art. 28 Abs. 1
GG Art. 28 Abs. 1 S. 1
GG Art. 33
GG Art. 33 Abs. 5
LBG § 90
LBG § 90 Abs. 1
LBG § 90 Abs. 1 S. 1
LBVAnpG 2007/2008 Art. 13
BVO § 12c
1. Die vom Landesgesetzgeber rückwirkend in Kraft gesetzte beihilferechtliche Kostendämpfungspauschale des Art. 13 LBVAnpG 2007/2008 erfüllt zwar die Voraussetzungen einer echten Rückwirkung, sie verletzt das verfassungs-rechtliche Rückwirkungsverbot jedoch nicht.

2. Eine Verletzung des Alimentationsprinzips durch die pauschale Eigenbeteiligung an den Krankheitskosten muss der Beamte mit der Feststellungsklage auf amtsangemessene Besoldung geltend machen (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 -).


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 A 10723/07.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Beihilfe

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2008, an der teilgenommen haben

Präsident des Oberverwaltungsgerichts Prof. Dr. Meyer Richter am Oberverwaltungsgericht Geis Richter am Oberverwaltungsgericht Bonikowski ehrenamtlicher Richter Industriekaufmann Henchel ehrenamtlicher Richter Buchhändler Hoffstadt

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2007 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist Landesbeamter (Besoldungsgruppe A 12). Als Wehrdienstbeschädigter erhält er freie Heilfürsorge. Deshalb wird er bei der AOK als Betreuter nach dem Soldatenversorgungsgesetz geführt. An ihn erbrachte Leistungen - mit Ausnahme von Zahnersatz und Hilfsmitteln - rechnet die Versorgungsbehörde mit der AOK ab.

Für eigene sowie für Aufwendungen seiner Tochter in den Jahren 2003 und 2004 beantragte der Kläger Beihilfen in Höhe von 336,38 €. Den Antrag lehnte die Oberfinanzdirektion Koblenz - Zentrale Besoldungs- und Versorgungsstelle - (ZBV) im Hinblick auf die sogenannte Kostendämpfungspauschale des § 12c Beihilfenverordnung - BVO -, die für den Kläger einen Selbstbehalt von jährlich 260,-- € vorsieht, ab.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Die Kosten der Früherkennungsuntersuchung für seine Tochter im Jahr 2003 hätten nicht von der Kostendämpfungspauschale erfasst werden dürfen. Das sei mit dem Grundrecht auf Schutz der Familie unvereinbar. Zudem stehe er als Inhaber einer Versichertenkarte der AOK den Mitgliedern der Krankenkassen gleich, bei denen die Kostendämpfungspauschale entfalle. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 2004 wies die ZBV den Widerspruch zurück.

Der Kläger hat Klage zum Verwaltungsgericht erhoben, seinen Vortrag vertieft und ergänzend geltend gemacht, die Kostendämpfungspauschale sei mit dem Alimentationsprinzip nicht vereinbar. Den Beihilfeberechtigten werde ein nicht versicherbarer Selbstbehalt auferlegt, der aus den für den Lebensunterhalt bestimmten Bezügen getragen werden müsse. Ferner verstoße die Geltung einer Stufe der Kostendämpfungspauschale für mehrere Besoldungsgruppen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG -. Soweit die Kostendämpfungspauschale nicht für die Früherkennungsuntersuchung seiner Tochter im Jahr 2003 entfalle, sei auch das mit Blick auf die Kostenfreiheit solcher Untersuchungen für gesetzlich Versicherte gleichheitswidrig.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 5. Februar 2004 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 16. Februar 2004 und den Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2004 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die beantragte Beihilfe ohne Berücksichtigung einer Kostendämpfungspauschale festzusetzen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 22. Juni 2007 verpflichtet, die beantragten Beihilfen zu gewähren. § 12c BVO sei nichtig. Die Einführung einer krankheits- und maßnahmeunabhängigen Kostendämpfungspauschale stelle einen Eingriff in den Beihilfestandard dar. Inhalt, Zweck und Ausmaß der Beihilfegewährung seien in ihrem Kern betroffen. Hierüber müsse der Gesetzgeber selbst entscheiden. Eine solche Entscheidung sei der Ermächtigungsgrundlage des § 90 Landesbeamtengesetz - LBG - nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen.

