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Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 08.02.2006
Aktenzeichen: 7 A 11613/05.OVG
Rechtsgebiete: POG, StPO
Vorschriften:
POG § 22 | |
POG § 25 | |
POG § 25 Abs. 3 | |
POG § 25 Abs. 3 S. 3 | |
StPO § 94 | |
StPO § 98 |
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ BESCHLUSS
7 A 11613/05.OVG
In dem Verwaltungsrechtsstreit
wegen Kosten polizeilicher Maßnahmen
hier: Zulassung der Berufung
hat der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 8. Februar 2006, an der teilgenommen haben
Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Wünsch Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Holl Richter am Oberverwaltungsgericht Geis
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag des Beklagten, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 23. September 2005 zuzulassen, wird abgelehnt.
Der Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 193,00 € festgesetzt.
Gründe:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe liegt vor.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nicht. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 3 Satz 1 Polizei- und Ordnungsbehördengesetz - POG -, der hier allein als Rechtsgrundlage eines Kostenerstattungsanspruchs in Betracht kommt, sind nicht erfüllt. Das folgt entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts allerdings nicht daraus, dass der Rechtsordnung die rechtliche Doppelnatur einer einheitlichen Maßnahme unbekannt wäre. In diesem Zusammenhang hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 25. April 2003 - 12 A 10235/03.OVG - bereits darauf hingewiesen, dass ein Aufwendungsersatzanspruch auch dann in Betracht kommt, wenn die zugrunde liegende Maßnahme nicht allein der Gefahrenabwehr, sondern zugleich der Strafverfolgung gedient hat. Das entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschluss vom 22. Juni 2001 - BVerwG 6 B 25.01 -; NVwZ 2001, 1285). Voraussetzung eines Kostenerstattungsbegehrens nach § 25 Abs. 3 Satz 1 POG ist allerdings nicht nur das objektive Vorliegen einer Gefahr. Vielmehr muss das präventive Vorgehen - nicht zuletzt mit Blick auf die Wirkung der Bestandskraft der Sicherstellung - nach außen erkennbar werden. Das bedeutet, ein objektiver Dritter muss sich zumindest über die Tatsache bewusst werden können, dass die Maßnahme auch der Gefahrenabwehr dient. Es liegt insoweit an den handelnden Polizeibeamten, dies gegenüber dem Betroffenen - etwa unter Hinweis auf die Möglichkeit des Widerspruchs gegen eine Sicherstellungsanordnung - hinreichend deutlich zu machen.
Das ist hier jedoch unter Berücksichtigung und Wertung der Gesamtumstände erkennbar nicht geschehen. Nach außen war lediglich ein strafprozessuales Vorgehen erkennbar. Bei der Verkehrskontrolle vom 30. Januar 2004 bestand der Verdacht, der Kläger habe den Motorroller ohne die erforderliche Fahrerlaubnis geführt und die mitgeführte Versicherungsbescheinigung gefälscht. Er wurde daraufhin als Beschuldigter belehrt. Hinzu kam, dass der Kläger nach dem Ergebnis einer sog. fahndungsmäßigen Abfrage vor Ort in einem Sammelverfahren beschuldigt wurde, mehrere Motorroller- und Motorraddiebstähle begangen zu haben. Nach der polizeilichen Sachverhaltsschilderung vom 31. Januar 2004 (Bl. 14 der Verwaltungsvorgänge) haben die bei der Kontrolle eingesetzten Beamten den Motorroller ausdrücklich gemäß §§ 94, 98 StPO beschlagnahmt. Auch die (interne) Abschleppmeldung der Polizeiinspektion S. vom 30. Januar 2004 weist als Grund der Maßnahme lediglich "§ 94/98 StPO" aus; die ebenfalls auf dem Formular vorgesehenen Möglichkeiten einer polizeirechtlichen Sicherstellung nach § 22 POG sind nicht angekreuzt. Vor dem danach insgesamt strafrechtlichen Hintergrund wurde gegen den Kläger schließlich ein Ermittlungsverfahren wegen Führens eines Kraftfahrzeuges ohne Fahrerlaubnis und Urkundenfälschung eingeleitet. Dass in der Freigabeerklärung vom 20. Februar 2004 als Rechtsgrundlage für den Kostenerstattungsanspruch des Beklagten § 25 Abs. 3 Satz 3 POG angegeben wurde, ändert an der fehlenden äußeren Erkennbarkeit eines präventiven Vorgehens bei der Maßnahme vom 30. Januar 2004 nichts.
2. Grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO kommt der Rechtssache nicht zu. Die von dem Beklagten aufgeworfene Frage ist in der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz geklärt.
3. Schließlich führt auch die Divergenzrüge gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht zur Zulassung der Berufung. Zwar geht das angegriffene Urteil davon aus, dass die geltende Rechtsordnung eine Doppelnatur der Beschlagnahme nicht kenne. Damit weicht es von den genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz ab. Auf dieser Abweichung beruht das Urteil jedoch nicht. Wie gezeigt, musste die Klage schon deshalb Erfolg haben, weil ein präventives Vorgehen der eingesetzten Polizeibeamten nach außen nicht erkennbar war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47, 52 GKG.
Ende der Entscheidung
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