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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 17.08.2007
Aktenzeichen: 7 A 10471/07.OVG
Rechtsgebiete: RGebStV


Vorschriften:

RGebStV § 1
RGebStV § 1 Abs. 1
RGebStV § 1 Abs. 1 Satz 2
RGebStV § 1 Abs. 1 Satz 3
Zur Frage, wann mehrere Lautsprecher eine einheitliche Hörstelle im Sinne des Rundfunkgebührenrechts bilden (hier: Kabinenlautsprecher in einem Sonnenstudio).
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 A 10471/07.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Rundfunkgebühren

hat der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. August 2007, an der teilgenommen haben

Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Wünsch Richter am Oberverwaltungsgericht Geis Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Stahnecker ehrenamtliche Richterin Hotel-Betriebswirtin Bocklet ehrenamtliche Richterin Hauswirtschaftsleiterin Burghardt-Kiwitz

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Mainz vom 12. Februar 2007 wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu Rundfunkgebühren.

Er betreibt ein Sonnenstudio, in dem sich in einem rund 100 m² großen Raum sieben oben offene Kabinen mit je einer Sonnenbank befinden. Die Kabinen sind durch Stellwände abgetrennt. In der ebenfalls durch Stellwände abgetrennten Küche steht ein Rundfunkempfangsgerät, dass mit einem Lautsprecher oberhalb der Theke im Studio sowie mit je einem Lautsprecher in den Kabinen verbunden ist. Die Lautsprecher in den Kabinen sind in Höhe der Sonnenbank an der Wand angebracht. Der Kunde, der die Sonnenbank benutzt, kann die Lautstärke des Lautsprechers in der Kabine regeln und den Lautsprecher auch ausstellen.

Mit Bescheid vom 4. August 2006 forderte der beklagte Südwestrundfunk vom Kläger für die sieben Kabinenlautsprecher für den Zeitraum von Juli 2001 bis März 2006 Rundfunkgebühren in Höhe von 2.160,76 € einschließlich eines Säumniszuschlags von 21,39 €.

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 11. September 2006) hat der Kläger dagegen Klage erhoben und geltend gemacht, die Kabinenlautsprecher stellten keine gebührenpflichtigen gesonderten Hörstellen dar. Sie dienten lediglich der Verbesserung des Rundfunkempfangs und bildeten zusammen mit dem einzigen vorhandenen Radio und dem Thekenlautsprecher eine einheitliche Hörstelle.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und mit Urteil vom 12. Februar 2007 den Gebührenbescheid und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Es handele sich hier nicht um gesonderte Hörstellen. In erster Linie sei auf den Wortlaut des Gesetzes und den Willen des Gesetzgebers, aber auch auf eine lebensnahe Betrachtungsweise und die Praktikabilität der Gebührenerhebung abzustellen. Der Rundfunkgebührenstaatsvertrag verlange nicht, dass nur solche Anlagen privilegiert seien, die ein gemeinsames Klangbild produzierten. Es könne auch nicht darauf ankommen, ob eine Person, die in einer betriebenen Sonnenbank liege, vom Hörfunkprogramm etwas mitbekomme, wenn der Kabinenlautsprecher ausgeschaltet sei. Dies würde die Gebührenpflichtigkeit von einer Reihe von Zufälligkeiten - wie etwa von der Lautstärkeeinstellung außerhalb der Kabinen, der Position der Kabinenlautsprecher und des Betriebsgeräuschs der Sonnenbank - abhängig machen, die zudem kaum zu kontrollieren wären. Es sei daher auch unerheblich, ob die Kabinenlautsprecher gesondert ein- und ausschaltbar seien und ob die Lautstärke gesondert geregelt werden könne.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung macht der Beklagte geltend: Durch die Kabinenlautsprecher werde nicht das gesamte Klangbild in dem Studio verbessert, sondern der Empfang in den einzelnen Kabinen erst ermöglicht. Es sei daher von gesonderten Hörstellen auszugehen.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Mainz vom 12. Februar 2007 die Klage abzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat den Film auf der vom Kläger zu den Gerichtsakten gereichten CD über sein Sonnenstudio in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen. Hinsichtlich des Vorbringens des Klägers und seiner informatorisch angehörten Angestellten, Frau P., in der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 17. August 2007 Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet.

Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen.

Der angefochtene Gebührenbescheid vom 4. August 2006 und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat den Kläger zu Recht zu je einer Rundfunkgebühr (Grundgebühr Radio) für die sieben Lautsprecher in den sieben Kabinen seines Sonnenstudios herangezogen.

Rechtsgrundlage der Gebührenpflicht dem Grunde nach ist der Rundfunkgebührenstaatsvertrag - RGebStV - vom 31. August 1991 (GVBl. RP S. 369 ff.). Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV hat jeder Rundfunkteilnehmer vorbehaltlich der - hier nicht einschlägigen - Regelung der §§ 5 und 6 für jedes von ihm zum Empfang bereitgehaltene Rundfunkempfangsgerät eine Rundfunkgebühr zu entrichten. § 1 Abs. 1 RGebStV enthält eine Bestimmung des Begriffs des Rundfunkempfangsgeräts. Danach sind auch Lautsprecher als gesonderte Hörstellen Rundfunkempfangsgeräte (§ 1 Abs. 1 Satz 2 RGebStV). Mehrere Geräte gelten dann als ein einziges Rundfunkempfangsgerät, wenn sie zur Verbesserung oder Verstärkung des Empfangs einander zugeordnet sind und damit eine einheitliche Hörstelle bilden (§ 1 Abs. 1 Satz 3 RGebStV).