Am 21. August 2007 brachte die Landesregierung den Gesetzentwurf zum Landesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 2007/2008 - LBVAnpG 2007/2008 - in den Landtag ein (LT-Drucks. 15/1400). Dessen Art. 13 Satz 1 bestimmt, dass die Regelungen des § 12c BVO für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Mai 2005 mit Gesetzeskraft gelten. Art. 13 LBVAnpG 2007/2008 vom 21. Dezember 2007 ist am 1. Januar 2008 in Kraft getreten (GVBl. S. 283).

Mit der zuvor eingelegten Berufung trägt der Beklagte vor, der Gesetzgeber habe den vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil geäußerten Bedenken durch die nunmehr rückwirkend geltende Regelung des Art. 13 LBVAnpG 2007/2008 Rechnung getragen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 22. Juni 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Rückwirkung für verfassungsrechtlich unzulässig und weist auf die Auswirkungen der Kostendämpfungspauschale für die Alimentation hin.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Verwaltungsvorgänge (1 Heft) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet.

Auf der Grundlage des rückwirkend zum 1. Januar 2003 geltenden Art. 13 des Landesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 2007/2008 - LBVAnpG 2007/2008 - vom 21. Dezember 2007 (GVBl. S. 283) durfte der Beklagte die Beihilfe des Klägers für die in den Jahren 2003 und 2004 entstandenen Aufwendungen um die Kostendämpfungspauschale kürzen. Die Vorschrift ist mit höherrangigem (Verfassungs-)Recht vereinbar. Für den Kläger entfällt die Kostendämpfungspauschale nicht.

1. Gemäß Art. 13 Satz 1 LBVAnpG 2007/2008 gelten die Regelungen des § 12c der Beihilfenverordnung - BVO - in der Fassung des Art. 1 Nr. 3 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 und 3 und Art. 3 Nr. 1 der Vierzehnten Landesverordnung zur Änderung der Beihilfenverordnung vom 10. Dezember 2002 (GVBl. S. 510) für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Mai 2005 mit Gesetzeskraft. Nach § 12c Abs. 1 BVO wird die Beihilfe je Kalenderjahr, in dem die Aufwendungen in Rechnung gestellt worden sind, um eine nach sechs Stufen gestaffelte Kostendämpfungspauschale in Höhe von 100,-- € bis 750,-- € gekürzt. In den Stufen sind jeweils mehrere Besoldungsgruppen zusammengefasst. Beamte der Besoldungsgruppe A 12 sind der Stufe 3 (300,-- €) zugeordnet. Nach Absatz 2 werden die Sockelbeträge bei Teilzeitbeschäftigung im gleichen Verhältnis wie die Arbeitszeit vermindert. Absatz 4 sieht eine Verminderung der Kostendämpfungspauschale für jedes berücksichtigungsfähige Kind oder jedes nicht berücksichtigungsfähige, weil selbst beihilfeberechtigte Kind um 40,-- € vor. Danach beläuft sich die Eigenbeteiligung des Klägers in den Jahren 2003 und 2004 jeweils auf 260,-- €. Das wirkt sich im Ergebnis als Besoldungskürzung aus.

2. Die durch Art. 13 LBVAnpG 2007/2008 mit Gesetzeskraft eingeführte Kostendämpfungspauschale verletzt nicht das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3, 28 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz - GG -) abzuleitende Rückwirkungsverbot. Es zieht solchen Hoheitsakten Grenzen, die belastend in verfassungsmäßig verbürgte Rechtsstellungen eingreifen. Diese Grenzen muss der Gesetzgeber insbesondere bei Rechtsnormen beachten, wenn er den Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs auf einen Zeitpunkt festgelegt, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm gültig geworden ist (vgl. BVerfGE 67, 1 [15]). Bei der verfassungsrechtlichen Bewertung rückwirkender Regelungen ist zu unterscheiden, ob es sich um eine echte oder eine unechte Rückwirkung handelt. Eine - verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässige - echte Rückwirkung setzt voraus, dass ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift. Eine unechte Rückwirkung hingegen liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet; sie ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig (vgl. BVerfGE 95, 64 [86]).

Art. 13 LBVAnpG 2007/2008 erfüllt die Voraussetzungen einer echten Rückwirkung. Die Vorschrift greift nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände ein. Der materielle Beihilfeanspruch entsteht nämlich bereits mit dem Zeitpunkt, in dem die sie verursachenden Umstände eingetreten sind (§ 3 Abs. 4 Nr. 1 BVO). Die Antragstellung nach § 13 Abs. 1 BVO ist lediglich die formale Geltendmachung dieses Beihilfeanspruchs (vgl. BVerwGE 118, 277 [287 f.]). Durch die Kostendämpfungspauschale wird die Höhe der Beihilfeleistung für den Beamten rückwirkend verändert.

Belastende Normen, welche die Voraussetzungen einer echten Rückwirkung erfüllen, sind regelmäßig unvereinbar mit dem Gebot der Rechtsstaatlichkeit. Die Grundsätze der Rechtssicherheit haben Vorrang vor dem Anliegen des Gesetzgebers, Regelungen mit Rückwirkung zu versehen. Allerdings findet das Verbot echter Rückwirkung im Gebot des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze. Es gilt dort nicht, wo sich ausnahmsweise kein Vertrauen bilden konnte. In diesem Sinne ist das Vertrauen in die Ungültigkeit einer Norm generell nicht schutzwürdig (vgl. BVerwGE 66, 116 [122]; 75, 262 [271]). Die Entscheidung über deren Wirksamkeit ist den Gerichten anvertraut. Von eng begrenzten Ausnahmen abgesehen wird das Vertrauen auf die wirkliche Rechtslage schon durch den Rechtsschein der Gültigkeit, den die noch nicht aufgehobene Norm erzeugt, ausgeschlossen. Das gilt insbesondere dann, wenn die angegriffene Regelung an sich sachgerecht erscheint und ihr lediglich Bedenken formeller Art entgegenstehen. Die im Zeitpunkt des Handelns und Planens ungewisse, sich erst später als richtig herausstellende Ansicht des Normadressaten, die Vorschrift sei unwirksam, entbindet ihn deshalb nicht davon, deren immerhin mögliche Gültigkeit zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber ist insoweit nicht gehindert, den formellen Fehler, der auch den Fall einer Rechtsverordnung erfasst, die den Rahmen der Ermächtigung überschreitet, - rückwirkend - zu beseitigen (vgl. BVerfGE 22, 330 [348]; BVerfG, NVwZ-RR 2007, 433 [434]; BVerwGE 66, 116 [122]; OVG RP, AS 29, 13 [15]).

Ein schützenswertes Vertrauen darauf, dass eine Inanspruchnahme entsprechend den Grundsätzen der Kostendämpfungspauschale für die Vergangenheit unterbleibt, konnte sich bei den Betroffenen nicht bilden. Denn auf die Nichtigkeit einer Norm kann sich der Adressat erst verlassen, wenn sie in einem rechtskräftigen Urteil ausgesprochen wurde (vgl. VerfGH RP, AS 35, 1 [10]). Daran fehlt es hier: Das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 22. Juni 2007 ist nicht rechtskräftig geworden. Deshalb mussten sich die Beihilfeberechtigten weiterhin vorsorglich auf die Gültigkeit der Vorschrift des § 12c BVO einstellen.

Die Regelung der Kostendämpfungspauschale in § 12c BVO war auch nicht etwa in einer Weise mit der Ermächtigungsgrundlage des § 90 LBG unvereinbar, dass sich die Betroffenen seit jeher auf deren Unwirksamkeit hätten verlassen können. Das belegt schon die eingehende Auseinandersetzung des Verwaltungsgerichts mit der Reichweite der Ermächtigungsgrundlage des § 90 LBG. Die das Urteil tragenden Zweifel über den Umfang der erteilten Ermächtigung hat das Verwaltungsgericht letztlich nach einer umfassenden Wertung der Rechtslage unter Einbeziehung der Entwicklung des Beihilfestandards in Bund und Ländern sowie nach Ausschöpfung aller in Betracht kommender Erkenntnismöglichkeiten gewonnen. Zudem waren die in dem angefochtenen Urteil geäußerten Zweifel an der Gültigkeit des § 12c BVO bislang weder obergerichtlich noch höchstrichterlich geklärt. Aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2004 (BVerwGE 121, 103 ff.) folgt kein anderes Ergebnis. Zwar sind darin auch grundsätzliche Ausführungen zu den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalts im Beihilfenrecht enthalten. Allerdings ist der Kontext der Entscheidung zu berücksichtigen. Das Bundesverwaltungsgericht hatte sich mit den Beihilfevorschriften des Bundes zu beschäftigten, die hinsichtlich ihrer Regelungsform als allgemeine Verwaltungsvorschriften zudem bislang unbeanstandet geblieben waren. Damit stand ein qualitativ anderer Prüfungsgegenstand inmitten. Unmittelbare Folgen für die Frage der Reichweite der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage im Hinblick auf eine verordnungsrechtlich geregelte Kostendämpfungspauschale lassen sich der Entscheidung nicht entnehmen. Im Übrigen hat das Bundesverwaltungsgericht die Weitergeltung der Beihilfevorschriften des Bundes für eine Übergangszeit festgestellt und eine andere Beurteilung erst dann für geboten erachtet, wenn der Gesetzgeber in einem überschaubaren Zeitraum seiner Normierungspflicht nicht nachkomme (vgl. BVerwGE 121, 103 [111]). Danach mussten sich die Beihilfeberechtigten auf ein Tätigwerden des Gesetzgebers einstellen. Eine schutzwürdige Vertrauensposition konnte sich nicht bilden.