Für die Annahme einer einheitlichen Hörstelle ist entscheidend, ob die innerhalb einer räumlichen Einheit vorhandenen Geräte allen dort Anwesenden einen verbesserten oder verstärkten Empfang vermitteln sollen. Unmaßgeblich ist hingegen, ob alle Lautsprecher zusammen insofern ein gemeinsames Klangbild vermitteln, als ein im Raum Anwesender, gleichgültig an welcher Stelle er sich befindet, alle Lautsprecher zusammen als Klangquelle hört (vgl. OVG Bremen, Urteil vom 14. Februar 1979 - II BA 18/78 -, juris; VGH BW, Urteil vom 9. Oktober 1981 - II 2291/79 -; Naujock, in: Hahn/Vesting, Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2003, § 1 RGebStV Rn. 25). Dementsprechend sind mehrere an ein Empfangsgerät angeschlossene Lautsprecher, die zur Beschallung eines großen Raums, wie z. B. einer Sport- oder Schwimmhalle, eingesetzt werden, um die Güte der beabsichtigten Empfangsvermittlung für alle im Raum Anwesende zu erhöhen, als einheitliche Hörstelle zu qualifizieren (vgl. OVG Bremen, a.a.O.). Demgegenüber bilden mehrere Lautsprecher keine einheitliche Hörstelle, wenn der Betroffene selbständig entscheiden kann, ob und wann er Hörfunksendungen hören möchte (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. September 2002 - 19 A 24/00 -, juris, m.w.N.). Denn solche Lautsprecher sind nicht zur Verbesserung oder Verstärkung des Empfangs einander zugeordnet, sondern ermöglichen einen individuellen Hörfunkempfang. Aus diesem Grund sind beispielsweise Kopfhörer, die in einem Sonnenstudio an den einzelnen Sonnenbänken vorgehalten werden, nicht als einheitliche Hörstelle anzusehen (vgl. VG Minden, Urteil vom 24. November 2005 - 9 K 5844/03 -, juris).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze bilden im vorliegenden Fall die Kabinenlautsprecher im Sonnenstudio des Klägers mit dem vorhandenen Radio und dem Lautsprecher oberhalb der Theke keine einheitliche Hörstelle, sondern sind als gesonderte Hörstellen gebührenpflichtige Rundfunkempfangsgeräte.

Der in der Höhe der Sonnenbank an der Wand angebrachte Lautsprecher in der Kabine kann von dem jeweiligen Kunden auf der Sonnenbank nicht nur in der Lautstärke geregelt, sondern sogar ausgestellt werden. Nach den Angaben des Klägers und seiner Angestellten, Frau P., in der mündlichen Verhandlung kann der Kunde zwar beim Umkleiden in der Kabine die Musik im Raum - aus dem Lautsprecher oberhalb der Theke - noch hören, auch wenn der Kabinenlautsprecher ausgedreht ist. Wenn der Kunde die Sonnenbank angestellt hat und darauf liegt, muss er aber wegen des durch ihr Gebläse verursachten Betriebsgeräuschs den Kabinenlautsprecher anstellen, um Musik hören zu können, so die Angestellte P.. Andernfalls - so der Kläger - kann man Musik nur sehr leise "als Hintergrundgeräusch" hören und gesendete Wortbeiträge, wie z. B. Nachrichten, nicht verstehen. Sinn der Möglichkeit, den Kabinenlautsprecher ausschalten zu können, ist es gerade, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, dem Kunden zu ermöglichen, nicht von Musik gestört zu werden und sich auch ohne Musik auf der Sonnenbank entspannen zu können. Damit sind die Kabinenlautsprecher nicht zur Verbesserung oder Verstärkung des Empfangs einander zugeordnet, sondern ermöglichen dem Kunden auf der Sonnenbank einen individuellen Hörfunkempfang. Sie können aus diesem Grund - ebenso wie an Sonnenbänken angebrachte Kopfhörer - nicht als einheitliche Hörstelle eingestuft werden.

Dieses Ergebnis ermöglicht auch eine - unter den hier gegebenen Bedingungen einer Massenverwaltung - praktikable Feststellung der Gebührenpflichtigkeit von mehreren Lautsprechern in einem Sonnenstudio. Ob mehrere Lautsprecher eine einheitliche Hörstelle im Sinne von § 1 Abs. 1 RGebStV bilden, ist insbesondere nicht von Zufälligkeiten wie der Lautstärkeeinstellung außerhalb der Kabinen abhängig. Maßgeblich ist in Fällen der vorliegenden Art vielmehr, dass die in der Höhe der Sonnenbank an der Wand angebrachten Kabinenlautsprecher - anders als etwa zusätzliche Deckenlautsprecher - individuell vom Kunden ein- und ausgeschaltet werden können und damit ein individueller Hörfunkempfang auf der Sonnenbank ermöglicht werden soll. Unerheblich ist, ob der Kunde auf der Sonnenbank die Hörfunksendungen je nach Lautstärkeeinstellung außerhalb der Kabinen überhaupt nicht oder noch ganz leise - als Hintergrundgeräusch - wahrnehmen kann. Die genannten maßgeblichen Umstände sind unschwer feststellbar und auch kontrollierbar.

Rechtliche Bedenken gegen die Höhe der vom Beklagten festgesetzten Rundfunkgebühr sind vom Kläger nicht geltend gemacht und auch nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 2.160,76 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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