In diesem Sinne hat auch der rheinland-pfälzische Landesgesetzgeber innerhalb angemessener Zeit reagiert. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz ist dem beklagten Land am 6. Juli 2007 zugestellt worden. Die neue, rückwirkende gesetzliche Regelung der Kostendämpfungspauschale in Art. 13 LBVAnpG 2007/2008 ist nach Durchlaufen des förmlichen Gesetzgebungsverfahrens bereits am 1. Januar 2008 in Kraft getreten. Mit ihr hat der Gesetzgeber den vom Verwaltungsgericht beanstandeten formellen Fehler, die Überschreitung des Rahmens der Ermächtigungsgrundlage, beseitigt. Hinzu kommt, dass die Betroffenen bereits seit dem Inkrafttreten der Bestimmung des § 12c BVO zum 1. Januar 2003 mit einem jährlichen Pauschalabzug bei der Gewährung von Beihilfeleistungen belastet wurden. Insofern stimmt die materielle Rechtslage der (neuen) Regelung des Art. 13 LBVAnpG 2007/2008 mit derjenigen des § 12c BVO überein. Die Rechtsposition der Beihilfeberechtigten ist nicht zusätzlich entwertet worden.

3. Art. 13 LBVAnpG 2007/2008 erfüllt die Voraussetzungen, die aus dem Rechtsstaats- und dem Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) folgen. Dem zuständigen Gesetzgeber ist es im Rahmen seiner Kompetenzen (vgl. hierzu BVerwG, NJW 2004, 308) grundsätzlich nicht verwehrt, eine zunächst dem Verordnungsgeber überlassene und von diesem in Anspruch genommene Regelungsbefugnis wieder selbst wahrzunehmen (vgl. BVerfGE 22, 330). Das Gebot der Normenbestimmtheit und -klarheit ist gewahrt. Der vom Gesetzgeber in Bezug genommene Wortlaut des § 12c BVO lässt sich durch den Rückgriff auf das Gesetz- und Verordnungsblatt ermitteln. Zwar erscheint es widersprüchlich, auf eine rechtlich nicht existierende Norm Bezug zu nehmen. Bei der hier vorliegenden Verweisung handelt es sich jedoch lediglich um eine gesetzestechnische Vereinfachung, bei der nicht die Bezugsnorm selbst, sondern nur ihr Wortlaut Bestandteil der Verweisungsvorschrift ist. Der Wortlaut aber bleibt von der Wirksamkeit der Regelung unberührt.

4. Art. 13 LBVAnpG 2007/2008 ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Das gilt zunächst für die Abstufung der Kostendämpfungspauschale nach Besoldungsgruppen, deren Geltung für mehrere Besoldungsgruppen sowie die Herabsetzung der Pauschalbeträge nach dem Umfang der Teilzeitbeschäftigung und der Zahl berücksichtigungsfähiger Kinder. Der Gesetzgeber durfte den Unterschieden in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Beamten in typisierender Weise Rechnung tragen (vgl. BVerwGE 118, 277 [284 f.]).

Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt auch nicht deshalb vor, weil die Kostendämpfungspauschale für Aufwendungen für Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen bis zum 31. Dezember 2003 nicht entfällt (vgl. den Wortlaut des Art. 2 Abs. 3 der Vierzehnten Landesverordnung zur Änderung der BVO vom 10. Dezember 2002 [GVBl. S. 510]). Die vom Kläger gerügte Ungleichbehandlung mit den Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung besteht nicht. Bei den Beihilfeberechtigten und den Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen handelt es sich schon um keine vergleichbaren Gruppen; den jeweiligen Verpflichtungen und Leistungen liegen strukturell unterschiedliche Systeme zugrunde. Abgesehen davon waren Aufwendungen für die genannten Untersuchungen nur im Jahr 2003 von der Kostendämpfungspauschale betroffen. Der Grund hierfür lag in der Ungewissheit, ob die Befreiungsregelung in § 12c Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 BVO noch rechtzeitig zum Beginn des Jahres 2003 in Kraft treten konnte. Berücksichtigt man daneben die nur moderaten Kosten einer Früherkennungsuntersuchung sowie die Verminderung der Kostendämpfungspauschale um 40 € für jedes berücksichtigungsfähige Kind (§ 12c Abs. 4 BVO), ist die Regelung unter dem Blickwinkel des Art. 3 Abs. 1 GG noch hinnehmbar.

5. Der vom Kläger geltend gemachte Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG im Zusammenhang mit den im Jahr 2003 von der Kostendämpfungspauschale erfassten Aufwendungen für Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen liegt nicht vor. Art. 6 Abs. 1 GG gewährleistet keine konkreten Ansprüche auf staatliche Leistungen (vgl. BVerfGE 87, 1 [35 f.]). Ebenso wenig ist es grundsätzlich Aufgabe des Normgebers, etwaige innerfamiliäre Konfliktlagen zu lösen. Erst recht muss er bei Beamten, die in einem besonderen Näheverhältnis zum Staat stehen, nicht im Auge haben, dass diese ihrer familienrechtlichen Pflicht zur Personensorge (vgl. §§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch) im gesundheitlichen Bereich nicht nachkommen werden.

6. Die Kostendämpfungspauschale ist mit der Alimentations- und der Fürsorgepflicht vereinbar. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - im Einzelnen ausgeführt. Dem schließt sich der Senat an. Der Alimentationsgrundsatz im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG verpflichtet den Dienstherrn, Beamten und ihren Familien die Mittel für einen Lebensunterhalt zur Verfügung zu stellen, der nach dem Dienstrang, der mit dem Amt verbundenen Verantwortung und der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit angemessen ist. Die Angemessenheit beurteilt sich nach dem Nettoeinkommen. Dieses muss die rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit der Beamten gewährleisten und über die Befriedigung der Grundbedürfnisse hinaus einen dem Amt angemessenen Lebenszuschnitt ermöglichen (vgl. BVerfGE 117, 330 [351]; stRspr). Die Pflicht, amtsangemessenen Lebensunterhalt zu gewähren, erstreckt sich auch auf besondere Lebenslagen wie Krankheit oder Pflegebedürftigkeit. Insofern folgt aus der Fürsorgepflicht, dass Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleiben dürfen, die sie durch zumutbare Eigenvorsorge nicht absichern können (BVerfGE 106, 225 [233]; BVerwGE 118, 277 [279]). Hierzu dient gegenwärtig ein "Mischsystem" aus Eigenvorsorge, die regelmäßig in dem Abschluss einer aus den Bezügen finanzierten privaten Krankenversicherung besteht, und ergänzenden staatlichen Mitteln, den Beihilfen. Dieses System ist allerdings nicht verfassungsrechtlich vorgegeben. Weder fordert der Alimentationsgrundsatz eine betragsmäßige Bestimmung des Eigenvorsorgeanteils und dessen Anpassung an Änderungen des Beihilferechts noch stellt das derzeitige Beihilfensystem einen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums dar (vgl. BVerfGE 106, 225 [232 f.]). Der Gesetzgeber unterliegt insoweit keinen Bindungen bei der Ausgestaltung; er könnte die Gewährung von Beihilfen sogar ganz abschaffen.

7. Allerdings wirken sich pauschalierte Eigenbeteiligungen an den Krankheitskosten als Besoldungskürzungen aus. Absenkungen des Beihilfestandards können deshalb - insbesondere mit anderen Einschnitten in die Besoldung - die Frage nach einer weiterhin amtsangemessenen Alimentation aufwerfen. Die von Art. 33 Abs. 5 gebotene Amtsangemessenheit der Regelbesoldung bestimmt sich nach dem Nettoeinkommen der Beamten, das sich nach Maßgabe des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998 (BVerfGE 99, 300 [321]) berechnet. Wenn auch einzelne Besoldungsbestandteile keinen verfassungsrechtlichen Schutz genießen, so können deren Streichung oder Kürzung eine Prüfung der Angemessenheit der Alimentation insgesamt veranlassen. Das trifft auch auf die Kostendämpfungspauschale zu. Sie führt zu einer Verringerung des Nettoeinkommens, wenn beihilfefähige Aufwendungen entstehen.

Nach dem Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation muss der Gesetzgeber dafür Sorge tragen, dass die Beamtenbesoldung nicht von der allgemeinen Einkommensentwicklung abgekoppelt wird. Die Besoldung ist nicht mehr amtsangemessen, wenn die finanzielle Ausstattung der Beamten greifbar hinter der allgemeinen Einkommensentwicklung zurückbleibt (vgl. BVerfGE 117, 372 [388]; BVerwGE 117, 305 [309]). Genügt das Nettoeinkommen der Beamten diesen Anforderungen nicht mehr, ist es Sache des Gesetzgebers, Abhilfe zu schaffen. Wie er dieses Ziel erreicht, bleibt ihm überlassen; bestimmte Handlungsaufträge sind nicht vorgegeben. Bei der Regelung der Besoldung besteht ein weiter Gestaltungsspielraum. Der Gesetzgeber kann das Alimentationsniveau anheben, indem er die Dienstbezüge erhöht und/oder besoldungskürzende Maßnahmen ausgleicht.

Der dem Gesetzgeber zur Verfügung stehende Gestaltungsspielraum und das sich aus einer Gesamtschau ergebende verfassungsrechtlich erhebliche Nettoeinkommen schließen es aus, die Verletzung der Alimentationspflicht aufgrund der isolierten Betrachtung einer sich besoldungsmindernd auswirkenden Regelung zu folgern (BVerwG, Urteil vom 20. März 2008, Rn. 28). Beamte, die aus Anlass einer Kürzung oder Streichung besoldungsrelevanter Leistungen, wie beispielsweise der Einführung der Kostendämpfungspauschale, eine nicht mehr amtsangemessene Alimentation geltend machen wollen, müssen daher im Wege der Feststellungsklage vorgehen. Nur so ist die nötige Gesamtbetrachtung vom Ausgangspunkt des Nettoeinkommens her gewährleistet.

Der Kläger hat den beschriebenen Weg nicht gewählt. Mit seiner Klage ist er nur gegen die Kostendämpfungspauschale als solche vorgegangen. Seine amtsangemessene Alimentation in den Jahren 2003 und 2004 hat er zu keinem Zeitpunkt substantiiert in Frage gestellt. Schon deshalb besteht hier kein Anlass, dem weiter nachzugehen.

8. Schließlich kann der Kläger sich nicht darauf berufen, die Kostendämpfungspauschale müsse aufgrund der in § 12 c Abs. 6 Satz 1 Nr. 5 BVO zum Ausdruck gebrachten Regelung für seine Person entfallen. Er ist kein Mitglied einer Krankenkasse im Sinne des § 4 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch. Er erhält aufgrund einer Wehrdienstbeschädigung als ehemaliger Soldat nach § 80 Satz 1 Soldatenversorgungsgesetz in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes - BVersG - freie Heilfürsorge. Hierzu bedient sich die Versorgungsbehörde der AOK. § 18c Abs. 1 BVersG sieht insoweit vor, dass die Leistungen, die nicht unmittelbar von der Verwaltungsbehörde erbracht werden, von der Krankenkasse für die Verwaltungsbehörde erbracht werden. Insofern ist die AOK, über deren Versichertenkarte der Kläger verfügt, lediglich für die Verwaltungsbehörde tätig.

Eine entsprechende Anwendung des § 12c Abs. 6 Satz 1 Nr. 5 BVO auf den Kläger kommt nicht in Betracht. Bei dieser Regelung handelt es sich um eine Ausnahmevorschrift. Als solche ist sie eng auszulegen und einer Analogie nicht zugänglich. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht bereits zutreffend auf die Begründung zur Vierzehnten Landesverordnung zur Änderung der Beihilfenverordnung vom 10. Dezember 2002 (GVBl. S. 510) hingewiesen. Danach haben die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung eine Reihe von Zuzahlungen zu tragen. Um eine Doppelbelastung zu vermeiden, sind beihilfeberechtigte Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen von der Kostendämpfungspauschale befreit. Einer solchen Entlastung bedarf der Kläger jedoch nicht: Er genießt freie Heilfürsorge und hat keine Zuzahlungen zu entrichten.

Die Klage war mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - abzuweisen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 Beamtenrechtsrahmengesetz genannten Art nicht vorliegen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 336,38 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz).

Ende der Entscheidung

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